SAISON (Juni 2018)

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P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M

TOURISMUSMAGAZIN • #3/18 • JUNI 2018

ALLES MOBIL Wie das Smartphone den Tourismus verändert.


SilberQuelle:

Eins mit dem Wasser.

Hermann Gruber

Günther Gruber

Eigentümer SilberQuelle

impalawolfmitbiss

Eigentümer SilberQuelle

Tiroler Wasser. Ganz privat.


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EDITORIAL

VOM KLICK ZUM KICK – IN ECHTZEIT! Die Anregungen liefern in erster Linie Urlaubsbilder über WhatsApp und die Social-Media-Kanäle unserer Freunde. Das ersetzt die „alte“ Mundpropaganda und ist eine technologische Revolution, die unsere Spontanität, Inspiration und Convenience unter dem Motto „Look, Book, Pay & Play“ neu definiert. Milliarden (!) von Smartphones und das atemberaubende Tempo der digitalen Vernetzung stellen die alte Reise-Informationswelt auf den Kopf und erschaffen neue Konsumenten in Lichtgeschwindigkeit, die so individuell wie noch nie suchen und finden – aber doch über die selbstlernenden Systeme und Algorithmen von Google, Facebook und Co. (fremd-)gesteuert bleiben.

© TIROL WERBUNG

S

eit Herbst 2016 ist das Smartphone global betrachtet das wichtigste Gerät bei der Internetnutzung. Laut einer Erhebung von StatCounter wurden im Oktober 2016 weltweit erstmals mehr Websites über Tablets und Smartphones als über den Desktop aufgerufen. Das bedeutet, ein Großteil des Webtraffics findet bereits jetzt mobil statt. Vorbei die Zeiten der betulichen Urlaubsplanung – dicke Kataloge wurden gewälzt, lange Urlaubsreportagen gelesen und der kompetenteste Reiseführer gesucht. Rasend schnell haben wir uns daran gewöhnt, dass alles sofort verfügbar ist und passieren kann. Das Smartphone ist dabei unser wichtigster Reisebegleiter und in allen Phasen des Reisens unverzichtbar. Das betrifft Informationsbeschaffung, Planung, Buchung, aber auch die Frage, ob wir überhaupt den Kurzurlaub antreten wollen – oder sich das Wetter im Zielgebiet und damit unsere Reiselust doch kurzfristig eingetrübt haben. Sind wir dann wirklich unterwegs, nützen wir das Handy rund um die Uhr – für die Navigation im Auto oder zu Fuß, für Hotel-, Event- und Gastrotipps vor Ort, für die Übersetzung der Speisekarten oder Kaufpreisvergleiche, aber auch für die Live-Kommunikation mit Familie und Freunden. Alle werden mit allem versorgt – mit Bildern, Videos, mit Empfehlungen und Emotionen. Vom Klick zum Kick in Echtzeit – das schürt heute in erster Linie die Lust an der Flucht aus dem vielfach stressigen Alltag. Ich will raus – nur wohin?

OFFEN UND EXPERIMENTIERFREUDIG

WENN DER GAST ERST EINMAL BEI UNS ANGEKOMMEN IST, DANN ZÄHLEN SYMPATHIE UND EMPATHIE.

Was wir für Schlüsse ziehen sollten? Zum einen, dass wir dem rasenden Wandel immer offen und experimentierfreudig gegenüberstehen sollten. Denn die neuen Technologien können auch dafür sorgen, dass gerade auch kleine, regionale Anbieter besser wahrgenommen werden. Dass auch sprachgesteuerte Assistenten und künstliche Intelligenz in der Automatisierung der Dienstleistung da und dort Sinn machen werden. Zum anderen, dass gemeinsame Datenbeschaffung und -aufbereitung gerade in unserer kleinteiligen Tourismuswirtschaft ein Gebot der Stunde und die Vernetzung auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene unumgänglich ist. Aber auch dass wir in einem „Peoples Business“ arbeiten, dass die Qualität unseres echten Angebots und unsere persönlichen Beziehungen zu unseren Gästen noch wichtiger werden. Denn je mehr „Hightech“, desto mehr „Human-Touch“ ist gefragt. Je wichtiger „Always on“ mit superschnellem „WLAN“ heute ist, desto stärker wird die Sehnsucht nach „digital detox“, Achtsamkeit und unserer Natur als Gegenentwurf zur digitalen Getriebenheit. Wenn der Gast erst einmal bei uns angekommen ist, dann zählen Sympathie und Empathie. So bleiben das gute, individuellere Produkt und die Begeisterung der anwesenden Gäste unser Erfolgsfaktor Nr. 1 – auch in Zukunft!

JOSEF MARGREITER, GESCHÄFTSFÜHRER TIROL WERBUNG


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INHALTSVERZEICHNIS S A I S ON

SMARTPHONE UND TOURISMUS

6 Revolution zum

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Einstecken Binnen zehn Jahren haben Smartphones unsere Welt verändert.

10 Die smarte Reise

Über Smartphones und Customer Journey

14 Der entscheidende Klick Welche Rolle spielt das Mobil­telefon bei der Buchung?

24 Zuerst mobil „Wenn der Gast buchen will, müssen ihm alle Wege offenstehen.“ HENDRIK MA AT, GRÜNDER VON EASYBOOKING

Hotelbetriebe sollten der Smartphone-Nutzung ihrer Gäste Rechnung tragen.

24

28 Was kommt danach? Innovationscoach Oliver Puhe im Interview

16 Interaktion mit Gästen auf allen Ebenen Wie Tirols TVB mit dem Thema „Mobile“ umgehen

20 Die Reisekataloge

von heute Mittels Social Media wird der Gast zum Botschafter.

22 Smartphone statt

Reiseführer Auf Reisen holen sich Urlauber heute oft Inspiration von TripAdvisor und Co.

„Derzeit stehen Anwendungen im Bereich Augmented oder Mixed Reality hoch im Kurs, die die Realität um eine zusätzliche Schicht erweitern.“ OLIVER PUHE, INNOVATIONSCOACH

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INHALT

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AUS DER REDAKTION

Interview in Vietnam

W MAGAZIN 32 Profile

Wer kommt, wer geht, wer wechselt

33 „Es geht um qualitatives Wachstum“ LH Günther Platter über die wichtigsten Messgrößen in Tirols Tourismus

34 „Wir sind experimentierfreudig“ Patricio Hetfleisch, Leiter des neuen Mediahauses der Tirol Werbung, im Interview

38 Zu viel des Guten

Was sagen internationale Forscher zum „Overtourism“?

40 Das Tauschgeschäft

Das Ellmauer Unternehmen Greenstorm bietet E-Bikes gegen Zimmerkontingente.

43 Gastkommentar

von Bundesministerin Margarete Schramböck

44 Check-in in die Zukunft

Hotelideen zwischen Roboter-Concierges, 3D-Drucker, Nachhaltigkeit und Coworking Spaces

48 Kommentare 50 Nachgefragt

bei Wolfgang Nairz

© SHUTTERSTOCK.COM (2), AXEL SPRINGER, SNØHETTA/PLOMPMOSES

IMPRESSUM SAISON Tourismusmagazin, Nr. 3/2018 (70. Jahrgang) SAISON Abohotline: 0512/58 6020 oder saison@target-group.at Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: Tirol Werbung, Maria-­T heresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • Mit der Produktion beauftragt: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck • Chefredakteur: Matthias Krapf, BA • Redaktion: Daniel Feichtner, Mag. Susanne Gurschler, Rebecca Müller, BA, Esther Pirchner, Felix Stippler, Mag. Julia Tapfer • Autoren: Ernst Molden, Alois Schöpf • Fotografen: Franz Oss, Axel Springer • Grafik: Marco Lösch, BA, Thomas Bucher, Sebastian Platzer, BA • Illustrationen: Monika Cichoń Anzeigenverkauf: Walter Mair, w.mair@target-group.at • Anschrift Verlag: Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -2820, redaktion@target-group.at Geschäftsführung Verlag: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner, Matthias Krapf Druck: NP Druck Gesellschaft m.b.H., St. Pölten. Die Informationen zur Offenlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL https://saison.tirol/info/impressum abgerufen werden.

enn von Medien und Digitalisierung die Rede ist, geht es meist um Probleme: die Veränderungen des Geschäftsmodells zum Beispiel, die Macht von Google und Co. oder bedenkliche Phänomene wie Fake News. Selten hört man jedoch davon, welche Vielfalt an Kanälen dem Journalismus heute dank des Internets zur Verfügung stehen. Niemals zuvor bestanden derart viele Möglichkeiten, Leser zu erreichen; niemals gab es so viele Wege, mit interessanten Ansprechpartnern in Kontakt zu treten. Und nicht selten spielt das Smartphone dabei eine entscheidende Rolle – sei es, weil man eine Augenzeugin via Facebook-Messenger kontaktiert, sei es, weil man einen viel beschäftigten Vortragenden am Handy per Skype befragt. Das Interview etwa, das Redakteur Daniel Feichtner für seine Geschichte zum Smartphone als Reisebegleiter mit Barbara Neuhofer führte, wäre ohne Mobiltelefon sicher nicht zustande gekommen. Feichtner erreichte die Fachbereichsleiterin Experience Design, Innovation & Management im Tourismus an der FH Salzburg nach einigem Hin und Her auf einer Dienstreise in Vietnam. Die Verbindung via WhatsApp-Telefonie funktionierte zwar mehr schlecht als recht, reichte aber, um Neuhofer einige interessante Einsichten zum Thema zu entlocken. In nicht viel mehr als einem Jahrzehnt haben Smartphones die Art und Weise, wie wir Informationen konsumieren (und offenkundig auch beschaffen), von Grund auf geändert. Auch im Tourismus kommt man am „mobile shift“ und seinen so mannigfaltigen wie tiefgreifenden Auswirkungen nicht vorbei. Was es für die Branche – vom Betrieb bis zur Destination – bedeutet, wenn der Griff zum Computer in der Hosentasche für Gäste vor und während der Reise fast schon einen Reflex darstellt, möchten wir in der aktuellen Ausgabe der SAISON ergründen. Eine angenehme Lektüre wünscht die Redaktion

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SMARTPHONE & TOURISMUS 6


SAISON

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REVOLUT ION ZUM EINSTECKEN

Text: Daniel Feichtner

E

s ist erstaunlich, wie schnell man sich an Dinge gewöhnt. Ohne Smartphone geht man heute kaum mehr außer Haus. Der Griff zu dem mobilen Taschen-Computer ist das Natürlichste der Welt und zum Reflex geworden. Nachrichten, Wetterprognosen, Navigation, Kommunikation, Zeitvertreib: All das und mehr finden sich am Display – nur eine Wischbewegung entfernt. Dabei ist dieser integrale Be-

standteil unseres Alltags gerade einmal gut zehn Jahre alt. Erst 2007 machte das erste iPhone Telefone auch für Privatbenutzer zum mobilen Fenster ins Internet. Seither hat die Technologie ihren rasanten Siegeszug angetreten. Laut dem Austrian Internet Monitor besitzen aktuell 74 Prozent der Österreicher ab 14 Jahren ein Smartphone. „Nicht-smarte“ Telefone sind mittlerweile bestenfalls ein Nischenprodukt.

ERST BUSINESS, DANN PRIVAT

„Genau genommen gibt es das Prinzip ‚Smartphone‘ seit 2002“, meint Manfred Geiger. Er ist Doktorand an der Universität Innsbruck und erforscht den Zusammenhang zwischen permanenter Vernetzung und sozialer Beschleunigung. →

© SHUTTERSTOCK.COM

Smartphones sind fixer Bestandteil unseres Alltags. In nur etwas mehr als einem Jahrzehnt haben sie gesellschaftliche Normen verändert, neue Standards geschaffen und die Art und Weise, wie wir Informationen konsumieren, von Grund auf verändert.


SMARTPHONE & TOURISMUS

„ Smartphones setzen eine gesellschaftliche Entwicklung fort, die wir seit der Französischen Revolution kennen.“ MANFRED GEIGER, DOK TORAND UNIVERSITÄT INNSBRUCK

„ AUF SMARTPHONES GENÜGT ES NICHT, INFORMATION EIN­ FACH DARZUSTELLEN. DISPLAYGRÖSSE UND BENUTZER­ VERHALTEN ERFORDERN, SIE SPEZIFISCH AUF­ ZUBEREITEN.“ MANFRED GEIGER

„Blackberrys waren mit ersten Smartphone-Features ausgestattet – allerdings primär für Business-User.“ Um breitentauglich zu werden, fehlten Smartphones noch die Voraussetzungen. Diese kamen in Form von Consumer-tauglichen Touchscreens, besseren Tarif-Angeboten und nicht zuletzt von Apples Öffnung des Betriebssystems für Drittanbieter. Externe Software-Entwickler machten die iPhone-Plattform mit Abertausenden Apps zum digitalen Multifunktionswerkzeug für alle Lebenslagen, das uns so viel erleichtert – und die Gesellschaft tiefgreifend verändert.

ERWARTUNGSHALTUNG

„Die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem immer schnelleren Leben kennen wir seit der Französischen Revolution – Smartphones setzen sie fort“, erklärt Geiger. So wie alle Technologien sind sie Mittel zur Zeitersparnis, mit denen Dinge effizienter und schneller erledigt werden können. Anstelle einer Ent- führt das aber zu einer Beschleunigung. Denn mit der gesparten Zeit können mehr Aufgaben erfüllt werden. Und mit der Möglichkeit der permanenten Vernetzung kommt auch die Erwartungshaltung, immer erreichbar zu sein. „Das verändert gesellschaftliche Normen und erzeugt Druck. Anfänglich Berufsbild-spezifisch, mittlerweile aber genauso im privaten Bereich.“ Erreichbarkeit ist mittlerweile Voraussetzung – mit all ihren Vor- und Nachteilen. Die Grenze zwischen Pri-

vatem und Beruflichem verschwimmt ebenso, wie die Grenzen der Privatsphäre sich vielerorts zersetzen.

INFORMATION DESTILLIERT

Das betrifft nicht nur den Menschen. Auch von Unternehmen wird vorausgesetzt, Informationen sofort zur Verfügung zu stellen. Das bringt Herausforderungen mit sich. „Auf Smartphones genügt es nicht, Informationen einfach darzustellen“, erklärt Geiger. „Displaygröße und Benutzerverhalten erfordern, sie spezifisch aufzubereiten.“ Dargestelltes muss optimiert und reduziert werden. Bilder sind Texten in vielen Fällen vorzuziehen, Listen transportieren Inhalte schneller als Fließtexte, Menüs müssen einfach und überschaubar sein. Dazu kommt die kurze Aufmerksamkeitsspanne. User werden am Smartphone häufiger unterbrochen – von einem Anruf, einer WhatsApp-Nachricht, oder um aus dem Bus auszusteigen. „Informationen müssen extrem schnell erfassbar sein, um die ‚Jump-offRate‘ so gering wie möglich zu halten“, erklärt Geiger. Und dieser Trend zur „Inhalts-Destillation“ beschränkt sich nicht nur auf das Smartphone. User sind diesen Stil mittlerweile gewohnt und erwarten ihn auch auf größeren Bildschirmen. „Smartphones verändern nicht nur für sie geschaffene Inhalte“, meint Geiger. „Inzwischen diktieren sie auch ganz generell, wie wir Information konsumieren: Schneller, unmittelbarer vereinfachter und zeitsparender.“

© PHOTOGENIKA

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SMARTPHONE & TOURISMUS

VORREITER AUS FERNOST

Die Möglichkeiten, die Smartphones bieten, sind längst nicht ausgeschöpft, beweist ein Blick nach China.

W

ährend sich in Europa Vernetzung und Datenschutz ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, zeigt sich in China, was bereits machbar ist. Der chinesische Markt holt rasant auf. 2017 besaßen dort bereits rund 663,37 Millionen Menschen – also knapp die halbe Bevölkerung – ein Smartphone. 2022 sollen es 817 Millionen sein. Für viele Chinesen ist das Smartphone Sprungbrett ins digitale Zeitalter. Billiger als Desktop-Computer und in der Benutzung niederschwelliger, treiben sie Digitalisierung und Vernetzung voran. „Die Entwicklung ist rasant“, bestätigt Stefan Isser, Geschäftsführer der D. Swarovski Tourism Services GmbH. „Nicht zuletzt angetrieben durch die extrem technik-affine und lernwillige Gesellschaft.“

TELEFON STATT KREDITKARTE

Für Chinesen ist das Smartphone so noch mehr digitaler Knotenpunkt als hierzulande. Das spiegelt

sich auch in den Angeboten wider. Insbesondere WeChat, ursprünglich die chinesische Variante von Whats­App, ist inzwischen zu einem gewaltigen sozialen Netzwerk herangewachsen, das monatlich von einer Milliarde Usern genutzt wird und nicht zuletzt eine Bezahl-Funktion bietet. Sie ist für viele Bürger der Volksrepublik mittlerweile eine leistbarere, bessere Alternative zur Kreditkarte und wird vom Restaurant um die Ecke bis hin zum Online-Shop unterstützt. „WeChat zur Bezahlung ist in Österreich aus rechtlichen Gründen aktuell noch nicht einsetzbar“, erklärt Isser. „Anders verhält sich das mit dem zweiten großen chinesischen Bezahlsystem AliPay. Das bieten wir in unseren Swarovski Kristallwelten Stores in Wattens, Innsbruck und Wien bereits seit 2017 vollintegriert an – als erstes touristisches Unternehmen in Österreich.“

Für Ihre Gäste.

Für Ihre Immobilien.

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SMARTPHONE & TOURISMUS

DIE SMARTE

REISE

Mit Smartphones hat sich unser Konsumverhalten von Grund auf verändert. Immer und sofort Zugang zu Informationen zu haben, ist selbstverständlich, ebenso wie sich anderen jederzeit mitzuteilen. Das hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Kunden-Erlebnis von Gästen. Text: Daniel Feichtner

W

ar das ursprüngliche Mobiltelefon noch eben genau das – ein tragbares Kommunikationsmittel –, sind Smartphones über diese Rolle schon längst hinausgewachsen. Für die meisten Benutzer tritt der Telefon-Aspekt zusehends in den Hintergrund. Stattdessen sind die Geräte zu digitalen Multifunktionswerkzeugen geworden, denen je nach Bedarf oder Geschmack neue Einsatzbereiche zugewiesen werden. Und wie jedes neue Werkzeug erleichtern sie nicht nur die Lösung von Problemen. Sie verändern auch den gesamten Bereich, in dem sie zum Einsatz kommen.

REISE VOR DER REISE

„Das betrifft auch die Customer Journey“, bestätigt Barbara Neuhofer, Fachbereichsleiterin Experience Design, Innovation & Management im Tourismus an der Fachhochschule Salzburg. Diese metaphorische „Reise“, die Kunden vom geweckten Interesse am Produkt bis nach dem Erwerb – oder im Fall des Tourismus der Heimkehr – führt, wird zunehmend mit,

„ Internetanbindung ist das Um und Auf. Von der Ankunft am Flughafen über die Bus­ fahrt bis hin zum Hotel: Mit einer lücken­ losen Verbindung steht und fällt das Poten­ zial, das Smartphones mit sich bringen.“ BARBARA NEUHOFER, FACHBEREICHSLEITERIN EXPERIENCE DESIGN, INNOVATION & MANAGEMENT IM TOURISMUS, FH SAL ZBURG

durch und über das Smartphone erlebt. Das erzeugt Beschleunigung: Informationen sind schneller verfüg- und vergleichbar. Entscheidungen werden rascher und mitunter impulsiver getroffen. Das Kundenerlebnis wird emotionaler und Interaktion direkter. Das Smartphone ist keine Einbahnstraße. Vom Konsumenten wird der Gast immer mehr zum Akteur, der aktiv an der Gestaltung seines Urlaubserlebnisses teilnimmt und es auch unterwegs beeinflusst. „Diese Entwicklung wird der ‚Experience Economy‘ gerecht, in der es genau darum geht, ein Erlebnis und nicht nur ein Produkt zu vermarkten“, sagt Neuhofer. „Und das wird im Tourismus immer wichtiger. Denn wo geht es noch mehr um Erlebnisse als beim Reisen?“

© NEUHOFER FH SALZBURG

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SMARTPHONE & TOURISMUS

1.

VORBEREITUNG

URLAUBSTRÄUME

Jedes bewusst gewählte Erlebnis beginnt mit einer Idee. Sie muss nicht an eine spezifische Location oder Region gebunden sein. Reise-Inspirationen gibt es schon lange – von der Postkarte oder dem Urlaubsfoto von Bekannten über ein Plakat oder einen Reisekatalog bis hin zum szenischen Filmpanorama. „Diese ‚Inspirations-Phase‘ ist seit jeher sehr sozial intensiv“, sagt Neuhofer. Und: „Urlaubsträume werden oft durch andere angeregt.“ Was das Smartphone von der klassischen Postkarte unterscheidet, sind Geschwindigkeit und Authentizität. Statt eines gekauften Bilds ist ein Facebook-Post sofort am Ziel und selbst fotografiert. Das macht ihn deutlich glaubwürdiger und verknüpft ihn mit einer Person, der Vertrauen entgegengebracht wird. „Zugleich sind soziale Medien ein Multiplikator. Die ‚digitale Postkarte‘ erreicht nicht mehr nur eine Person, sondern unter Umständen Tausende Follower.“

SUCHEN & BUCHEN

Wie die Erhebung „The Mobile Traveler“ von Tui und Google zeigt, ist auch bei der Recherche das Smartphone das Werkzeug der Wahl. 51 Prozent aller deutschen Urlauber zogen das Telefon zu Rate – allerdings die wenigsten exklusiv. Im Schnitt wechselten sie bis zur Entscheidung 26 Mal das Gerät. „Anstatt sich hinzusetzen und zu planen, werden Informationen spontan unterwegs eingeholt und geteilt“, erklärt Neuhofer. Eine mobile-optimierte Website sei Pflicht

(%) der Smartphone-Besitzer

100 %

VIRTUELLE VORSCHAU

Gerade im Bereich der Inspiration ist das Maximum des technologisch Machbaren noch nicht erreicht. Vorrichtungen wie Google Cardboard können Smartphones problemlos zu simplen Virtual-Reality-Brillen umfunktionieren. Stellen Anbieter oder Destinationen entsprechenden Content zur Verfügung, können neugierige Gäste noch viel tiefer in Inspirationen eintauchen – bislang allerdings größtenteils in Marketing-generierte Inhalte.

– oder zumindest eine Präsenz auf Metaplattformen wie booking.com. „Ist ein Angebot am Smartphone nicht bequem einsehbar, ist es uninteressant.“

AUF DEN PUNKT

Dabei ist der Formfaktor der größte Hemmschuh. Noch mehr als auf einem Desktop-Monitor muss Information am Display auf das Wesentlichste reduziert sein. Nur wenn ein potenzieller Kunde im richtigen Moment genau das findet, was er sucht, gelingt es, die kurze Aufmerksamkeitsspanne zu nutzen und sich von der Konkurrenz abzuheben. Mittel der Wahl, um solche kontextbezogenen Resultate zu liefern, sind neben optimierten Menüs Suchmaschinenoptimierung und Kundenprofile, anhand derer vorgefiltert wird. Bei den Buchungen sind Smartphones noch nicht die Regel (siehe S. 14). Doch sowohl die Zahl der buchungswilligen Mobil-Nutzer als auch der fürs Smartphone maßgeschneiderten Angebote steigt. „Und gebucht wird mittlerweile nicht mehr nur vor der Reise und von Zuhause aus“, ergänzt Neuhofer.

BEI DER RECHERCHE UND VOR ORT Die Statistik zeigt, dass Buchungen via Smartphone noch eher die Ausnahme sind. Am häufigsten zum Einsatz kommen die mobilen Geräte aktuell bei der Planung und nach der Ankunft am Urlaubs-Ort, wo sie eine wertvolle Informationsquelle für die Gäste sind.

80 % 60 %

QUELLE: THE MOBILE TRAVELER 2016, TNS

40 % 20 % 10 % Erste Produkt­ wahrnehmung

Ich möchte in den Urlaub

Mein Urlaub soll perfekt sein

Ich möchte buchen

Buchung

Ich möchte das Beste im Urlaub


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SMARTPHONE & TOURISMUS

2.

UNTERWEGS

INFORMATION NACH BEDARF

Mit dem Reise-Antritt erreicht das Erleben des Kunden seinen Höhepunkt. Hier entscheidet sich, ob Angebote den Erwartungen gerecht werden. Das Smartphone sorgt auch unterwegs für Dynamik. Dabei verschwimmen die Abschnitte der Customer Journey untereinander. „Die ursprüngliche Einteilung in ‚Vorbereiten – Reisen – Weitererzählen‘ ist nur noch bedingt gültig“, meint Neuhofer. Denn ihr hohes Informationsbedürfnis können Reisende nun vor Ort stillen – mit aktuelleren, akkurateren Informationen und nach Bedarf. „Angebote werden nach Wetterlage und Laune ausgesucht und kurzfristig genutzt. Im Extremfall wird sogar das Hotel erst vor Ort gebucht.“

RICHTIG SICHTBAR

Bewertungsportale haben entsprechend Hochkonjunktur und enorme Bedeutung. Tripadvisor verrät das morgige Ausflugsziel. Yelp ent-

REISEFÜHRERERSATZ

Neben Empfehlungen für Aktivitäten, Unterkunft und Verpflegung ersetzen Smartphones schon lange auch viele andere nützliche Funktio­ nen, die bislang nur Reiseführer bieten konnten. Für Gäste ist das Telefon Navigationssystem, Übersetzungshilfe, Tourguide und vieles mehr in einem. Vor allem Augmented-Reality-Apps sind hier auf dem Vormarsch. Anstatt Anfragen in Suchmaschinen einzugeben, genügt es, die Kamera des Telefons auf das Objekt des Interesses zu richten. Je nach Anwendung wird dann Geschriebenes in Echtzeit übersetzt und erscheint in der Sprache der Wahl am Display. Oder Sehenswürdigkeiten werden mit Erklärungen und Beschreibungen versehen.

scheidet darüber, wo zu Abend gegessen wird, und im Restaurant beginnt auf Google Maps die Suche nach einer Bar, die am Rückweg liegt. Gute Bewertungen vorweisen zu können, ist wichtig. Noch wichtiger ist es allerdings, überhaupt erst sichtbar zu sein – idealerweise für Gäste, die das Angebot auch suchen und zu schätzen wissen. „Kunden bewerten meistens nur besonders positive oder besonders negative Erfahrungen“, meint Neuhofer. „Deswegen muss man seine Zielgruppe kennen und wissen, welche Plattformen sie nutzen.“ Dort gilt es dann, aktiv zu werden. Die Informationen sollten, gleich wie in der Buchungsphase, Alleinstellungsmerkmale hervorheben und vor allem korrekt sein. Denn nichts bringt schneller negative Bewertungen als leere Versprechen – oder gar eine falsch in der Navigations-App eingezeichnete Location. Eine Garantie sei das natürlich nicht, sagt die Tourismusforscherin: „Schlussendlich kann man Gästen nur Gründe und die Möglichkeit geben, Bewertungen zu geben, beziehungsweise sie darum bitten.“

NUTZEN FÜR ALLE

All das funktioniert allerdings nur, wenn vor Ort auch die Infrastruktur vorhanden ist. „Internetanbindung ist das Um und Auf“, warnt Neuhofer. „Von der Ankunft am Flughafen über die Busfahrt bis hin zum Hotel: Mit einer lückenlosen Verbindung steht und fällt das Potenzial, das Smartphones mit sich bringen.“ Das lohnt sich auch für die Destination. Was früher bis zur Heimkehr warten musste, passiert heute organisch während des gesamten Aufenthalts. Mit dem Smartphone werden Eindrücke festgehalten. Vom Strandfoto über den Videoclip bis hin zum Videotelefonat ist die digitale Nachricht – inklusive Instant-Neid-Faktor bei den Daheimgebliebenen – schon lange an die Stelle der Postkarte getreten. Einfach, sofort und authentisch wird jeder Urlauber zum Berichterstatter vor Ort und teilt Begeisterung ebenso ungefiltert mit wie Ärger.


SMARTPHONE & TOURISMUS

3.

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HEIMGEKOMMEN

WEITERERZÄHLT

Spätestens nach der Heimkehr – aber dank Smartphone meistens schon ab der Ankunft in der Urlaubsdestination – beginnt der Customer-Journey-Kreislauf erneut. Bilder, Videos und Erlebnisse werden geteilt. Für zukünftige Gäste sind sie Inspiration, Information und Empfehlung. „Und das ist der wohl eklatanteste Effekt, den Smartphones auf die Customer Journey und den Tourismus an sich haben“, erklärt Neuhofer. Denn nicht nur die Grenzen zwischen den einzelnen Phasen des Kundenerlebens werden verwischt. Auch im gesamten Marketing findet eine Verschiebung statt. „Die permanente, unmittelbare Verbindung nicht nur zu Anbietern, sondern auch zum eigenen sozialen Umfeld macht Gäste zu den Top-Content-Erzeugern.“ Was früher nahezu die alleinige Aufgabe von Marketingabteilungen und der Gegenstand langer Planung war, geschieht so organisch. Regionen müssen nicht mehr den eigentlichen Content produzieren, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, in denen dieser entstehen kann. „Das ist natürlich deutlich schwerer steuerbar“, erklärt die Expertin. „Zugleich bringt das aber eine Authentizität mit sich, die eine geplante Kampagne niemals bieten könnte.“

„ Die permanente, unmittel­ bare Verbindung nicht nur ­­ zu Anbietern, sondern auch zum eigenen sozialen Umfeld macht Gäste zu den Top-­ Content-Erzeugern.“ BARBARA NEUHOFER

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SMARTPHONE & TOURISMUS

DER ENTSCHEIDENDE

KLICK

Urlaubsrecherchen am Smartphone macht fast jeder, für die endgültige Buchung setzen sich die meisten aber immer noch an den Computer. Wie bucht der Tiroler Gast und welche Entwicklungen zeichnen sich beim mobilen Buchen ab? Text: Julia Tapfer

dazu gekommen, hätte es nicht die Vorgeschichte auch am Smartphone gegeben.

BUCHUNGEN IN TIROL (APRIL 2018) Ausgehend von 1.087 Unterkünften mit easybooking-Software und einer Gesamtbuchungszahl von 20.670. 43,9 %

Rezeption

30,4 %

(z. B. Telefon, Mail, Walk-in)

Online-Buchung

(über Booking Engine bzw. Anfrageformular der Unterkunftswebsite)

Feratel

20,4 %

2,5 %

Expedia

1,1 %

Sonstiges

1,7 %

Die meisten Buchungen gehen bei den Tiroler easybookingNutzern über booking.com ein.

Dadurch, dass die Rezeptionssoftware von easybooking von den meisten Unterkünften in Tirol verwendet wird, sind recht aussagekräftige Angaben zum Buchungsverhalten des Tiroler Gastes möglich. Rund 44 Prozent der Buchungen gingen etwa im April 2018 über das Portal booking.com ein. „Wahrscheinlich ein Viertel davon, das sagt booking.com selbst, stammt von mobilen Geräten“, erklärt Maat. Über die Internet Booking Engine (IBE), also die Buchungsstrecke, die auf den Hotelwebsites integriert ist, wird circa ein Fünftel der Nächtigungen in Tirol gebucht. Die Google-Analytics-Ergebnisse zeigen, dass 40 Prozent dieser IBE-Nutzer die Buchungsseite mobil besuchen. So kann man davon ausgehen, dass die mobilen Buchungen in Tirol insgesamt, also inklusive jener von boo-

© EASYBOOKING – ZADEGO GMBH

Booking.com

TIROLS BUCHUNGEN

QUELLE: EASYBOOKING – ZADEGO GMBH

B

ooking.com gab schon vor drei Jahren an, dass jede zweite Reise mobil beginne. Das Smartphone ist bei der Recherche nicht mehr wegzudenken. Wie schaut es aber mit mobilen Buchungen aus? Betrachtet man verschiedene Studienergebnisse, so kann von einer Verdrängung des Computers derzeit noch keine Rede sein. Circa 67 Prozent der Online-Buchungen in Europa werden laut Criteo Travel Report 2018 über die Desktopversion abgewickelt, der Rest teilt sich auf Smartphones (25 %) und Tablets (8 %) auf. Hendrik Maat, Gründer und CEO des Tiroler Unternehmens easybooking, das Softwarelösungen für den Tourismus anbietet, findet es schwierig, die Bedeutung von mobilen Geräten bei der Buchung an Zahlen festzumachen. „Wie definieren wir eine Buchung? Sollten wir wirklich nur den letzten Klick betrachten?“, fragt er sich. Dieser geschehe in der Tat noch häufig am Computer, aber es wäre wahrscheinlich nie


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SMARTPHONE & TOURISMUS

„Wenn der Gast buchen will, müssen ihm alle Wege offenstehen.“ HENDRIK MA AT, GRÜNDER VON EASYBOOKING

DIREKTBUCHUNGEN ÜBER HOTELWEBSITE Winter 2017/18

(1. 12. 2017 – 30. 4. 2018)

918.614 Nutzer*

Tablet

NOCH VIEL ZU TUN

Was sind aber die Gründe dafür, dass User beim Buchen das Smartphone beiseite legen und sich lieber an ihren Computer setzen? Die Antwort darauf ist recht simpel: Am Computer hat man mehr Übersicht. „Das Problem ist, dass viele Buchungssysteme am Handy einfach nicht so stark sind wie am Desktop. Auch unser Buchungssystem ist da nicht perfekt“, räumt Maat ein. In der Benutzerfreundlichkeit gebe es bei allen Systemen noch viel zu tun. Das zeigen auch Umfrageergebnisse: Über 40 Prozent der Deutschen empfinden es laut Google Leisure Traveler Study 2016 als unkomfortabel, eine gesamte Reise über das Smartphone zu planen und zu buchen. Einige vertrauen auch nicht darauf, mobil dieselben Preise wie über die Desktop-Version zu erhalten. Häufig kommt es deshalb vor, dass Gäste vor der Buchung an einem Computer kontrollieren, ob sie wirklich das beste Angebot ausgewählt haben.

LAST-MINUTE = MOBIL

In einem Bereich sind mobile Buchungen bereits heute unschlagbar: bei Last-Minute-Trips. Drei Viertel der Buchungen, die auf booking.com für denselben Tag getätigt werden, stammen von mobilen Geräten. Vor allem Städtetouristen buchen häufig schnell und online. In der Ferienhotellerie sei die Planung hingegen längerfristig und der Gastgeber spiele im

Buchungsprozess eine wichtigere Rolle, weiß Maat. Viele Gäste hätten vor ihrem Aufenthalt noch spezifische Fragen an die Unterkunft. Mit der kürzlich eingeführten mobilen Reisebegleiterin Sara will easybooking diese Kommunikation zwischen Gastgeber und Gast vereinfachen und dabei gänzlich auf E-Mails verzichten. Die App hält die Reservierungsbestätigung bereit, ermöglicht Online-Check-ins und hat eine Nachrichtenfunktion. Den Schritt weg von der oft umständlichen Kommunikation über E-Mail hin zur Smartphone-App empfindet Maat als logische Folge der Entwicklungen.

AUSBLICK

Wirft man einen Blick nach Asien, so wird bereits heute ein Großteil der Buchungen mobil getätigt. Besonders Sprachassistenten sind beliebt. Diese Entwicklung wird auch vor den westlichen Ländern nicht Halt machen. Booking.com arbeitet bereits mit Hochdruck an der Sprachsteuerung. Am wichtigsten ist Hendrik Maat im Bereich der Digitalisierung aber, dass man nicht von Trends spricht, sondern Standards als solche erkennt: Kein Hotel könne sich heute damit rühmen, dass es eine Responsive-Website und eine Booking Engine habe – das seien keine Alleinstellungsmerkmale, sondern Basisvoraussetzungen. Als zentral erachtet er es, alle Buchungsmöglichkeiten im Blick zu haben: „Wenn der Gast buchen will, müssen ihm alle Wege offenstehen.“ Im Bereich der mobilen Buchung besteht bei allen Anbietern noch Nachholbedarf.

12,66 % Desktop

60,62 % Mobil

26,72 % Winter 2016/17

(1. 12. 2016 – 30. 4. 2017)

735.354 Nutzer* Tablet

12,73 % Desktop

Mobil

22,17 %

65,10 %

Im Vergleich zum Vorjahr nahm die mobile Nutzung der Internet Booking Engine, also der auf der Hotelwebsite integrierten Buchungsstrecke, um 4,5 % zu. * Alle, die die IBE geöffnet haben. Nicht aus allen Aufrufen sind allerdings auch Buchungen entstanden.

QUELLE: EASYBOOKING – ZADEGO GMBH

king.com, noch knapp unter der 20-Prozent-Marke liegen.


SMARTPHONE & TOURISMUS

INTERAKTION MIT GÄSTEN

AUF ALLEN EBENEN Wie haben Tirols Tourismusverbände das Thema „Mobile“ in ihre Kommunikationsstrategie integriert, wie gehen sie mit der Herausforderung des rasanten technologischen Wandels um? Ein Rundruf. Text: Susanne Gurschler

© TVB WILDER KAISER, TVB SEEFELD, SHUTTERSTOCK.COM

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SMARTPHONE & TOURISMUS

„OBERSTE PRIORITÄT HAT DIE QUALITÄT DER ANTWORT.“ Lukas Krösslhuber, Geschäftsführer TVB Wilder Kaiser Die derzeit größte Herausforderung ist, die zeitliche und inhaltliche Relevanz unserer Informationen für den Gast zu erhöhen. Nur aktuell relevante Botschaften werden wahrgenommen und für Handlungen berücksichtigt. Darum arbeiten wir derzeit z. B. an einer mobilen Website, die für den Gast vor Ort anders aufgebaut ist als für den Gast zu Hause. Vor Ort sind Informationen zu Mobilität, Aktivitäten und Essen & Trinken sowie räumliche Orientierung wichtiger. Darum bilden Karte und Volltextsuche das Herzstück der mobilen Vor-Ort-Seite in.wilderkaiser. info. Für Gäste ohne eigenes Auto ist die Erreichbarkeit von Ausflugszielen und

Events hoch relevant. Mit einer Lösung von naturtrip.org wollen wir 2019 den Gästen jene Ziele in Echtzeit prioritär anzeigen, die mit Öffis in kurzer Zeit erreichbar sind. Die Messbarkeit in der digitalen Welt hilft uns, die Relevanz immer weiter zu verbessern, Stichwort Big Data. Dafür sind aber viele Zeitressourcen notwendig, die woanders eingespart werden wollen. Daher experimentieren wir auch mit Chatbots und automatisierter Anfragenbeantwortung, um repetitive zeitaufwändige Tätigkeiten teilweise zu automatisieren. Die schnelleren Antworten erhöhen den Kundennutzen. Oberste Priorität hat aber die Antwortqualität, weswegen komplexere Fragen weiterhin persönlich beantwortet werden.

Elias Walser, Geschäftsführer TVB Seefeld Die Kommunikation ist komplexer geworden und findet auf viel mehr Kanälen statt. Für den TVB Seefeld besteht die Herausforderung darin, die Übergangszeit zu meistern, die „alten“ Kanäle weiter zu bespielen, die neuen zu integrieren. Wir müssen also eine gewisse Zeit eine Doppelstrategie fahren. Das bedeutet mehr Aufwand, mehr Kosten. Die neuen Technologien müssen bestmöglich genutzt werden, vor allem aber müssen wir die richtigen Kanäle nutzen. Welches ist das richtige Pferd: Facebook, Instagram, Pinterest …? Wir eruieren das anhand der Nutzerzahlen und der Statistiken. Zielgruppe und Userzahlen liefern uns die Eckdaten, um Kanäle zu bespielen. Es gibt ja gewisse Modeerscheinungen. Es heißt also sehr aufmerksam zu sein, schnell zu reagieren. Die klassische Wanderkarte wird trotzdem überleben: Ein tolles Bild auf Instagram ersetzt nicht die Routenbeschreibung, die ich vor Ort brauche. Wichtig ist, bei allen Informationen stets topaktuell zu sein, hier braucht es einen raschen Abgleich zwischen unseren Mitgliedern und dem TVB. Die Daten müssen auf allen Kanälen stimmen. Unterschiedliche Angaben zu Öffnungszeiten zum Beispiel sind fatal.

„DIE DATEN MÜSSEN AUF ALLEN KANÄLEN STIMMEN.“


SMARTPHONE & TOURISMUS

Andreas Lackner, Geschäftsführer TVB Mayrhofen-Hippach Nahezu jeder verfügt heute über ein Smartphone, und noch nie war es einfacher, sofort an Informationen zu kommen. Für uns hat sich in der Organisation daher rein die Frage gestellt, ob wir in Zukunft mit unseren Mitgliedern noch Teil der Informationsquelle sind oder nicht. Entlang dessen richten wir unsere Arbeit aus, die von den Gästen genutzten digitalen und mobilen Dienste mit unseren Informationen zu bespielen und auch unsere eigenen Kanäle mit besseren Inhalten zu versorgen. Die Frage, wo die größten Schwierigkeiten bzw. größten Vorteile liegen, lässt sich einfach beantworten: Die größte Schwierigkeit ist, wenn wir bei mobilen Lösungen nur an mögliche Schwierigkeiten anstatt an Chancen denken. Die größte Chance für uns alle ist die Möglichkeit, Gäste und Einheimische direkt zu erreichen, wenn wir gute Lösungen bieten, unsere Inhalte in mobilen Diensten sicht- und lesbar gestalten. Auch wenn es jetzt schwer vorstellbar ist, was der Gegentrend zu mobil sein könnte: Man weiß es nie. Und wenn, dann werden wir uns das rechtzeitig ansehen und unsere Geschäftsmodelle entsprechend anpassen. Fürchten tun wir uns nicht: Wir werden uns immer an den Chancen orientieren.

„DIE GRÖSSTE SCHWIERIGKEIT IST, WENN WIR BEI MOBILEN LÖSUNGEN NUR AN MÖGLICHE SCHWIERIGKEITEN ANSTATT AN CHANCEN DENKEN.“

Stefanie Patscheider, Leitung Digitale Medien, TVB Serfaus-Fiss-Ladis

„INSTAGRAM WIRD FÜR UNS NOCH INTERESSANTER IN DER GÄSTEKOMMUNIKATION.“

Bei uns war „Mobile“ immer schon ein sehr wichtiges Thema. Mit „Mobile First“ befassen wir uns schon länger, vor allem wenn es um unsere Website inkl. Buchungsplattform geht. Mittlerweile sind wir aber bereits schon beim „AI First“-Ansatz angelangt. Die Technologie verändert sich rasant, und hier heißt es auch für uns als erfolgreiche Familien-Destination stetig am Ball zu bleiben. Die Gäste von morgen wachsen bereits heute mit diesem rasanten technologischen Fortschritt auf, und hier dürfen wir keinesfalls nachhinken. Wir setzen weiterhin auf Facebook, Instagram und Youtube – wobei wir jeweils unterschiedliche Strategien verfolgen. Instagram wird für uns in Zukunft noch interessanter in der Gäste-Kommunikation. Gerade in unserer Branche ist es wichtig, kurz und knackig, sprich mit wenigen Bildern Emotionen näher zu bringen, frei nach dem Motto: „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“. Wir möchten uns den Gästen durch verschiedenste persönliche Erlebnisberichte noch mehr öffnen und bisher unmögliche Einblicke vor und hinter den Kulissen gewähren. Daher setzen wir auf unseren SFL Blog, wo Themen aus den unterschiedlichsten Bereichen aufgenommen und erzählt werden.

© TVB MAYRHOFEN HIPPACH, TVB SERFAUS-FISS-LADIS, INNSBRUCK TOURISMUS

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SMARTPHONE & TOURISMUS

Karin Seiler-Lall, Direktorin Innsbruck Tourismus Bereits über die Hälfte der User verwendet das Smartphone, um unsere Plattformen zu besuchen. Knapp zehn Prozent nutzen das Tablet. Bleiben etwas weniger als 40 Prozent, die uns über den Desktop ansurfen – im Jahr 2016 überwogen noch die Desktop-User. Wir stellen ein geändertes Informationsbedürfnis fest: User wollen schnell und ohne Umwege ans Ziel kommen, zudem erwarten sie sich verstärkt unsere Präsenz auf den Plattformen, die sie gewohnt sind zu nutzen – allen voran die sozialen Netzwerke. War beim letzten Relaunch 2014 „responsive design“ noch eines der schlagenden Wörter, verfolgen wir beim aktuellen Relaunch bereits einen „Mobile First“-Ansatz, was verdeut-

licht, welchen Stellenwert „Mobile“ in der Kommunikation mittlerweile eingenommen hat. Durch das veränderte Informationsbedürfnis muss u. a. ein Spagat zwischen „Usability“ und Suchmaschinenoptimierung geschafft werden, Kennwerte wie Aufenthaltsdauer und Anzahl der besuchten Seiten müssen besonders kritisch und zum Teil getrennt von der Desktop-Nutzung betrachtet werden. Zudem beobachten wir, dass sich immer mehr User vor Ort – praktisch „on the fly“ – informieren, weshalb der Ausbau des kostenlosen WLAN zusammen mit unseren Partnern forciert wurde und unsere mobile App beispielsweise um einen „location based“-Service erweitert wurde.

„IMMER MEHR USER INFORMIEREN SICH ON THE FLY.“

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SMARTPHONE & TOURISMUS

DIE REISEKATALOGE VON HEUTE Auf Instagram, Facebook & Co. teilen Urlaubsgäste ihre eigenen Eindrücke und Fotos mit der Welt. Für Destinationen stellen soziale Medien eine Chance dar – vorausgesetzt, sie werden richtig genutzt. Text: Rebecca Müller

E „Auch ich werde oft über andere Blogger oder Instagrammer auf etwas aufmerksam.“ ANJA BECKMANN, REISEBLOGGERIN

in Jahr Weltreise war nicht genug“, verrät Anja Beckmann auf ihrem Blog Travel on Toast. Seit 2012 ist sie hauptberufliche Reisebloggerin. Ihre Erfahrungen teilt sie auch auf Facebook, Instagram, Twitter und Pinterest. Auf Instagram folgen ihr aktuell über 30.000 Menschen, über 11.000 haben ihre Facebook-Seite abonniert. Für Beckmann sind diese Kanäle auch ein guter Weg, um Leser auf ihren Blog aufmerksam zu machen. Während sie auf ihrem Blog auch Berichte und Tipps rund um das Thema Reisen liefert, sind es auf den anderen Kanälen hauptsächlich Fotos, die sie teilt – wie Millionen anderer Urlauber auch. Den Gast als Botschafter sieht Beckmann daher hauptsächlich als „Riesenchance“ für Urlaubsregionen: „Viele Menschen lassen sich von Fotos inspirieren. Auch ich werde oft über andere Blogger oder Instagrammer auf etwas aufmerksam.“ Für Beckmann ist Instagram derzeit das wichtigste Medium

in diesem Zusammenhang, und da es mit Fotos arbeitet, sieht sie auch darin wieder einen Vorteil für den Tourismus.

INHALT UND SCHÖNE BILDER

Tourismusregionen, die die sozialen Netzwerke für Werbung nutzen wollen, empfiehlt Beckmann sich vorab gut zu überlegen, ob man entsprechende Inhalte hat bzw. welche Inhalte man vermitteln möchte. Wichtig sei auch Kontinuität, gibt der Profi zu bedenken: „In den ersten zwei Wochen 20 Fotos zu posten und dann dafür zwei Monate nichts mehr zu tun – das wird nicht funktionieren.“ Bildsprache und Motive sollten zur Destination passen und authentisch sein. Genutzt werden können auch Inhalte anderer – privater wie professioneller – Nutzer. Ein Unding sei es allerdings, Fotos oder Inhalte zu verwenden, ohne die Urheber zu nennen, sagt Beckmann: „Einfach vorher fragen, dann haben auch beide etwas davon. Aber einfach mein

© PRIVAT (2)

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SMARTPHONE & TOURISMUS

2,2

1,5

MILLIARDEN

MILLIARDEN

191

NUTZER WELTWEIT

MILLIONEN

200 336 MILLIONEN

MILLIONEN

Foto zu nehmen, ohne mich zu erwähnen oder zu verlinken, das geht nicht.“

MIT INFLUENCERN ARBEITEN

Eine weitere Möglichkeit, die Macht der sozialen Netzwerke zu nutzen, wäre, so genannte Influencer – Menschen wie Anja Beckmann, die eine Online-Präsenz mit sich bringen – für ein Wochenende mit entsprechendem Programm einzuladen. Die Influencer berichten im Gegenzug über ihre Erlebnisse. Eine Praxis, die bereits in vielen – auch heimischen – Regionen gängig ist. Auf eine Online-Präsenz kann auch der Nürnberger Peter Mestel verweisen. Auch er hat einen Blog und ist online überall zu finden, wo man als Influencer anzutreffen sein sollte. Darüber hinaus hält er Workshops und Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen rund um Social Media. Den Einfluss von Facebook und Co. auf den Tourismus sieht er so: „Die Konsequenzen ergeben sich nach meiner Beobachtung eher im Prozess der Buchung und damit nur mittelbar aus Social Media.“ Waren früher Reiseveranstalter und Reisebüros zwischengeschaltet, würden Buchung und Recherche heute vom Gast oft selbst erledigt, so Mestel. Die individuellen Inhalte wiederum, die von anderen online geteilt werden, sind Inspiration für die Buchung.

1,3 MILLIARDEN

800 MILLIONEN

„Plattformen wie WhatsApp, Insta­gramStorys oder Snapchat werden zukünftig viel wichtiger werden.“

WIE VIELE NUTZER HABEN DIE PLATTFORMEN?

PETER MESTEL, SOCIAL-MEDIA-EXPERTE, INFLUENCER

INSTAGRAM 15 Millionen in Deutschland, 2 Millionen in Österreich, 800 Millionen weltweit (September 2017, offizielle Angabe des Unternehmens, Facebook hat Instagram 2012 gekauft)

WANDERROUTE PER WHATSAPP

FACEBOOK 2,2 Milliarden Nutzer weltweit, 1,4 Milliarden sind täglich aktiv (April 2018, Zahlen aus dreimonatlichem Börsenbericht von Facebook) TWITTER 336 Millionen weltweit, 267 Millionen außerhalb der USA (April 2018, offizielle Angabe des Unternehmens) PINTEREST 200 Millionen weltweit, davon 50 Prozent in den USA (September 2017, offizielle Angabe des Unternehmens) WHATSAPP 1,5 Milliarden weltweit, 60 Milliarden Nachrichten täglich (April 2018, Zahlen aus dreimonatlichem Börsenbericht von Facebook, Facebook hat WhatsApp 2014 gekauft) FACEBOOK-MESSENGER 1,3 Milliarden weltweit (Januar 2018) SNAPCHAT 191 Millionen weltweit (April 2018, offizielle Angabe des Unternehmens)

In Zukunft, ist Peter Mestel überzeugt, müsse sich der Tourismus auch mit den Eins-zu-eins-Kommunikationsmittel auseinandersetzen: „Plattformen wie WhatsApp, Instagram-Storys oder Snapchat, auf denen eine kleinteilige, flüchtige Echtzeitkommunikation abläuft, werden zukünftig viel wichtiger werden.“ Dabei würde es nicht nur darum gehen, dass Servicemitarbeiter per WhatsApp erreichbar sein sollten, sondern auch dass Hotelzimmer buchbar sind oder eine Destination Fragen zu Wanderrouten auf Plattformen wie Bergfex oder Komoot direkt beantwortet. „Testen Sie ihre Website nicht nur im mobilen Browser auf dem Smartphone, sondern testen sie auch, wie die Link-Vorschau aussieht, wenn sie über WhatsApp verschickt wird“, empfiehlt Mestel daher. Im Umgang mit Social Media empfiehlt er Tourismustreibenden nicht nur präsent, sondern auch klar ansprechbar zu sein – dem Kanal entsprechend. Für Eins-zu-eins-Kommunikationsmittel würde hier vor allem Schnelligkeit zählen: „Einen Brief oder ein Fax zwei Tage liegen zu lassen, mag einem der Gast vielleicht verzeihen, auf eine Whats­AppNachricht ans Hotel erwartet er aber eine unmittelbare Antwort.“

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SMARTPHONE STATT REISEFÜHRER Text: Rebecca Müller

ERFAHRUNGSBERICHTE

• 7,5 Millionen Unterkünfte, Restaurants und Attraktionen in 149.000 Destinationen • 130 Millionen Fotos von Reisenden • 260 neue Beiträge pro Minute • 145 Millionen Mitglieder (aktuelle Angaben des Unternehmens selbst)

Geschäftstreibende können ihre Betriebe selbst bei Google Maps sichtbar machen, benötigen dazu nur ein Google-Konto – wie private Nutzer auch. Google Maps verifiziert anschließend das neue Restaurant, Café oder das Geschäft – in der Regel über einen Code, der per Postkarte verschickt wird und den der Geschäftsinhaber wiederum online einträgt.

SICHTBAR SEIN

Abgesehen von den Bewertungen ist schon die Sichtbarkeit bei Google Maps für touristische (und andere) Betriebe enorm wichtig. Verlässt sich doch der Großteil mindestens einer Generation

30 Millionen Besucher im Monatsdurchschnitt über App, 70 Millionen über die mobile Website

MILLIONEN

YELP

630

B

ewertungsplattformen wie Trip­ Advisor, Yelp oder verschiedene Dienste von Google, über die Nutzer ebenfalls Rezensionen zu Orten, Geschäften, Restaurants oder Sehenswürdigkeiten abgeben können, haben bei vielen – vor allem jüngeren – Reisenden längst Reiseführer oder Empfehlungen des Personals an der Hotel-Rezeption ersetzt. Wer online in fremden Ländern unterwegs ist, findet über Google Maps nicht nur Adresse oder Öffnungszeiten des zum Beispiel gesuchten Shops, Google bietet Nutzern auch die Möglichkeit, eigene Bilder und Bewertungen zu teilen.

155

MILLIONEN BEITRÄGE (= Zahlen des 1. Quartals 2018, die Yelp per Google Analytics ermittelt)

© TRIPADVISOR

Wohin zum Essen? Lohnt sich der Eintritt in dieses Museum? Und wo gibt’s die besten Shoppingmöglichkeiten? Antworten darauf holen sich Urlauber heute oft von TripAdvisor und Co.

TRIPADVISOR

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SMARTPHONE & TOURISMUS

GOOGLE MAPS

von Reisenden darauf, was ihnen ihr Smartphone vorschlägt. Wer hier nicht präsent ist, an dem wird im Zweifel vorbeigegangen – den Blick währenddessen aufs Handy gerichtet. Laut Angaben von Google greifen ganze 41 Prozent aller Internetnutzer weltweit regelmäßig auf Google Maps zurück. Eine der bekanntesten und nach eigenen Angaben ältesten Bewertungsplattformen ist TripAdvisor. „Das Unternehmen bestand schon immer aus zwei Säulen. Die Betriebe auf der einen und die Reisenden auf der anderen Seite“, erklärt Susanne Nguyen von TripAdvisor Deutschland. Die Plattform habe Reisenden eine Stimme gegeben und gleichzeitig Betrieben die Möglichkeit, sich vorzustellen und authentisches Feedback zu sammeln. Die Bewertungen werden geprüft. „Kommt uns ein Beitrag auffällig vor, wird er nochmals genauer unter die Lupe genommen“, versichert Susanne Nguyen. Den Betrieben selbst empfiehlt sie, sich mit den Bewertungen professionell auseinanderzusetzen. Ihrer Erfahrung nach wird es von den Reisenden geschätzt, wenn ihr Feedback gehört wird. Die Betriebe wiederum hätten über eine für alle User sichtbare Antwort die Gelegenheit, das letzte Wort zu haben. Die

„Die Angebote und die Suche nach Angeboten werden individueller werden.“ SUSANNE NGUYEN, TRIPADVISOR DEUTSCHL AND

Bewertungen können die Betriebe übrigens gratis einsehen, andere Services auf TripAdvisor sind kostenpflichtig.

ZUKUNFT IST INDIVIDUELL

Ähnlich wie TripAdvisor funktionieren auch Expedia oder Yelp. Letzteres wurde 2004 gegründet und will laut Firmenphilosophie lokale Unternehmen wie Ärzte, Friseure oder Mechaniker sowie auch touristisch relevantere wie Restaurants, Cafés oder Sehenswürdigkeiten unterstützen. Yelp bietet Geschäftstreibenden die Möglichkeit, sich kostenlos zu registrieren, Fotos hochzuladen und auf Kommentare von Kunden oder Gästen zu antworten. Andere Dienste sind auch hier nur gegen Gebühr zu haben.

41 % weltweit nutzen Google Maps.

Die Zukunft von Bewertungsplatt­ formen sieht die Expertin Susanne Nguyen von TripAdvisor Deutschland vor allem in der mobilen App und in einer Personalisierung der Inhalte. „Die Angebote und die Suche nach Angeboten werden individueller werden.“ Für die Plattform werden gerade neue Suchfunktionen getestet. So sollen Nutzer sich als Reisetyp definieren können und auf dieser Basis passende Angebote vorgeschlagen bekommen. Und Kunden sollen zudem die Möglichkeit erhalten, sich noch visueller zu präsentieren und etwa Videos online zu stellen – „in denen sie ihr Restaurant zeigen und zum Beispiel ihre Lieblingsbewertungen vorlesen“, schlägt Susanne Nguyen vor.

Milliarde 1 ZUGRIFFE PRO MONAT

30 Prozent der Suchanfragen bei Google haben einen geografischen oder lokalen Hintergrund.

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SMARTPHONE & TOURISMUS

© SHUTTERSTOCK.COM

ZUERST MOBIL


Den Schritt in die mobile Welt haben viele User bereits gemacht. Hotelbetriebe sollten dem Rechnung tragen – und können das auch, indem sie lernen, mobil zu denken.

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Text: Esther Pirchner

W

ir sind es inzwischen gewohnt, unsere Smartphones, Tablets oder Smartwatches für unterschiedlichste Funktionen zu nutzen: Wir suchen nach Informationen, beantworten E-Mails, halten uns bei Facebook, Instagram oder Twitter auf dem Laufenden, erledigen Bankgeschäfte, lassen uns benachrichtigen, wenn es Zeit ist, eine Stunde Sport zu treiben, und freuen uns anschließend über das Lob der Apple Watch. In manchen dieser Bereiche ist der Shift zu Mobilgeräten nahezu abgeschlossen. Facebook etwa nutzen 87 Prozent der 3,9 Millionen User in Österreich per Smartphone, 81 Prozent aller Nutzer surfen im Internet mobil. Auf anderen Gebieten wie beim Mobile Payment verläuft der Wechsel in Ländern wie Österreich oder Deutschland hingegen noch zögerlich. Während im Jahr 2017 in den USA pro Person 646 Euro mobil bezahlt wurden und im europäischen Durchschnitt immerhin 266 Euro, waren es in Deutschland lediglich 42 Euro – die Tendenz ist jedoch weltweit steigend, wobei dem Bezahlen in Restaurants, Cafés und im öffentlichen Verkehr das größte Potenzial zukommt. →

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SMARTPHONE & TOURISMUS

„NICHT OB, SONDERN WANN“

unkompliziert zum naheliegendsten Ziel – einem Fast alle diese Bereiche berühren auch die Arbeit gebuchten Zimmer in einem Hotel zum gewünschvon Tourismusbetrieben. Wo aber müssen Hotels an- ten Zeitpunkt am gewünschten Ort – zu gelangen, setzen, um die Lust am Suchen, Buchen, Teilen von müssen die wichtigsten Informationen unkompliInhalten oder sogar am Bezahlen per Smartphone ziert und übersichtlich präsentiert sein und besonfür sich zu nutzen? dere Wünsche deponiert werden können. Dass Hotels und Pensionen den mobile Shift mitmachen müssen, ist für Michael Mrazek, Grün- MOBIL OHNE KOMPROMISS der, Inhaber und Geschäftsführer der Webagentur Am wichtigsten sind in diesem Zusammenhang Net Communication Management, eine Tatsache. ganz elementare Dinge. „Man darf mobil keine „Die Frage ist nicht ob, sondern wann“, sagt er. In- Kompromisse machen“, fasst Michael Mrazek zuzwischen müsse man sogar sammen. Die Navigation muss „Mobile First“ denken: Neu sich sofort erschließen, Telegestaltete Websites müssen fonnummer und E-Mail-Adzuerst auf den kleinen Bildresse, die Postadresse, verlinkt schirmen von Smartphones mit Google Maps, und Fotos funktionieren und erst in müssen sofort sichtbar sein – Bei Online Travel Agencies (Expedia, Booking etc.) zweiter Linie auf dem großen und vor allem muss der Gast werden 45 % aller Buchungen mobil Monitor eines Standgeräts. auf einfachstem Weg mit dem vorgenommen, bei Tourismusbetrieben Ein Schlagwort in diesem Gastgeber kommunizieren direkt 16 %. Zusammenhang ist responkönnen. Besonders wichtig sives Webdesign. Es reagiert ist in dem Zusammenhang auf die Bildschirmauflösung eine funktionierende Callund die Eingabemethoden to-Action-Einheit: Telefondes jeweiligen Endgeräts und nummern müssen mit einem Im Mittleren Osten bucht mehr als die Hälfte passt daran zum Beispiel die Klick gewählt werden, E-Mails mobil (53 %), in ganz Europa ein Drittel, in Anordnung der einzelnen verschickt werden können – Deutschland knapp ein Viertel (23 %). Elemente auf der Seite an. beides ist bei vielen Websites Das Ziel ist, dass die Website leider noch keine Selbstverauf allen Tablets, Laptops und ständlichkeit. Smartphones optimal darge Diese Informationen nur stellt wird. unter einem Menüpunkt „Kontakt“ zusammenzu Darüber hinaus haben sich große Suchmaschi- fassen, reicht nicht aus. Navigation, Telefonnummer, nen wie Google dem mobilen Trend angeschlossen Adresse und Buchungsbutton müssen laut Mrazek und geben mobilen Angeboten mittlerweile den auf jeder Seite oben angezeigt werden. Oft kommt Vorzug gegenüber anderen. Wer auf Google gut es zudem auf Details an: Ist das „Burger-Menü-Icon“ gefunden werden will, kommt an einem Smart- – die drei Querstriche in der linken oder rechten obephone-tauglichen Internetauftritt nicht mehr vorbei. ren Ecke, hinter denen sich die Hauptnavigation verbirgt – mit „Menü“ gekennzeichnet und sind Fotos so WAS BRAUCHT EIN GAST? ausgewählt, dass sie auf kleinen Bildschirmen nicht Doch welche Elemente sollen auf einer solchen Seite beschnitten werden, macht das Seiten attraktiver überhaupt Platz finden und welche Inhalte müssen und besser zugänglich. Nicht unbedingt notwenunbedingt vermittelt werden? Ein einfacher Trick dig ist es hingegen, ein eigenes Buchungstool zur hilft dabei herauszufinden, worauf es ankommt, Verfügung zu stellen, hier reicht es auch aus, große sollen Menschen von einem Angebot angesprochen Buchungssystemanbieter zu nützen. werden: Man versetzt sich in ihre Lage. Wer selbst bei unterschiedlichen Tourismusbetrieben oder GESCHÄRFTES PROFIL an Orten, die er noch nie besucht hat, nach einem Sieben Tage pro Woche rund um die Uhr per TeleZimmer sucht, entdeckt rasch, was er selbst als Gast fon oder Mail erreichbar zu sein, schreckt manche, braucht und was einem Angebot fehlt. Um möglichst vor allem kleinere Betriebe ab. Vermeiden lässt es

45←→16

½, 1/3, ¼


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2 bis 8 x

Smartphones sind gegenüber Tablets im Vormarsch. Je nach Region werden sie zwischen zwei und acht Mal häufiger zum Buchen benützt.

INTERVIEW

Einfach erreichbar sein Digitalstratege Michael Mrazek im Gespräch über mobile Möglichkeiten und Gastgeberschaft. Das Gespräch führte Esther Pirchner.

sich nicht, ist Michael Mrazek überzeugt. Und er gibt zu bedenken, dass Smartphones und Tablets auch die Möglichkeit bieten, seine Rezeption und sein Büro immer dabei zu haben. Gerade für Familienunternehmen und andere kleinere Betriebe ist es ein Vorteil, dass sie zwischendurch ein paar Mails beantworten und jederzeit auf das Hotelprogramm zugreifen können. Nicht zuletzt können sie sich durch einen professionellen Umgang mit den neuen Technologien auch von ihren Mitbewerbern unterscheiden, sich als Gastgeber profilieren und die Charakteristika ihres Betriebs unterstreichen.

ANALOG VOR ORT

Kommen diese besonderen Eigenschaften gut an und ein Urlaub wird tatsächlich gebucht, dann stellt sich noch die Frage, wie viel smarte Technologien es vor Ort braucht. In dem Zusammenhang sollte man immer im Blick behalten, welche Gästeschichten angesprochen werden und welche Urlaubsmotive sie haben. Die meisten Touristen in Tirol legen mehr Wert auf „typische“ Tiroler Qualitäten, wie die Landschaft, sportliche Möglichkeiten oder die Gastlichkeit, als darauf, den Check-in, die Lichtsteuerung im Zimmer oder die Bezahlung mit dem Smartphone erledigen zu können. Schnelles Internet und WLAN setzen aber alle Gäste – ob sie sich für ein authentisches Urlaubserlebnis oder für technische Innovationen begeistern – voraus. Auch dies ist eine lohnende Investition. Denn wenn zufriedene Gäste in den sozialen Medien Fotos von ihren Urlauben posten oder von einem Aufenthalt schwärmen, wecken sie auch bei anderen das Interesse für eine bestimmte Destination, ein besonders schönes Haus, die herzhafte Küche oder die guten Ausflugstipps, die ein Tourismusbetrieb zu bieten hat. Nur gut, wenn diese neuen potenziellen Tirolurlauber dann übers Smartphone einfach zu Informationen und Buchungsmöglichkeiten gelangen.

SAISON: Herr Mrazek, worauf muss ein Betrieb achten, der sich mobil möglichst gut präsentieren will? MICHAEL MRAZEK: Er muss zuerst von Google gefunden werden und dann von den Gästen. Er sollte eine Website anbieten, die ein User nicht erst lernen muss, sondern intuitiv benützen kann. Die grundsätzlichen Dinge – Adresse, Telefonnummer, Bilder und so weiter – müssen funktionieren. Und er muss immer erreichbar sein. Vor den Kosten für einen professionellen Internetauftritt scheuen gerade kleine Betriebe zurück. Sollten sie über ihren Schatten springen? Ja, denn der Nutzen kann für kleine Betriebe sogar größer sein als für große. Vier- und Fünf-Stern-Betriebe müssen grundsätzlich auf sehr hohem Niveau arbeiten, der Konkurrenzdruck zwischen ihnen ist sehr groß. Wenn ein Dreistern-Betrieb oder eine Pension einen professionellen Internetauftritt hat, ist er um Klassen besser als die Mitbewerber. In andere Dinge wie eine große Kaffeemaschine für den Frühstücksraum investieren Betriebe ganz selbstverständlich. Zieht man das in Betracht, relativieren sich auch die Kosten für einen professionellen Webauftritt. Es rechnet sich, dass eine gute Website besser gefunden wird, mehr Nutzer hat und einen größeren Wirkungsgrad. Muss man auch Check-in oder Steuerungsfunktionen im Zimmer auf mobile Nutzung umstellen? Natürlich ist es toll, wenn jemand diese Möglichkeiten anbietet, aber ich würde es nicht als Grundvoraussetzung sehen. Im Tiroler Tourismus geht es um Gastgeberschaft. Da ist es netter, wenn jemand „Grüß Gott“ sagt und mich aufs Zimmer bringt, als wenn ich mobil einchecken kann. Vielen Dank für das Gespräch.

Michael Mrazek ist Digitalstratege und Onlinemarketing-Experte im Bereich Tourismus. Seit 1996 betreibt er die Internetagentur Net Communication Management nmc.at.


QUALITÄT IM TOURISMUS

INTERVIEW

WASdanach? KOMMT Noch ist das Smartphone nicht aus unserem Alltag wegzudenken. Doch zehn Jahre sind eine lange Zeit, wenn es um Technologie geht. Welche Entwicklungen bereits in den Startlöchern stehen, erzählt Innovationscoach Oliver Puhe im Interview. Das Gespräch führte Daniel Feichtner.

© OLIVER PUHE

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SMARTPHONE & TOURISMUS

SAISON:

Herr Puhe, seit 2007 ist das Smartphone für viele ein ständiger Begleiter. Im vierten Quartal 2017 waren die Verkaufszahlen in der Geräteklasse erstmals rückläufig. Haben Smartphones in Ausstattung und Funktionsumfang ein Plateau erreicht? OLIVER PUHE: Das Smartphone ist integraler Bestandteil unserer Arbeits- und Alltagskultur geworden. Radikale Innovationen scheinen allerdings eher in der Software als in der Hardware zu stecken, die seit dem ersten iPhone vor zehn Jahren schon extrem ausgereift ist. Derzeit stehen Anwendungen im Bereich Augmented oder Mixed Reality hoch im Kurs, die die Realität um eine zusätzliche Schicht erweitern.

„ Derzeit stehen Anwendungen im Bereich Augmented oder Mixed Reality hoch im Kurs, die die Realität um eine zusätzliche Schicht erweitern.“ OLIVER PUHE, INNOVATIONSCOACH

Es gibt zunehmend Vorstöße wie Wearables oder Sprachassistenten, die Smartphone-Funktionen teilweise ersetzen. Sind das die Trends von morgen oder ein Zwischenschritt zu etwas völlig Neuem? Viele dieser Ansätze haben eine spezielle Aufgabe und gar nicht den Anspruch, ein digitales Taschenmesser wie das Smartphone zu werden. Eine Ablösung hin zur intuitiven Bedienung und Informationsaufnahme ohne persönliches Endgerät scheint die Verschmelzung von Sprach- und Gestensteuerung. Auf dieser Grundlage sind Anwendungen dann geräteunabhängig nutzbar. Technologie wird so für uns unsichtbar und dennoch ubiquitär nutzbar. Welche limitierenden Faktoren können Smartphones zum Verhängnis werden? Nehmen wir Sprachübersetzungen in Echtzeit, die in den letzten Jahren einen enormen Entwicklungsschritt gemacht haben. Während einer Unterhaltung in einer fremden Sprache muss ich dabei immer wieder auf einen kleinen Monitor schauen, um mein Gegenüber zu verstehen, und verliere dabei immer wieder den Blickkontakt. Besser sind hier dann spezielle Ohrstöpsel – wie z. B. von „Waverly labs“ –, die beide Gesprächspartner gemeinsam nutzen können.

Bildschirme dominieren mobile Devices. Dabei sind sie ebenso „Fenster“ wie Barriere. Ist es denkbar, dass sie anderer Technologie weichen? Sicherlich. Man kann auch schon die ersten Signale erkennen. So präsentierte Apple jüngst auf seiner Entwicklerkonferenz im Juni die Möglichkeit, verschiedene Routineschritte zu einem Prozess zusammenzufassen und mit einem einzigen persönlichen Sprachbefehl auszulösen. Vorstellbar wären hier dann auch wiederkehrende Hotelbuchungen. Gleichzeitig bietet nun Google Duplex die Möglichkeit, mit dem virtuellen Assistenten telefonisch Termine beim Friseur oder im Restaurant zu vereinbaren, ohne selbst jemals den Hörer zu benutzen. Der Weg, auf dem wir Information konsumieren, prägt auch Geschäftsmodelle. Was kommt mit dem „Post-Mobile-Shift“ insbesondere auf den Tourismus zu? Die Tourismusbranche hat gerade eine große Chance, sich mit intelligenten Anwendungen bei Reisenden als vertrauensvoller und digitaler Reisegefährte zu empfehlen und magische Momente zu schaffen. Die Datenkontrolle sollte dabei beim Reisenden selbst liegen. So könnten Tickets oder Türen einfach per Sprache gebucht bzw. geöffnet, relevante Informationen durch Gestensteuerung erhalten und mit Hilfe von Übersetzungsanwendungen in Echtzeit die Rahmenbedingungen für menschliche Begegnungen auf Augenhöhe geschaffen werden. Vielen Dank für das Gespräch.

TOURISMUS VORAUS!

Oliver Puhe ist nur einer von vielen hochkarätigen Experten, die sich am 12. und 13. Juni in Mayrhofen im Zillertal trafen, um dort bei der sechsten TourismFastForward-Konferenz in die Zukunft des Tourismus zu blicken und sie aktiv mitzugestalten. Die diesjährige Veranstaltung befasste sich dabei vor allem mit künstlicher Intelligenz im Tourismus. Zudem wurden die Einsatzmöglichkeiten von Blockchain-Technologie in der Branche erörtert. TourismFastForward soll Wissenschaftler und Entwickler, Branchen- und Innovations-Experten sowie Anbieter und Unternehmer aus dem Tourismussektor zusammenbringen. Ihnen dient die Konferenz als Plattform zum Wissensaustausch, um neue Technologien zu begutachten und zu diskutieren, sich zu interdisziplinären Projekten zusammenzuschließen und gemeinsam an der Zukunft des Tourismus teilzuhaben. www.tourismfastforward.com

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MAGAZIN KONGRESSE IN TIROL AUF DER ÜBERHOLSPUR Das Austrian Convention Bureau und die Österreich Werbung veröffentlichten zum neunten Mal in Folge die Ergebnisse des Meeting Industry Reports Austria. Tirol punktete mit sehr guten Ergebnissen. Tirol hat sich 2017 im Kongress- und Tagungsgeschäft im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich entwickelt. Ein Wachstum von 45,8 Prozent bei den Kongressen und 69,5 Prozent bei den Firmentagungen bedeutet gegenüber dem Jahr zuvor eine Gesamtsteigerung von 47,8 Prozent auf knapp 2.000 Veranstaltungen. Die Kongress-Teilnehmerzahlen legten in Tirol um 51,3 Prozent auf 100.834 zu. Die Tagungs-Nächtigungen wuchsen um 46,4 Prozent auf 482.579. Damit liegt das Land im Österreich-Vergleich nach Wien an zweiter Stelle.

MCI SCHAFFT TRIPLE

Der Gesamtsieg des renommierten österreichischen Forschungspreises Tourissimus geht auch 2018 an das MCI Tourismus. Der ITB Wissenschaftspreis und der Wissenschaftspreis der Wirtschaftskammer durften bereits gefeiert werden. Nach 2017 ging der Forschungspreis Tourissimus der Wirtschaftsuniversität Wien und der Fachhochschule Salzburg auch heuer wieder an das MCI Tourismus in Innsbruck. Grundlage für die hochkarätige Auszeichnung sind die Einreichungen der MCI-Tourismus-Masterabsolventen Astrid Sommer, Martin Anderl und Jannis Braun.

Hubert Siller, Leiter des MCI Tourismus, bei der Verleihung: „Im Fußball würde man sagen, dass wir 2018 das Triple gewinnen konnten, bestehend aus Tourissimus, ITB Wissenschaftspreis und Wissenschaftspreis der Wirtschaftskammer. Meine herzliche Gratulation an alle, die dazu beigetragen haben.“

Preisträger (v. l.) Martin Anderl, Astrid Sommer und Jannis Braun mit MCI-Tourismus-Leiter Hubert Siller (2. von rechts).


MAGA ZIN

AUSGEZEICHNETE MOBILITÄT

QUALITÄTSINITIATIVE Die Tirol Werbung forciert weiterhin ihre Offensive für Unterkünfte, die speziell auf die Bedürfnisse von Urlaubern zugeschnitten sind, die zum Langlaufen, Klettern oder Radfahren nach Tirol kommen. Die ausgezeichneten Betriebe werden auf der www.tirol.at ins Schaufenster gestellt. Betriebe, die sich auf eines dieser Themen spezialisieren wollen, müssen einen bestimmten Kriterienkatalog erfüllen. Dazu gehören unter anderem das Auflegen von Informationsmaterial wie Mountainbike-Tourenkarten, Kletter-Topos oder Loipen-Pläne, Infrastruktur wie ein Fahrradkeller, Sportler-Frühstück und Wäsche-Service. Ein besonderes Augenmerkt wird beim Qualitätscheck auf die Online-Buchbarkeit und die Verfügbarkeit von themenspezifischen Informationen und Bildern auf der Webseite gelegt. Neben den Themen Langlaufen, Klettern und Radfahren können sich Unterkünfte auch auf Familien, Klassenfahrten oder Barrierefreiheit spezialisieren.

© UN_ATTIMO_PHOTOGRAPHIE, BMNT/CHRISTIAN LENDL, ZILLERTALER TOURISMUSSCHULEN, CONGRESS CENTRUM/SENFTER

Alle Infos und Anmeldeunterlagen für interessierte Betriebe gibt’s unter www.tirolwerbung.at/qualitaets-initiativen.

Beim Österreichischen Innovationspreis Tourismus (ÖIT) wurden auch Projekte der Kitzbüheler Alpen und im Ötztal prämiert.

V. li.: Petra Nocker-Schwarzenbacher (WK), Gernot Riedel (Kitzbüheler Alpen) und Christoph Rauch (Ötztal)

„Innovative, touristische Produkte und Angebotspakete, die einen nachhaltigen Mobilitätsaspekt einschließen“ wurden beim vierten ÖIT, der gemeinsam vom Bund und den Bundesländern verliehen wird, ausgezeichnet. In der Kategorie „Überbetriebliche Kooperationen“ gingen der 3. Platz und jeweils 1.000 Euro an die Kitzbüheler Alpen Marketing GmbH mit dem Projekt „Gästekarte ist gleich Fahrkarte“ sowie Ötztal Tourismus und den Planungsverband Regiobus Ötztal mit dem Projekt „Freie Fahrt im Ötztal“.

KOSTBARES TIROL Die Zillertaler Tourismusschulen haben sich im heurigen Schuljahr wieder intensiv regionalen Produkten ­gewidmet.

Verena serviert das Villgrater Lamm.

Bereits im Schuljahr 2016/17 hatten sich die Zillertaler Tourismusschulen dem Thema Regionalität verschrieben und ein Lokal eröffnet, in dem Zillertaler Produkte auf den Tisch kamen. Im Schuljahr 2017/18 hat man diesen Ansatz auf ganz Tirol ausgeweitet. Im praktischen Unterricht arbeiteten die Schüler mit Rohstoffen wie Wagyu-Rind von der Familie Rohrmoser aus Schwendberg, Villgrater Lamm von Josef Schett oder Desserts von Tiroler Edle aus Landeck und anderen heimischen Produzenten. Darüber hinaus standen auch Besuche bei den Betrieben vor Ort auf dem Stundenplan. Die während des Projekts entwickelten Rezepte konnten bei der Abschlussveranstaltung am 5. Juni, bei der alle Projektpartner sowie unter anderem LH-Stv. Josef Geisler anwesend waren, verkostet werden.

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MAGA ZIN

PROFILE

© LORENZI, VSUFIYAN36, BERGER, LAND TIROL/WUCHERER

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Martin Riml gestorben

NEUE GESCHÄFTSFÜHRERIN

Am 7. Mai ist Martin Riml im 67. Lebensjahr verstorben. Riml war Hotelier, Gastronom und unter anderem Gesellschafter und Mitglied des Verwaltungsrates bei den Ötztaler Bergbahnen sowie Gesellschafter und Kontrollrat der Ötztaler Verkehrsgesellschaft. Über Jahrzehnte hat er so einen wesentlichen Beitrag zur touristischen Entwicklung des Ötztales beigetragen.

Viktoria Veider ist seit Mai neue Geschäftsführerin des Kitzbühel Tourismus. Veider war zuvor im Marketing und in der Marktforschung bei Kitzbühel Tourismus tätig und wurde vom Aufsichtsrat unter 35 Bewerbern ausgewählt.

LEHRLING DES JAHRES Johanna Ladner aus Tobadill ist Lehr­ ling des Jahres 2017. Die ange­ hende Köchin vom Hotel Trofana Royal in Ischgl erreichte beim Lehrlingswettbewerb das Goldene Leistungs­ab­ zeichen und beim 65. Bundes-Jugendredewettbewerb den 1. Platz.

TIROLER OBMANN VON URLAUB AM BAUERNHOF

Bei der Jahreshauptversammlung wurde der Obmann des Tiroler Landesverbandes Johann Hörtnagl (li.) zum Bundesobmann von Urlaub am Bauernhof gewählt. Der Verein hat aktuell 2.250 Mitgliedsbetriebe in Österreich.


MAGA ZIN

IM GESPRÄCH

TIROLS TOURISMUSREFERENT LH GÜNTHER PLAT TER

„Es geht um qualitatives Wachstum“ „ Jetzt gilt es die gute Nachfrage zu nutzen, um mehr Selbstbewusstsein bei der Preisbildung zu zeigen.“

© AXEL SPRINGER

SAISON: Herr Landeshauptmann, der abgelaufene Winter hat eine erfolgreiche Bilanz gebracht, die ersten Einschätzungen zum Sommer sind ebenfalls positiv. Sind Sie rundum zufrieden? GÜNTHER PLATTER: Die Tourismuswirtschaft spielt eine zentrale Rolle für unser Land – sowohl für die Freizeitqualität der Bevölkerung als auch wirtschaftlich. In dieser Hinsicht war die Wintersaison 2017/18 ein Erfolg: Nicht nur Nächtigungen und Ankünfte, sondern auch die Wertschöpfung erreichte nach einer ersten Berechnung mit rund 2,5 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert. Eine angemessene Wertschöpfung ist wichtig, damit Unternehmerinnen und Unternehmer in Personal und Infrastruktur investieren können. Investitionen in die Infrastruktur bedeuten zumeist ein quantitatives Wachstum. Das wird nicht überall positiv gesehen. Wachstum bei Gästen und Nächtigungen inklusive neuer Rekorde sind längst nicht mehr die wichtigsten Messgrößen für die Weiterentwicklung unseres Tourismus. Es geht um Investitionen in Qualität, also ein qualitatives Wachstum. In diesem Zusammenhang ist es auch stimmig, dass die Entwicklung der Bettenkapazitäten seit Jahren rückläufig ist. Jetzt gilt es die gute Nachfrage zu

nutzen, um mehr Selbstbewusstsein bei der Preisbildung zu zeigen und die Wertschöpfung weiter zu optimieren. Dennoch: Mit der Tourismusgesinnung scheint es nicht überall gut bestellt zu sein. Das ist in der Tat eine zentrale Herausforderung. Wir müssen sensibel bleiben und aufpassen, dass sich gegensätzliche Interessen zwischen tourismuskritischen Stimmen in den Ballungsräumen und Tourismusregionen nicht verschärfen. Hier sind auch Initiativen aus der Tourismuswirtschaft gefragt. Vorbildlich habe ich etwa das Projekt „Lebensqualität am Wilden Kaiser“ wahrgenommen. Dort wurde die Bevölkerung intensiv in die touristische Entwicklung einbezogen. Ich wünsche mir mehr derartige Beispiele. Warum ist die positive Einstellung der Bevölkerung zum Tourismus so wichtig? Unser Land ist sowohl Lebensraum für die einheimische Bevölkerung als auch Erholungsraum für Gäste. Eine positive Grundeinstellung der Tirolerinnen und Tiroler zum Tourismus ist daher wesentliche Voraussetzung für die weitere Tourismusentwicklung. Vielen Dank für das Gespräch.

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MAGA ZIN

INTERVIEW

„ WIR SIND

© TIROL WERBUNG

EXPERIMENTIER­FREUDIG“


MAGA ZIN

Der frisch installierte Mediahaus-Leiter der Tirol Werbung, Patricio Hetfleisch, spricht über den rasanten Wandel in der digitalen Welt, die Herausforderungen, die sich daraus für eine Kommunikationsstrategie ergeben, und darüber, warum es gut ist, wenn nichts fix ist.

SAISON:

Was hat Sie an dieser Position gereizt? Ich habe in der Moser Holding jahrelang eine extrem spannende und herausfordernde Tätigkeit gehabt. Im Nachrichtenbereich hat man es mit einer unglaublichen Fülle an Themen und Inhalten zu tun und damit auch mit einer sehr großen Zielgruppe, die gar nicht exakt einzugrenzen ist. Für mich war Das Gespräch führte Susanne Gurschler es daher spannend, die Frage zu verfolgen, wie es ist, wenn Kommunikation mit einer sehr eng gefassten Botschaft und einer klar definierten Zielgruppe stattfindet. Die Voraussetzungen, das auszutesten, die Herr Hetfleisch, Sie sind seit dem Frühjahr Mediahaus-­ dafür notwendigen Mittel zu entwickeln, die finde Leiter in der Tirol Werbung, eine Position, die neu geschaf- ich hier in der Tirol Werbung vor, weil es hier die fen wurde. Was machte diese Stelle notwendig? PATRICIO absolute Notwendigkeit dazu gibt. Außerdem: Ein HETFLEISCH: Die Notwendigkeit ergibt sich aus den Mediahaus entwickelt man auch nicht jeden Tag. Veränderungen in der Kommunikation insgesamt, Für diese Chance bin ich absolut dankbar. Dass ich natürlich vorangetrieben durch die Digitalisierung das in und für mein Land machen darf, ist ein abund dadurch, dass Marken viel direkter Beziehun- solutes Plus. gen mit Menschen eingehen können, als es noch vor zehn, 15 Jahren der Fall war. Sind denn Botschaft und Zielgruppe so klar definiert? Im Detail ist das sicher komplizierter, geht es doch Was ist unter direkteren Beziehungen zu verstehen? um unterschiedliche Menschen mit unterschiedWir müssen in der Kommunikation längst nicht mehr lichen Bedürfnissen und Interessen, aber unsere in allen Fällen den „Umweg“ über ein klassisches Me- Zielgruppe ist jedenfalls bergaffin. Es sind Leute, dium gehen, wie etwa TV, Radio oder Tageszeitung die sich das ganze Jahr über für die Berge, für die bzw. Magazin. Wir wollen selbst zum Mediahaus Natur begeistern können. Es geht darum, diese Bewerden und mit unseren Zielgruppen – aber auch mit geisterung gedanklich und emotional fest mit Tirol einzelnen Nutzern – über verschiedene digitale Ka- zu verknüpfen – und damit die Begehrlichkeit Tirols näle direkt in Kontakt treten. Das hat sich verändert. nachhaltig zu steigern. Und die Summe dieser Kanäle wächst explosionsartig. Wenn man beispielsweise bedenkt, welche Rolle Wie erkennen Sie, welche digitalen Kanäle relevant sind? Voice-Interfaces heute schon spielen: Google rechnet Die Herangehensweise ist eine experimentelle: Dinge damit, dass in Kürze 20 Prozent aller Suchanfragen mutig ausprobieren. Funktioniert ein Kanal, dann per Stimme eingegeben werden. Wir leben in einer machen wir weiter, funktioniert er nicht, lassen wir Welt, in der Virtual Reality (VR), Augmented Reality ihn sein. Wir können nicht darauf warten, dass uns (AR) und Künstliche Intelligenz (KI) eine größere Rolle eine Studie sagt, dieser oder jener Kanal ist relevant, spielen werden, in der Messaging sich ständig weiter- wir können nicht auf Nachbetrachtungen warten, entwickelt. Wir reden also von einer Menge von alten sondern müssen in der Situation agieren. Nur ein und neuen Kontaktpunkten, die man als klassische Beispiel: Bei Facebook haben Livevideos eine Zeit Marketingorganisation nicht mehr effizient bespielen lang extrem gut funktioniert, weil Facebook diese kann, aber bedienen muss, wenn diese Relevanz für nach vorne gereiht hat. Mittlerweile ist der Effekt unsere Zielgruppen haben. Deswegen verändert sich nicht mehr so groß, weil der Anbieter seine strategidie Tirol Werbung von einer klassischen Marketing- sche Ausrichtung etwas geändert hat. Das meine ich organisation zu einer Mediahausorganisation. damit: Wenn etwas Neues aufkommt, →

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MAGA ZIN

ZUR PERSON

müssen wir es probieren und nutzen. Und wenn sich etwas verändert, müssen wir entsprechend reagieren. Das gilt für alle Kanäle, für bestehende, für entstehende und für solche, an die wir noch gar nicht denken. Als User, aber auch als Unternehmen hat man überhaupt keinen Einfluss auf die Regeln, die zum Beispiel Facebook festlegt, dann wieder ändert und zwar meist ohne Ankündigung. Wie kann man hier überhaupt Strategien entwickeln? Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass nichts sicher ist! Wenn man mit dieser Haltung ins Geschäft einsteigt und sagt, wir sind offen, wir sind experimentierfreudig, dann ist man bestmöglich vorbereitet auf Veränderungen. Darum geht es in Mediahäusern, darum geht es in jedem Newsroom der Welt: schnell auf Ereignisse reagieren können, rasch relevante Ergebnisse erzielen können. Marketingorganisationen planen sehr lange im Voraus: Man muss sich früh genug Aktionen überlegen, Werbeflächen reservieren, Shootings organisieren, in Saisonen denken. „ Wir stehen am Anfang eines Medien agieren hingegen Prozesses und haben die Vision, schneller, erkennen, welche Information wann als Mediahaus am Markt zu relevant ist, publizieren agieren. Diese Vision wird unmittelbar. Es macht daher Sinn, aus einer bis 2020 Schritt für Schritt Marketingstrategie eine umgesetzt.“ echte integrierte Kommunikationsstrategie zu PATRICIO HETFLEISCH, machen, in der klassiMEDIAHAUS-LEITER DER TIROL WERBUNG sche, gut geplante und hochwertig umgesetzte Marketing-Maßnahmen von agilen, flexiblen und schnell umsetzbaren Kommunikationsmaßnahmen flankiert sind. Im Ergebnis also die Qualitäten der Tirol Werbung erweitert um die Möglichkeit eines modernen Publishers. Aus meiner Sicht ist die Essenz der Strategie: Reichweite durch Relevanz – Relevanz durch Reichweite. Was verändert das im Haus? Wir stehen am Anfang eines Prozesses und haben die Vision, als Mediahaus am Markt zu agieren. Diese Vision wird bis 2020 Schritt für Schritt umgesetzt. Im Haus verändert es viel. Cine Tirol, Tirol Shop, Convention Bureau, Tourismuskommunikation, die Marktbearbeiter, die Redaktion, Grafik, Kultur, Sport und so weiter – all diese Programme haben in der Vergangenheit eigenverantwortlich und oft auch

Patricio Hetfleisch begann 1998 als Journalist bei der Tiroler Tageszeitung. War Chefredakteur der Neuen Zeitung für Tirol, dann Chefredakteur von TT-online. 2014 übernahm er die Geschäftsführung der New Media Online und wurde Head of Digital in der Moser Holding. Im Frühjahr 2018 übernahm Hetfleisch die Position des Mediahaus-Leiters in der Tirol Werbung. Zu seinen zentralen Aufgaben gehört, alle Kommunikationsmaßnahmen und -inhalte der TW zu koordinieren und die verschiedenen Kanäle weiterzuentwickeln.

autark agiert. Die erste Aufgabe ist es, die singulären Betrachtungen unter dem Dach Mediahaus zu synchronisieren und das System so zu adaptieren, dass alle davon profitieren. Das heißt, intern ist es in Wahrheit ein Fusionieren von bisher parallel ausgeübten und programmierten Tätigkeiten, ein Heben von Synergien. Natürlich nur dort, wo es operativ und strategisch Sinn macht. Und nach außen? Wir arbeiten von Tirol aus in die Welt und von der Welt zurück nach Tirol. Wir haben in der klassischen Marketingstrategie immer mit sehr starken, sehr spannenden Kampagnen agiert. Dann ist die digitale Welt dazugekommen. Die Tirol Werbung ist hier schon sehr weit, aber es geht jetzt darum, das zu vertiefen und die Verbindung zum einzelnen Nutzer über relevante Storys und Themen zu suchen und unsere Chancen dort wahrzunehmen, wo sie entstehen. Das wird spürbar werden in den Geschichten, die wir erzählen. Gutes Storytelling ist außerdem facettenreich, es ist immer Teil eines Bündels von Maßnahmen auf allen Kanälen. Das zu kreieren, zu koordinieren, zu messen, stetig zu verbessern, das wird unsere zentrale Aufgabe sein. Allein die Frage, welche Mittel setze ich ein, welche Medienkanäle bediene ich, bildet schon ein gewisses Image: Strahlt man in der Kommunikation Modernität aus, Innovationsfreude oder eben nicht? Ich denke, das färbt auch auf das Image eines Urlaubslandes ab, vor allem, wenn Menschen nicht nur einen Ort der Erholung, sondern auch einen Ort der Inspiration, der persönlichen Veränderung und Verbesserung suchen. Tirol kann das alles anbieten. Und die Wahl der Mittel verstärkt die Botschaft. Traditionelle Werte ja, aber verankert und gelebt im Hier und Jetzt. Vielen Dank für das Gespräch.


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ZU VIEL DES GUTEN

Vor kurzem veranstaltete das Eurac Research, ein privates Zentrum für angewandte Forschung in Bozen, eine internationale Tagung zum Thema Overtourism. Die SAISON war mit dabei. Text: Rebecca Müller

W

enn Einheimische sich von Touristen verdrängt fühlen und die dazugehörigen Konflikte sichtbar bzw. offen ausgetragen werden, dann trifft der Begriff Overtourism zu. Städte wie Venedig, Amsterdam oder Barcelona kämpfen bereits seit Längerem mit diesem Problem. Im Rahmen einer Tagung hat das Eurac Research in Bozen internationale Experten geladen und mit ihnen über das Problem, seine Auswirkungen und über mögliche Lösungsansätze gesprochen. Die SAISON fasst hier die wichtigsten Aussagen der Redner zusammen.

Ko Koens Professor an der NHT Breda University of Applied Studys, Niederlande Für Koens ist klar, dass Overtourism in europäischen Städten immer mehr zunimmt: „Diese Art von Tourismus setzt Einheimische unter Druck. Negative Nebeneffekte wie steigende Mieten durch Airbnb verschärfen das Problem.“ Eine Lösung könne nur durch Regulierung von Besucherströmen und eine Einbindung der Einheimischen gelingen.

Alle Vorträge zum Download und als Videos gibt es auf der Website des Eurac Research unter www.eurac.edu

Mara Manente Direktorin Ciset-University Ca’ Foscari, Venedig Auf die Vermittlung zwischen Einheimischen und Touristen setzt auch Mara Manente, die mit Venedig das Paradebeispiel für ein evon Overtourism geplagte Stadt repräsentiert. Eine Strategie für Venedig müsse sein, glaubt Manente, die Besucherströme aus dem Zentrum heraus auf die ganze Stadt, die Lagune und das umliegende Festland zu verteilen.


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Monsfeld ist der Meinung, man müsse eine Balance zwischen dem Tourismus und lokalen Gemeinschaften finden. In seinem Vortrag erzählte er von mehreren positiven Beispielen aus der Praxis: wie San Andres in Kolumbien, einer Insel, auf der ein einheimischer Stamm in den Tourismus eingebunden wurde, indem ihm die Möglichkeit gegeben wurde, seine Kunst zu verkaufen. Michael Clancy Universität Hartford, USA Einen historischen Abriss zu Overtourism lieferte Michael Clancy zu Beginn seines Vortrages und zeigte auch unterschiedliche Formen auf. In puncto Lösungsansätze nannte auch er Ideen wie die Regulierung der Besucherströme oder die Einbindung des Umlandes sowie der Einheimischen in den betroffenen Zentren.

Harald Pechlaner Kathol. Universität EichstättIngolstadt, Leiter Eurac Research Harald Pechlaner stellte seine gemeinsam mit Prof. Jürgen Schmude an der Kathol. Universität Eichstätt-Ingolstadt verfasste Studie zum Thema vor. Sein Fazit: Operativ müsse man über Limitierungen und eine Lenkung des Tourismus nachdenken sowie eine Vernetzung der ländlichen und städtischen Destinationen und Dialogmanagement mit Einheimischen forcieren. Strategisch ginge es vor allem um eines, so Pechlaner: „Wir müssen uns die Frage stellen, welchen Tourismus wir in Zukunft wollen.“

Damià Serrano Koordinator Tourismus Beobachtungsstelle Barcelona Damià Serrano stellte ein Projekt aus der katalanischen Hauptstadt vor. Seit über eineinhalb Jahren gibt es dort eine Beobachtungsstelle für Tourismus, die unter anderem regelmäßig Stimmungsbilder in der Bevölkerung erhebt und gemeinsam mit verschiedenen Gruppen und der Politik Strategien zur Verbesserung der Situation erarbeitet. Ziel solle es sein, dass Einheimische Barcelona mit den Gästen teilen wollen und sich gleichzeitig in ihrer Stadt respektiert und nicht verdrängt fühlen. Nach dem Motto: „Your holiday is our everyday“, so Serrano.

Karin Seiler-Lall, Direktorin Innsbruck Tourismus SAISON: Wie ist Ihre Sicht auf das Thema? Innsbruck Tourismus setzt sich mit diesem Thema in der Produktentwicklung auseinander und wird noch 2018 ein neues Produkt lancieren, das weniger besuchte Stadtteile und Sehenswürdigkeiten mit alternativen Routen vermarktet. Gleichzeitig soll Innsbruck speziell für Asiaten und Amerikaner als Hub positioniert werden, von dem aus Gäste die wichtigsten Attraktionen sowohl in Tirol als auch über unsere Grenzen hinaus als Tagesausflüge erleben können. Wie stehen Sie zu Regulierungen der Besucherströme? Eine Regulierung der Besucherströme wie in anderen Städten ist in Innsbruck noch nicht notwendig. Sicher wird man zukünftig – wie von einigen Städten schon erfolgreich praktiziert – über Apps Gäste zu Sehenswürdigkeiten zeitlich so lenken, dass Stoßzeiten und Warteschlangen minimiert werden. Ein gemeinsames Konzept unter Einbindung der Einheimischen zur Verbesserung der Tourismusgesinnung und Lebensqualität wird bereits angedacht, denn generell sollen Städte sich mit dem Thema Overtourism beschäftigen, wenn das Problem noch nicht akut ist. Werden die Umlandgemeinden miteinbezogen? Die seit 2017 umgesetzte Strategie von Innsbruck Tourismus verfolgt das klare Ziel, das gesamte Verbandsgebiet bis Obsteig und Kühtai unter der Marke Innsbruck zu vermarkten. So wurde im vergangenen Winter erstmals Kühtai als „das Skiresort Innsbrucks“ positioniert. Touristisch reicht das Stadtgebiet von Rinn bis Oberperfuss, von Rum bis Zirl. Das Ergebnis gibt uns Recht: Auf www.booking.com wurden diese Mittelgebirgsgemeinden im Süden und Westen unter „Innsbruck“ integriert – und bereits im ersten Jahr haben sie ihre Buchungen bei gleicher Bettenanzahl im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

© TVB INNSBRUCK, PRIVAT, EURAC RESEARCH (5)

Yoel Monsfeld Professor an der Universität Haifa, Israel

3 FRAGEN ZUM THEMA OVERTOURISM AN:


MAGA ZIN

DAS

TAUSCHGESCHÄFT Die beiden Geschäftsführer Philipp Zimmermann (l.) und Richard Hirschhuber mit E-Bike und Tesla

Kostenlose E-Bikes gegen ein paar leere Hotelzimmer? Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Betrachtet man das Konzept des Tiroler Unternehmens Greenstorm aber genauer, wird klar, warum es klappt. Text: Julia Tapfer

A

ls Wolfgang und Michaela Spieler im Jahr 2009 17 E-Bikes kauften, waren diese in Tirol noch ziemliche Exoten. Fast zehn Jahre später kann man sich die Elektrofahrräder kaum mehr von Tirols Straßen und Bergen wegdenken. Das Gastronomenpaar erkannte damals das Potenzial der E-Bikes und entwickelte ein Konzept, um die Räder an Hotels zu verleihen. Die Betriebe mussten dafür kein Geld aufbringen, sondern stellten Gutscheine für leerstehende Zimmer zur Verfügung. Eine Idee, die ankam.

WIN-WIN-SITUATIONEN

Aus den 17 E-Bikes des Ellmauer Unternehmens wurden mittlerweile 6.500. 108 E-Cars, darunter auch Tesla-Modelle, komplettieren den Fuhrpark. „Dass wir so schnell wachsen konnten, ist auch der starken Weiterempfehlung unter den Hoteliers zu verdanken“, so Philipp Zimmermann, der Sohn der beiden

Gründer. Gemeinsam mit dem Hotelier und Unternehmer Richard Hirschhuber leitet er heute Greenstorm. Hirschhuber wurde zunächst als Investor ins Boot geholt, stieg dann aber rasch als Manager in das aufstrebende Unternehmen ein. 700 Partner-Hotelbetriebe hat Greenstorm derzeit, 280 davon in Tirol, Vorarlberg und Salzburg. „Wir schaffen Win-Win-Situationen auf allen Ebenen“, sagen die beiden Unternehmer auf die Frage, warum das Greenstorm-Konzept so gut ankomme. Was haben die einzelnen Beteiligten aber konkret von diesem Tauschgeschäft?

E-BIKES UND GÄSTE FÜR DIE HOTELS

Greenstorm beliefert Hotels mit den neuesten E-Bike-Modellen und bekommt im Gegenzug dafür Hotelgutscheine, die es über die Internetplattform we-are.travel verbilligt verkauft. Die Käufer nehmen für die günstigen Gutscheine eine eingeschränkte zeitliche Flexibilität in Kauf.

© AXEL SPRINGER (2)

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Für E-Cars werden durch das Partnerunternehmen Smatrics auch E-Tankstellen installiert. Die Abrechnung für die Installation erfolgt wiederum über das Gutscheinsystem, die anfallenden Stromkosten für die Tankstelle übernimmt Greenstorm.

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Werkstatt und Lagerhalle von Greenstorm

Die Voucher sind nämlich nur nach Verfügbarkeit einlösbar, das Hotel kann selbst den Zeitraum bestimmen, in dem es Kapazitäten frei hat. „Das Hotel hat also keinen Verlust, sondern sogar eine Auslastungssteigerung“, erklärt Hirschhuber. In Zeiten, in denen viele Zimmer des Hotels sonst leer stünden, erhält der Gastwirt durch die Gutscheine neue Gäste und kann zum Beispiel durch Zusatzleistungen etwas dazuverdienen. Auch die E-Bikes selbst ermöglichen einen Zuverdienst, kann das Hotel sie doch gegen Gebühr (meist zwischen 35 und 50 Euro pro Tag) an die Gäste verleihen. Die Bikes werden zudem laufend von Greenstorm gewartet und ausgetauscht.

WAS HAT GREENSTORM DAVON?

Den Austausch der gebrauchten Bikes macht Greenstorm nicht ganz uneigennützig, ist es doch auch der größte europäische Player im E-Bike-Gebrauchtmarkt. Die Hotels sorgen somit für den Nachschub: Sie machen aus neuen E-Bikes gebrauchte. Mit ungefähr 1.000 Kilometern am Tacho kommen die Räder in die Greenstorm-Werkstatt, werden rundum gecheckt und erhalten ein Service, bevor sie zum Direkt- und Onlineverkauf wandern. Wo jetzt nur ein paar hundert Räder im Lager stehen, werden nach Saisonende im Oktober mehrere Tausend für den Verkauf vorbereitet.

NEUE IDEEN

Das derzeitige Verleihmodell mit Hotelgutscheinen wird auch weiterhin aufrecht bestehen bleiben, ab 1. Juli 2018 startet mit G-rent aber ein weiteres System, an dem

WIE WIRD GETAUSCHT?

Je nach Hotelkategorie gelten unterschiedliche Tarife. Ab vier E-Bikes beliefert Greenstorm ein Hotel.

WIE VIELE BIKES?

Das Unternehmen empfiehlt, für jedes dritte Zimmer zwei Bikes anzusetzen.

KALKULATIONSBEISPIEL: 4-Sterne-Hotel

Pro E-Bike zum Verleih à 2,5 Wochen als Gutscheine

Pro Tesla zum Verleih à 60 Wochen als Gutscheine

Pro E-Tankstelle à 80 Wochen als Gutscheine

BIKES GEGEN BARES

Für alle, die keine Hotelgutscheine ausgeben wollen: Pro E-Bike zum Verleih à 89 Euro monatlich

sich Hotels ebenfalls beteiligen können. Dabei stellt Greenstorm an verschiedenen Standorten E-Bikes zur Verfügung. Das Hotel wickelt den Verleih ab und erhält dafür 30 Prozent des Umsatzes. Kosten entstehen für das Hotel keine. Mit G-rent will Greenstorm die E-Mobilität auf die nächste Stufe heben und regionenüber­ greifend zusammenarbeiten. Die Idee ist dabei auch, dass Bikes an allen Standorten zurückgegeben werden können.

HOTELS ALS TESTCENTER

In der Hotellerie werden neue Technologien und Entwicklungen tendenziell früh umgesetzt. „Man setzt oft Sachen ein, die sich die Gäste selbst noch nicht kaufen“, weiß Hirschhuber. Auch bei Whirlpools oder Saunen sei es ähnlich verlaufen. Nun könne der Gast eben E-Bikes im Urlaub ausprobieren. Hotels seien in diesem Sinne immer auch Testcenter für neue Dinge, so Hirschhuber. Insgesamt stecke die E-Mobilität aber noch in ihren Kinderschuhen. Selbst die Betriebe, die bereits E-Bikes von Green­ storm anbieten, erkennen nicht immer das Potenzial dahinter. Das zeigt sich etwa, wenn man einige Hotelwebsites durchforstet. Auf jeder Website findet man etwa Informationen zum Pool, auf ihre Leih-E-Bikes weisen viele Hotels hingegen gar nicht hin. „Es hängt immer von den einzelnen Betrieben ab, ob sie eine Emotion transportieren können. Natürlich kann man die E-Bikes einfach nur hinstellen, aber wenn man zum Beispiel geführte Touren mit Guides anbietet, ist noch viel mehr möglich“, gibt Zimmermann zu bedenken.

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GASTKOMMENTAR

DIE WELT FUNKTIONIERT MOBIL von Margarete Schramböck

ZUR PERSON

© CHRISTIAN LENDL

Margarete Schramböck wurde am 12. Mai 1970 in St. Johann in Tirol geboren. Promotion an der Wirtschaftsuniversität Wien, die sie 2017 zur WU-Managerin des Jahres machte. Schramböck war in Führungsfunktionen bei Alcatel, NextiraOne und Dimension Data Austria tätig. Im Mai 2016 übernahm sie die Leitung der A1 Telekom Austria, im Oktober 2017 schied sie aus dem Unternehmen aus. Seit 18. Dezember 2017 ist sie Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.

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ie digitale Technik ist der Schlüssel zu den Wachstumsmärkten der Zukunft. Sie öffnet auch Türen zu neuen Formen der individuellen Kommunikation, der Unterhaltung und des demokratischen Diskurses. Das Urlaubshotel wird vorab über die Virtual-Reality-Brille vom Wohnzimmer aus erkundet, gebucht wird über Siri oder Alexa und das Zimmerservice im Hotel macht ein Roboter: Die Digitalisierung eröffnet dem Tourismus völlig neue Möglichkeiten und verändert die Branche. Gleichzeitig wird der Wettbewerb härter, internationaler und innovationsgetriebener. Daher gilt im Tourismus dasselbe wie in allen anderen Branchen. Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Teil des Erfolgs.

GESCHÄFTSMODELLE ANPASSEN

„More of the same“ wird in Zukunft nicht reichen. Jedes Unternehmen bzw. jeder Tourismusbetrieb muss seine Geschäftsmodelle an die Digitalisierung anpassen und rechtzeitig in die digitale Infrastruktur und vor allem in die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren. Auch in diesem Bereich vereinfacht die Digitalisierung den Alltag, denn dank E-Learning kann man sich zeit- und ortsunabhängig fortbilden. Nicht zuletzt werden neue Möglichkeiten eröffnet, das Berufsfeld Tourismus für junge Menschen wieder attraktiver zu gestalten.

„More of the same“ wird in Zukunft nicht reichen. HIN ZUM M-GOVERNMENT

Innovative Technologien bieten die Chance, Bürokratie abzubauen sowie dort, wo nötig, Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen, von der Gewerbeanmeldung bis zur Statistik, von den Arbeitsaufzeichnungen bis hin zum Meldewesen. Die flächendeckende Umsetzung von E-Government sowie Bürokratieabbau setzen hierfür die notwendigen Schritte. Und wir müssen immer mitbedenken, dass die Welt heute schon mobil funktioniert. Österreich hat eine Smartphone-Durchdringung von 94 Prozent, daher ist es mir ein großes Anliegen, vom EGovernment hin zum M-Government zu kommen. Österreich hat als hochentwickeltes Land die besten Voraussetzungen, um die digitale Zukunft aktiv und als Vorreiter mitzugestalten. Wenn wir jetzt dranbleiben und nachhaltige Entscheidungen für einen digitalen Fortschritt treffen, wird unser Land auch in Zukunft bestens aufgestellt sein oder sogar eine führende Rolle übernehmen.

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MAGA ZIN

CHECK-IN IN DIE

ZUKUNFT

Das Hotel als Powerhouse: Für arktische Regionen in Norwegen entwickelte Snøhetta „Svart“, das seine eigene Energie produziert.

Hightech und persönliches Gespräch, Roboter-­ Concierges, 3D-Drucker, Nachhaltigkeit und Coworking Spaces: Zwischen diesen Polen bewegen sich die Ideen für Hotels der Zukunft. Text: Esther Pirchner

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isionen für die Welt in zehn, zwanzig oder hundert Jahren dann zu lesen, wenn diese Zeitspannen verstrichen sind, beschert einem entweder heitere Momente oder Aha-Erlebnisse. Dass man – wie in den 1930ern für das Jahr 2000 vorhergesagt – Urlaub auf dem Mond machen oder zumindest mit dem eigenen Fluggerät zu irdischen Urlaubsdestinationen aufbrechen würde, ist Zukunftsmusik geblieben. Dass man hingegen 2020 per Smartphones Zimmer buchen und aufsperren können werde, wie die Architektin Vanessa Borkmann 2008 feststellte, hat sich bereits bewahrheitet.

NETZWERK FUTUREHOTEL

Vanessa Borkmann und ihre Kollegen vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer IAO) forschen zur Zukunft von Beherbergungsbetrieben. Im Innovationsnetzwerk „FutureHotel“, das Hotelbetriebe, Reiseveranstalter, Hotellerieausstatter und Architekten miteinander verbindet, bildet das Institut seit 2008 den Angelpunkt zwischen Wissenschaft und praktischer Umsetzung. Dabei werden aktuelle und Zukunftstrends analysiert und daraus Handlungsstrategien für Hotelbetriebe, Investoren und Architekten abgeleitet.

WAS WILL DER GAST?

Um zu wissen, über welche Funktionen ein Hotel der Zukunft verfügen soll, muss man wissen, welche Bedürfnisse potenzielle Gäste haben werden. Das beginnt bei der Wahl der Urlaubsdestination und der Hotelbuchung, geht über den Check-in, den Check-out und die Ausstattung der Zimmer und Bäder bis hin zu den Möglichkei-

© SNØHETTA/PLOMPMOSES

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MAGA ZIN

bei auch der Begriff der Freizeit nicht mehr recht passt, zählt doch das Work-Life-Blending, das Ineinander-Verwoben-Sein von Arbeit und Freizeit, ebenfalls zu den bestimmenden Zukunftstrends.

INDIVIDUELL MIT HIGHTECH

ten, im Hotel seine Arbeit zu erledigen. Die ersten Projektphasen von FutureHotel beinhalteten daher unter anderem Gast- und Hoteliersbefragungen, die Untersuchung globaler Trends oder die Bewertung zukunftsweisender Technologien. Ähnlichen Fragen geht seit 2009 das Wiener Zukunftsinstitut in Zusammenarbeit mit dem Fachverband Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich nach. Bisher vier Handbücher und ein Workbook haben der Leiter des Zukunftsinstituts, Harry Gatterer, und sein Team im Projekt „Hotel der Zukunft“ erarbeitet. Elf aktuelle „Megatrends“ machten sie 2014 aus: Zu diesen gehört, dass Menschen vermehrt nach Individualität und neuen Geschlechterrollen streben, dass sie anders lernen und arbeiten und in höherem Alter besser situiert und aktiver sind als früher. Globalisierung, Urbanität und Mobilität, aber auch der Wunsch nach Nachhaltigkeit und gesundem Leben prägen die Gesellschaften der kommenden Jahre und damit ihr Freizeitverhalten. Wo-

WOHNEN IM ZUKUNFTSHOTEL Hotel Schani

www.hotelschani.com

Svart (ab 2021) www.svart.no

In all dem spielen technologische Entwicklungen eine wesentliche Rolle: Ohne Smartphones, kostenloses Datenroaming oder soziale Medien wären Work-Life-Blending oder auch nur ein mobiler Check-in nicht denkbar. Davon ausgehend entstehen kühne Visionen von Reisen und Hotels, wie sie das US-amerikanische Buchungsportal Hotels.com und die Verkehrsbüro Group 2017 veröffentlichten. Letztere sagte voraus, man werde 2033 günstig ins Weltall fliegen, statt einer Kreuzfahrt eine U-Boot-Tour buchen oder mit Hyperloops – Hochgeschwindigkeitszügen in Unterdruckröhren – extrem schnell von Metropole zu Metropole jetten. Noch einige Jahrzehnte weiter in die Zukunft blickte Hotels.com mit dem US-amerikanischen Zukunftsforscher James Canton, der für 2060 Hotels beschrieb, die sich jedem Gast individuell anpassen. Dazu gehören die optische und akustische Gestaltung der Räume, 3D-Drucker auf dem Zimmer für die Herstellung von Kleidung oder Kosmetik, persönliche Avatare für Reisen und Buchungen, au­ tarke Ökohotels, Check-in mittels Iris- oder Gesichtserkennung und Robo-Butler.

CHECK-IN BEIM ROBO-DINO

Zumindest mit dem Robo-Butler könnte Canton recht behalten, wie ein Blick nach Japan verrät. Dort existiert mit dem Hennna Hotel in der Präfektur Nagasaki bereits ein Beherbergungsbetrieb, der vor allem auf Roboter und andere Automaten setzt. Am Empfang tun zwei Dinosaurier- und ein menschlich gestalteter Roboter ihren Dienst. Als Gepäckwagen, Rasenmäher, niedliche Kuscheltiere, Mitglieder in einem kleinen Orchester und Fensterputzer übernehmen Roboter auch andere wichtige Funktionen. →

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Vieles, was im Showcase „FutureHotel“ seit 2008 getestet wurde, ist heute in realen Hotels verfügbar. 2020 wird ein neuer Prototyp eingerichtet.

ECHTE ERLEBNISSE

Von 2060 aus gesehen würde man vom Henn-na-Personal wohl einen ähnlichen Eindruck gewinnen wie bei der Betrachtung der Saurier im ersten Jurassic-Park-Film heute: einigermaßen ungelenk. Auch Verständnisprobleme bei der Sprachsteuerung und eigensinnige Programmierungen werden in vierzig Jahren wohl ausgemerzt sein, sodass „repetitive, standardisierte Tätigkeiten vollständig von Robotern übernommen sein“ werden (Fraunhofer IAO). Einem reinen Roboterhotel würden aber andere Eigenschaften fehlen, auf die Nicht-Roboter-Gäste nicht verzichten wollen, nämlich ein „echtes“ Urlaubserlebnis. Im Handbuch „Hotel der Zukunft 2016. Das empathische Hotel“ schreibt Christiane Varga vom Zukunftsinstitut: „Das Konzept der Hotellerie war in den letzten Jahrzehnten stark geprägt

von der Unterhaltung des Gastes. Nun, da wir als Gäste über-unterhalten und über-touristifiziert sind, erreichen wir eine neue Bedürfnis-Ebene: Berührung. Wahre Begegnung, Sinn. Davon werden die kommenden Jahre erzählen und die Tätigkeit des Hoteliers zur ausgeprägten ‚Art of Hosting‘ erhöhen.“

IN LABOR UND INNENSTADT

Wie aber lässt sich all das auf Hotels so übertragen, dass sich Gäste angesprochen fühlen und vor Ort auch wohlfühlen? Das Fraunhofer IAO hat dazu einerseits zwei Laborsituationen geschaffen, in denen vor allem technische Möglichkeiten getestet werden, und unterstützt andererseits seine Projektpartner bei der Konzeption und Gestaltung von Hotels. Im „Urban Living Lab“ in Stuttgart liegt der Fokus auf profilbasierter Interaktion beispielsweise im Hotelzimmer

oder bei einem Stadtrundgang. Das 2008 errichtete Showcase „FutureHotel“ in Duisburg ist ein Prototyp, in dem technologische Entwicklungen getestet wurden: Im Hotelzimmer sorgt ein schwingendes Bett für Entspannung, das Licht passt sich persönlichen Bedürfnissen an, ein Minibar-Roboter liefert Erfrischungen. 2016/17 widmete das Institut den Themen Bad und Wellness in einer Studie und im Mock-up „FutureHotel Living Bathroom 2030“ erhöhte Aufmerksamkeit und 2020 wird es einen neuen Prototypen geben. 2016 fassten Vanessa Borkmann, Sascha Klein und Janina Lambertus in der Publikation „FutureHotel Building 2052“ ihre Erkenntnisse zusammen – von Ambient Intelligence und Gebäudeautomation bis zu Sport- und Gesundheitsanwendungen im Wellnessbereich. Wellness und Selfness sind im Übrigen auch für viele andere Forscher und Hotelketten ein Zukunftsthema, ebenso wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Das Architekturbüro Snøhetta trägt dem mit dem energiepositiven Hotel Svart in der norwegischen Arktis Rechnung, das 2021 eröffnet werden soll.

EIN GEMÜTLICHER SCHANI

Möglicherweise werden einige Jahre später Hotels einmal genau so errichtet, wie in der Fraunhofer-Studie beschrieben, schon jetzt haben Projektpartner von FutureHotel aktuelle Ergebnisse aus Befragungen und Labor in ihre Planung einfließen lassen. Beispiele dafür sind die SI-Suites in Stuttgart und das 2015 eröffnete Hotel Schani in Wien, und gerade an letzterem lässt sich gut ablesen, wie das Zusammenwirken von Hightech und dem von Christiane Varga georteten Bedürfnis nach „wahrer Begegnung“ aussehen kann. Denn neben einer individuellen Zimmerauswahl beim Buchen – ein ähnliches System wie die Platzwahl im Flugzeug –, dem mobilen Check-in und Check-out,

© GEE-LY ZÜRICH UND FRAUNHOFER IAO DESIGN: LAVA

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VISIONEN

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MAGA ZIN

ZUM NACHLESEN

Zukunftsinstitut Österreich GmbH Handbücher Hotel der Zukunft

Zimmern mit zusätzlichen Technikkomponenten und Sensoren oder dem Zimmerschlüssel am Smartphone bietet das Hotel Schani auch einen Coworking Space und eine Rezeption in der Lobby, lebt Nachhaltigkeit und zitiert in Architektur und Einrichtung typisch Wienerisches wie das Geflecht der Thonet-Möbel an der Fassade, das Wiener Kaffeehaus oder die Greißlerei. Den Gästen gefällt es, hier zwischen Vergangenheit und Zukunft zu switchen, schließlich kann bei aller modernen Technik eine Prise Wiener Gemütlichkeit nicht schaden.

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Trendguide Schlafen, 2017 Das empathische Hotel, 2016 Die wichtigsten Trendfelder für die österreichische Hotellerie (Workbook), 2014 Die wichtigsten Trendfelder für die österreichische Hotellerie, 2011 Die wichtigsten Chancenmärkte der österreichischen Hotellerie, 2009 Alle als PDFs zum Download unter www.hotelderzukunft.at

Vanessa Borkmann, Sascha Klein, Janina Lambertus FutureHotel Building 2052

Visionen und Lösungen für das Hotelgebäude der Zukunft; Studie aus dem Forschungsprojekt FutureHotel Stuttgart 2016 Als PDF zum Download unter http://publica.fraunhofer.de/eprints/urn_nbn_de_0011-n-3936074.pdf

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MAGA ZIN

KOMMENTARE

LAND DER BERGE, LAND DES FRIEDENS Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.

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us dem „Globalen Friedensindex 2018“ haben die Medien wieder einmal nur das Schlimmste herausgesucht. Dass weltweit immer mehr Konflikte aufflammen. Irgendwo in den Meldungen stand dann doch: Österreich ist nach Island und Neuseeland das drittfriedlichste Land der Welt! Dürfen wir uns als Österreicher darüber nicht freuen? Und sollten wir zugleich als Touristiker nicht die Frage stellen, was die besonderen Errungenschaften dieser unserer Gesellschaft sind, die uns als einen Ort des Friedens auszeichnen? Denn so viel steht ja in jedem Lehrbuch, dass es zwei Voraussetzungen gibt, über die öffentlich niemand spricht, die jedoch, wenn sie fehlen, jeden Erfolg unmöglich machen: die Sauberkeit einer Destination und ihre Sicherheit! Letzteres gleichbedeutend mit innerem und äußerem Frieden. Aus weltpolitischer Sicht verdankt Österreich seinen Frieden wohl zuallererst dem großartigen Nachkriegsprojekt „Europäische Union“, aber auch einer seit des Kaisers Zeiten funktionierenden Verwaltung und einem umverteilungsstarken Steuersystem. Mentalitätsgeschichtlich ist die österreichische Lebensart durch eine Kultur des Kompromisses und durch eine oftmals geradezu ärgerliche Abneigung gegenüber konsequenten Lösungen gekennzeichnet. Ursache hierfür dürfte die über Jahrhunderte bestehende Donaumonarchie

sein, die als Vielvölkerstaat elementar vom gelingenden Interessenausgleich abhängig war. Nicht unwesentlich für die heutige Kultur des Ausgleichs in ihrer politischen Ausformung als Sozialpartnerschaft dürften aber auch die bitteren Erfahrungen der Zwischenkriegszeit und die gemeinsame Gefangenschaft konservativer und sozialistischer Politiker in den Gefängnissen der Nationalsozialisten gewesen sein. Dazu kommt, abseits der Politik, eine Landschaft, die in ihrer oftmals agrarischen Grenzrentabilität auf diffizile Kompromisse zwischen Natur und Kultur angewiesen ist. Und dazu kommt ein durch Gegenreformation, musikalische Genies und höfische Repräsentation begründeter Schönheitssinn, der bis heute seinen Ausdruck in einem dichten Netz von Kulturvereinen findet, die in ihrer Bedeutung für das den sozialen Ausgleich untereinander fördernde Zusammenleben der Menschen immer noch zu wenig Anerkennung finden. Bleibt zu erwähnen, dass nicht nur ein ganzes Volk im Umgang mit den „Fremden“, sondern vor allem viele Hoteliers mit ihrem aus verschiedensten Nationalitäten rekrutierten Personal tagtäglich erstaunenswerte Integrations- und somit Friedensleistungen erbringen.

Österreich ist das drittfriedlichste Land der Welt! Dürfen wir uns als Österreicher darüber nicht freuen?

Freuen wir uns!

© BÖHM, DANIELA MATEJSCHEK

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MAGA ZIN

DER VOGEL STRAUSS Ernst Molden lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Demnächst erscheint sein neues Album „Hurra“ (bader molden recordings).

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ie Sippe und ich waren im niederösterreichischen Kamptal bei Freunden geladen. Nicht im oberen, felsigen, wilden Kamptal, wo über Felswänden die Greife auf den Türmen der Rosenburg landen, sondern im unteren Abschnitt des ebenso störrischen wie poetischen Waldviertler Flusses, da, wo er sich zwischen pittoresken Weinbergen irgendwie misstrauisch der Donau nähert. Dort empfingen uns die Gastgeber in einem schönen alten Bauernhaus, rundherum blühende Linden, wiegende Weiden, grübelnde Esel, freundliche Hunde und feiste Schafe, die im Weidenschatten schwitzend auf die nächste Schur warteten. Wir verzehrten Erdäpfelgulasch und Vanilleeis und legten uns ein Stündchen in den Schatten, um dösend zu verdauen. Sodann kam aus dem Munde meiner Liebsten der Vorschlag, nun, da die ärgste Mittsommerhitze nachließ, ein wenig spazieren zu gehen, und in Begleitung unserer Freunde und ihres Hundes schritten wir aus. Die Trockenheit lag wie eine Jutedecke auf den Kukuruzfeldern, die Schritte wirbelten Staub auf. Wir traten in den Wald, hier war es kühler, Bacherln murmelten, der Hund verfolgte kleine flitzende Wesen ins Unterholz. Nach einer erholsamen Zeit kamen wir wieder auf offenes Land, und dass uns hier etwas Arges erwartete, ahnten wir schon, als wir den Hund sahen, dessen Nackenfell sich plötzlich sträubte und dessen Gang sich jäh verlangsamte. Erst dann erkannten wir die Vögel. Hinter einem beunruhigend niedrigen Zaun schritten sie herrisch herum, ihre winzigen Köpfe mit den enormen Augen allesamt auf uns, genauer: auf den Hund gerichtet. Vor uns, in einer Art Koppel, standen Dutzende Strauße mit nervös hochgezogenen Schultern und starrten uns unverwandt an.

Dies war ein Waldviertler, er strahlte genau das richtige Maß an niederösterreichischer Beharrlichkeit und niederösterreichischen Argwohns aus. Ah ja, die Straußenfarm, sagte unser Gastgeber, seinen angstgeschüttelten Hund tätschelnd, das müsst ihr natürlich sehen. Während wir uns der Umzäunung näherten und der Hund hie und da ein armes, winselndes Geräusch von sich gab, erzählte er: Wie der Bauer dort drüben vor einem Vierteljahrhundert den ersten Vogel Strauß angeschafft hatte, fasziniert vom größten auf der Erde lebenden Federvieh. Wie die Strauße sich nach anfänglichen Rückschlägen dann doch stetig vermehrten, wie der Bauer afrikanische Heger ins Waldviertel holte, weil diese den wehrhaften Riesen aus Afrika am coolsten begegneten. Wie einige dieser Heger schreckliche Narben davontrugen, wie der Bauer selbst ein Auge verlor von den Tritten der Vögel, die selbst Löwen mit ihren Krallen töten können. Jetzt standen wir am Zaun, zwei der schwarzbefiederten Hähne kamen näher. Der eine starrte den Hund zu Tode, der andere mich. Aber in diesem Moment, Auge und Auge mit diesem zweieinhalb Meter hohen Dinosaurier-Nachkommen, begriff ich etwas. Dies hier war kein Afrikaner. Dies war ein Waldviertler, er strahlte genau das richtige Maß an niederösterreichischer Beharrlichkeit und niederösterreichischen Argwohns aus. Sein war dies Land. Der Fremde, das war ich. Wir kehrten um, und die Laune des Hundes besserte sich.

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NACHGEFRAG T

1 5 F R A G E N A N ...

WOLFGANG NAIRZ EIN GUTER BERGFÜHRER MUSS: Eine Führungspersönlichkeit mit Kompetenz, Erfahrung und Einfühlungsvermögen sein DAS WICHTIGSTE NACH EINER LANGEN TOUR IST FÜR MICH: Ein kühles Bier DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Dolomiten, Himalaya, Toskana

ZUR PERSON

LETZTER URLAUB (WO UND WANN): Natürlich Nepal, 2018 bereits 2 x DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS SIND: Selbstbewusstsein, Empathie, Mut zu Innovationen

DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Verkehrspolitik

DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS SIND: Übererschließung, Quantität statt Qualität

DIE BESTE IDEE IM TOURISMUS DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Der Fokus auf den richtigen Zielmärkten und die Angebotsvielfalt

DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Eine einzigartige Landschaft und ein guter Mix aus Kultur und Natur

TIROL HAT ANDEREN VORAUS: Andere Länder blicken neidvoll auf Tirol und sein Tourismuskonzept

Wolfgang Nairz (74) erlangte Weltruhm als Leiter der ersten österreichischen Mount-Everest-Expedition, bei der er gemeinsam mit Horst Bergmann und Robert Schauer als erster Österreicher den Gipfel des höchsten Bergs der Erde erreichte. Der Innsbrucker ist seit 1967 staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, war für die Tirol Werbung und Österreich Werbung tätig und ist seit 1997 selbstständiger PR-Berater. Im Laufe seiner Karriere hat er Nepal und Tibet mehr als 90 Mal bereist.

FÜR DIE ZUKUNFT TIROLS WÜRDE ICH MIR WÜNSCHEN: Einen sensiblen Umgang mit den Ressourcen VON DEN BERGEN KÖNNEN WIR LERNEN: Wie klein der Mensch und wie großartig die Natur ist MEIN ERSTER GEDANKE AM GIPFEL DES MT. EVEREST WAR: Dankbarkeit und Freude IN DIE HÖHE ZIEHT ES MICH, WEIL: Wer höher steigt, wird weiter sehen – über den Horizont hinaus UM ES GANZ NACH OBEN ZU SCHAFFEN BRAUCHT MAN: Einen starken Willen

© ILLUSTRATION: MONIKA CICHOŃ

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THEMA

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n i e w Sch ist

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Wissenswertes und Köstliches. Mit Konstantin Filippou. Oft unterschätzt, zu Unrecht verschmäht – weit besser, feiner und vielseitiger als sein Ruf: das Schweinefleisch. Höchste Zeit, diese Köstlichkeit wieder salonfähig zu machen. Und dazu haben wir einen wahren Experten gewinnen können: Österreichs Koch des Jahres, Konstantin Filippou. Wenn Sie also wissen wollen, welche hochwertigen Gerichte man neben Filet und Schweinsbraten zubereiten kann und wie man aus fast allen Teilen des Tieres, von der Nase bis zum Fuß, echte Leckerbissen zaubern kann – in unserem Magalog Genuss 360 finden Sie alle Informationen. Jetzt downloaden auf: www.eurogast.at Wir sind Eurogast

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Der wird mal ein berühmtes

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