Q-Bus, Winterausgabe 2019

Page 1

WINTER 2019/2020

DAS MAGAZIN DER ALLCO AG

NEUPOSITIO­ NIERUNG AN DER AUTOBAHN Vielversprechende Partizipation Mit Einbezug zu mehr Akzeptanz

Weinbergli wertet das Quartier auf Überbauung Weinbergli Luzern

2

4

Neues Konzept für attraktive Lage Umbau und Erweiterung A1 Einkaufszentrum Oftringen

6

Die Wegwerfmentalität hat ausgedient Kreislaufwirtschaft stösst auf zunehmendes Interesse

10


EDITORIAL

VIELVERSPRECHENDE PARTIZIPATION Mit Einbezug zu mehr Akzeptanz

Liebe Leserin Lieber Leser Unsere gebaute Umgebung ist ein immenses Ma­ teriallager. Wird ein Gebäude abgebrochen, lässt sich ein Teil davon als wertvolle Ressource wieder­ verwenden. Alleine in der Schweiz fallen jährlich rund 17 Millionen Tonnen Rückbaumaterial mit ent­ sprechendem Potenzial für Weiterverwertung oder Wiederverwendung an. Ob im Bauwesen oder bei der Produktion von Gütern – das Schaffen werterhaltender Materialkreisläufe verbessert die Energie- und Ressourceneffizienz nachhaltig und senkt die CO2 -Emissionen. Dass das Kreislauf-Prin­ zip in der Praxis auch tatsächlich funktioniert, zeigt der Möbelhersteller Girsberger. Das Schweizer Traditionsunternehmen hat ein hauseigenes Rema­ nufacturing aufgebaut, in dem es hochwertige Mö­ belstücke erneuert und ihnen zu einem zweiten Leben verhilft. Dennoch braucht es einen intensi­ veren Dialog zwischen allen Beteiligten, sollen die Hürden für die Kreislaufwirtschaft aus dem Weg geräumt werden. Mehr dazu ab Seite 10. Um Dialog, genauer gesagt um Partizipation, geht es auch in unserem Interview. Der Einbezug sämtli­ cher Anspruchsgruppen kann dazu beitragen, die Akzeptanz etwa für grosse Bauprojekte zu stei­ gern, indem Konfliktpotenzial frühzeitig geortet und entschärft wird. Wie man dabei vorgehen soll und was die Stolpersteine sind, erfahren Sie auf dieser Seite. Auch möchten wir Ihnen wiederum einen Einblick in die Aktivitäten der Allco AG geben. Wir stellen Ihnen einen unserer Mitarbeiter sowie zwei aktu­ elle Bauprojekte vor. Ich wünsche Ihnen viel Spass!

Der Einbezug von Stakeholdern in die Entwicklung eines Projekts entschärft frühzeitig mögliche Konflikte und erhöht die Akzeptanz. Soziologin Verena Poloni erklärt, warum eine solche Partizipation Sinn machen kann und was dabei zu beachten ist.

Verena Poloni, wie funktioniert ein partizipatives Verfahren? Partizipationsverfahren kommen zum Einsatz, wenn eine grössere Veränderung geplant ist. Um ein solches Projekt möglichst breit abzustützen und eine hohe Akzeptanz zu erreichen, werden die verschiedenen Stakeholder in den Planungsund Umsetzungsprozess einbezogen. Dies ge­ schieht zum Beispiel durch regelmässige Treffen der Anspruchsgruppen oder deren Vertreter, um gemeinsam bestimmte Themen zu diskutieren und Lösungen zu erarbeiten. Wichtig ist dabei, dass die Ziele und Absichten der Partizipation im Vor­ feld klar benannt sind. Alle Beteiligten müssen wissen, was die Rahmenbedingungen sind, wel­ che Art der Partizipation vorgesehen ist und wel­ che Einflussmöglichkeiten tatsächlich bestehen. Sie kennen Partizipation hauptsächlich von Projekten der öffentlichen Hand. Lässt sich das Konzept auch auf private Bauherrschaften übertragen? Ja, durchaus. Allerdings existiert kein allgemein­ gültiges Konzept für Partizipation, denn jedes Pro­ jekt hat seine eigenen Rahmenbedingungen und Eigenheiten. Es sind zudem stets andere Akteure betroffen. Deshalb empfiehlt es sich, für jedes Pro­ jekt ein individuelles Konzept zu entwickeln. Bei welcher Ausgangslage ist ein partizipatives Vorgehen denn überhaupt sinnvoll?

Rolf Kaufmann Inhaber Allco AG

Seite 2

Je grösser ein Bauprojekt ist, desto grösser sind in der Regel auch die Auswirkungen auf das Umfeld, also beispielsweise die Nachbarschaft oder an­

Verena Poloni hat Soziologie an der Universität Dresden studiert und an­ schliessend unter anderem an der ETH Zürich doziert. Seit 2014 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Amt für Raumentwicklung der Baudi­ rektion des Kantons Zürich mit dem Schwerpunkt gesellschaftliche Fra­ gestellungen. In dieser Funktion be­ gleitet sie Partizipationsverfahren bei kantonalen Projekten, aktuell zum Beispiel bei der Chance Uetikon. www.chance-uetikon.ch


INTERVIEW

grenzende Grundeigentümer. Entsprechend sinn­ voller ist folglich auch ein partizipatives Vorge­ hen. Bei kleineren Bauprojekten sind die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt oftmals geringer. Aber sie können trotzdem eine grosse politische Tragweite haben und dadurch ein par­ tizipatives Vorgehen rechtfertigen. Eine Partizipa­ tion macht generell nur Sinn, wenn die Beteiligten tatsächlich etwas bewirken können. Besteht kein oder nur ein geringer Gestaltungsspielraum, ist ein partizipatives Verfahren nicht ratsam. Dann ist lediglich Information angezeigt. Die Ergebnisse des Partizipationsverfahrens sollten ausserdem verbindlich sein, damit es nicht zu einer Alibi­ übung wird. Welche Vorteile können sich aus einer Partizipation ergeben? Richtig durchgeführte Partizipationsverfahren hel­ fen, Konflikte frühzeitig zu erkennen, Kompromisse zu finden sowie die Akzeptanz und Legitimation von Projekten zu erhöhen. Sie können Transpa­ renz, gegenseitiges Verständnis und damit Ver­ trauen gegenüber der Bauherrschaft schaffen. Sie bieten ausserdem die Chance, lokales Wissen zu nutzen. Und sie helfen, Zeit zu sparen, weil wichtige Diskussionen bereits geführt wurden und Entscheide mitgetragen werden. Auf welche Hürden trifft man dabei? Eine grosse Herausforderung ist es, die unter­ schiedlichen Anliegen, Ziele und Zeitpläne der involvierten Akteure miteinander in Einklang zu bringen. Hier sind der stetige Dialog und eine transparente Kommunikation wichtig. Weiter ist zu beachten, dass informelle Beteiligung immer freiwillig ist – man muss also auch damit rechnen, dass das Angebot nicht angenommen wird. Ausserdem beteiligen sich meist nicht alle betroffenen Personen und Interessengruppen in gleichem Masse. Wie sollte bei einem partizipativen Verfahren vorgegangen werden? Die Vorbereitung braucht Zeit und eine gründli­ che Stakeholderanalyse. Alle wichtigen Schlüs­

Q-Bus Winter 2019/2020

Eine Partizipationsveranstaltung im Rahmen des Projekts «Chance Uetikon». In gemischten Gruppen diskutieren die Teilnehmenden bestimmte Themen und suchen gemeinsam nach Lösungen. Bild: ARE, Metron AG.

selpersonen sollten einbezogen werden. Damit Partizipation wirksam sein kann, muss man recht­ zeitig informieren. Paradoxerweise nimmt das Be­ teiligungsinteresse häufig erst mit steigender Kon­ kretisierung des Projekts zu. Umgekehrt nehmen die Gestaltungs- und Änderungsmöglichkeiten immer stärker ab, da wichtige Entscheidungen bereits getroffen wurden und der Prozess weit fortgeschritten ist. Deshalb ist es wichtig, zu Be­ ginn sehr aktiv für die Partizipation zu werben.

«Damit Partizipation wirksam sein kann, muss man frühzeitig informieren.» Ein weiterer Stolperstein ergibt sich aus dem un­ terschiedlichen Zeitverständnis von Politik, Ver­ waltung, Investoren, Bürgergruppen und Verei­ nen – ihre Uhren ticken jeweils anders. Es ist daher wichtig, dass alle Seiten Einblicke in die Prozessabläufe bei den «Anderen» haben und verstehen, aus welchen Gründen etwas länger dauert. Lässt sich der Erfolg einer Partizipation beurteilen? Ja, wobei die Kriterien je nach Perspektive wohl unterschiedlich sind. Die Bauherrschaft schätzt den Prozess vermutlich als erfolgreich ein, wenn die verfolgten Ziele im geplanten zeitlichen Rah­ men mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen erreicht wurden. Externe Akteure erwarten wohl, dass sich ihre Bedürfnisse und vorgebrachten An­ liegen im Ergebnis widerspiegeln. Allgemein for­ muliert ist eine Partizipation gelungen, wenn im Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren am Ende ein mehrheitsfähiges Ergebnis entstanden ist.

Seite 3


WEINBERGLI WERTET DAS QUARTIER AUF Überbauung Weinbergli Luzern

Das Luzerner Stadtgebiet Unterlachen-Tribschen ist im Wandel. Neue, gemischt genutzte Bauten werten das bislang peripher gelegene Gewerbegebiet zum belebten Stadtraum auf. Die Überbauung Weinbergli trägt wesentlich dazu bei.

Der rechtwinklige Neubau fügt sich nahtlos in die städtebauliche Struktur des Quartiers ein. Visualisierung: Raumgleiter AG

Seite 4


NEUBAU Bauherrschaft: Swiss Prime Anlagestiftung, Olten Architektur: Scheitlin Syfrig Architekten AG, Luzern Totalunternehmen: Allco AG, Zürich

Das Winkelhaus (links/hinten) bildet mit dem bestehenden Gebäude einen Innenhof, der begrünt und architektonisch aufgewertet wird. Visualisierung: Raumgleiter AG

Die neue Überbauung Weinbergli besteht aus einem Winkelgebäude mit Kopfhaus und Lang­ haus und wird im Südwesten durch ein Punkthaus ergänzt. Die vorgesehene Mischnutzung soll das Quartier beleben. So beherbergt das Sockelge­ schoss des Kopfhauses künftig Geschäfts- und Verkaufsflächen. Im darüber liegenden Erdge­ schoss befinden sich Büros und Wohnungen, während in den Obergeschossen ausschliesslich Wohnungen untergebracht sind. Das Punkthaus ist ein reines Wohngebäude. Die insgesamt 161 Wohnungen, die bis Ende 2021 bezogen sind, bieten unterschiedliche Typologien und sind auf die Bedürfnisse von Ein- bis Vierpersonenhaus­ halte ausgerichtet. Das Zusammenspiel von Winkelhaus und einem bestehenden, angrenzenden Gebäude lässt ei­ nen Innenhof entstehen. Dieser wird bewusst ein­ ladend und von drei Himmelsrichtungen zugäng­ lich gestaltet. Damit soll die Verbindung innerhalb des Quartiers gestärkt werden. Baumgruppen und verschiedene Sitzmöglichkeiten werden für eine angenehme Atmosphäre sorgen. Die Allco AG hat beim Projekt Weinbergli einen anspruchsvollen Zeitplan zu bewältigen. Zehn Tage nach Auftragserteilung erfolgte am 1. Okto­ ber 2019 der Baubeginn. Die Allco-Fachleute stellten die Grundversorgung des Bauperimeters mit Wasser sowie Strom termingerecht sicher und errichteten die Umzäunung. Aufgrund der engen Verflechtungen mit benachbarten Immobilien ist der Rückbau der bestehenden Gebäude auf dem Areal eine Herausforderung. So musste zum Bei­ spiel die Wasser- und Stromversorgung «ent­

Q-Bus Winter 2019/2020

wirrt» werden, ohne den Betrieb der umliegenden Gebäude zu stören. Besonderes Augenmerk er­ forderte auch die unterirdische Hauptverbin­ dungsleitung für Telekommunikation, die durch das Areal führt. Sie gewährleistet wichtige Daten­ ströme in die Innerschweiz.

Der Innenhof wird bewusst einladend und von drei Himmelsrichtungen zu­gänglich gestaltet. Damit soll die Verbindung innerhalb des Quartiers gestärkt werden. Der Bau des Winkelhauses setzt neue Funda­ mente voraus. Dazu müssen Pfähle durch die Bo­ denplatte der Tiefgarage gerammt werden. Keine einfache Aufgabe, da die Platte unterhalb der Grundwasserlinie steht. Es gilt darauf zu achten, dass beim Bauvorgang das Grundwasser nicht durch die entstandenen Löcher entweicht. Spezi­ alisten montieren deshalb vorgängig einen was­ serdichten Zylinder um das jeweilige Rammloch. Dieser wird anschliessend mit Wasser gefüllt. So entsteht ein Gegendruck, der das Grundwasser am Austreten hindert.

Seite 5


NEUES KONZEPT FÜR ATTRAKTIVE LAGE Umbau und Erweiterung A1 Einkaufszentrum Oftringen

Um dem Einkaufszentrum A1 wieder Leben einzuhauchen, setzt die Eigentümerin Swiss Prime Site auf ein neues Konzept. Es entsteht ein Baufachmarkt mit einem Ankermieter, ergänzt mit den Angeboten vier bisheriger Mieter. Mit einem umfassenden Umbau und Erweiterungen wird die Bauherrschaft den künftigen Bedürfnissen von Kunden und Mieterschaft gerecht.

Schon bald wird es an der A1 so aussehen: Der Bauhaus-Fachmarkt mit einem Drive-in für eilige Kunden. Visualisierung: Weber Partner Logistik + Bau

Seite 6


UMBAU Bauherrschaft: Swiss Prime Site, Olten Architektur: W+P Weber und Partner AG, Wil (allgemein); Mint Architecture, Zürich (Mall) Totalunternehmen: Allco AG, Zürich

Gleich neben der Autobahn bei Oftringen steht seit 2006 das Einkaufszentrum A1. 40 Geschäfte waren zu Beginn eingemietet. Doch aufgrund rückläufiger Besucherzahlen und von Umsatz­ rückgängen wurde es für viele Retailer immer schwieriger, das Geschäft wirtschaftlich zu ge­ stalten. Einige mussten ihren Betrieb einstellen. Um wieder Leben in die attraktive Verkaufslage zu bringen, entschied sich die Eigentümerin Swiss Prime Site für eine Neupositionierung als Fachmarkt. Künftig wird anstelle einer Vielzahl kleiner Ge­ schäfte der Baufachmarkt Bauhaus als Anker­ mieter einen Grossteil der Fläche belegen. Mit Aldi Suisse, Media Markt, Mobilezone und Gi­ dor sind zudem vier der langjährigen Mieter weiterhin präsent. Um den Wünschen der künf­ tigen Nutzer gerecht zu werden, waren ein um­ fassender Umbau des bestehenden Gebäudes sowie eine Erweiterung nötig. Insbesondere im Bereich des Baufachmarktes bedurfte es ein­ schneidender Veränderungen. Denn damit Bau­ haus die Lagerregale für die Baumaterialien einbauen kann, ist eine Raumhöhe von 9 Metern erforderlich. Indem der Zwischenboden zwi­ schen Erdgeschoss und Obergeschoss in einem ersten Schritt komplett abgebrochen wurde, entstand eine einzige riesige Halle. Aufgrund der höheren Lasten war zudem eine statische Ertüchtigung oberhalb der Tiefgarage notwen­ dig, da sich dort neu ebenfalls Verkaufsflächen befinden. Für die Ertüchtigungen wurden auf­ wendige Spezialtiefbauarbeiten realisiert, neue Unterzüge betoniert und CFK-Lamellen geklebt. Nach dem Umbau finden die Besucherinnen und Besucher die Geschäfte also nicht mehr wie bis anhin auf zwei Geschossen, sondern auf ei­ ner einzigen Verkaufsebene. Durch Erweiterun­ gen und Anbauten stehen neu rund 35 000 Quadratmeter Geschossfläche zur Verfügung, von denen Bauhaus mehr als die Hälfte belegt.

Q-Bus Winter 2019/2020

Kaum ein Stein bleibt auf dem andern: Aus dem Einkaufszentrum A1 wird ein Fachmarkt. Bild: Allco AG

Auf der Nordost-Seite entsteht überdies ein Dri­ ve-in, wo Handwerker mit ihren Lieferwagen vorfahren und Waren direkt aus dem Lager be­ ziehen können. Neu ist auch die Mall, welche die kleineren La­ denflächen erschliesst. Natürliche Materialien und eine grosszügige Raumgestaltung mit Sitz­ gelegenheiten laden zum Verweilen ein. Verti­ kal verlaufende Holzlamellen kleiden die Wände und schaffen eine angenehme Atmo­ sphäre.

Die sehr kurze Planungsphase erforderte schnelle Entscheide und eine äusserst effektive Organisation. Die Allco AG ist als Totalunternehmerin für die An- und Umbauten verantwortlich und erstellt darüber hinaus den Grundausbau für die kleinen Mietflächen sowie den Mieterausbau von Bau­ haus. Die sehr kurze Planungsphase erforderte schnelle Entscheide und eine äusserst effektive Organisation. Eine weitere Herausforderung für das Allco-Team bestand darin, den Rückbau der Mieterausbauten ab August 2018 so zu koordi­ nieren, dass der laufende Betrieb möglichst we­ nig beeinträchtigt war. Die Eröffnung erfolgt in zwei Etappen: Die kleineren Läden nahmen ihren Betrieb bereits Ende November 2019 wieder auf, während die Eröffnung von Bauhaus für Oktober 2020 auf dem Programm steht.

Seite 7


ABSTAND VON WOHNBAUTEN ZU LANDWIRTSCHAFTSZONEN

RECHTSBERATUNG

Bundesgerichtsentscheid 145 I 156

§

Im Kanton Zürich dürfen Gemeinden in ihren Bau­ ordnungen keinen Abstand für Gebäude gegen­ über der Landwirtschaftszone vorsehen, weil das kantonale Bau- und Planungsgesetz keine entspre­ chende gesetzliche Grundlage enthält. Das be­ deutet aber nicht, dass kein Abstand einzuhalten wäre. Eine Abstandspflicht kann sich aus dem Bun­ desrecht ergeben, wie das Bundesgericht nun klar­ stellte. Das Gericht erklärte, für die Zulässigkeit ei­ nes Bauprojekts komme es entscheidend auf dessen Zonenkonformität an (Art. 22 Abs. 1 lit. a RPG). Eine Baute, die sich über mehrere Zonen er­ strecke, müsse den Bestimmungen aller betroffe­ nen Zonen entsprechen. Dabei sei nicht bloss der Standort der Baute massgebend, sondern es seien auch die Auswirkungen auf die Nachbarzonen zu berücksichtigen. Es sei nicht nur auf die Dimensio­ nen der baulichen Vorkehrungen abzustellen, son­ dern auch von einer wirkungsbezogenen Betrach­ tungsweise auszugehen, die den Bestand sowie Betrieb der fertiggestellten Baute und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umgebung einbeziehe.

Eine Abstandspflicht kann sich aus dem Bundesrecht ergeben. Bei Bauten, die direkt oder ganz nahe an die Grenze zu einer anderen Zone gestellt werden sollen, erfordere die Prüfung der Zonenkonformität auch den Einbezug ihrer Auswirkungen auf die Um­ gebung beziehungsweise auf die benachbarte Zone. Eine Wohnbaute, die wegen ihrer Platzie­ rung an der Zonengrenze Auswirkungen auf eine benachbarte Landwirtschaftszone haben könne, müsse – mangels Zonenkonformität in der Land­

Seite 8

wirtschaftszone – so weit von der Grenze zurück­ versetzt werden, dass ihre Erstellung keine nennenswerten Auswirkungen auf die Land­‑ ­wirtschaftszone mehr habe. Einen konkret einzu­ haltenden Abstand nannte das Bundesgericht nicht. Es lasse sich nur aufgrund der Umstände des

Einzelfalls beurteilen, ob und in welchem Umfang eine Überbauung von in der Bauzone gelegenem Land zugleich angrenzendes Landwirtschaftsland mit beanspruche. Mitzuberücksichtigen sei, in wel­ chem Ausmass die Auswirkungen einer Überbau­ ung in der Bauzone die Nutzung des landwirt­ schaftlichen Kulturlands beeinträchtige. Dabei seien insbesondere die Art der landwirtschaftli­ chen Nutzung, aber auch die topografischen Ver­ hältnisse in Betracht zu ziehen. Die einzelfallweise Beurteilung ermögliche es, zwischen den entge­ gengesetzten Interessen an der Erhaltung geeig­ neten Kulturlands für die Landwirtschaft und der durch die Eigentumsgarantie geschützten bauli­ chen Nutzungsmöglichkeiten einen angemesse­ nen Ausgleich zu finden. Dr. Felix Huber, Rechtsanwalt, Zürich


ALLCO KURZ UND BÜNDIG

ÜBER UNS

Mit viel Herzblut und praktischer Erfahrung dabei

RETO FÄSSLER Bauleiter

«Für mich war immer klar, dass ich einen handwerk­ lichen Beruf erlernen wollte. Den ganzen Tag hinter dem Computer zu sitzen, das konnte ich mir nie vorstellen. Ich entschied mich für eine Lehre als Elektromonteur und arbeitete nach Lehrabschluss noch sechs Jahre im Lehrbetrieb weiter. Seit bald vier Jahren bin ich nun bei der Allco AG als Baulei­ ter tätig. Obwohl ich ein Quereinsteiger bin, konnte ich hier schnell Fuss fassen. Geholfen hat mir sicher meine praktische Erfahrung auf dem Bau, denn als Stromer war ich immer von Anfang bis zum Schluss in ein Projekt involviert. Man kennt die Abläufe und weiss, wer für was zuständig ist. Derzeit habe ich zudem dreimal pro Woche Unterricht an der Bau­ leiterschule, die ich in zwei Jahren abschliessen

werde. In meinem Arbeitsalltag als Bauleiter be­ gleite ich Projekte vom ersten bis zum letzten Tag. Immer wieder ist man mit Unvorhergesehenem kon­ frontiert. Manchmal kommt man auf die Baustelle und stellt fest, dass ein kleines, aber wichtiges De­ tail nicht funktioniert. Dann muss man mit allen Be­ teiligten eine Lösung finden. Klar passieren auch Fehler. Wenn das der Fall ist, muss man offen und fair kommunizieren und dazu stehen, dass etwas schiefgelaufen ist. Glücksmomente erlebe ich je­ weils, wenn Schlüsselübergabe ist und alle sich freuen, dass am Ende alles stimmt. Spätestens dann erntet man den Lohn für das Herzblut, das man in ein Projekt gesteckt hat.»

Impressum Allco AG, Eichenstrasse 2, CH-8808 Pfäffikon, T: +41 55 442 55 57, Freiestrasse 204, CH-8032 Zürich, T: +41 44 388 80 10, info@allco.ch, www.allco.ch Redaktion: Faktor Journalisten AG, Zürich, www.fachjournalisten.ch Gestaltung: Scharlachrot AG, Zürich: www.scharlachrot.ch Druck: ERNi Druck und Media AG, Kaltbrunn, www.ernidruck.ch

Q-Bus Winter 2019/2020

Seite 9


DIE WEGWERFMENTALITÄT HAT AUSGEDIENT Kreislaufwirtschaft stösst auf zunehmen­ des Interesse

Immer mehr Kunden achten beim Kauf von Produkten auf nachhaltige Produktion. Dieses Bedürfnis haben einige Hersteller erkannt und setzen auf Kreislaufwirtschaft. Aus gutem Grund: Damit lässt sich nämlich nicht nur der Ressourcenverbrauch reduzieren, es sinken auch die Anschaffungs- und Gesamtkosten.

Die erneuerte Bestuhlung für die Tonhalle St. Gallen trägt zur Authentizität des altehr­ würdigen Konzerthauses bei. Foto: Girsberger

Seite 10

Produzieren, nutzen, entsorgen – das ist der ganz normale Lebenszyklus vieler Produkte. Doch es geht auch anders: «Immer mehr Unternehmen und Or­ ganisationen haben die Relevanz der Kreislaufwirt­ schaft erkannt», sagt Sunna Seithel vom Verband für nachhaltiges Wirtschaften öbu, «auch wenn die Schweiz dabei noch am Anfang steht.» Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, den immensen Verschleiss an Rohstoffen und Energie zu reduzieren, die es für die Herstellung von Produkten braucht. Dies geschieht, indem sich die Kreisläufe nach dem Prinzip schliessen: Produktion, verlängerte Nut­ zungsdauer, Reparatur, Entsorgung, Regeneration von Materialien. Nicht nur ökologisch ergibt das Prinzip Sinn, auch für Unternehmen ist es attraktiv. Seithel: «Unternehmen machen sich weniger ab­ hängig von externen Ressourcen, reduzieren ihre Anschaffungskosten und somit langfristig ihre Ge­ samtkosten.» Überdies würden sie damit einen Bei­ trag zum Erhalt der Umwelt und unseres Lebens­ standards leisten.

Bedürfnis von Unternehmen und Kunden Das Kreislaufkonzept eignet sich besonders für Unternehmen, deren Produkte sich am Ende ihrer Lebensdauer in Einzelteile zerlegen und wiederverwerten lassen. Dass nach diesem Prinzip hergestellte Produkte immer mehr Kunden ein Be­ dürfnis sind, hat auch der Schweizer Möbelherstel­ ler Girsberger erkannt. «Unsere Serviceleistungen im Remanufacturing sind unter anderem aus Kundenanforderungen heraus entstanden», sagt Dorothea Scheidl von Girsberger. Mit dem herstel­ lerunabhängigen Remanufacturing-Service bietet Girsberger eine industrielle Instandsetzung von Mobiliar, vor allem von Sitzmöbeln für Saal- und Konzertbestuhlungen oder Restaurants, und ver­ leiht ihnen so ein zweites Leben. Obwohl der Mö­ belhersteller vom Neuverkauf lebt, bietet er diese Leistung aus der Überzeugung an, dass sich nach­ haltiges Handeln lohnt. «Erhalten statt ersetzen, renovieren statt entsorgen – das ist seit 130 Jahren Teil unserer Geschäftspraxis», sagt Scheidl. Diese Haltung ergab sich nicht zuletzt aufgrund von Aufträgen für denkmalgeschützte Objekte mit be­ sonderen Anforderungen an die Authentizität. Das Mobiliar bildet oftmals einen Teil des historischen Interieurs und soll entsprechend erhalten werden. Preislich liegt die Instandsetzung erfahrungsge­ mäss unter den Kosten einer Neuanschaffung. Bei der Herstellung neuer Produkte achtet Girsberger auf den Einsatz nachwachsender Rohstoffe sowie die Verwendung sortenreiner Materialien, die ent­ sprechend gekennzeichnet und verarbeitet wer­ den. So kann man letztere am Ende des Produktle­ benszyklus recyceln und weiterverwerten. Auch Rezyklate kommen zum Einsatz – dort, wo sie nicht allerhöchsten Belastungen standhalten müssen.


FOKUS

Schon bei der Produktion achtet Girsberger auf die Verwendung sortenreiner Materialien, die recycelt und weiterverwertet werden können. Foto: Girsberger

Bei der Umstellung auf Kreislaufwirtschaft stossen Firmen nicht selten auf Hürden. Diese versucht öbu mit der Online-Plattform www.gocircular.ch aufzu­ decken. Unternehmen können hier Schwierigkeiten melden, auf die sie gestossen sind, etwa fehlende Kooperation und Koordination zwischen Unterneh­ men oder Behörden. Eine weitere Hürde ortet Sunna Seithel auch auf Seiten der Konsumenten: «Wiederverwendeten Produkten haftet immer noch der Ruf minderer Qualität an, was den Absatz schwächt.» Auch hier bedarf es einer Aufklärung, dass Kreislaufwirtschaft nicht einfach mit Downcy­ cling gleichzusetzen ist.

Baubranche birgt Potenzial Enormes Potenzial für die Circular Economy liegt in der Baubranche, da diese naturgemäss enorm ressourcenintensiv ist. Seithel: «Gerade beim Rückbau sollten sich Bauunternehmen gut überle­ gen, wie sie mit diesen für ihr Unternehmen äusserst wichtigen Ressourcen umgehen – jedes Ge­ bäude ist grundsätzlich eine Rohstoffmine.» Ge­ nau hier setzt Initiative Madaster mit dem Ziel an, Abfall zu vermeiden, indem es Baumaterialien eine Identität verleiht. Die Madaster-Plattform dient dabei als öffentliche Online-Bibliothek für Materialien in der gebauten Umgebung.

Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, den immensen Verschleiss an Rohstoffen und Energie zu reduzieren, die es für die Herstellung von Produkten braucht.

Der Remanufacturing-Service von Girsberger ist aus einem Kundenbedürfnis heraus entstanden. Foto: Girsberger

Q-Bus Winter 2019/2020

Derzeit ist vieles hinsichtlich eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen in Bewegung. Dennoch ist der Handlungsbedarf nach wie vor gross. Politik, Umweltorganisationen, Hersteller wie auch Konsu­ menten müssten künftig noch konsequenter han­ deln, will man der Kreislaufwirtschaft tatsächlich einen Schritt näherkommen, finden die Vertreterin­ nen von öbu und Girsberger einhellig. Seite 11


BRANCHENINFOS IN KÜRZE

Die Schweiz setzt sich höhere Ziele: «Netto-null» bis 2050. Bild: Pixabay

KLIMANEUTRAL BIS 2050 Im August 2019 hat der Bundesrat entschieden, die bisherigen Klimaziele zu verschärfen. Statt den Treibhausgasausstoss gegenüber dem Stand von 1990 zu halbieren, soll die Schweiz ab 2050 gar keine Treibhausgase mehr ausstossen. Dies entspricht den interna­ tionalen Zielen, wonach die globale Klimaerwärmung auf 1,5° Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll. Für die Schweiz ist diese Begrenzung deshalb besonders wichtig, weil sie überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffen ist. Die Tem­ peraturen steigen hierzulande doppelt so stark an wie im weltweiten Schnitt. Um das neue Ziel zu erreichen, sollen die CO2-Emissionen im In- und Ausland gesenkt werden. Ein weiterer Ansatz ist die Entwicklung von Technologien, die der Atmosphäre Treibhausgase entziehen können. Dabei sollen Industrie und Forschung eine wichtige Rolle spielen.

BACKSTEIN­FASSADE OHNE ISOLIERSCHICHT Forschende der Hochschule Luzern haben gemein­ sam mit der Keller AG Ziegeleien und weiteren Part­ nern aus der Wirtschaft ein neuartiges Fassaden­ system entwickelt. Es besteht komplett aus Backstein und benötigt keine herkömmliche Isolationsschicht. Aufgrund der diffusionsoffenen, natürlichen Materi­ alien und der Speichermasse entfällt etwa das Pro­ blem, Feuchtigkeit aus dem Innenraum nach aussen zu transportieren. Auch ohne aufwendige Gebäu­ detechnik kann so ein angenehmes Raumklima ent­ stehen. Das neue Fassadensystem setzt sich aus ei­ ner Innenschicht aus hartem Backstein mit einer Breite von 15 Zentimetern zusammen, der das Ge­ bäude trägt, während die äussere Dämmschicht mehr als doppelt so breit ist und aus weicherem Backstein besteht. Nach wie vor wird die Fassade innen und aussen mit einem Verputz abgeschlossen, der Backstein bleibt also unsichtbar.

Dank des neuen Angebots komfortabel auffindbar: Ladestation für Elektroautos. Bild: Pixabay

ICH-TANKE-STROM.CH Eine neue Anwendung zeigt in Echtzeit die Verfügbarkeit von Ladestationen für Elektro­ fahrzeuge in der Schweiz. Gemeinsam mit Betreibern haben EnergieSchweiz, das BFE sowie swisstopo auf der Website www.ich-tanke-strom.ch ein Tool geschaffen, das die Entwicklung der Elektromobilität fördert. Es erlaubt nicht nur die Suche nach einer Ladesta­ tion in der Nähe, sondern zeigt auch, ob diese frei ist. So finden die Lenkerinnen und Lenker von Elektroautos schnell und zielsicher eine freie Ladestation. Die Daten stehen zudem als Open Data für weitere Anwendungen offen.

Die Kombination von Innen- und Aussenbackstein ermög­ licht eine Fassade ohne Isolationsschicht. Bild: Keller AG Ziegeleien


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.