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Leserbriefe / Kann

man als aufgeklärter Mensch an Gott glauben? «notabene» 9/13: Zum Leserbrief von Christine Keusen – «Leere Kirchen und altertümliches Gottesbild» In ihrer Antwort auf den Leserbrief «Gottesdienstbesuch» äussert sich Frau Keusen als Liberale und ehemalige kirchliche Mitarbeiterin. Angelpunkt ihrer Darlegung ist das Glaubensbekenntnis an die Evolution. Ganz abgesehen davon, dass wesentliche Teile der Schultheologie bereits auf diese Linie eingeschwenkt sind, muss ich widersprechen. Eine ganze Anzahl von bedeutenden Wissenschaftern und Entdeckern waren und sind gläubige Christen. In letzter Zeit beginnen auch säkulare Denker am gegenwärtig herrschenden Weltbild zu zweifeln. Ein Schwergewicht auf diesem Gebiet ist der amerikanische Philosoph Thomas Nagel. Er ist Träger des Balzan-Preises und arbeitet auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie. Von ihm ist kürzlich eine deutsche Übersetzung seines Buches «Mind and Cosmos» mit dem Untertitel «Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist» erschienen. Ich zitiere die letzten zwei Sätze seines Buches: «Ich würde darauf wetten wollen, dass der gegenwärtige Konsens, was zu denken richtig ist, in einer oder zwei Generationen lachhaft wirken wird – auch wenn er vielleicht

durch einen neuen Konsens ersetzt werden wird, der ebenso wenig triftig ist. Des Menschen Wille, zu glauben, ist unerschöpflich.» Hans Kuhn, Bubikon

Was soll daran aufgeklärt sein? Ich nehme die Sichtweise, dass sich die Menschen Gott erschaffen hätten statt umgekehrt, zur Kenntnis. Allerdings sehe ich nicht, was daran «aufgeklärt» sein soll. Das Motto «ich glaube nur, was ich sehe» ist doch nicht entscheidend für die Existenz oder Inexistenz der Wahrheit. Falls es Gott gibt, ist er immer grösser als unser Vorstellungsvermögen. In all diesen Fragen nach Gott, auf die es nur vorläufige Antworten geben kann, fällt mir doch auf: Zahlreiche moderne ernsthafte Physiker gelangen in ihren Studien zur Erkenntnis, dass da ein Schöpfer sein muss. Man kann also in guten Treuen auch aufgeklärt sein und an die Existenz Gottes glauben. Wenn es aber einen Gott gibt, dann könnte er doch auch Wunder tun!? Nun sehen das nicht alle so in der reformierten Kirche. Aber genau diese Fähigkeit, trotz unterschiedlicher Meinungen miteinander auszukommen, würde ich als wahrhaft liberal und reformiert bezeichnen. Felix Geering, Illnau

Dargebotene Hand / Wie

geht es dir? Wie gehts der Schweiz?

kom. Eine neue Web-Plattform der Dargebotenen Hand zeigt die Stimmungslage der Schweizer Bevölkerung. Mit einem Klick können Besucherinnen und Besucher auf 143heartbeat.ch die eigene Befindlichkeit einstufen und das momentane Gesamtergebnis wie auf einer Börsenkurve ablesen. Das Sorgentelefon will mit seiner Kampagne im Vorfeld der Weihnachtszeit insbesondere jüngere Menschen auf seine kostenlose Dienstnotabene

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leistung aufmerksam machen. Die rund 640 Mitarbeitenden von Tel 143 haben ein Ohr für die grossen und kleinen Sorgen und leisten Hilfe auch per E-Mail oder Chat. Die Telefonseelsorge gibt es seit 1957. Sie wurde vom damaligen Leiter der Zürcher Stadtmission, Pfarrer Kurt Scheitlin, lanciert. www.143heartbeat.ch

Männersache Wir sind Volkskirche. Als Kirche für alle veranstalten wir Feiern für Krabbelkinder und für Senioren; für Gospelfans und für Bachliebhaber; für Bergwandernde und für Daheimgebliebene. Und einmal im Jahr findet in der Krypta des Grossmünsters sogar eine Adventsfeier speziell für Männer statt. Braucht es wirklich einen speziellen Männergottesdienst? Es gibt doch bereits viele gute Gottesdienstangebote für Männer: vom Krabbelgottesdienst (da sind ja auch Väter willkommen) bis zum Fernsehgottesdienst. Zudem bedeutet der Advent vielen Männern wenig, manche Männer mögen nicht singen und andere finden Stille eine Zumutung. Auch dem Männergottesdienst wird es daher nicht gelingen, die Männer in Scharen in die Kirche zu locken. Ja, es gibt ein breites Gottesdienstangebot, das viele Männer anspricht. Und nein, auch mit speziellen Männergottesdiensten wird es nicht gelingen, alle Männer anzusprechen. Und ja, es braucht sie dennoch: spezielle Anlässe nur für Männer, für unterschiedliche Männer in ihren spezifischen Lebenszusammenhängen. Gott ist Mensch geworden und sucht die Nähe aller Menschen. Das ist die Botschaft von Weihnachten. Ich glaube, dass Männer diese Botschaft nur hören können, wenn sie nicht bloss als Mensch oder Wanderer oder Bachliebhaber, sondern auch als Mann angesprochen werden. Wenn ein Mann zugesprochen bekommt, erfahren und glauben kann, dass Gott ihn auch und gerade in seiner geschlechtlichen Identität, mit seinen individuellen und seinen typisch männlichen Stärken, Schwächen und Verletzungen sieht, liebt und annimmt, dann ist Weihnacht. Pfrn. Sabine Scheuter und Pfr. Mark Schwyter leiten die Fachstelle Geschlechter & Generationen. In dieser Kolumne sagen sie abwechselnd, was in der Kirche Sache ist: aus Männersicht und aus Frauensicht. 5


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