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Auch eine Langstrecke geht einmal zu Ende
Text: Magdalena Thiele
Verteidigung, aussen – das wäre seine Position, wäre die katholische Kirche eine Fussballmannschaft. Bischof Joseph Maria Bonnemain sehe er dagegen eher im Mittelfeld die Bälle verteilen. Als Stürmer Tore schiessen, das wäre die Rolle der ehemaligen Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding – sie hatte die richtige Power-Mentalität.
Die Rolle des Aussenverteidigers werde übrigens immer unterschätzt, erklärt der 74-Jährige. Meistens konzentriert man sich aufs Mittelfeld und den Sturm, der die Tore schiesst. Aber die entscheidenden Flanken kommen nicht selten von der Seite.
Auch im kirchlichen Kontext laufen die Finanzen im Hintergrund, sind aber essenziell für alle wichtigen Projekte. Und so spielte Peter Brunner auch bei seinem Engagement für die Kirche auf seiner Stammposition.
Eines seiner Herzensthemen ist die Nachhaltigkeit. Das Schwerpunktthema der zu Ende gegangenen Legislatur «Nachhaltig Kirche leben» scheint wie auf ihn zugeschnitten: In seiner Heimatgemeinde hat er bereits vor zehn Jahren mitgeholfen, dass die Kirche St. Franziskus in Zürich-Wollishofen nach einer vollständigen energetischen Sa- nierung heute komplett emissionsfrei funktioniert. «Wir sind die ökologischste Kirche Europas», erklärt Brunner sichtlich stolz.
Auf Kantonsebene seien solche Vorhaben aber schwieriger umzusetzen. Die Kirchgemeinden entscheiden autark, wie und wieviel sie in das Thema Nachhaltigkeit investieren wollen, sagt Brunner. Allerdings wollte er einen neuen Weg finden, Anreize zu schaffen. Ein neues Baureglement, das die Synode allerdings ablehnte, sah ausschliesslich Zuschüsse für ökologische Baumassnahmen vor. Die Synode will aber die bisherigen Bauzuschüsse auch behalten. Eine Überarbeitung muss jetzt der neue Synodalrat vornehmen.
«Geld ist immer ein Anreiz», weiss Brunner, der bis zu seiner Pensionierung als Geschäftsführer eines grossen Pharmavertreibers gearbeitet hat. In der Kirche ist das nicht anders als im Geschäftsleben.
Gerne hätte er weitere geschossen, aber vor allem die familiären Verpflichtungen nehmen immer mehr Zeit ein: Zwei Kinder und drei Enkelkinder wollen Zeit mit ihm verbringen. In seiner Freizeit unterstützt er seine Frau tatkräftig als «Vorwanderer» beim Zusammenstellen neuer Wanderrouten für ihren Wanderverein. Und dann sind da noch die regelmässigen Treffen der ehemaligen Spieler vom Fussballverein Grasshopper Club Zürich sowie Besuche der Vortragsreihen der Seniorenuniversität an der Uni Zürich.
Im vergangenen Jahr ist er mit seiner Frau auf dem Jakobsweg 120 km von Sarria bis Santiago de Compostela gewandert – für diesen Sommer hat er sich gleich die doppelte Strecke vorgenommen: 240 km von Porto die Atlantikküste entlang. Brunner ist die Langstrecke gewohnt – auf dem Fussballplatz, beim Wandern und eben auch in der katholischen Kirche.
Schon seit 12 Jahren spielte Peter Brunner im Team Kirche. Vier Jahre davon als Mitglied der Synode, vier weitere als Präsident der Finanzkommission der Synode und zuletzt vier Jahre als Synodalrat der katholischen Kirche Zürich und zuständig für das Ressort Finanzen und Infrastruktur und zusätzlich auch ICT. Sein Amt beendete er diesen Juli.
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Von Kloster bis Kommune
Das Christentum und die Kirchen stehen beim Thema Nachhaltigkeit nicht aussen vor: Die Orientierung am Gemeinwohl, Solidarität und Verzicht gehören zum Kern biblischen Glaubens und christlicher Ethik. Im ersten Band der neuen Reihe «Zürcher Zeitzeichen» zeigen die Autorinnen und Autoren theologische Grundlagen auf, präsentieren Projekte und stellen Handlungsperspektiven vor.
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Zürcher Zeitzeichen, Band 1 2023, ISBN 978-3-290-20231-6
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Erzähl nochmal hg. von Rolf Bossart, Nadire Mustafi, Monika Winter-Pfändler, Michael Zahner
In Märchen und Mythen und in Geschichten aus Heiligen Schriften kommen ethische und existenzielle Fragen zur Sprache. Im Buch sind 111 Geschichten gesammelt, die sich zum Vorlesen für Familie und Schule eignen, um sich in einer multikulturell geprägten und säkularen Gesellschaft über gemeinsame Grundlagen zu vergewissern.
Edition NZN bei TVZ
ISBN 978-3-290-20237-8
Mein Hobby
Wandern durch die Nacht
«Es ist dunkel. Ich schreite voran, meiner Erinnerung an den Weg trauend. Fünf Pilgerinnen folgen mir, ohne Lampen. Sie trauen mir zu, dass ich sie den richtigen Weg führe. Und ich weiss, dass alle ihre Füsse zu setzen wissen. Ich kann mich auf sie verlassen. Aus dem Wald heraustreten, Sternenhimmel bestaunen.
Morgens um halb vier: Pause. Dunkelheit, die nie zu enden scheint. Plötzlich – das Dunkel kippt in ein Hellwerden. Der erste Vogel, dann ein Vogelkonzert. Nebelschwaden über dem Hochmoor. Mit müden Beinen den Chatzenstrick hochwandern. Wau, die Berge im Morgenlicht vor uns, Einsiedeln unter uns. Am Morgen in der Klosterkirche. Kerzen anzünden, Dankbarkeit, Müdigkeit, Glück.»
Susanne Hirsch ist Regionalleiterin Albis und Züriberg bei der Spital- und Klinikseelsorge der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. In Ihrer Freizeit leitet sie Frauen-Wandergruppen und organisiert auch immer wieder einmal eine Nacht-Wallfahrt.
