Seilbahn-Zeitung

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Urs Allemann Der Seilbahn-Präsident freut sich, dass es nun endlich losgeht

Johannes Sutter «Ein klarer Kantersieg», sagte der Seilbahnplaner am 29.5.2013 SEITE 11

Zur Eröffnung Dass die neue Gondelbahn auf den Weissenstein nun eröffnet werden kann, grenzt an ein kleines Wunder: Eine unbeirrbare Betriebsgesellschaft, viel Optimismus, treue Investoren, harte Arbeit und gute Nerven haben es möglich gemacht. Der Weg war lang. Wir haben in unserem Archiv gewühlt und die wichtigsten Ereignisse von der Leidens- zur Erfolgsgeschichte nochmals Revue passieren lassen. Die Beilage zum mehrjährigen Auf und Ab und Auf.

TINA DAUWALDER/THOMAS ULRICH

Roberto Zanetti Auch der SP-Mann mochte dem Trauerspiel nicht tatenlos zusehen


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Ein Blitzstart und Turbulenzen Seit 1950 ist der Solothurner Hausberg per Seilbahn erschlossen VON WOLFGANG WAGMANN

Nach dem 2. Weltkrieg lebten in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre wieder Pläne auf, den Weissenstein mit einer Bahn zu erschliessen. Im September 1949 hatte das Gründungskomitee getagt, schon am 11. Januar 1950 wurde die Konzession erteilt, fünf Tage später lag das Aktienkapital zur Zeichnung auf. «Rasch hatten wir die nötigen 600 000 Franken beisammen, ja zuletzt waren es wohl 900 000», erinnerte sich später der damalige Bahnpionier Robert Strüby. Schon im November 1949 waren Bedenken der kantonalen Natur- und Heimatschutzkommission zerstreut worden, und so konnte im Sommer 1950 mit dem Bau des auf 1 Mio. Franken veranschlagten und zuletzt gut 1,2 Mio.

kostenden Projekts begonnen werden. Am 29. Dezember 1950 karrte das «Sässeli» vom Typ Von Roll VR101 erstmals 500 Leute auf den Solothurner Hausberg.

April 1990 abgeschlossen werden. Ein Goodwill, von dem auch die Bahn noch zehrte, als Private und die öffentliche Hand für die 1994 durchgeführte Totalsanierung der Bahn 2,5 Mio. zusätzliches Aktienkapital zeichneten.

Der Goodwill für den Berg Die Sesselbahn tat in den folgenden Jahrzehnten klaglos ihren Dienst, grössere Zwischenfälle sind nicht aktenkundig. Doch Mitte der Achtzigerjahre tat sich auf dem Weissenstein Handlungsbedarf auf: Das baufällige Kurhaus sollte dringend saniert werden, und die Bahn musste Auflagen des Bundesamtes für Verkehr BAV erfüllen, damit sie bis 1999 weiterfahren durfte. Eine weitergehende Betriebsbewilligung jedoch erforderte gar eine Totalsanierung. Die Kurhaus-Sanierung für 10,5 Mio. Franken konnte dank enormem Goodwill Ende

Fatale «Ehe» mit dem Kurhaus Doch nun erwies sich für die Bergbahn Weissenstein AG BOW der Pachtvertrag mit der Kurhaus Weissenstein AG zunehmend als verhängnisvoll: Die Bahn trug fortan die Verluste des Kurhausbetriebs, und diese fielen fast regelmässig in oft sechsstelliger Höhe aus. Im April 2001 rissen die Stricke: Der Kurhausbetrieb wurde dank einem massiven Abschreiber der Solothurner Platzbanken gerettet. Die völlig überschuldete Bahn selbst erhielt jedoch keine Chance mehr. Am 22. Mai wurde

der Konkurs publik, die Sesselbahn stand vor dem Aus.

Rettung in letzter Minute Schon im Mai 2001 hatte sich eine Auffanggesellschaft um den Solothurner Financier Rolf Studer gebildet. Die neu Seilbahn Weissenstein AG genannte Gesellschaft trommelte ein Aktienkapital von 225 000 Franken zusammen und konnte die inzwischen weiter in Betrieb gehaltene Bahn im Herbst 2001 von der Gläubigerbank Regiobank erwerben. Dank wieder besseren Wintern mit Schlittelbetrieb und ohne den «Klumpfuss» Kurhaus arbeitete die neue Bahnbetreiberin kontinuierlich in den schwarzen Zahlen und konnte in den nächsten Jahren gar Rückstellungen von über einer Million Franken äufnen. Und zwar für eine neue Bahn,

nachdem die ab 2004 angelaufene Evaluation klar ergeben hatte, dass ein Weiterbestand des alten «Sässelis» für die neue AG weder wirtschaftlich noch sicherheitstechnisch vertretbar wäre. Ein Vorentscheid, der in der Folge auf heftige Opposition des Schweizer Heimatschutzes und des im Februar 2008 gegründeten Vereins Pro Sesseli mit zuletzt über 1000 Mitgliedern stiess. Ende Oktober 2009 lief die Betriebsbewilligung der alten Sesselbahn aus, und sie absolvierte nach fast 60 Jahren ihre letzte Fahrt. Noch vier Jahre sollte der dornenvolle Weg der neuen Bahn durch alle behördlichen und juristischen Instanzen dauern, bis der Heimatschutz im Sommer 2013 nach einem klaren Urteil des Bundesverwaltunsgerichts kapitulierte und damit der Neubau möglich wurde.

Die alte Bahn ist längst abgehakt Die Diskussion um den Bau einer neuen Gondelbahn auf den Weissenstein und ein zusätzliches Freizeitangebot auf dem Solothurner Hausberg ist voll entbrannt. Der Eigentümer der alten Sesselbahn, die Seilbahn Weissenstein AG, erklärt nun, warum es für sie keine Alternativen zum Neubau gibt.

nicht nur neu gefertigt, sondern - sofern sie sicherheitsrelevant sind - auch noch geprüft werden. Der Seilbahnbauer würde überdies die Garantie gar nicht mehr übernehmen. Neben dem Erhalt der alten Bahn geht es der Opposition auch um die Verhinderung neuer Angebote auf dem «Berg». Gefordert wird jetzt auch auf politischem Weg der Rückzug der ganzen Konzept-Auflage. Hat der Kanton hier wirklich Hand zu einem angeblichen «Disneyland» geboten? Studer: Wir wollen auf dem Berg kein «Disneyland». Das ist nicht die Absicht. Wir wollten ein ausgewogenes Gesamtkonzept. Dazu kommt, dass der Bahnbetrieb längerfristig nur aufrechterhalten werden kann, wenn die Attraktivität des Gesamtangebots stimmt. Allemann: Eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz hat ergeben, dass der Weissenstein das Potenzial zum Familienberg hat. Viele Elemente dazu sind schon vorhanden. In unserem Konzept würden einige neu dazukommen. Zum Beispiel die Tubing-Bahn, die nichts anderes als ein kurzer Kinderskilift ist, damit man auf einer Matte den Hang hinter dem Kurhaus hinunterrutschen kann. Und die Rodelbahn zum Nesselboden hinab ist als Ersatz für das im Winter zunehmend weniger mögliche Schlitteln gedacht.

VON WOLFGANG WAGMANN

Sie haben 2001 die konkursite Bergbahn übernommen und als Seilbahn Weissenstein AG «das Sesseli» überhaupt weitergeführt. Ab 2004 hat die AG kommuniziert, dass eine neue Bahn die alte ersetzen muss. Überrascht Sie der erst nun einsetzende, heftige Widerstand? Rolf Studer: Wir haben mit emotionalen Reaktionen auf das Vorhaben einer neuen Bahn gerechnet. Wir selber waren bis zum Entscheid für den Neubau auch hin und her gerissen. Schliesslich sind wir nach vielen und langen Abklärungen mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) und dem Seilbahnbauer zur Überzeugung gekommen, dass nur eine neue Bahn die Lösung sein kann. Überraschend ist die Opposition für uns insofern, als im Januar 2007 ein öffentliches Mitwirkungsverfahren stattgefunden hat, woran sich der Heimatschutz und andere Neubaugegner nicht beteiligt haben. Während dieser Mitwirkung ist auch nie ein Wort gegen die neue Bahn gefallen. Sie sind eine grossmehrheitlich private AG mit rund 600 Aktionären. Regionsgemeinden halten etwa 7 Prozent des Aktienkapitals. Verdrängt dies die Opposition, oder will sie es partout nicht zur Kenntnis nehmen? Studer: Unser Ziel ist es, das Projekt zum Abschluss zu bringen. Diesen Auftrag haben wir von unseren Aktionären erhalten. Die Betriebskonzession der Bahn läuft Ende 2009 ab. Anfang 2010 ist Schluss. Die Mühlen der Justiz drehen sich aber vielleicht noch ein, zwei Jahre lang weiter bis zu einem Entscheid. Was passiert dann mit dem Betrieb Seilbahn Weissenstein AG, den 13 Angestellten? Urs Allemann: Der Verwaltungsrat hat solche Szenarien durchgedacht, und zwar bereits im Rahmen der Aktienkapitalerhöhung. Wenn die neue Bahn nicht realisiert wird, haben wir den Aktionären die Rückzahlung des eingezahlten Kapitals zugesichert. Wenn sich der Baubeginn stark verzögern sollte, müssen wir die Situation neu beurtei-

Urs Allemann, Verwaltungsrats-Präsident der Seilbahn Weissenstein AG (l.), und Vizepräsident Rolf Studer reagieren auf die Forderungen, die «Sesseli» zu erhalten: Eine andere Position als ein Neubau sei nicht im Sinn der Bahn-Aktionäre, argumentieren sie. HANSPETER BÄRTSCHI len. Es kann nicht im Interesse unserer Aktionäre sein, einen Betrieb über längere Zeit aufrechtzuerhalten, der keinen Ertrag abwirft und Kapital verzehrt. Eine solche Situation könnte also zu Entlassungen führen? Allemann: Ab einem gewissen Zeitpunkt wären solche Schritte wohl unvermeidlich. Damit einher ginge der Verlust von technischem Know-how. Denn für den Betrieb einer solchen Anlage braucht es Fachpersonal, das wohl kaum zu ersetzen wäre. Im Hinblick auf das neue Projekt haben wir den Betriebsleiter zum eidgenössisch diplomierten Seilbahnfachmann ausbilden lassen. Sie verfügen über ein zugesichertes Aktienkapital von gut 12 Mio. Franken, das allerdings nur fürs neue Projekt eingesetzt werden kann. Haben Sie da überhaupt die Möglichkeit, über eine andere Position als einen Neubau zu verhandeln? Studer: Nein, es stehen keine anderen Positionen zur Diskussion, weil wir uns mit verschiedensten Varianten auseinandergesetzt haben. Angenommen, 2010 wäre immer noch alles blockiert - dann gäbe es neben Warten oder Abbruch der

heutigen Anlage doch noch die Position «Verkauf zu einem Freundschaftspreis» an jene, die so am «Sesseli» kleben. Und Sie hätten damit erst noch die Verpflichtung des Rückbaus mit über einer Million Kostenfolge vom Hals ... Allemann: Es gibt kein Szenario, das einen Verkauf beinhaltet. Ein Rückbau wäre für uns finanziell kein Problem; wir haben die dafür nötigen Mittel zurückgestellt. 1993 hatte die damalige Betreibergesellschaft mit Ach und Krach ca. 6 Mio. zusammengekratzt, um das Leben der Bahn um 15 Jahre zu verlängern. Jetzt sollen es ca. 8 Mio. für eine möglicherweise noch kürzere Betriebszeit sein. Ein Fass ohne Boden? Studer: Das Bundesamt für Verkehr (BAV) sagt klar, dass es grundsätzlich möglich ist, die alte Bahn zu sanieren. Aber das wäre mit massiven Auflagen zur Sicherheit, Technik, dem Brandschutz, den Fundamenten und Masten verbunden. Zudem würde das BAV erst nach erfolgter Sanierung entscheiden, für wie lange die Betriebsbewilligung erteilt wird. Das hat mit dazu geführt, dass wir uns für die Variante mit einer neuen Bahn entschieden haben. Das Risiko, sich für viel Geld eine nur für kurze Zeit gülti-

ge Betriebsdauer einzuhandeln, war uns zu gross. Angezweifelt werden Ihre Abklärungen zum Erhalt der Bahn. Insbesondere wird auch aus Kreisen des Architektenverbandes SIA bestritten, dass die drei Stationen neu gebaut werden müssen. Was ist Sache? Allemann: Sache ist, dass die Bahn weder unter Denkmal- noch unter Heimatschutz steht. So wie die Stationen heute sind, können sie ohnehin nicht bestehen bleiben, wenn die aktuellen len Brandschutzauflagen eingehalten werden sollen. Man kann immer Kompromisse suchen, aber nie zulasten der Sicherheit. Wir tragen schliesslich auch die Verantwortung. Welche Bahnkomponenten müssten sonst noch ersetzt oder sogar neu konstruiert werden, weil die Originalteile gar nicht mehr existieren? Und gibt es noch Firmen, die das könnten? Studer: Bei einer allfälligen Sanierung müsste jede Schraube umgedreht und ersetzt werden. Die Erfahrungen beim Ersatz der Wasserfallenbahn zeigten, dass die Masten wie die Fundamente nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards entsprechen. Kaufen lässt sich kein Teil mehr. Es müssen alle

Sah der Kanton da keine Probleme ... Allemann: Der Kanton war anfänglich sehr skeptisch, was die Zusatznutzung anbelangt. Darum zog er den Touristik-Experten Hansueli Müller bei. Und dieser ist zum Schluss gelangt, im neuen Gesamtkonzept seien sogar zu wenig Freizeitangebote geplant. Dies bewog den Kanton, unseren Vorschlag als ausgewogen zu betrachten. Doch führen die Tubing- und Rodelbahn nicht zu einem grossen Nutzungsdruck auf dem Weissenstein? Studer: Nein, weil sich auch das Verkehrsregime ändert. Mit dem neuen Konzept wird es an den Sonn- und Feiertagen massiv weniger Auto- und Motorradverkehr auf dem Weissenstein geben. Wie fühlt man sich, wenn man jahrelang Zeit und Energie in ein innovatives Projekt steckt und je näher die Realisierung rückt, zunehmend attackiert wird? Allemann: Es gehört zu den Spielregeln unseres Rechtsstaates, dass alle Gruppierungen ihre Meinung zum Projekt äussern dürfen. Jeder Initiant, der im öffentlichen Raum etwas organisiert oder baut, muss sich dessen bewusst sein. Studer: Vom Gesamtprojekt Weissenstein sind wir nach wie vor überzeugt und stehen mit 100-prozentigem Einsatz dahinter.

Dieses Interview ist erschienen am 19. 3. 2008.


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Seilziehen um Seilbahn Der Heimatschutz lehnt eine Gondelbahn am Weissenstein ab. Grund: Die heutige Anlage sei einzigartig. Ebenso das Erlebnis einer Sesseli-Fahrt.

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Wind und Bundesamt ausgeliefert ●

Die Betriebsbewilligung für den Sessellift läuft Ende 2009 aus. Mit einer Gondelbahn will die Seilbahn Weissenstein AG die Fahrzeiten halbieren, doppelt so viele Fahrgäste transportieren und Nachtfahrten ermöglichen sowie das Freizeitangebot ausbauen. Das unter kantonaler Federführung erarbeitete Gesamtkonzept umfasst weiter flankierende Massnahmen im Bereich Verkehr und Parkplätze. Gestern lief dazu die Frist zur Anhörung aller Interessengruppen ab. (MZ)

VON MARCO ZWAHLEN

«Aufgrund der uns vorliegenden Informationen und Unterlagen haben wir den Eindruck, dass der Erhalt des Sessellifts nie so ernsthaft geprüft wurde, wie der Neubau einer Gondelbahn», sagt Philipp Gressly, Präsident des Solothurner Heimatschutzes. Die Sektion und ihre nationale Mutter lehnen daher die Neubau-Pläne der Seilbahn Weissenstein AG ab (siehe «Update»). «Die heutige Anlage aus den 50er-Jahren ist ein technik- und tourismusgeschichtliches Denkmal von nationaler Bedeutung», heisst es in einer Mitteilung. Ihr System der kuppelbaren Sessel und die Linienführung seien landesweit einzigartig. Nur diese Anlage sei in zwei Sektionen eingeteilt, welche den Wechsel von einem Tragseil auf das andere ohne Umsteigen ermögliche.

Nicht auf Konfrontationskurs Weiter ist für den Heimatschutz «die 16-minütige Fahrt mit dem nostalgischen Sessellift über 30 filigrane Masten ein ähnlich emotionales Erlebnis wie die Reise in einem Dampfzug». Dies sei der vielmals gesuchte veritable Kundenvorteil gegenüber der Konkurrenz, die nur ein «Retortenerlebnis» biete. Dieser Ansatz muss laut Gressly in die Überlegungen der Seilbahn AG einfliessen. Der Heimatschutz ist überzeugt: «Wenn die gleiche Wertschätzung erreicht wird, wie für Raddampfer oder historische Zugkompositionen, sind die Tage für die historische Seilbahn noch lange nicht gezählt.» Gressly wirft zudem ein, dass das Gesamtprojekt mit zusätzlichen Freizeitangeboten ein Bundesgutachten bedinge. Grund: Das Gebiet ist im Bundesin-

Trotz neuer, strengerer Auflagen für den Bahnbetrieb kann die Seilbahn Weissenstein wahrscheinlich bis Ende 2009 weiterfahren. Allerdings nur bei wenig Wind - denn da setzt das Bundesamt für Verkehr BAV offenbar den Hebel an. Länger dauert auch die jetzige Revisionspause. «Wir haben sofort mit dem Bundesamt für Verkehr Kontakt aufgenommen», betont Rolf Studer, Vize-VR-Präsident der Seilbahn Weissenstein AG, nachdem vor rund zehn Tagen dicke Post an 80 Schweizer Seilbahnen ergangen war. Der Grund: Letzten Winter war es wegen Windeinfluss zu zwei Bahnentgleisungen im Berner Oberland gekommen. Das Ergebnis des Gesprächs: Wenn die Seilbahn Weissenstein geeignete betriebliche Massnahmen aufzeigen kann, sollte der Betrieb auch ohne die bis im April 2009 geforderten technischen Massnahmen möglich sein. «Dafür brauchen wir aber Zeit», so Studer, und deshalb sei die bis zum 10. Dezember geplante Revisionspause jetzt bis zum 26. Dezember verlängert worden. «Und dann möchten wir der Öffentlichkeit noch bis Ende des nächsten Jahres die Fahrten ermöglichen», entkräftet Studer unausgesprochene Kritik aus den Reihen der Sesseli-Befürworter, die der Bahn vorwerfen, die strengeren Auflagen kämen ihr nur zu gelegen, um den Betrieb vorzeitig einzustellen.

ben zunehmend Mühe, Ersatzteile zu erhalten. Teilweise müssen wir sie für teures Geld anfertigen lassen», so Studer. Für eine nach Auflagen und neuen Normen modernisierte Sesselbahn erhielte die Seilbahn eine Betriebsbewilligung von nur fünf Jahren. In dieser Zeit könne sie die Kosten der Modernisierung von rund 7 bis 7,5 Mio. Franken nie abschreiben. Für die Gondelbahn gäbe es eine Bewilligung von 20 Jahren. Weitere Vorteile: «Sie ist wesentlich betriebssicherer und hat fast die doppelt so hohe Kapazität wie ein Sessellift.»

«Auf keinen Fall länger» als bis Ende 2009, dem Auslaufen der Betriebsbewilligung, werde jedoch die Seilbahn fahren. Das kann Rolf Studer schon sagen - denn ausser dem jetzt zu erarbeitenden «Massnahmenplan Wind» seien weitergehende technische Umrüstungen «systembedingt gar nicht oder nur kostenintensiv und mittels weitreichender Systemeingriffe» realisierbar. Nun will offenbar das BAV wissen, «wer wann für was zuständig ist», wie sich Studer ausdrückt. Woher die Winddaten stammen interessiert das Bundesamt ebenfalls - denn besonders zwei «Ecken» im Seilbahn-Trassee sind sehr windexponiert: der Mast auf dem Vorberg, bevor es hinab zur Mittelstation Nesselboden geht, sowie die offene Flä-

Restrisiko und Unwägbarkeiten

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che des «Göiferlätsch» vor der Bergstation. Zwei Windmesser, die allerdings schon 15 Jahre auf dem Buckel haben, stehen zur Verfügung und haben bisher dafür gesorgt, dass die Bahn den Betrieb einstellt, wenn der Alarmwert von 60 km/h Windgeschwindigkeit erreicht wird. Bei 40 km/h liegt übrigens der bisherige Grenzwert für eine Windwarnung. Auf die Frage, ob künftig die Seilbahn fast nur noch bei Windstille verkehren kann, hält sich der VR-Vizepräsident dagegen bedeckt. Man habe einfach nach Wegen gesucht, die Seilbahn bis Ende 2009 sicher für die Fahrgäste weiter betreiben zu können. Die vorgesehenen betrieblichen Massnahmen werde man dokumentieren und dem Bundesamt für Verkehr vorlegen. «Die Massnahmen betreffen den Betrieb bei Wind, für den die Weissensteinbahn nicht so ausreichend ausgerüstet ist - und auch verhältnismässig nicht ausgerüstet werden kann - wie dies bei modernen Seilbahnen der Fall ist», wird in der gestrigen Medienmitteilung informiert. Die damit auch ein Plädoyer für den Bau der neuen Gondelbahn ist, den die Seilbahn Weissenstein weiterhin ausdrücklich vertritt - und für den das nötige Kapital von über 12 Mio. Franken bereits aufgetrieben worden ist. (WW) GUTACHTER IST BESTIMMT ●

Keine technischen Massnahmen

Sanieren oder Neubau? Die Masten, Stationen und Sessel der Seilbahn sind noch original oder originalgetreu. HANSPETER BÄRTSCHI ventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung. Er betont: «Wir wollen das Ganze in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Seilbahn AG anschauen.» Ein Treffen ist auf Montag angesetzt. «Wir haben den Erhalt des Sessellifts sehr wohl geprüft. Und der Entscheid ist uns nicht leicht gefallen», erklärte Rolf Studer, Verwaltungsrat der Seilbahn AG, letzte Woche gegenüber dieser Zeitung. Original seien seit dem 4,5 Mio. Franken teuren Umbau von 1994 nur noch die Sessel, die Masten, die Gebäude und die Fundamente. «Wir ha-

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Betriebsaufnahme 26. Dezember

Bis «Anfang des kommenden Jahres» rechnet die Seilbahn Weissenstein AG mit dem Vorliegen des Gutachtens zur allfälligen Sanierung der jetzigen Sesselbahn. Das Gutachten hatte das Amt des Bundes für Raumentwicklung im Rahmen der Richtplanvorprüfung verlangt. Danach war die Sutter Ingenieur- und Planungsbüro AG vom Kanton beauftragt worden, das Gutachten zu beschaffen. Die Gutachter-Suche gestaltete sich insofern schwierig, als es galt, einen Gutachter zu finden, der von der Seilbahn Weissenstein AG als Bahneigentümerin, dem Schweizer Heimatschutz und den involvierten Bundesstellen akzeptiert wird. Damit der Gutachter in Ruhe arbeiten kann, wird er geheim gehalten. Es handle sich aber um einen «unabhängigen Seilbahnfachmann aus der Schweiz». (WW)

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Gutachten zur Seilbahn Weissenstein liegt vor und liefert rechtlich Interpretationsspielraum «Die Sanierung der Bahn ist wohl technisch möglich, es gibt aber gewichtige Gründe und Restrisiken, die dagegen sprechen.» Dies ist die Kernaussage des vom Bundesamt für Kultur, vom Schweizerischen Heimatschutz und von der Seilbahn Weissenstein AG in Auftrag gegebenen Gutachtens. Verfasser des Expertenberichts ist Hili Manz, Seilbahnsachverständiger, in Zusammenarbeit mit Alex Kaufmann, einem Fachmann für Seilbahnsteuerungen. Das Gutachten attestiert der alten Bahn eine «Quasisanierbarkeit». Zu Deutsch: Theoretisch ist alles möglich. Ausdrücke wie «einschneidende Massnahmen», «Restrisiken» oder «Unwägbarkeiten» machen die Steine auf dem Weg zur Erhaltung der Bahn mehr als deutlich. In akribischer Kleinarbeit haben die Verfasser die bestehende Anlage analysiert und sind bereits dabei auf grosse Probleme gestossen, die ihnen ein abschliessendes Urteil über den Zustand der Bahn verunmöglichen. Beispiel Sessel: Im Gestänge der über 100 Sesseli wurde vermehrt Korrosion entdeckt, die von innen her die Wände der Rohre schmälert und somit bruchanfälliger macht. Dummerweise werden diese Schäden «erst ersichtlich, wenn sich die Korrosion gegen aussen durchgefressen hat», so das Gutachten. Wollte man den Stand dieser inneren Korrosion prüfen, müsste man die Rohre und damit das halbe Sesseli zerstören.

Verrostete, abgenutzte Schrauben Beispiel Nummer zwei: «Bei einer Anlage wurde bei der Demontage der-

selben, massivste Querschnittsverluste bei Stützankerschrauben, verursacht durch Vibrationen/Korrosion, festgestellt». Das Wort «massivste» wurde vom Gutachter unterstrichen. Das heisst: Die Schrauben, welche die Stützen im Boden halten, könnten auch bei der alten Weissenstein-Sesselbahn verrostet und abgenutzt sein. Um dies zu analysieren, müssten alle Stützfundamente geprüft werden, was wiederum «ein Weg-/Anheben der Stützen bedingen» würde. Ob sich die Ankerschrauben überhaupt noch lösen lassen, kön-

nen auch die Gutachter nicht beurteilen. Es bleiben somit Unsicherheiten, wie tief eventuelle Sanierungsmassnahmen überhaupt gehen müssten. Unbestritten ist, dass bei einer Sanierung die Originalsubstanz der Bahn weiter abnehmen würde. Dies bestätigt auch das Gutachten und spricht vor allem bezüglich der Sessel von kompletten Replica-Anfertigungen. Führt man sich die erwähnte Suche nach Rost in den Sesselirohren vor Augen, leuchtet dieser Schluss ein. Ein weiteres Augenmerk richten

die Gutachter auf den Brandschutz. Hier müssten die Stationsgebäude entsprechend umgebaut und mit speziellen Brandbekämpfungsmitteln ausgerüstet werden.

«Nein, praktisch ausgeschlossen» Ins Gewicht fällt laut den Gutachtern auch, dass die Anlage nicht behindertengerecht umgebaut werden kann. Auf die Frage der Auftraggeber, ob sich die Anforderungen der Behindertengesetzgebung nach einer Sanierung erfüllen liessen, antwortet das Gutachten präg-

nant: «Nein, praktisch ausgeschlossen.» Die Schlussbetrachtungen der Gutachter liefern eine Idee, die von der Seilbahn AG sogleich aufgenommen wurde: Die alte Bahn soll in Teilen als Museumsanlage an einem anderen Standort erhalten werden. Die Seilbahn Weissenstein AG hat dafür bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, wie sie gestern in einem Communiqué mitteilte. Das darf getrost als die grösste Neuigkeit des gestrigen Seilbahntages angesehen werden.

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VON CHRISTIAN FLURI

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Der Gondelbahn-Neubau kommt im März 2008 zur Auflage. Gegen die Richtplananpassung und Nutzungspläne gehen über 70 Eingaben ein. Dicke Post folgt im Juni vom Bundesamt für Raumentwicklung. Es will die Option Erhalt des 60-jährigen Sessellifts, dessen Betriebsbewilligung Ende 2009 ausläuft, durch ein unabhängiges Gutachten abgeklärt haben und stellt die «Zonenverträglichkeit» der Freizeitanlagen infrage. Zuvor hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) als Konzessionsund Betriebsbewilligungsbehörde der Seilbahn Weissenstein AG mehrmals einen Neubau nahegelegt. Seit Dezember fährt die Bahn unter verschärften Sicherheitsauflagen des BAV. (MZ)

«Ja, aber ...» – jeder findet sich wieder

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it der Einschränkung «... ,aber» der Antwort des Gutachtens zur Frage des Sessellift-Erhalts sieht die Seilbahn Weissenstein AG ihre Argumente bestätigt. Verwaltungsrat-Vizepräsident Rolf Studer: «Wir haben immer gesagt, dass ein Erhalt technisch unter Umständen möglich ist.» Aber: Ebenso bestätigt würde, dass damit verbundene technische und finanzielle Risiken, Unwägbarkeiten und Unsicherheiten nicht zu verantworten seien. Beispiel: Das Bundesamt für Verkehr (BAV) entscheidet erst über eine Konzession, wenn das Sanierungsprojekt vorliegt. Sprich: Es sei nicht sicher, ob und für wie lange der Betrieb bewilligt würde. Entscheidend auch: «Wir haben keinen Seilbahnbauer, der die Sicherheit der Anlage garantiert. Entsprechend können wir diese Verantwortung auch nicht tragen. Noch diesen Monat werde ein Konzessionsgesuch für eine Gondelbahn eingereicht. Studer verweist darauf, dass Ende Oktober die Betriebsbewilligung auslaufe und gemäss BAV für die jetzige Bahn nicht mehr verlängert werde.

Der Schweizer Heimatschutz und der Solothurner Verein Pro Sesseli stürzen sich auf die Antwort «Ja, ...» des Gutachtens. Beide appellieren in Medienmitteilungen fast gleichen Wortlauts an die Betreiber, «im Interesse der Bevölkerung definitiv auf die Neubaupläne zu verzichten» und fordern zudem die sofortige Erarbeitung eines Betriebskonzepts und einer Kostenschätzung sowie die Einholung detaillierter Offerten für eine umfassende Revision der Sesselbahn. Beide Organisationen beabsichtigen ferner, zusammen bis Ende 2009 die massgeblichen Mittel bereitzustellen, damit spätestens 2010 die «dringend nötige Überholung der technik- und tourismusgeschichtlichen Perle ausgelöst werden kann». «Pro Sesseli» will ausserdem den von den Bahnbetreibern geplanten Bau «von störenden Freizeitanlagen wie Rodelund Tubingbahn» verhindern. Der Verein fordert das Baudepartement auf, die Planung Weissenstein neu aufzulegen und dies «in einem partizipativen Prozess sofort an die Hand zu nehmen».

Mehr ein «Aber, als ein Ja» ist die Antwort des Gutachtens für die kantonale Planungsbehörde. Bernard Staub, Chef Amt für Raumplanung: «Es führt kein Weg an einem Neubau vorbei. Eine Sanierung wäre ein Hochseilakt ohne Netz.» Der Schlussbericht zum Richtplanverfahren werde nun verfasst. Einsprache dagegen können nur Regionalplanungsgruppen und Einwohnergemeinden machen. Nach der Bewilligung durch den Regierungsrat gehe das Dossier ans Bundesamt für Umwelt (BafU). Um den Spielraum zu öffnen, würde im Richtplan nicht mehr die umstrittene Rodel- und Tubingbahn festgeschrieben. Staub: «Wir setzen landschaftsverträgliche Freizeitanlagen im Grundsatz fest, lassen aber offen, welche.» Freizeitanlagen sind untrennbarer Bestandteil des Betriebskonzeptes und Businessplans der geplanten Gondelbahn. Die langfristige Wirtschaftlichkeit eines Transportunternehmens wiederum ist für das BAV ein zentrales Kriterium bei der Erteilung einer Konzession. (MZ)


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Bund muss nun einsteigen Eine moderne Gondelbahn statt ein alter Sessellift: Die Seilbahn Weissenstein AG hat nun die für die Konzession und Betrieb nötigen Pläne dem Bundesamt für Verkehr übergeben.

Speziell bei diesem Bewilligungsverfahren ist, dass das BAV mit dem neuen Seilbahngesetz für alle Belange zuständig ist. Spezialbewilligungen sowie kantonale und kommunale Baubewilligungen werden nicht mehr separat beantragt und erteilt, sondern vom Bundesamt nach Anhörung betroffener Amtsstellen gesprochen.

BAV - alte Bahn am Limit VON MARCO ZWAHLEN

«Ein Meilenstein», freut sich Rolf Studer, Vizepräsident des Verwaltungsrats der Seilbahn Weissenstein AG. Seit vergangenem Donnerstag ist das Bundesamt für Verkehr (BAV) offiziell in die Debatte um die Seilbahn-Zukunft am Weissenstein involviert. Der Schweizer Heimatschutz und der Verein Pro Sesseli fordern bekanntlich den Erhalt des «technischen Kulturgutes von nationaler Bedeutung». Mit der Übergabe des Gesuchsdossiers für den Abbruch des 60-jährigen Sessellifts und den Neubau einer 6er-Gondelbahn rücken nun andere Fragen ins Zentrum: Genügt die geplante Gondelbahn den heutigen Sicherheitsanforderungen? Ist die Finanzierung gesichert? Und: Ist das Projekt umweltverträglich, längerfristig zweckmässig und wirtschaftlich?

Die neue Bahn mit behindertengerechten 50 Gondeln der CWA Constructions SA (Olten) befördert im Anfangsausbau 900 Personen pro Stunde und ist ausbaubar auf 1200 Personen pro Stunde. Die Finanzierung der 12,5 Mio. Franken teuren neuen Bahn und neuer Freizeitanlagen ist gesichert. Zudem hat das BAV als Konzessions- und Betriebsbewilligungsbehörde der Seilbahn AG inoffiziell schon mehrmals einen Neubau empfohlen. Erstmals 2004. Grund für diese Empfehlung: die Sicherheitsauflagen. Schon 1994 habe die Totalsanierung trotz Kosten in Millionenhöhe die Grenzen der Anlagen deutlich aufgezeigt.

Die Zeit drängt und wird knapp In Zusammenarbeit mit dem Kanton sieht das Gesamtkonzept flankierende Massnahmen vor. So die Sperrung der

Passstrasse an Sonn- und Feiertagen von 8 bis 16 Uhr, Parkverbote und Parkgebühren. Zur Plangenehmigung erforderlich sind die Richtplananpassung und die Nutzungsplanung. Bei der Auflage vor einem Jahr durch den Kanton gingen über 70 Eingaben ein. Und: In seiner Vorprüfung des Richtplanes verlangte das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) letzten Juni ein Gutachten zur Option Erhalt des Sessellifts. Fazit: Die Bahn könnte wohl saniert werden, unabsehbar sind aber unter anderem die Kosten. Sollte das BAV zudem die Konzession für die sanierte Bahn überhaupt erteilen, kann es die Betriebsbewilligung aufgrund höherer Sicherheitsanforderungen jederzeit entziehen. Knackpunkt im Gesamtkonzept sind die Freizeitanlagen, Das ARE stellt die «Zonenverträglichkeit» der im Richtplanentwurf definierten Rodel- und Tubingbahn infrage. Freizeitanlagen sind jedoch untrennbarer Bestandteil des Businessplans der Gondelbahn. Und die längerfristige Wirtschaftlichkeit eines Transportunternehmens wiederum ist für das BAV eine zentrales Kriterium. Sprich: «Der Bund wird nun Farbe bekennen müssen», so Studer. Gleicher Meinung ist Bernard Staub. Laut dem Chef des kantonalen Amtes für Raum-

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planung ist der Schlussbericht zum Richtplanverfahren bis Ende diesen Monat verfasst. Einsprachen dagegen können nur Regionalplanungsgruppen und Einwohnergemeinden machen. Um den Spielraum zu öffnen, würde nicht mehr die umstrittene Rodel- und Tubingbahn festgeschrieben. Staub: «Wir setzen landschaftsverträgliche Freizeitanlagen im Grundsatz fest, lassen aber offen, welche.»

Bewilligungen im Frühherbst? Die Seilbahn Weissenstein AG rechnet damit, dass die Bewilligungen diesen Frühherbst eintreffen. Spätestens im Juni 2010 soll die Gondelbahn in Betrieb gehen. Der Baubeginn ist für Oktober vorgesehen. Bis dahin läuft noch die Betriebs-Gnadenfrist für den Sessellift. Letzten November verfügte das BAV der Seilbahn, die seit gestern nach Revisionsarbeiten wieder läuft, verschärfte Auflagen: «Es war die letzte Revision der alten Bahn. Ihre letzte Saison hat begonnen. Wer also das Freiluft-Fahrvergnügen geniessen wolle, kann dies nur noch ein paar Monate tun.» Im Herbst sei ein Abschlussfest vorgesehen. Ausserdem würden die «Sässeli» versteigert. «Die Warteliste ist lang», so Studer. «Von 100 Stück sind 60 bereits reserviert.»

Bundesamt für Verkehr: Das Gesuchsdossier wird überreicht (v. l.): Urs Wohlwend, Sektion Bewilligungen I im BAV; Johannes Sutter, Projektleiter, Sutter Ingenieur- und Planungsbüro AG; Urs Allemann, Verwaltungsratspräsident Seilbahn Weissenstein AG. URS LINDT

Gondelbahn im Richtplan Gestern hat die Regierung die Richtplananpassung «Interessengebiet für Freizeit und Erholung: Weissenstein» genehmigt. Die Rückendeckung kritisieren die Sesselbahn-Anhänger scharf. VON MARCO ZWAHLEN

Der Ersatz der Sesselbahn Weissenstein durch eine neue Gondelbahn ist von der Regierung im Richtplan festgesetzt. Bei der Planauflage vor über einem Jahr waren 46 Einwendungen eingegangen. Gestern aber lagen auf dem regierungsrätlichen Tisch keine Beschwerden einer dafür berechtigten Gemeinde oder Regionalplanungsgruppe. Der Richtplan sieht weiter vor, dass die Passstrasse an Sonn- und allgemeinen Feiertagen von 9 Uhr bis 16

Uhr gesperrt wird, um Blechlawinen künftig vom Berg fernzuhalten. Damit ist auch dem departementübergreifenden Disput zweier kantonaler Ämter ein Ende gesetzt. Das Amt für öffentliche Sicherheit war gegen die Sperre, das Amt für Raumplanung (ARP) erachtet die Massnahme nach Strassenverkehrsgesetz im Sinne des Gesamtkonzeptes als verhältnismässig. Ursprünglich waren im Richtplan eine Tubing- und eine Rodelbahn definiert. Hier krebst der Kanton zurück. Aber: «Weitere landschaftsverträgliche Freizeiteinrichtungen auf dem Weissenstein sind grundsätzlich möglich», sagt ARP-Chef Bernard Staub. In welchem Umfang und von welcher Art diese sein werden, soll ein Planungsauftrag zeigen. Die Richtplananpassung hält dies als Zwischenergebnis fest.

Das Warten auf den Bund Auf kantonaler Stufe sind die Festlegungen im Richtplan behördenverbindlich.

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Am Zug ist nun der Bund. Diesem wird die Genehmigung der Richtplananpassung durch das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beantragt. Da die Konzession für die alte Sesselbahn Ende Jahr ausläuft, steht das Verfahren unter Zeitdruck. Daher legt der Regierungsrat Wert auf einen raschen Grundsatzentscheid, im Wissen, dass zwischen den Bundesämtern für Verkehr (BAV), für Kultur (BAK) und für Umwelt (BafU) unterschiedliche Auffassungen zu den Richtplaninhalten bestehen (wir berichteten): Seit Jahren legt das BAV als Konzessions- und Betriebsbewilligungsbehörde der Seilbahn aus Sicherheitsgründen einen Neubau nahe. Den Erhalt der Sesselbahn will das BAK, und das Bafu lehnt die Rodel- und Tubingbahn als «zonenunverträglich» ab. Mittendrin: das ARE (Bundesamt für Raumentwicklung). Dieses verlangte vor einem Jahr ein unabhängiges Gutachten zur Frage, ob die Bahn nicht doch erhalten werden könne.

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Aktionäre

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Letzte Fahrt im Spätherbst

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Eine Sesselentgleisung im Mai, bei Gewitterlagen eine aussetzende Schalterleitung ... nur zwei «Probleme» der Seilbahn. Bereits im Dezember liess das Bundesamt für Verkehr (BAV) angesichts der Ende 2009 auslaufenden Betriebsbewilligung Gnade vor Recht walten. Die 60-jährige Bahn kann die Sicherheitsbestimmungen nicht mehr erfüllen. Sie darf nur noch bei stabiler Wetterlage und mit tieferen Windalarmwerten fahren. Leib und Leben der Gäste waren gemäss Seilbahn-Verwaltungsratspräsident Urs Allemann nie gefährdet. Der Verwaltungsrat will die Verantwortung aber nicht mehr allzu lange tragen. «Am 1. November ist definitiv Schluss», so Allemann. Und: Das BAV werde auch keine provisorisch verlängerte Betriebsbewilligung erteilen. Ein Abschlussfest ist in Planung. Ebenso der Abbruch der alten Bahn. Rund 100 «Sässeli» stehen für 1000 Franken pro Stück zum Verkauf. Die Warteliste ist bereits voll. Einige «Sässeli» will die Seilbahn für ein allfälliges Museum behalten. Die Betriebsrechnung schliesst mit einer schwarzen Null. Angesichts des «instanzlichen Kriechgangs» mit dem Gondelbahn-Neubauprojekt «war 2008 ein Jahr des Stillstandes», so Allemann. Die Mittel (rund 12 Mio. Franken zweckgebunden für den Neubau) seien da, die Planungen fast abgeschlossen. Nur: «Die Bewilligungen fehlen noch immer», so Allemann frustriert. Das Konzessionsgesuch für die neu Bahn ist seit März beim BAV deponiert. Zur Richtplanung hat nun ebenfalls der Bund das Machtwort. Die Nutzungspläne wird der Regierungsrat im Herbst absegnen. Hier reicht dann der Rechtsmittelweg bis vors Bundesgericht. Sprich: Der Neubau wird frühestens im Frühling in Angriff genommen werden können. Bezüglich Freizeitanlagen geht die Seilbahn gezwungenermassen über die Bücher. Als Alternative zu den Tubing- und Rodelbahnen nannte Allemann eine Schlittelpiste. Ein «neues» Sommerangebot hat die Bahn bereits. Sie hat die Downhill-Strecke übernommen. Allemann ist auch überzeugt, mit der Bürgergemeinde Oberdorf einig zu werden. Diese will bislang ihr Land nicht verkaufen. Allemann verwehrt sich jedoch gegen den Vorwurf der Bürgergemeinde, die Seilbahn wolle sie über den Tisch ziehen (wir berichteten). «Wir zahlen sicher nicht für Wald 155 Franken pro Quadratmeter.» An der Versammlung meldeten sich keine Kritiker zu Wort. Auch der anwesende Geschäftsleiter des Schweizer Heimatschutzes, Adrian Schmid, nicht. In einer Medienmitteilung empört er sich jedoch über die Abbruchpläne und den Sesseli-Ausverkauf. Der SHS ruft das dafür zuständige Eidgenössische Departement des Innern auf, das Kulturdenkmal Sesselbahn sofort unter Schutz zu stellen und Schritte für den Erhalt anzuordnen. Dies wohlwissentlich, dass das Privatunternehmen Seilbahn respektive die Aktionäre mit ihrem Eigentum machen können, was sie wollen. (MZ)

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Per Schreiben will die Regierung Bundesrat und Uvek-Vorsteher Moritz Leuenberger die Gesamtproblematik schildern. Die weiteren Verfahren (Nutzungsplanung und Konzessionsverfahren) sind angelaufen. Auf kantonaler Ebene werden in nächster Zeit die 50 Einsprachen zur Nutzungsplanung behandelt. Vorläufig sistiert wird der Nutzungsplan Tubing- und Rodelbahn.

Nostalgiker hoffen auf Korrektur «Der Regierungsrat schafft ein Präjudiz für die künftige Missachtung von Gesetzen», reagiert der Verein Pro Sesseli auf den Entscheid. Die Interessen einer privaten Seilbahngesellschaft würden höher gewertet als der ungeschmälerte Erhalt einer geschützten Landschaft sowie die Einhaltung von nationalem und kantonalem Recht. «Damit hat sich die Regierung die Interessen der Seilbahngesellschaft zu ihren eigenen gemacht.» Für das teilweise neue Trassee müssten geschützte

Waldpartien gerodet werden. Und: Im Gegensatz zur Sesselbahn, deren Seilführung unterhalb der Baumwipfel erfolgt, müssten für die neue Gondelbahn Masten bis zu 22 Meter Höhe errichtet werden und die durch das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) geschützte Silhouette des Vorbergs würde dadurch zerstört. Auch die neue Tal-, Mittel- und Bergstation würden wesentlich grösser ausfallen als die Stationen der Sesselbahn und einen schwerwiegenden Eingriff in das Landschaftsbild bedeuten. Die beabsichtigten Eingriffe in die Landschaft kritisiert auch der Schweizer Heimatschutz (SHS) scharf. Er geht davon aus, «dass der regierungsrätliche Entscheid durch das ARE korrigiert werden muss». Weiter meint der SHS an die Adresse des Regierungsrates. Mit seinem Entscheid gewichte er «das Kulturgut der historischen und schützenswerten Sesselbahn gering».


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Nostalgiker kommen in Fahrt

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«Pro Sesseli» und Heimatschutz stellen Stiftung zum Erhalt der Sesselbahn Weissenstein vor. Die Sesselbahn Weissenstein muss erhalten bleiben – koste es fast, was es wolle. Sei es mit dem Kauf der Aktien durch die neu gegründete Stiftung oder mit dem Gang vor Bundesgericht durch den Schweizer Heimatschutz. VON MARCO ZWAHLEN

Wyss zieht als Mäzen am Seil Das Geschäftsmodell der neuen Stiftung lehnt sich jenem der Furka Bahn an. Die Stiftung will die Bahn kaufen, die Sanierung und den künftigen Unterhalt via eines Dotationsfonds für Spenden und Sponsoren finanzieren. Damit wird das operative Geschäft entlastet. Der Betrieb der Bahn soll einer eigenständigen Gesellschaft übertragen werden. Für die Sanierung rechnet die Stiftung mit Kosten von 4 bis 6 Mio. Franken. Als Mäzen der Stiftung konnte Hansjörg Wyss, Verwaltungsratspräsident der Medtech-Firma Synthes und einer der reichsten Schweizer, gewonnen werden. Laut Thomas Schmid, Präsident des Stiftungsrates, ist Wyss bereit, über die Hälfte einer Sanierung zu finanzieren. Schmid betont, dass die Stiftung gemeinnützigen Charakter habe und keinen Gewinn anstrebe. Damit das Geschäftsmodell zum Tragen kommen kann, müssen die grösstenteils anonymen Seilbahn-Aktionäre ihre Aktien überhaupt verkaufen wollen. Danach sieht es momentan nicht aus. Sollte diese Front trotzdem aufweichen, stellt sich sofort die Preisfrage. Diese bezeichnete Adrian Schmid als den Knackpunkt überhaupt. Laut Bilanz der SWAG habe die Sesselbahn einen Buchwert von 780 Franken. Vor der Kapitalerhöhung auf 12,2 Mio. Fran-

Adrian Schmid vom Schweizer Heimatschutz, Stiftungsratspräsident Thomas Schmid und Pro-Sesseli-Präsident Heinz Rudolf von Rohr (von links) vor den Medienvertretern im «Alten Spital» in Solothurn. ken betrug das alte Aktienkapital 220 000 Franken plus Rückstellungen von fast 1,6 Mio. Franken. Die an den Neubau gebundenen Gelder sind fest angelegt. Diese Festanlage könnte laut der Stiftung den Aktionären ohne Verlust rückerstattet werden. Bleibt der Preisfrage. Laut Rudolf von Rohr müsste sich der Kaufpreis nach dem unbekannten effektiven Wert der Bahn richten.

Kritik an Gesamtkonzept An der Medienkonferenz wurden die Vorwürfe an den Kanton und die Bahnbetreiber erneuert. Rudolf von Rohr dazu: «Der Bau einer Gondelbahn zieht Eingriffe, wie Rodungen, und den Bau mächtiger Bahnstationen mit sich.» Mit den bis zu 22 Metern doppelt so hohen Masten würde zudem die geschützte Silhouette des Vorbergs zerstört. Dies alles seien gravierende Verletzungen des BLN-Gebietes (Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler). Und überhaupt: Es fehle eine Gesamtsicht.

«Dem Gondelbahnprojekt droht ein finanzielles Fiasko», so Rudolf von Rohr. Eine Gondelbahn könnte nur dank stark erhöhter Frequenz wirtschaftlich betrieben werden.» Voraussetzung dazu wären Freizeitanlagen «in riesigem Ausmass». Nachdem aber die gemäss Businessplan notwendige Tubing- und Rodelbahn nach der Kritik des Bundes aus dem Richtplan gefallen ist, fehle diese Voraussetzung. Daran ändere auch die Übernahme der Downhill-Strecke durch die SWAG (wir berichteten) nichts.

Brief an Bundesrat Couchepin «Es ist nicht statthaft, ohne rechtsverbindliche Entscheide zum Abbruch und Neubau Bestandteile dieses Kulturgutes zu verschleudern», machte Adrian Schmid seinem Ärger Luft. Gründe: Die SWAG kündigte an der Aktionärsversammlung vor einem Monat an, dass der Abbruch der 60-jährigen Bahn bereits geplant werde. Ebenso, dass auf einer Warteliste bereits 100

«Sässeli» zum Stückpreis von 1000 Franken verkauft seien. Schmid verwies auf das Natur- und Heimatschutzgesetz: Drohe einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, könne das Eidgenössische Departement des Innern dieses sofort unter Schutz stellen und Massnahmen zum Erhalt anordnen. Dem nachzukommen, fordert der Heimatschutz mit Nachdruck in einem gestern verschickten Brief an Innenminister Pascal Couchepin. «Die hohe Schutzwürdigkeit der Sesselbahn halten die Eidgenössischen Kommissionen für Denkmalpflege sowie für Natur- und Heimatschutz in ihrem Gutachten vom Juni 2007 fest», so Schmid. Ob der Brief Wirkung zeigt? Couchepin müsste zumindest den Kanton anhören. Und dieser hat bekanntlich eine andere Meinung zum Thema. Ohne Bewilligung wird auf der anderen Seite ein Abbruch nicht möglich sein. Bewegliche Einzelteile wie «Sässeli» der nicht unter Schutz stehenden Bahn

UPDATE ●

Der Gondelbahn-Neubau kommt im März 2008 zur Auflage. Über 70 Eingaben gehen ein. Drei Monate später verlangt das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) die Option, Erhalt des Sessellifts durch ein unabhängiges Gutachten abzuklären. Zudem wird die «Zonenverträglichkeit» der Freizeitanlagen infrage gestellt. Zuvor hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) als Betriebsbewilligungsbehörde den Betreibern mehrmals einen Neubau nahegelegt. Seit Dezember fährt die Bahn unter verschärften Sicherheitsauflagen des BAV. Letzten März beantwortet das Gutachten die Frage, ob die Sesselbahn erhalten werden kann, mit «Ja, aber». Letzten April reicht die Seilbahn Weissenstein AG beim BAV das Konzessionsgesuch für eine Gondelbahn ein. Im Juni genehmigt der Regierungsrat die Richtplananpassung, zu der nun das ARE das Wort hat. (MZ)

Seilbahn: «Halten am eingeschlagenen Weg fest»

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eine neuen Argumente sind für Rolf Studer, Vize-VR-Präsident der Seilbahn Weissenstein AG, mit der gestrigen Stiftungsgründung aufgetaucht. «Wir halten an unserem eingeschlagenen Weg fest», sieht Studer keine Alternative als die neue Gondelbahn. Man verfüge über kein Kaufangebot für die alte Sesselbahn, und wenn, müsste dieses von den Aktionären genehmigt werden. Und diese hätten am 7. Juni an der Generalversammlung der Seilbahn Weissenstein AG ohne Gegenstimme dem Neubauprojekt zugestimmt. Im Weiteren macht Rolf Studer darauf aufmerksam, dass die Investoren in das neue Bahnprojekt bereit seien, in Absprache mit der Kurhaus Weissenstein AG auch ins Kurhaus selbst zu investieren, und zwar «in ein Gesamtbild für den Familienberg Weissen-

stein». Das Traditionshaus – zuletzt wurde es Ende der Achtzigerjahre bis 1990 für insgesamt 10 Mio. Franken grundlegend umgebaut - soll mit dem Bau der neuen Gondelbahn durch ein «umweltverträgliches, nicht überdimensioniertes Sanierungskonzept» wieder auf Vordermann gebracht werden. An der Generalversammlung der Kurhaus Weissenstein AG, die nur mit Ach und Krach die Mittel für den Unterhalt des Kurhauses aufbringt, hatte deshalb vor wenigen Wochen auch der Präsident der AG, Josef Ingold, klar für die neue Gondelbahn votiert. Zur «Volksmeinung», die der Verein Pro Sesseli hartnäckig für sich beansprucht, hält Rolf Studer im Übrigen fest, dass die vom Verein eingereichte Volksmotion zur Erhaltung der Sesselbahn im Kantonsrat klar abgelehnt worden war. (WW)

Ein erster Pflock eingeschlagen Die neue Gondelbahn auf den Weissenstein steht vor einem weiteren Hürdensprung: Gestern hat das Bundesamt für Verkehr die Planauflage öffentlich ausgeschrieben. Anhand der ausgesteckten Profile sind insbesondere auch die künftigen Stationsbauten ersichtlich. Wer auf den Parkplatz der Talstation Oberdorf einbiegt, wird allerdings enttäuscht sein: Erst auf den dritten Blick sind die Metallprofile hinter dem Stationsgebäude im Wald erkennbar - der Neubau wird bekanntlich in den Hang hinein verlegt. Dies macht auch den Grossteil der Rodungsfläche von 2744 Quadratmetern aus, um deren Bewilligung in der Planauflage ebenfalls ersucht wird. So viel Wald

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kann die Seilbahn jedoch als ihr Privateigentum jederzeit veräussern.

Bahn wird lange nicht mehr laufen Die Betriebsbewilligung für die Sesselbahn läuft Ende Jahr aus. Laut der SWAG ist vom Bundesamt für Verkehr (BAV) keine Verlängerung zu erwarten. Daran zweifelt Thomas Schmid. Die Stiftung will daher mit dem BAV direkt verhandeln. Verhandelt wird auch bereits mit einer Unternehmung, welche die sanierte Bahn betreiben würde. SHS und Pro Sesseli gehen davon aus, dass die Richtplananpassung vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) korrigiert wird. Bis zum Entscheid des ARE ist das Nutzungsplanverfahren blockiert. Bei diesem steht ebenfalls der Weg bis ans Bundesgericht offen. Vieles spricht also dafür, dass es aufgrund der gesetzlichen Fristen in solchen Verfahren zu Verzögerungen kommt, die weit über das Verfalldatum der Betriebsbewilligung vom 31. Dezember 2009 hinausreichen.

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«Die Gründung der Stiftung ist der Schlüssel für den Erhalt der historischen Sesselbahn auf den Weissenstein», zeigten sich Heinz Rudolf von Rohr, Präsident des Vereins Pro Sesseli, und Adrian Schmid, Geschäftsleiter Schweizer Heimatschutz (SHS), gestern im Alten Spital überzeugt. Die Medienkonferenz stiess auf reges Interesse - selten finden so viele Medienschaffende den Weg nach Solothurn. Die Botschaft: Der von der Seilbahn Weissenstein AG (SWAG) geplante Neubau einer Gondelbahn muss verhindert werden. Die Strategie: Ein «unfreundliches Übernahmeangebot» an die Sesselbahn-Aktionäre oder im Notfall die Ausschöpfung aller Rechtsmittel (wir berichteten). Die Ausgangslage ist aus Sicht der Stiftung klar: «Der Weiterbetrieb der Sesselbahn sei ein Garant zur Erhaltung der geschützten Landschaft am Weissenstein», betont Rudolf von Rohr.

muss für die drei Stationen weichen. Dazu kommen noch 250 Quadratmeter - die Hälfte einer durchschnittlichen Einfamilienhausparzelle -, die für Rodungen auf dem Streckentrassee selbst geplant sind. Natürlich ist auch die Wiederaufforstung Bestandteil der Planauflage, und sie beläuft sich exakt auf die insgesamt 2994 Quadratmeter, die gerodet werden sollen. Im Übrigen sind bereits Einsprachen gegen die Rodungen im kantonalen Richtplan abgeschrieben worden und müssen erneut beim Bundesamt für Verkehr (BAV) eingereicht werden. Gründe dafür sind laut Corinne Stauffiger vom kantonalen Amt für Raumplanung Anpassungen einerseits. Anderseits habe sich im Laufe des Verfahres herausgestellt, dass die Rodungen in die Planauflage des Bundes gehören. Vollständig mit Profilen ausgesteckt wurden die neuen Tal- und Bergstationen sowie die Rodungsflächen, nicht dagegen die Mittelstation Nesselboden,

wo die Profile nur den hinteren Teil des neuen Gebäudes in der Originalhöhe wiedergeben. Die Standorte der 17 Stützen oder Masten wurden genauso wie der vordere Teil der neuen Mittelstation nur mit Holzpflöcken ausgesteckt und ergänzt mit den Angaben über die künftigen Masse. Der Grund dafür ist einleuchtend: Die Seilbahn Weissenstein ist weiterhin im Betrieb und die jetzige Streckenführung fast absolut identisch mit der neuen - sodass in der Fahrbahn des «Sässelis» nicht in die Höhe ausgesteckt werden kann. Kein besonderer Schritt ist die Planauflage für den Bauherr, die Seilbahn Weissenstein AG. Vize-Verwaltungsratspräsident Rolf Studer: «Damit erfüllen wir, was das Bundesamt für Verkehr von uns verlangt.» Das BAV ist letztlich zuständig für die Konzessionserteilung und Betriebsbewilligung. Der Ausschreibung ist auch zu entnehmen, dass die AG als Gesuchstellerin den Projektunterlagen den entspre-

chenden Umweltbericht beigelegt hat. Die neue Gondelbahn soll im nächsten Jahr trotz dem Widerstand des Schweizer Heimatschutzes und des Vereins Pro Sesseli gebaut sein und den Betrieb aufnehmen können. Die neue Gondelbahn umfasst zwei Sektionen mit einem Höhenunterschied von knapp 402 und 216 Metern bei einer Gesamtstreckenlänge von etwas mehr als 2,3 Kilometern. Vorgesehen sind noch 17 Stützen und vorerst der Einsatz von 52 Sechserkabinen, der mögliche Endausbau liegt bei 67 Gondeln, darunter auch solchen, die als «Cabrio» oben geöffnet werden können.

Einsprachefrist bis Ende September Die Einsprachefrist läuft bis am 29. September. Einspracheberechtigt sind laut Davide Demicheli, Mediensprecher des BAV, Gemeinden, Betroffene (Eigentümer, Anstösser) und Verbände - unter

DER STIFTUNGSRAT ●

Die Stiftung Historische Seilbahn Weissenstein wird präsidiert von Thomas Schmid (Solothurn), Lungenarzt und Präsident Lungenliga Solothurn. Die weiteren Stiftungsratsmitglieder: Ruth Gisi (Hochwald), Ex-Regierungsrätin/Vizepräsidentin Schweizer Heimatschutz, Ursula Hediger (Küttigkofen), Ex-Präsidentin Solothurner Heimatschutz/Unternehmensberaterin, Frank Urs Müller (Oberdorf), Oberrichter/ Zentralpräsident Schweizer Alpen Club, Heinz Rudolf von Rohr (Solothurn), Präsident Verein Pro Sesseli, Roland Flückiger (Bern), stellvertretender Denkmalpfleger Stadt Bern, und Peter Schwaller (Endingen AG), Präsident Stiftung Furka Bergstrecke. (MZ)

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anderem auch der Schweizer Heimatschutz, der bereits angekündigt hat, die Neubaupläne der Seilbahn Weissenstein AG bis vor Bundesgericht zu bekämpfen. Mit den Grundeigentümern hingegen hat sich die Seilbahn Weissenstein AG bereits geeinigt (wir berichteten). Ungewöhnlich ist, dass der Bund die Baupläne bereits auflegt, obwohl er den übergeordneten Richtplan noch nicht genehmigt hat. «Der Zeitdruck ist gross, weil die Betriebs- und Konzessionsbewilligung Ende Jahr ausläuft», erklärt Corinne Stauffiger. Rechtlich sei es kein Problem, die beiden Verfahren parallel laufen zu lassen. Natürlich besteht nun das Risiko, dass der Richtplan vom Bund abgelehnt wird und das Planverfahren damit obsolet wird. Man könnte dieses «Vorpreschen» des BAV aber auch derart interpretieren, dass der Bund den Richtplan als so gut wie genehmigt betrachtet. (WW, SFF, MZ)


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«Sässeli» unter Rechtsschutz Vier Einsprachen liegen gegen das Baugesuch für die Gondelbahn auf den Weissenstein vor. Für die erstinstanzliche Bewilligungsbehörde, das Bundesamt für Verkehr, steht fest: Die Sesselbahn ist nicht sanierbar, solange kein rechtskräftiger Entscheid vorliegt, steht sie aber unter Rechtsschutz. VON MARCO ZWAHLEN

«Der Seilbahn Weissenstein AG ist verbindlich zu untersagen, Teile des Sessellifts vorgängig eines rechtskräftigen Entscheides zu entfernen» – dies verlangt der Schweizer Heimatschutz (SHS) im Zuge seiner letzte Woche beim Bundesamt für Verkehr (BAV) eingereichten zwei Einsprachen gegen das Seilbahn-Neubauprojekt Weissenstein (wir berichteten). Grund für diese Forderung: An ihrer Aktionärsversammlung im Juni hatte die Seilbahn Weissenstein AG (SWAG) vermeldet, auf einer Warteliste seien bereits 100 «Sässeli» der 60-jährigen Bahn vom Typ Von Roll 101 verkauft. Die Forderung des SHS ist seit Wochen erfüllt. Auf Anfrage erklärt BAV-Pressesprecher Gregor Saladin: «Wir haben den Bahnbetreibern untersagt, Bestandteile der Bahn zu verkaufen.» Dies jedoch nicht, weil die Konzessions- und Betriebsbewilligungsbehörde an einen Erhalt der Bahn glaubt - im Gegenteil.

Fällt im November das Tragseil? «Wir sind überzeugt, dass dieser Typ Bahn sicherheitstechnisch nicht sanierbar ist. Sie

erhält von uns nie mehr eine Bewilligung», wiederholt Saladin die BAV-Haltung. Sprich: Entweder gibts eine neue Bahn oder keine mehr. Bevor die Haltung der Erstinstanz nicht rechtskräftig bestätigt sei, dürften aber keine wiedergutzumachenden Tatsachen geschaffen werden. Die Verfügung des BAV nimmt die SWAG gelassen: «Wir dürfen ja nur nichts vollziehen», sagt Vize-Verwaltungsratspräsident Rolf Studer. Noch offen ist, ob die Seilbahn nach ihrer Betriebseinstellung am 1. November aus Sicherheitsgründen das Tragseil demontieren müsse. «Darüber entscheiden wir nächstens», so Saladin.

Eine Einsprache bereits abgelehnt Die Einsprachefrist gegen das Konzessions- und Plangenehmigungsverfahren (Baugesuch) ist vor einer Woche abgelaufen. Bereits per Zwischenverfügung vom BAV abgelehnt ist eine Einsprache des SHS. Demnach ist das Bauprojekt korrekt profiliert und ausgesteckt worden. Neben dem SHS lehnt auch die Stiftung für Landschaftsschutz das Projekt von Grund auf ab. Eine Privatperson wehrt sich gegen die Rodung (mit Ersatzaufforstung) von 2994 Quadratmeter Wald. Eine weitere Einsprache stammt von der LötschbergBahn (BLS). Diese «hält jedoch ausdrücklich fest, nicht gegen das Neubauprojekt zu sein», so Saladin. Sie will lediglich ihre Rechte wahren. Etwa, dass der Zugang zum Bahnhof während der Bauphase nicht eingeschränkt werde. In der Stiftung für Landschaftsschutz sitzen als Mitglied Kurt Fluri, Nationalrat und Stadtpräsident Solothurn, sowie als Stiftungsrat Christian Wanner, Finanzdirektor.

«Wir sind überzeugt, dass dieser Typ Bahn sicherheitstechnisch nicht sanierbar ist. Sie erhält von uns nie mehr eine Bewilligung.» Gregor Saladin BAV-Pressesprecher

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Kritik von Neubau-Befürwortern ist jedoch fehl am Platz. Beide haben ihre Funktionen in der Stiftung seit Jahren inne. Fluri unterstützt gar im Patronat «Projekt Weissenstein Plus» den Gondelbahn-Neubau. Ebenfalls in diesem Patronat explizit positioniert haben sich Volkswirtschaftsdirektorin Esther Gassler sowie Bau- und Justizdirektor Walter Straumann. Dies ist problematisch, ist doch der Gesamtregierungsrat im Nutzungsplanverfahren Einspracheinstanz. Auch Alfons Lack, Departementssekretär und Leiter Rechtsdienst von Straumanns Departement, bestätigt: Solche Mitgliedschaften von Regierungsmitgliedern «sind im Hinblick auf Einsprache- oder Beschwerdeverfahren heikel.» Lack selbst war übrigens Mitglied des Vereins Pro Sesseli, der sich für den Erhalt der Sesselbahn einsetzt, als Verein jedoch nicht einspracheberechtigt ist. «Seit dem Gutachten über die Bahn, steht für mich jedoch fest, dass es nur eine neue Bahn geben kann», so Lack.

Warten auf Richtplananpassung Laut Saladin will das BAV bis im Frühjahr das Plangenehmigungsverfahren abschliessen. Der SHS hat bereits angekündigt, für den Erhalt der Sesselbahn bis vor Bundesgericht zu kämpfen. Sprich: Im nächsten Jahr geht auf dem Berg nichts mehr. Einen entscheidenden Schritt weiterkommen könnte das Neubau-Projekt aber schon bald. Das Bundesamt für Raumentwicklung respektive der Bundesrat will spätestens bis Dezember über die Richtplananpassung Weissenstein entscheiden. Der Richtplan ist die Basis für den Neubau - bei Ablehnung werden die Gondelbahn-Pläne hinfällig.

Das «Ratatatata» ist verstummt Gestern war der Solothurner Radiomoderator Dani Fohrler auf einer letzten Nostalgiefahrt auf den Weissenstein – zusammen mit Astrid Bucher sinnierte er über das Ende der einmaligen Sässelibahn auf den Solothurner Hausberg. VON ASTRID BUCHER

Dani Fohrler geniesst die letzte Nostalgiefahrt mit dem Sässeli auf den Solothurner Hausberg.

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«Drü, zwei, eis und go», Dani Fohrler zählt rückwärts, als das Zweiersässeli in Oberdorf mit einem Ruck schwungvoll auf die Fahrt hinauf auf den Weissenstein startet. «So, jetzt geniessen wir die letzte Fahrt hinauf auf den Solothurner Hausberg.» Seine Beziehung zum Sässeli sei keine besonders spezielle, trotzdem habe ihn die Seilbahn vor allem in seiner Kindheit sehr fasziniert. «Bei uns in der Familie wurde intensiv gewandert, meistens waren wir aber nicht mit dem Sässeli unterwegs. In aller Herrgottsfrühe gings zu Fuss auf den Berg, das Auto haben wir in Oberdorf parkiert - da war das Sässeli jeweils noch gar nicht in Betrieb. Auf dem Rückweg habe ich dann oberhalb von mir häufig das Sässeli rattern gehört. Ein bekanntes Geräusch - dieses einmalige ‹Ratatatata› wird sicher in den Erinnerungen vieler Menschen bleiben. Ich war schon als Bub fasziniert von allem, was audiotechnisch war. Solche Geräusche wie diese der Sässelibahn habe ich auf einem Kassettengerät aufgenommen und damit experimentiert.» Geprägt hat die Sässelibahn den heutigen Radiomoderator als Kind auch in technischer Hinsicht: «Inspiriert durch diese Sässelibahn, baute ich mit den weissen Plastik-Glacestängeli Seilbahnanlagen. Eine habe ich zu einer Kollegin hinüber über zwei Häuserdächer und Gärten gebaut. Ich war dermassen angefressen von Seilbahngeschichten, dass ich sogar einen Schritt weiter ging: Mit Flaschenzügen, Seilen und allem ‹Mögliche, was Gott verbote het›, baute ich eine grosse Seilbahn. Sie ging vom Schopf aus, der Wäscheleine entlang durch unseren Garten. Ein Plastikstuhl diente als Sässeli und Nachbars Kinder waren meine Fahrgäste. Später habe ich mir vorgestellt, wie toll es wäre, bei der Seilbahn Weissenstein zu arbeiten: Mit all der

Bratwürste und Musik für alle Nostalgiefahrten-Gäste

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ahlreich sind die «Ausflügler» am Wochenende nach Oberdorf gepilgert, um die letzten Nostalgiefahrten auf den Weissenstein zu geniessen. Das Wetter zeigte sich gestern Sonntag von seiner freundlichen Seite - Petrus meinte es jedenfalls gut, und man genoss eine herrliche Aussicht vom Weissenstein. Unten bei der Talstation luden die Verantwortlichen der Seilbahn Weissenstein AG zu einem Abschlussfest ins

geheizte Festzelt ein. 1000 Bratwürste sind gratis an die Gäste verteilt worden und 2000 Sässeli-Fahrgäste kamen in den Genuss eines kleinen Präsents. Für musikalische Unterhaltung sorgte die volkstümliche Formation Ohalätz. «Das letzte Wochenende der alten Sässeli-Bahn darf man als Erfolg bezeichnen. Insgesamt nutzten rund 4000 Gäste die Nostalgiefahrten», fasst Urs Allemann, Präsident der Seilbahn Weissenstein AG, zusammen. «Die Leute schätzten das kleine

Fest sehr. Es war eine würdige Verabschiedung, und wir hatten keinerlei negative Reaktionen», sagt Allemann. Die Besucherinnen und Besucher wollten von den Verantwortlichen vor allem wissen, wie es mit der Bahn jetzt weitergeht: «Da sind wir etwas ratlos, weil wir nicht wissen, was mit den hängigen Einsprachen passiert», so Allemann. «Wir sind aber zufrieden - das war nicht das Ende, sondern der Aufbruch in die nächste Ära der Seilbahn Weissenstein.» (ABS)

Opposition

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Sand im Getriebe

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Auf dem Solothurner Hausberg ist ein Fiasko nicht auszuschliessen: Mit dem Schachzug der Opponenten gegen eine neue Gondelbahn – einem Ausstandsbegehren gegen das Bundesamt für Verkehr (BAV) – verzögert sich das Konzessions- und Plangenehmigungsverfahren weiter. Möglicherweise derart, dass Investoren die Nase voll haben. Entsprechende Gerüchte wollte Rolf Studer, Verwaltungsratsvizepräsident der Seilbahn Weissenstein AG (SWAG), weder bestätigen noch dementieren. Verzögerungen und Ungewissheit dürften es der SWAG aber zunehmend schwieriger machen, die Investoren bei der Stange zu halten. Aber auch an den Nerven der SWAGVerantwortlichen nagt die Zermürbungsstrategie, wie Rolf Studer eingesteht. Fakt ist: Die Sesselbahn steht seit dem 2. November still, die Konzession ist ausgelaufen, und der Ersatz rückt in weite Ferne. Das Ausstandsbegehren gegen das BAV hat zu einer Sistierung des Genehmigungsverfahrens geführt, womit «Pro Sesseli» und Schweizer Heimatschutz weiter auf Zeit spielen können. Zum Ärger auch der kantonalen Behörden, die sich für die neue Bahn – als Teil eines Gesamtkonzeptes für den Weissenstein – einsetzen. «Das Verfahren hat noch mehr Sand im Getriebe – und das nützt letztlich niemandem etwas», bedauert Bernard Staub, Chef im Raumplanungsamt. Was passiert, wenn die Neubaupläne scheitern? Eine notwendige Totalsanierung der alten Anlage scheint aus Sicherheitsgründen utopisch. «Selbst wenn die jetzige Bahn nachgebaut wird, erhält sie von uns keine Betriebsbewilligung mehr», hiess es beim BAV bereits im Oktober. Am Ende droht ein Berg ohne Bahn. (UMS.)

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Technik zu rangieren und die vielen Knöpfe zu bedienen. Das hat mir Eindruck gemacht. Es ist für mich heute noch ein Phänomen, wie das alles funktioniert.» Diese Faszination war am Wochenende auch bei vielen anderen Fahrgästen zu spüren. Ausgerüstet mit Foto- und Videokameras, halten sie die letzten Runden der Sässelibahn mit dem atemberaubenden Ausblick ins Mittelland fest. Ein Mann lässt sich auf der Talfahrt winkend von einer Frau, die auf dem unteren Sässeli sitzt, fotografieren. Mit der einmaligen Sicht, die es nur von der ersten Jurakette gibt und bis in die Berner Alpen reicht, sind die Gäste der Nostalgiefahrten gestern belohnt worden. «Das seitwärts Hoch- und Runterfahren ist doch einmalig - gerade jetzt wo die Farbenpracht des Herbstwaldes so schön ist», sinniert Dani Fohrler und blickt über die Jurahügel. Wenn er Besuch aus dem Ausland hatte, war der Weissenstein jeweils ein attraktives Vorzeigeobjekt. «Es gibt wohl Tausende von Fotos dieser Anlage, welche die Bahn überall auf dieser Welt in Erinnerungen weiterleben lässt. Doch irgendwann ist Schluss. Lange war ich der Meinung, dass das ‹Sässeli› unter allen Umständen weiter bestehen muss. Heute vergleiche ich die Bahn mit einem Plattenspieler in meinem Alltag als Radiomoderator: Dieser musste im Verlauf der Jahre auch der digitalen Technik weichen. Ich finde es wichtig, dass der Tourismus auf dem Berg erhalten bleibt. Ich wünsche mir eine einfache Bahn auf den Weissenstein - kein Vergnügungspark - aber eine Bahn braucht es unbedingt.» Oben vor dem Kurhaus auf dem Berg ist die Stimmung eher ruhig - obwohl es praktisch keinen freien Platz mehr auf der Restaurantterrasse gibt. «Man spürt es förmlich, dass die Leute Abschied nehmen», flüstert Dani Fohrler. «Wehmütig schauen sie noch einmal übers Mittelland hinunter und geniessen die Aussicht auf die Alpen, bevor sie bewusst die allerletzte Talfahrt antreten», kommentiert er. Allerdings benötigt man für diese letzte Fahrt viel Geduld. Der Andrang ist gross, und die Räder der Sässelibahn drehen und drehen unermüdlich. Wieder unten in Oberdorf angekommen, blickt auch Dani Fohrler noch einmal dem Seil entlang den Berg hoch: «Jetzt ist endgültig Schluss, das altbekannte ‹Ratatatata› gehört nun definitiv der Vergangenheit an.»


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NORDWESTSCHWEIZ FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

Bundesamt darf Gesuch weiter bearbeiten

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«Es handelt sich um ein nationales und nicht nur ein regionales Projekt», so Adrian Schmid, Geschäftsleiter Schweizer Heimatschutz (SHS), an der gestrigen Medienkonferenz in Bern. Mit der Stiftung historische Seilbahn Weissenstein und dem Verein Pro Sesseli will der SHS das Sesselbahn-Kaufangebot an die Seilbahn Weissenstein AG (SWAG) als Privateigentümerin «in den kommenden Wochen» erneuern. Käuferin wäre die Stiftung, die nach Abklärungen von deren Präsident Thomas Schmid im Falle einer Sanierung steuerbefreit würde. Zudem hat die Stiftung mit Synthes-Eigentümer Hansjörg Wyss einen potenten Geldgeber im Rücken. Konkret zum Kaufangebot wollen die Sesselbahn-Freunde aber nicht werden. Nur soviel: Berücksichtigt werde, «dass der Buchwert der Anlage 390 Franken beträgt und ein Abbruch mehr als 100 000 Franken kosten würde». «Nach einem Kauf kann die revidierte Bahn ihren Betrieb innerhalb eines Jahres wieder aufnahmen», ist Pro-Sesseli-Präsident Heinz Rudolf von Rohr überzeugt. Es handelt sich um ein «unfreundliches Übernahmeangebot» – die Bahn steht nicht zum Verkauf. SWAG-Verwaltungsratsvizepräsident Rolf Studer: «Das Spiel haben wir schon vor einem Jahr gehabt. Auf das Angebot für Verkaufsverhandlungen sind wir damals nicht eingetreten. Dabei bleibts.»

Diesen Entscheid hat das Departement am Montag gefällt, wie Uvek-Sprecher Daniel Bach auf Anfrage sagte. Es hatte über eine Beschwerde des Schweizer Heimatschutzes (SHS) gegen das Bundesamt für Verkehr (BAV) zu befinden. Dieser hatte im Dezember gerügt, das Bundesamt sei befangen und dürfe deshalb das Konzessions- und Plangenehmigungsverfahren für den geplanten Ersatz der inzwischen stillgelegten Weissensteinbahn nicht weiter bearbeiten. Das BAV hatte nämlich schon im Vorfeld relativ klar durchblicken lassen, dass es für die alte Bahn keine Konzession mehr gibt.

SHS wusste noch nichts

Aufnahme in Seilbahn-Inventar?

Die alte Sesselbahn liess auch die Ex-Politiker Ruth Gisi und Moritz Leuenberger nicht kalt. Weiterzug möglich Die Verfahrensarbeiten würden nach Ablauf der Frist für den Weiterzug wieder aufgenommen, sagte BAV-Sprecher Gregor Saladin. Wie lange diese dauern werden, darüber konnte er keine Angaben machen. Der Verein Pro Sesseli, dem nach eigenen Angaben über 1000 Mitglieder

angehören, ist in der Zwischenzeit weiter aktiv. Anfang März ist die zweite «Sesseli-Zeitung» erschienen, unter anderem mit einem Bericht über eine historische Seilbahn in Barcelona, die seit 1931 eine Touristenattraktion ist. Zudem werden erneut die Mitglieder einer prominent besetzten Stiftung «Historische Seilbahn Weissenstein»

Etappensieg für die neue Bahn

VON ANDREAS TOGGWEILER UND WOLFGANG WAGMANN

Der Bundesrat hat gestern die Anpassung des kantonalen Richtplans «Interessengebiet für Freizeit und Erholung Weissenstein» mit Vorbehalten genehmigt. Der Kanton Solothurn muss sicherstellen, dass die geplante neue Seilbahn die Landschaft nicht übermässig beeinträchtigt. Der abschliessende Entscheid über das Vorhaben wird im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens des Bundesamtes für Verkehr fallen. Dort können die betroffenen Bundesstellen und Kommissionen ihre Standpunkte erneut einbringen. Für weitere Freizeitaktivitäten auf dem Weissenstein wäre sogar eine erneute Richtplananpassung notwendig. «In einem Gebiet des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), wie es beim Weissenstein der Fall ist, sind auf alle Fälle erhöhte Anforderungen an die Landschaftsverträglichkeit zu stellen», sagte Claudia Guggisberg, Leiterin Sektion Planung

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VON MARCO ZWAHLEN

VON ANDREAS TOGGWEILER

Das Ja des Bundesrates zur Richtplananpassung im Weissenstein-Gebiet bedeutet einen Schritt vorwärts für das Projekt einer neuen Bahn auf den Hausberg. Noch sind aber einige Hürden zu nehmen.

Plan B: Sanierung

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Mit Schoggitaler für die Sesselbahn

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) erlaubt dem Bundesamt für Verkehr, das Plangenehmigungs- und Konzessionsverfahren für die Weissensteinbahn weiter zu bearbeiten.

Das BAV hatte in der Folge das Verfahren aus eigener Initiative sistiert, bis das Departement über das Ausstandsbegehren entschieden hat. Am Montag war es so weit: Laut Uvek-Sprecher Daniel Bach ist der Heimatschutz mit seinem Begehren abgeblitzt. Während das BAV gestern im Besitz der departementalen Verfügung war, konnte der Heimatschutz deren Eingang noch nicht bestätigen. SHS-Geschäftsführer Adrian Schmid wollte sich deshalb nicht darüber äussern, ob der Heimatschutz die Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht anficht. Dazu hätte er 30 Tage Zeit. Auch über die Begründung der Verfügung war bis anhin nichts zu erfahren. Weder das BAV noch das Uvek wollen diese öffentlich machen.

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beim Bundesamt für Raumentwicklung (ARE). Generelle Aussagen, welche Anlagen in einem BLN-Gebiet zulässig seien und welche nicht, könnten aber nicht gemacht werden. Dies müssten Abklärungen im Einzelfall zeigen.

«Endlich einen Schritt weiter» Baudirektor Walter Straumann begrüsste den Entscheid und sprach von einer «guten Nachricht für den Kanton». Die erwähnten Vorbehalte entsprächen sogar den Zielen des Kantons, der selber eine schonende Nutzung des Weissenstein-Gebiets wünsche. «Hoch erfreut» war gestern Rolf Studer, Vize-VR-Präsident der Seilbahn Weissenstein AG, dass die Genehmigung des Richtplans durch den Bundesrat «positiv ausgefallen ist.» Damit sei auch das Warten auf den Grundsatzentscheid beendet, «wir sind im ganzen Planungsverfahren endlich einen Schritt weiter – waren uns doch bisher die Hände gebunden.» Mit diesem «Schritt in die richtige Richtung» könne man nun hoffen, dass das für die Region Solothurn wichtige Naherholungsgebiet auf dem Weissenstein bald wieder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel erreichbar sei. Der Entscheid bestätige aber auch die Zusammenarbeit mit dem Kanton, die zu einer «umweltverträglichen, ausgewogenen Variante» der neuen Bahn geführt habe. «Wir sind uns der Problematik völlig bewusst, dass wir eine

Lösung anbieten müssen, die für alle verträglich ist. Doch halten wir nach wie vor an unseren Plänen fest», bekräftigte Studer, «wir hoffen auf die Vernunft der Gegnerschaft.» Weiterhin gelte die seit 2006 gemachte Ansage der Seilbahn Weissenstein AG: «Entweder gibt es eine neue Bahn oder keine mehr.»

«Doch auf dem richtigen Weg» Das sieht Heinz Rudolf von Rohr vom Verein Pro Sesseli ganz anders. Der Verein kämpft zusammen mit dem Schweizer Heimatschutz für den Erhalt der alten Sesselbahn. Rudolf von Rohr verweist auf den Umstand, dass im Prüfungsbericht der Bundesbehörden nur gerade das Bundesamt für Verkehr sich uneingeschränkt für eine neue Bergbahn starkgemacht habe. «Alle anderen Bundesstellen hatten mittlere bis schwere Bedenken». «Die Auflagen des Bundesrates zeigen, dass wir eben doch auf dem richtigen Weg sind», so Rudolf von Rohr weiter. Und das Trassee der neuen Bergbahn sei zweifellos ein schwerwiegender Eingriff in die Landschaft und mache den Bau einer neuen Bahn faktisch unmöglich. Auch die Stiftung Landschaft Schweiz kämpfe diesbezüglich auf der Seite der Gegner der neuen Gondelbahn.

«Bereit, Bahn zu übernehmen» «Wir sind nach wie vor bereit dafür, die Seilbahn zu übernehmen und haben auch 2 Mio. Fr. für eine erste Sanierungs-Tranche zugesichert», gab sich der Pro-Sesseli-Vertreter selbstsi-

OLIVER MENGE

vorgestellt, die im vergangenen Juni an die Öffentlichkeit trat, mit dem Ziel, die Weissensteinbahn zu kaufen. Sie hat seither aber nicht mehr von sich reden gemacht. Demnächst wird vom Bundesrat ein Entscheid über die Änderung des kantonalen Richtplans im Gebiet Weissenstein erwartet.

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cher. Noch immer sei Synthes-Chef Hansjörg Wyss bereit, das Geld einzuschiessen, und auch für den Betrieb der Bahn habe man einen «ernsthaften Interessenten». So sind die Gondelbahn-Gegner auch entschlossen, den Instanzenweg weiter zu beschreiten. Denn mit dem (abschliessenden) Richtplan-Entscheid ist erst eine von insgesamt drei Verfahrensebenen bereinigt. So sind im kantonalen Nutzungsplanverfahren mehrere Dutzend Einsprachen eingegangen, über die der Regierungsrat voraussichtlich noch in diesem Monat entscheiden wird. Die Einsprachen können danach weitergezogen werden. Die dritte Ebene bildet das Konzessions- und Plangenehmigungsverfahren für die neue Bergbahn beim Bundesamt für Verkehr (BAV). Auch hier haben die Gegner den Instanzenweg bereits angekündigt.

Sogar eine Projektänderung? Auch der Schweizer Heimatschutz kündet weiterhin Widerstand an. In einer Stellungnahme wird betont, es entstehe mit dem Entscheid für das Bundesamt für Verkehr BAV «kein zwingender Grund, eine Konzession für die neue Bahn zu erteilen». Für den Heimatschutz würde dies «die Zerstörung eines nationalen Kulturdenkmals» bedeuten. Geschäftsführer Adrian Schmid interpretiert den Entscheid auch so, dass «eine Projektüberarbeitung der neuen Bahn betreffend Linienführung, Dimensionierung und Gestaltung unumgänglich sein wird».

Im Verfahren für den Neubau einer Gondelbahn auf den Weissenstein sind die Anpassung des kantonalen Richtplanes und der Nutzungspläne rechtskräftig. Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) hängig ist das Konzessionsgesuch mit Baubewilligung. Die SWAG-Strategie lautet «Die neue Bahn oder keine mehr». Gegen dieses Szenario will der SHS bis vor Bundesgericht kämpfen. Die Bahn könne nicht nur saniert werden, sie würde nach neuem Seilbahngesetz auch eine Konzession und Betriebsbewilligung erhalten. Adrian Schmid zitierte aus einem Antwortschreiben von BAVDirektor Max Friedli vom März 2007, wonach «eine historische Seilbahn für die Erneuerung der Betriebsbewilligung nicht plötzlich sämtlichen neuen Vorschriften oder Normen genügen kann oder muss». Vor allem aber stützen sich die SeilbahnFreunde darauf ab, dass sich das Gebiet im Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung (BLN) befinde. Ebenso hätten die Eidgenössischen Kommissionen für Natur- und Heimatschutz sowie für Denkmalpflege 2007 im Zuge des geplanten Neubauprojekts festgehalten, die Sesselbahn sei als Denkmal von nationaler Bedeutung zu erhalten. Adrian Schmid kündigte an, dass das Bundesamt für Kultur in diesem Jahr ein Inventar der historischen Seilbahnen der Schweiz präsentieren werde. «Schon heute ist klar, dass der Sessellift darin einen Spitzenplatz besetzen wird.» Für Raimund Rodewald, Geschäftsleiter Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, steht ausser Zweifel, dass es für einen Neubau im BLN-Gebiet keinen rechtlichen Spielraum gebe. Ausserdem müsste gemäss Bundesrecht für den Abbruch eines Denkmals von nationaler Bedeutung ein gleich oder höher wiegendes Interesse geltend gemacht werden. «Ein solches ist aber nicht auszumachen.» Fazit des SHS: Die Frage sei, ob künftig die historische oder gar keine Bahn fahre. Die Sesselbahn-Freunde sind überzeugt, dass die SWAG spätestens nach Ablehnung ihres Projekts durch das Bundesgericht die Bahn an die Stiftung verkaufen werde. Damit die Sanierung dann unverzüglich an die Hand genommen werden könne, verlangen sie «uneingeschränkten Zutritt zum Sessellift», um die Sanierungs-Planungen voranzutreiben. Studer zu dieser Forderung: «Eine Begehung mit der Stiftung hat stattgefunden, wir sehen keinen Anlass für Weiteres.» Um die nationale Bedeutung der Sesselbahn zu unterstreichen, präsentierte der SHS gestern den diesjährigen Schoggitaler, der mit Pro Natura im September verkauft wird. Für 5 Franken pro Stück werden bei dieser Sammelaktion jeweils rund 600 000 Taler abgesetzt. Das Thema: Historische Transportmittel. Aus dem Erlös wird der SHS einen «namhaften Beitrag» leisten, um den Sessellift zu retten.


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Alt oder neu? Über diese Gretchenfrage wird gestritten. Doch den Menschen geht das Gezänk auf die Nerven. Auf den Weissenstein sollte ganz einfach und ganz schnell wieder eine Bahn fahren.

BAR

«Jetzt muss ein Entscheid her»

VON THEODOR ECKERT

Das waren noch Zeiten, als der Weissenstein in aller Munde war und Touristen aus nah und fern anlockte. Der Solothurner Hausberg ist zwar immer noch ein Thema, aber bloss noch wegen des unmöglichen Gezänks zwischen den Gruppierungen Pro Sesseli und Pro Gondeli. Traurig, nichts geht mehr, nichts fährt mehr. Die Schweiz und selbst das nah gelegene Ausland schütteln den Kopf. Kein Wunder, denn das Transportmittel auf den Solothurner Hausberg ist der Schlüssel zum Erfolg. Leben oder Tod des Berges hängen davon ab. Die gut gemeinte Übergangslösung mit einem Postautobetrieb am Wochenende kommt einem Druckverband bei einer arteriellen Verletzung gleich. Der Patient verblutet nicht sofort, aber richtig versorgt ist er deshalb noch lange nicht. Das hat auch «Medizinmann» Rolf Büttiker erkannt. Dem FDP-Ständerat ist nun der Kragen geplatzt. Am kommenden Montag reicht er in der kleinen Kammer eine Interpellation ein. Die Stossrichtung lautet «Weissenstein retten». Mit im Boot ist auch der zweite Solothurner Ständerat Roberto Zanetti. Wir haben

es sozusagen mit einer «Standes-Interpellation» zu tun. Auch der SP-Mann mag dem Trauerspiel nicht mehr länger tatenlos zusehen.

Bundesämter behindern sich Büttiker, Mitglied der ständerätlichen Verkehrskommission, gibt sich kämpferisch wie zu seinen besten Zeiten: «Der Bundesrat muss in dieser Sache endlich ein Machtwort sprechen.» Es gehe einfach nicht an, dass sich die verschiedenen Bundesämter gegenseitig Steine in den Weg legten und einen Entscheid hinauszögerten. Und das sei noch eine anständige Formulierung, betont der Politfuchs mit langjähriger Erfahrung auf der nationalen Bühne. Damit spielt der Wolfwiler auf die Endlosschlaufe «Baubewilligung neue Gondelbahn» an. In der Tat dreht sich der Hamster schon seit einiger Zeit im Rad. Die Seil-

bahn Weissenstein AG will eine neue Bahn bauen, und die Opposition Pro Sesseli beharrt darauf, die alte Bahn zu renovieren und danach den Betrieb damit wieder aufzunehmen. Der Weg durch die Instanzen scheint kein Ende zu nehmen, und der Bund ist offenbar paralysiert. Die Ständeherren Büttiker und Zanetti zerren die Problematik deshalb auf die nationale Bühne. In ihrer Interpellation wollen sie von der Landesregierung wissen: ■ Wie beurteilt der Bundesrat die offensichtliche Tatsache, dass sich Bundesbehörden – insbesondere das Bundesamt für Kultur (BAK) und die bundesrätlich gewählten Kommissionen ENHK und EKD – nicht an die behördenverbindlichen, vom Bundesrat genehmigten Richtplanbeschlüsse halten? ■ Was gedenkt der Bundesrat zu unternehmen, damit die Bundesämter die

erwähnten Richtplanbeschlüsse respektieren und dem Plangenehmigungsverfahren zu einem beförderlichen Abschluss verhelfen?

Es gehe nur um die Sache Mittlerweile spricht die halbe Schweiz von der No-go-Area Weissenstein. «Dass bei uns nichts mehr geht, ist höchst Image schädigend, und zwar für die gesamte Region», betont Rolf Büttiker. Der Solothurner Hausberg gehe den Bach runter, das Classic Openair sorge für Negativschlagzeilen – da könne man ja depressiv werden. Im Ständerat sei er verschiedentlich auf diese Problematik angesprochen worden. So habe ihn zum Beispiel der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber in Sachen Weissenstein unmissverständlich zum Handeln aufgefordert. Nun ist es also so weit. Wir haken bei Büttiker nach und konfrontie-

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Nun wird es auch den Politikern allzu bunt: Der Bund müsse jetzt rasch entscheiden, wie es mit der Bahn auf den Weissenstein weitergehen soll. Das fordern die beiden Solothurner Ständeräte.

KURT FLURI EBENFALLS AKTIV ●

Kurt Fluri will die Fragestunde des Nationalrates ebenfalls nutzen, um Licht in die Sache Weissenstein zu bringen. Es gehe ihm darum, etwas über den Zeitplan zu erfahren. Zudem wolle er wissen, weshalb es so lange gehe, bis der nächste Schritt erfolge, obwohl ein positiver Richtplanentscheid vorliege. Der Gondeli-Befürworter betont, dass die Beschleunigung der leidigen Angelegenheit im Sinne von beiden Parteien sei, also auch von Pro Sesseli. Fluri verwies dabei auf den Zustand der technischen Einrichtungen, der mit der Zeit nicht besser werde. (TE)

Die ständerätliche Interpellation im Wortlaut

A

n und auf dem Weissenstein, dem Hausberg der Solothurnerinnen und Solothurner, herrscht eine unhaltbare Situation. (...) Nach vier Jahre dauernden Verfahren und Abklärungen sowie einem klaren Genehmigungsentscheid des Bundesrats zur Anpassung des kantonalen Richtplans wird nunmehr im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens für die neue Seilbahn unter den Bundesämtern immer noch über die Frage alte oder neue Seilbahn gestritten. Die Interpellanten stellen sich die Frage, wie es sein kann, dass Bundesämter

einen behördenverbindlichen, vom Bundesrat genehmigten kantonalen Richtplan ignorieren. (...) Unter dem Gesichtspunkt der Erschliessung des Weissensteins als Erholungsgebiet thematisierte der Kanton Solothurn im Zuge der Richtplananpassung die Frage nach Ersatz oder Sanierung der Weissensteinbahn explizit. (...) Der Weissenstein ist als Erholungsgebiet in der Region sehr beliebt. Zur Erholungsqualität gehören auch die Bergbetriebe auf dem Weissenstein, die durch die unhaltbare Situation in arge wirtschaftliche Bedrängnis geraten sind.» (SZR)

ren ihn mit der Frage, dass er sich jetzt leicht zum Fenster hinauslehnen könne, da er nicht mehr gewählt werden müsse. Doch Büttiker winkt ab. Das habe überhaupt keinen Zusammenhang. Es gehe im einzig um die Sache. In Bern müssten sie nun endlich vorwärts machen und die heisse Kartoffel nicht ständig hin- und herschieben. Der Berg verdiene es, dass ihm wieder Leben eingehaucht werde. Das sei schlichtweg existenziell. Zudem sei er weder Pro-Sesseli-, noch Pro-Gondel-Anhänger. Rolf Studer, VR-Vizepräsident der Seilbahn Weissenstein AG, begrüsst die Interpellation, er hoffe nun auf einen schnellen Entscheid und dass es endlich in seinem Sinne vorwärts gehe. Und was sagt der Pro-Sesseli-Präsident dazu? «Wir begrüssen es, wenn die beiden Ständeräte beim Bundesrat vorstellig werden, weil sich das Verfahren für den Abbruch der Sesselbahn und den Bau für eine Gondelbahn derart in die Länge zieht», so Hans Rudolf von Rohr.

Kommt es zur Mediation? Und was ist, wenn die Interpellation ins Leere läuft? Er gehe davon aus, dass sie bereits in der Dezember-Session behandelt werde, meint Büttiker. Man wisse also schnell, woher der Wind wehe, das sei der Vorteil bei Vorstössen im Ständerat. Bei negativen Signalen will sich der FDP-Haudegen auf seine sanften Seiten besinnen und sich als Mediator zur Verfügung stellen. Er sei bereits dafür angefragt worden. Auch Peter Füglistaler, seit Juni dieses Jahres Direktor des Bundesamtes für Verkehr BAV, stehe dieser Idee positiv gegenüber.


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Der Zug fürs «Sässeli» ist abgefahren

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Seilbahn-Streit: Das Bundesamt für Justiz weist das Bundesamt für Kultur in die Schranken VON MARCO ZWAHLEN

Im Baubewilligungsverfahren Seilbahn-Weissenstein liegen sich die Bundesämter gewaltig in den Haaren. Jetzt hat sich das Bundesamt für Justiz (BJ) eingeschaltet. Dies geht aus Fragen hervor, die Kurt Fluri (FDP, Solothurn) am Montagnachmittag dem Bundesrat im Nationalrat stellen will. In einem Gutachten von Ende August kommt das BJ klar zum Schluss: Die Frage lautet nicht Erhalt der historischen Sesselbahn oder Neubau einer SechserGondelbahn. Diese Interessenabwägung sei im Zuge der letzten März abgeschlossenen und rechtsgültigen Richtplananpassung durch den Bundesrat bereits erfolgt: «Der Entscheid für den Ersatz statt für die Sanierung der Bahn ist Teil der Richtplananpas-

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«Der Entscheid für den Ersatz statt für die Sanierung der Bahn ist Teil der Richtplananpassung.» Luzian Odermatt Bundesamt für Justiz

sung», so BJ-Abteilungschef Luzian Odermatt. Der Genehmigungsentscheid des Bundesrates schliesse den Entscheid für den Ersatz der Bahn ein. «Es ist nicht ersichtlich, inwiefern auch nur im Geringsten daran gezweifelt werden könnte.» Im hängigen Baubewilligungsverfahren haben die Bundesämter einzig das Neubauprojekt zu beurteilen. Sprich: Ob es so wie eingereicht gebaut werden kann und welche Anpassungen allenfalls notwendig sind. Für eine Grundsatzdiskussion ist der Zug abgefahren.

Bundesrat ist gefordert Im Gutachten stellt das Bundesamt für Justiz fest, dass es im Rahmen des Natur- und Heimatschutzgesetzes (Artikel 3) keinen rechtlich vorgegebenen absoluten Vorrang des Interesses an der Erhaltung der Sesselbahn als Denkmal von nationaler Bedeutung gebe. Damit widerspricht es dem Bundesamt für Kultur (BAK), welches das Gegenteil behauptet und sogar noch nach der Richtplananpassung ankündigte, es wolle die Seilbahn Weissenstein in das neue Bundesinventar der historischen Seilbahnen der Schweiz aufnehmen (wir berichteten). Odermatt verweist darauf, dass die Richtplananpassung behördenverbindlich sei. Dies gilt auch für das BAK. Fluri will vom Bundesrat wissen, ob er mit dem BJ einig sei.

An die Adresse des verfahrensleitenden Bundesamtes für Verkehr (BAV) hält das BJ weiter fest, dass es im Baubewilligungsverfahren eine allfällige Fundamentalopposition des BAK gegen den Ersatz der Sesselbahn nicht berücksichtigen dürfe. Fluri will vom Bundesrat wissen, ob daraus zu folgern sei, dass das BAK «zwar durchaus auch zu einem Neubauprojekt etwas zu sagen habe, aber eben bloss zu einem solchen». Da das Seilziehen der Bundesämter das Baubewilligungsverfahren blockiert, haben bereits letzten Montag die Ständeräte Rolf Büttiker (FDP, Wolfwil) und Roberto Zanetti (SP, Gerlafingen) eine Interpellation eingereicht (wir berichteten). Auf den Punkt gebracht fragen auch sie den Bundesrat, ob er sich eigentlich von den Ämtern auf der Nase herumtanzen lassen will.

Zurzeit läuft ein verwaltungsinternes Bereinigungsverfahren. Angesichts des juristischen Machtwortes innerhalb der Bundesverwaltung will Fluri nun vom Bundesrat etwas über den Zeitplan erfahren. Der Gondeli-Befürworter betont: «Die Verfahrensdauer hat schwerwiegende Konsequenzen für die wirtschaftliche Existenz verschiedener Betriebe auf dem Berg.» Die Beschleunigung der leidigen Angelegenheit sei aber auch im Sinne der Gegner des Neubauprojektes, also auch von Pro Sesseli und dem Schweizer Heimatschutz. Grund: Die Zeit nagt am Zustand der stillgelegten Sesselbahn. Fluri fragt daher den Bundesrat, ob er das Bereinigungsverfahren gemäss Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (Artikel 62b) beschleunigen will. Demnach entscheidet die Leitbehörde, wenn die Bereinigung misslingt.

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Jetzt keimt wieder neue Hoffnung auf, dass rund um den Weissenstein eine tragfähige Gesamtlösung realisiert werden kann.

PETER BROTSCHI

Ein Riesenschritt Richtung Gondelbahn Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat endlich entschieden. VON THEODOR ECKERT

Es ist nicht übertrieben: Alle Solothurnerinnen und Solothurner schauen seit Monaten gebannt nach Bern. Nicht Richtung Bärenpark oder Fussballstadion. Nein, im Fokus ist die Mühlestrasse 6, 3063 Ittigen. Dort befindet sich das Bundesamt für Verkehr (BAV). Aus dem schmucken Gebäude wird längst der Entscheid in Sachen Gondelbahn Weissenstein erwartet. Und zwar sehnlichst. Aus Ende Sommer wurde Herbst, dann

«sicher» noch in diesem Jahr und schliesslich «spätestens» Ende Januar. Politische Vorstösse, ein verbaler Schlagabtausch hier, ein Geplänkel zwischen Gondeli- und Sesselivertretern da, sowie unzählige frustrierte Leserbriefe von Freunden des Weissensteins, bildeten die Begleitmusik zu dieser endlos verzwickten Geschichte. Sie, die von Aussenstehenden längst als Lokalposse verspottet wurde.

Ein enorm wichtiger Schritt Nun hat sich das BAV zu einem Entscheid durchgerungen. Nach langem Hickhack, vielen Umwegen und schier unendlichem Abwägen will das Bundesamt allerdings erst kommende Wo-

che offiziell informieren. Die Solothurner Zeitung lässt sich bereits heute auf das Tragseil hinaus und sagt: Die Baubewilligung liegt vor. Umfangreiche Recherchen lassen keinen andern Schluss zu. Hinzu kommen die offenkundigen Befindlichkeiten: gelöste Stimmung bei der Gondeli-Fraktion, gedämpfte Töne bei der Sesseli-Gemeinde. Bei der Seilbahn Weissenstein AG hat man die Signale inzwischen auf Grün gestellt. Dort dürften die positiven Signale aus Bern angekommen zu sein. In einem Brief an «direkt oder indirekt Betroffene» schaut man jedenfalls bereits vorwärts: «Trotz dem fast 3 Jahre dauernden Bewilligungsprozess auf Bundesebene ist keineswegs sicher, dass sich das Bahn-

projekt nicht noch weiter verzögert.» Will heissen: So weit, so gut, aber ein Weiterzug des Entscheides ist möglich. Konkreter heisst es weiter unten: «Noch immer besteht die Möglichkeit, dass zwei einspracheberechtigte Verbände (Schweizer Heimatschutz und Stiftung für Landschaftsschutz) das Rechtsmittel ergreifen ...» Die Rede ist vom Bundesverwaltungsgericht und vom Bundesgericht. So formuliert nur, wer den angekündigten Entscheid deuten kann. Unmissverständlich auch der Satz: «In der Phase nach Publikwerden des Konzessionsentscheides ist es von grosser Wichtigkeit, dass ...», dann wird an die breite Unterstützung für das Neubau-Projekt appelliert.

Heinz Rudolf von Rohr von Pro Sesseli meint dazu auf Anfrage lakonisch: «Mit dem positiven Entscheid war zu rechnen. Wir müssen nun die Begründung genau anschauen. Davon wir unsere Reaktion abhängen.» Rudolf von Rohr gibt sich dennoch kämpferisch und betont: «Grundsätzlich hat sich nichts geändert. Die neue Gondelbahn soll in ein geschütztes Gebiet gebaut werden und das geht nicht, wie etliche andere Entscheide auf nationaler Ebene gezeigt haben.» Man darf gespannt sein, wie sich die Geschichte nach dem positiven Entscheid aus Bern jetzt weiterentwickeln wird. Sicher ist, dass die Baumaschinen nicht schon kommende Woche auffahren werden.


SEILBAHN-ZEITUNG 11

NORDWESTSCHWEIZ FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

«Bin wütend und masslos enttäuscht» Rolf Studer, Vizepräsident der Seilbahn Weissenstein AG, kämpft weiter für neue Bahn VON FRANZ SCHAIBLE

Sie haben nicht mit einer Beschwerde gerechnet? Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat uns attestiert, alles unternommen zu haben, um eine gute, verträgliche Lösung auszuarbeiten. Sie verzichtete auf eine Beschwerde. Deshalb habe ich denn auch ein Einlenken seitens des Heimatschutzes erwartet. Können Sie aus Sicht des Heimatschutzes den Entscheid verstehen? Überhaupt nicht. Die Berichte der Experten und des Bundesamtes für Verkehr sagen alle dasselbe: Die Sesselbahn kann nicht mehr weiter betrieben werden. Die einzige Variante wäre die Überführung der Bahn in einen

«Wir werden jetzt erst recht alles daransetzen, dass der Berg mit der Gondelbahn erschlossen werden kann.» Hobbybetrieb. Aber die Seilbahn Weissenstein AG hat als Betreiberin die Aufgabe, die Gäste während 365 Tagen auf den Berg zu bringen. Wir sind kein Hobbyverein.

Rolf Studer hat nicht mit dem fundamentalen Widerstand des Heimatschutzes gerechnet.

Sie geben also nicht auf? Auf keinen Fall. Wir sind zuversichtlich, dass die Beschwerde abgewiesen wird. Es gibt den wegweisenden Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes zur Sesselbahn in Kandersteg. Sie glauben daran, dass der Weissenstein irgendwann durch eine Gondelbahn erschlossen wird? Ja. Es tut mir aber leid für alle – seien es normale Berggänger, Familien, ältere und behinderte Menschen – die nun wieder ein Jahr länger warten müssen, um auf den Weissenstein zu gelangen. Es ist mir deshalb unverständlich, warum der Heimatschutz mit seiner Beschwerde nun gezielt und bewusst eine ganze Region ab-

Reaktionen

Volksseele kocht wegen Heimatschutz Am Wochenende gab es für die Solothurnerinnen und Solothurner fast nur ein Gesprächsthema: Der Schweizer Heimatschutz (SHS) führt seinen Kampf gegen den Bau der Gondelbahn auf den Weissenstein weiter. Somit wird mindestens bis Ende nächsten Jahres keine Bahn auf den Berg fahren. Der Entscheid des Heimatschutzes löste zahlreiche emotionale Reaktionen aus, die bei der az Solothurner Zeitung eintrafen: Nebst 5 Leserbriefen und 52 SMS haben bis gestern Abend 32 Personen einen Online-Kommentar zu den Berichten auf www.solothurnerzeitung.ch geschrieben. Von den 32 Kommentatoren kritisierten 28 den Entscheid des Heimatschutzes, nur 4 werteten den Weiterzug der Baubewilligung vors Bundesverwaltungsgericht als positiv. Im Folgenden eine Auswahl dieser Online-Reaktionen:

Wie fühlen Sie sich am Tag eins nach dem für Sie negativen Entscheid des Heimatschutzes? Rolf Studer: Es hat sich nichts geändert. Ich bin nach wie vor wütend und über den völlig unerklärlichen Entscheid masslos enttäuscht.

Empfinden Sie den Entscheid als persönliche Niederlage? Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Wir werden jetzt erst recht alles daransetzen, dass der Solothurner Hausberg mit der Gondelbahn erschlossen werden kann.

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straft. Wir wollen den Berg erschliessen und kein Hollywood auf dem Weissenstein. Stehen auch die Investoren der neuen Bahn weiterhin zum Projekt Weissenstein? Das Geld liegt bereit. Es werden sicherlich noch Diskussionen stattfinden. Aber erste Reaktionen zeigen, dass der Wille aller da ist, jetzt erst recht weiterzumachen. Wie hoch sind, Stand heute, die Investitionen? Die Bahn allein wird etwa 12 Millionen und die Gebäude rund 3 Millionen Franken kosten. Wer sind denn nun die Investoren? Es handelt sich bei den Anteilen der Seilbahn Weissenstein AG um Inhaberaktien. Wenn sich ein Aktionär outen will, kann er das machen. Es liegt aber nicht an uns als Unternehmen, Namen bekannt zu geben.

HANSPETER BÄRTSCHI

Wie lange dauert es noch, bis Sie den Bettel hinschmeissen und die Bahn an die Stiftung Historische Seilbahn Weissenstein verkaufen? Es gibt nichts zu verkaufen. Die alte Bahn hat keine Betriebsbewilligung mehr. Und wir haben noch nie eine Kaufofferte erhalten. Andere Aussagen sind nur Schall und Rauch.

ten, was allein aus Sicherheitsüberlegungen unmöglich ist. Wir haben jede Möglichkeit in Betracht gezogen, um einen Weiterzug ans Bundesverwaltungsgericht zu verhindern. Wir haben Gespräche geführt mit der Politik, den Behörden, den Sympathisanten und auch den Gegnern. Mehr konnten wir nicht machen.

Hat die Seilbahn Weissenstein AG, rückblickend betrachtet, Fehler gemacht? Nein. Von Beginn an haben wir sämtliche Umweltorganisationen wie WWF, Pro Natura oder VCS zur Mitwirkung eingeladen und wir haben einen Konsens gefunden. Der Heimatschutz stand gar nie zur Diskussion, weil die Bahn eben rechtlich gesehen nicht unter Schutz steht.

Nehmen Sie nochmals Kontakt auf mit dem Heimatschutz auf oder sind alle Brücken abgebrochen? Die Zeit dazu ist abgelaufen. Die Positionen sind klar. Es liegt jetzt sicher nicht mehr an uns, sondern am Heimatschutz, die eingenommene Position nochmals zu überdenken.

Hätte man die Gegner nicht früher mit ins Projekt einbeziehen sollen? Das haben wir getan. Der Heimatschutz will aber einfach die alte Bahn erhal-

Wann rechnen Sie damit, dass die erste Gondel auf den Berg fährt? Bis zum Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes dürfte es rund vier bis sechs Monate dauern. 2012 wird am Berg jedenfalls nichts mehr passieren.

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Reaktionen auf den Entscheid des Heimatschutzes, die Weissenstein-Gondelbahn weiter zu bekämpfen Jürgen Hofer, Direktor Region Solothurn Tourismus

Philipp Gressly, Präsident Solothurner Heimatschutz

Heinz Rudolf von Rohr, Präsident Verein Pro Sesseli

Felix Leuenberger, VR-Präsident der Regiobank Solothurn

«Mit seinen Aktionen – etwa dem ‹Schoggitaler›-Verkauf – hat sich der Heimatschutz derart exponiert, dass gar kein anderer Entscheid möglich war», bedauert Jürgen Hofer. Der Heimatschutz setze sich tunlichst über die Argumente des Bundesamtes für Verkehr (BAV) hinweg, wonach von einer zu erhaltenden historischen Seilbahn keine Rede sein könne. «Resultat einer nötigen umfassenden Sanierung wäre eine Replika-Bahn. Das hat mit Heimatschutz und Denkmalpflege nichts zu tun – aber umso mehr mit Disneyland.» Das sei eine Vortäuschung falscher Tatsachen und gegenüber den Nutzern nicht ehrlich. «Ich bin für Authentizität, nur damit hat man im Tourismus Erfolg.» Ihm sei eine neue Bahn, die heutigen Ansprüchen (wie etwa Behindertengerechtigkeit und Wettersicherheit) entspreche, lieber. Und: «Hier geht es auch um die Erschliessung eines Berges, denn sonst geht dieser vor die Hunde». (UMS.)

Ebenso wie in der breiten Öffentlichkeit sei das Thema auch in der Sektion Solothurn des Heimatschutzes kontrovers diskutiert worden und auch intern gebe es unterschiedliche Sichtweisen, räumt Gressly ein. Ein Weiterzug sei dann richtig, wenn er sachlich begründet ist und juristisch Chancen auf Erfolg habe: «In diesem Sinne tragen wir den Entscheid mit.» Von einem gestörten Verhältnis zwischen nationalem Verband und Sektion könne trotz teilweise unterschiedlicher Einschätzungen keine Rede sein. Gerüchte, wonach die Hälfte der Sektionsmitglieder in den letzten Monaten aus Protest aus dem Verband ausgetreten seien, weist Gressly als falsch zurück. Je länger der Bahn-lose Zustand anhalte, habe es auch ungehaltene Reaktionen und explizit deswegen auch einige Austritte gegeben. «Aber diese Zahl liegt deutlich unter der Hälfte. Im Übrigen gab es deswegen auch Neueintritte.» (UMS.)

«Wir begrüssen den Entscheid natürlich. Er ist die Konsequenz aus unserer bisherigen Haltung», reagiert der Sesselbahn-Verteidiger der ersten Stunde erfreut. Der Verein Pro Sesseli, um den es in den letzten Monaten relativ ruhig geworden war, werde in Zukunft wieder vermehrt von sich hören lassen, denn resigniert habe man nie. Im Gegenteil: «Wir verzeichnen immer mehr neue Mitglieder – inzwischen sind es 1200. Das zeigt, dass wir durchaus eine gute Basis haben.» In dieser Situation müsste man sich direkt eine Fusion mit dem austrittsgeplagten Heimatschutz überlegen, scherzt Rudolf von Rohr. Dass weiterhin keine Bahn auf den Berg fährt, «tut auch mir weh», sagt Rudolf von Rohr. «Ich hoffe, dass sich am Ende doch ein Ausweg finden lässt. Wenn der GondelbahnNeubau tatsächlich scheitert, dann müssen sich alle zusammenraufen, um einer vernünftigen Lösung zum Durchbruch zu verhelfen.» (UMS.)

Gar nicht erfreut reagiert die Spitze der Regiobank Solothurn, welche das Kurhaus Weissenstein im November 2010 übernommen hat. Es komme nun zu einer weiteren Verzögerung. «Wir aber wollen, dass es mit der Bahnerschliessung des Weissensteins vorwärtsgeht», sagt Verwaltungsratspräsident Felix Leuenberger. Das Vorgehen des Heimatschutzes will er nicht beurteilen. Nur soviel: «Demokratische Grundsätze kann man nicht beeinflussen.» Für das Kurhaus ändere sich zumindest 2012 nichts. «Wie im Vorjahr werden wir im Sinne einer Übergangslösung einen Saisonbetrieb von Frühling bis Herbst sicherstellen.» Inzwischen habe man verschiedene Szenarien für die Zukunft des Kurhauses grob ausgearbeitet. Spruchreif sei aber noch nichts. «Um ein langfristiges Konzept ausarbeiten zu können, brauchen wir Planungssicherheit, und diese fehlt uns mit dem Weiterzug ans Bundesverwaltungsgericht.» (FS)

■ Rolf Arm: «Mir fehlt jedes Verständnis für diese Hinhalte- und Verzögerungstaktik des Heimatschutzes. Nostalgie ist schön aber hier wohl gar nicht sinnvoll. Wir wollen endlich wieder eine Seilbahn auf unseren Hausberg, und das so schnell wie möglich.» ■ Jeannette Wirth: «Schade um das viele Geld, das verblödelt wird, statt es einzusetzen in eine Bahn. Wie alt sind eigentlich die Mitglieder des Heimatschutzes? Sind die alle im Altersheim? ... Ich find es zum Kotzen. Habe mich schon gefreut, mit einer Bahn auf unseren Hausberg zu gelangen dies ist leider nun nicht mehr möglich, weil altbackene Egoisten am Steuer sind. Pfui pfui.» ■ Geri: «Der liebe Heimatschutz? Wer schafft diese unfähige Organisation ab? ... Solange keine Bahn auf den Weissenstein fährt, ist es verantwortungslos gegenüber der Umwelt, weil jeder mit dem Auto hochfährt!!» ■ Daniele Petrolo: «Ich finde das gut so!! Was hat eine Gondel auf dem Weissenstein verloren? Wo ist das Erlebnis ‹Natur› geblieben? Wer schon nicht zu ‹Fuss› die paar Höhenmeter bewältigen will (oder kann), der soll wenigstens mit einer historischen Sesselbahn hinauffahren, um zumindest ein bisschen Naturerlebnis zu haben.» ■ Reto Hartmann: «Wer soll da noch so viel Verständnis aufbringen und einen solchen sturen Klub noch unterstützen. Ich hoffe, dass der SHS dies mindestens in unserer Gegend massiv zu spüren bekommt.» ■ Daniel Hutter: «Der Schweizer Heimatschutz scheint jeglichen Sinn zur Realität verloren zu haben. Eine solche Organisation ist für die ohnehin nicht immer verwöhnte Solothurner Wirtschaft äusserst schädlich ...» ■ Annelies Peduzzi (CVP-Kantonsrätin): «Wir wollen endlich wieder auf unseren Berg!!!! Und zwar ohne Auto, liebe Natur- und Heimatschützer.» ■ Urs Baumann: «Danke, Heimatschutz! Was soll denn dieses völlig überdimensionierte 08/15-Gondeliprojekt?» ■ Rita Meier: «Sorry, aber diese Gondeli sehen einfach schrecklich aus, wie die Faust aufs Auge. Auch ich gehöre zu denjenigen, die lieber die Sesselbahn hätten.» ■ René S.: «Ich erinnere mich ja auch gerne an die Sesselliftfahrten, aber die haben ihr Alter erreicht, eine neue Bahn ist nötig, und damit kann auch noch die Sicherheit der reisenden erhöht werden.» ■ Peter Schumacher: «Das ist doch eine Art Existenzberechtigungsversuch einer immer wie mehr fragwürdigen Organisation.» (SFF)


12 SEILBAHN-ZEITUNG 29. 5

. 201

NORDWESTSCHWEIZ FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

✒ Aufgeschnappt

3

✒ «Ein Entscheid, wie wir

ihn erwartet und erhofft haben», freut sich Bauund Justizdirektor Walter Straumann. Das Urteil bestätige die Gewichtung der Sicherheit durch das Bundesamt für Verkehr und «unsere Beurteilung des Neubauprojekts in Bezug auf den Natur- und Heimatschutz». Straumann ist überzeugt: «Die fundierten Ausführungen des Gerichts haben über den Fall hinaus Bedeutung.»

Adrian Schmid, Geschäftsführer Heimatschutz Schweiz und damit wichtigster Gondeli-Gegner: «Wir sind vom Entscheid sehr enttäuscht. Mit dem Abbruch der alten Bahn verliert die Schweiz unwiderruflich einen bedeutenden Zeugen der Seilbahntechnik und ein Baudenkmal der Schweizer Verkehrsgeschichte. Das Urteil wird nun analysiert. Anschliessend entscheidet der Geschäftsausschuss über das weitere Vorgehen.»

Nun warten die neuen Gondeln auf möglichst viele interessierte Fahrgäste.

TINA DAUWALDER/THOMAS ULRICH

Heimatschutz verliert Seilziehen Bundesverwaltungsgericht stützt Bahn-Neubau ohne Wenn und Aber Der Schweizer Heimatschutz (SHS) ist mit seiner Beschwerde gegen die Bewilligung der Gondelbahn auf den Weissenstein vor Bundesverwaltungsgericht abgeblitzt. Die Sesselbahn kann abgebrochen und verschrottet werden. Die Beschwerdeführerin muss der Seilbahn Weissenstein AG (Swag) 50 000 Franken Parteientschädigung bezahlen. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hatte Ende Januar 2012 die Bewilligung für den Abbruch der 1950 erstellten und mittlerweile schweizweit einzigartigen Sesselbahn vom Typ Von Roll 101 und den Neubau einer neuen 6er-Kabinenbahn erteilt. Dagegen führte der SHS Beschwerde, was in der Region Solothurn zu Proteststürmen führte. Im April 2012 wurden am SHS-Sitz in Zürich 35936 Unterschriften als Rückendeckung für die Bahn-Neubaupläne übergeben.

Alte Bahn ist nicht sanierbar Das 65-seitige Urteil aus St.Gallen fasst das jahrelange Seilziehen der Streitparteien zusammen. Vorab halten die Richter fest, dass die Sesselbahn zwar im Seilbahninventar vermerkt sei. Dieses sei aber entgegen der Ansicht des SHS rechtlich kein Bundesinventar. Demnach gelte auch nicht der absolute Schutz nach Natur- und Heimatschutzgesetz. Das Gericht stellt die historische Bedeutung der Sesselbahn nicht infrage. Aber: Aus Sicherheitsgründen kann diese nicht mehr weiterbetrieben werden. Eine Sanierung hätte zur Folge, dass ausgerechnet «die aus denkmalschützerischen Gründen erhaltenswerten Bestandteile, welche gerade den Zeugniswert der Sesselbahn ausmachen, verschwinden würden». Explizit erwähnt werden hier die Klemmen, Kuppelstellen, Stützen und Stützenausrüstungen. In ihren Gutachten blieben die eidgenössischen Kommissionen für Naturund Heimatschutz sowie Denkmalpflege, aber auch das Bundesamt für Kultur ebenso die Antwort schuldig, wie die historische Bahn saniert werden könnte, damit ihre Denkmaleigenschaft erhalten bleibe. Das BAV dagegen habe darlegen können, weshalb selbst eine Replika-Bahn keine Betriebsbewilligung

erhalten würde. Fazit: Es bleibt nur der Abbruch der alten Bahn. Das Gericht lehnt auch den Eventualantrag des SHS ab, die Swag müsse die alte Bahn einlagern, um sie später an einem anderen Ort wieder ganz oder teilweise aufbauen zu können. Die Kosten dafür seien unverhältnismässig.

Bahn war vor dem Schutzgebiet da Ebenfalls nicht zu beanstanden ist laut Gericht die Baubewilligung für die neue Kabinenbahn. Zwar fällt der obere Teil der Bahn in das im Bundesin-

«Es wurde das Mögliche getan, um die Dimensionen kleinstmöglich zu halten.» Das Bundesverwaltungsgericht

ventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) verzeichnete Objekt «Weissenstein». Aber: Zuerst war die Bahn, dann das BLN-Objekt. Die neue Anlage sei ein Ersatz, das Gebiet bereits vorbelastet. Zudem sei das Neubauprojekt ver-

bessert worden. Die Masten der Kabinenbahn seien mit bis zu 22 Metern zwar deutlich höher als die der alten Bahn. Allerdings werde deren Zahl von 31 auf 17 reduziert. Für die NeubauGegner sind die Stationen nicht landschaftsverträglich. Dazu das Gericht: «Es wurde das Mögliche getan, um die Dimensionen kleinstmöglich zu halten.» Die redimensionierte Bergstation werde von der Talseite her nicht sichtbar sein. Das Trassee der neuen Bahn wiederum «wird zwar an Stellen breiter, doch lässt sich diese aufgrund der höheren Seilführung immerhin begrünen.» Beeinträchtigungen des BLN-Objekts bleiben aber. Im Ergebnis würden die Vorteile jedoch überwiegen, weil unter anderem ohne Bahn der motorisierte Verkehr zunehmen würde. Zur Erinnerung: Mit der Abwägung «lieber diese Bahn, als keine Bahn und Blechlawinen auf den Berg» hatte die Stiftung für Landschaftsschutz Schweiz auf eine Beschwerde verzichtet. In Sachen Wirtschaftlichkeit des Bahnprojekts sehen die Richter keinen Anlass, diese extern überprüfen zu las-

sen. Das «Transportbedürfnis ist auszumachen und die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Konzessionserteilung sind erfüllt.» Rund 15 Mio. Franken kostet der Neubau, davon werden 2,5 Mio. Franken fremdfinanziert. Laut BAV ist ein Selbstfinanzierungsrad von über 80 Prozent bei Seilbahnen äusserst selten. Nur in einem Punkt «verliert» die Swag vor Gericht. Statt 100 000 erhält sie «nur» 50 000 Franken Parteientschädigung. Bis Ende Juni kann das Urteil ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Genugtuung für viel Geduld Gross ist die Freude bei der Swag: Urs Allemann, Präsident des Verwaltungsrats: «Es hat sehr viel Geduld gebraucht. Nun sehen wir uns aber in unserem Vorgehen und unserer Beharrlichkeit bestätigt.» Rolf Studer, Vizepräsident des Verwaltungsrates, meint: «Als Nichtjurist zweifelt man dann und wann schon am System, wenn es vom Gesuch bis zum Entscheid der ersten Gerichtsinstanz knapp vier Jahre dauert. Umso erfreulicher ist der eindeutige Entscheid.»

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VON MARCO ZWAHLEN

Johannes Sutter: «Klarer Kantersieg»

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ls Jurist und Seilbahnplaner könne er sich nicht vorstellen, dass der Schweizer Heimatschutz den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ans Bundesgericht in Lausanne weiterzieht. «Das wäre bare Zwängerei», meint Johannes Sutter, der für die Planung und juristische Begleitung der neuen Gondelbahn auf den Weissenstein zuständig ist. «Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist ein klarer Kantersieg – im Fussball vergleichbar mit einem 4:0.» In allen Punkten habe die Seilbahn Weissenstein AG Recht bekommen, «es war das Beste, was uns passieren konnte.» Sehr positiv sei gewesen, dass man für die eigene Sache weitergekämpft habe. Und «gut waren auch die veranlassten Projektanpassungen.» Für Sutter waren diese insofern «matchentscheidend», als das Bundesamt für Ver-

Johannes Sutter, Planer der neuen Weissensteinbahn.

BAR

kehr wie das Bundesamt für Umwelt damit dem Gondelbahn-Projekt hätten zustimmen können. Die Unterstützung durch die Regierung und das Kantonsparlament sei aber ebenfalls «sehr wertvoll» gewesen. Sollte der Heimatschutz nicht weiterziehen, rechnet Sutter mit einer Eröffnung der neuen Bahn im Herbst 2014 – wobei noch die Härte des nächsten Bergwinters eine Rolle spielen könne. Auch müsse die neue Gondelbahn erst noch bestellt werden. «Zuerst aber erfolgt ein fachgerechter Rückbau der alten Sesselbahn», meint der Seilbahnfachmann, der auch als Geschäftsführer der Stiftung Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen fungiert. Trotz der erbitterten Opposition eines Vereins Pro Sesseli wolle man Teile der 1949 erstellten und 1994 generalüberholten Sesselbahn allenfalls für ein Museum bewahren – «es besteht nicht die Absicht, einfach alles zu verschrotten.» (WW)

Philipp Gressly, Präsident des Solothurner Heimatschutzes und Jurist, hat das Urteil angeschaut. Dieses müsse nun noch genauer studiert und geprüft werden. Da der Schweizer Heimatschutz die Federführung in dieser Sache habe, werde man sich über das weitere Vorgehen absprechen müssen. Das gestrige Urteil sei für ihn nicht ganz überraschend gekommen. Gressly betont, dass er sich für einen raschen Entscheid einsetzen werde. Heinz Rudolf von Rohr, der Präsident des Vereins Pro Sesseli, kann die klare Ablehnung der Beschwerde nicht verstehen. Er ist überrascht und enttäuscht und habe bereits viele empörte Reaktionen erhalten. Selbst aus den USA habe er ungläubiges Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen dürfen.

✒ Der FDPMann und

Swag-Verwaltungsrat Yves Derendinger äussert sich auf Facebook: «Das Bundesverwaltungsgericht hat auf 65 Seiten sehr detailliert zu allen Vorbringen Stellung genommen und ein Urteil gefällt, das an Klarheit nicht zu übertreffen ist.»

✒ Ebenfalls auf Facebook gratuliert

René Hohl, Präsident von Region Solothurn Tourismus, der Seilbahn Weissenstein AG: «Das ist wirklich hocherfreulich. Ich beglückwünsche euch zu eurem Durchhaltewillen. Hoffentlich sehen die Gegner die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens endlich ein.»

✒ Solothurns

Bürgergemeindepräsident Sergio Wyniger sieht im Entscheid für die beiden Pachtbetriebe auf dem Hausberg «eine riesige Erleichterung». Doch wenn die Bahn komme, müsse man sich auch um die Zukunft des Kurhauses Weissenstein kümmern. (TE, MZ, WW)


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