scm-Newsletter 5/2012

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scm Newsletter | Ausgabe 05/2012

Die Expertenecke

Fragen an Experten Jürgen Gemke (Currenta)

Mathias Brandes (Thomas Cook) Die Berichterstattung über Krisen und Unfälle in der Chemiebranche wird häufig sehr emotional geführt. Kann man dennoch sachlich kommunizieren?

Krisen und Unfälle lösen Emotionen aus. Deshalb kommt es bei der Kommunikation mit der Öffentlichkeit auf die richtige Mischung zwischen Herz und Verstand an. Das wichtigste ist, die Gefühle und Sorgen der Menschen „da draußen“ sehr ernst zu nehmen und ihnen offen, in einfacher und klarer Sprache zu berichten, was passiert ist und weiter passieren wird. Die eher technik- und wissenschaftsgetriebenen Experten aus den Unternehmen neigen manchmal dazu, die Fragen und Bedenken der Laien einfach „weg zu bügeln“.

Was sind Ihrer Meinung nach kommunikative Fallen, in die auch PR-Profis in Krisensituationen immer wieder tappen? Nicht alle verfügbaren Informationen parat zu haben – anders ausgedrückt: Das PR-Team muss zu jeder Zeit auf Ballhöhe mit den Experten und der aktuellen Lagebeschreibung sein. Nur so können Lage und Auswirkungen aus kommunikativer Sicht richtig bewertet und eingeschätzt werden. Nichts ist schlimmer, als später von der Wahrheit eingeholt zu werden.

Auf den Krisenfall vorbereitet zu sein, ist unerlässlich. Dennoch kommt es letzten Endes immer anders als geplant. Wie sind Ihre Erfahrungen? Es gibt keine Blaupausen – jedes Ereignis hat seine eigene Dynamik. Jeder Einsatz ist anders. Grundsätzlich hilft Erfahrung, mit den wechselnden Situationen und Anforderungen klar zu kommen. Eine intensive Planung, Vorbereitung und andere Hilfsmittel wie etwa Checklisten und Mustertexte helfen allerdings sehr. Sie geben Sicherheit und sind auch für Krisenprofis sehr wichtig.

Die Krisen in der Reisebranche sind vielfältig und treten meist unerwartet ein. Kann man sich als Unternehmen auf Aschewolke und Co. wirklich vorbereiten? Bis zu einem gewissen Grad kann und muss man sich auf solche Ereignisse vorbereiten. Das heißt vor allem, dass die Prozesse im Unternehmen funktionieren müssen. Dazu gehören Krisenhandbücher, klare Zuständigkeiten im Krisenfall und ein Lagezentrum, das rund um die Uhr die Welt beobachtet. Hinzu kommen regelmäßige Krisenübungen, um Automatismen zu entwickeln und Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.

Haben Kritik und Beschwerden in Zeiten von Social Media zugenommen und bedeutet öffentliche Kritik auch immer gleich Krise? Kritik und Beschwerden sind zunächst einmal keine Krise, sondern zeigen Verbesserungsbedarf auf. Eine Krise entsteht erst durch den Umgang mit Kritik. Und da gibt es in Zeiten von Social Media selten eine zweite Chance. Die Transparenz hat extrem zugenommen und darauf müssen wir uns als Unternehmen einstellen.

Haben Social Media Ihre tägliche Arbeit als Kommunikationschef verändert? Sie haben das Tempo erhöht, aber die Arbeit nicht grundsätzlich verändert. Schnell und korrekt zu informieren war auch schon vor Social Media unser Anspruch.

Vor einigen Wochen gingen Insolvenzgerüchte über Thomas Cook durch die Medien. Sie mussten in diesem Fall nicht nur Journalisten, sondern auch Mitarbeiter und Kunden mit Informationen versorgen. Wie sind Sie in dieser Situation vorgegangen?

Wie in jeder Krise gilt das Gebot: Informiere schnell und transparent. Das haben wir versucht, indem wir in kürzester Zeit sowohl unsere Mitarbeiter und die Medien als auch die Reisebüros und Dienstleister direkt informiert haben. Gleichzeitig haben wir unsere Service Center und Social Media Abteilung mit Sprachregelungen versorgt, damit sie die Kundenanfragen entsprechend beantworten konnten. In so einer Phase müssen Sie aktiv alle wichtigen Stakeholder ansprechen, damit Sie überhaupt eine Chance haben, mit Ihren Botschaften wahrgenommen zu werden.

Um hausgemachte Krisen zu vermeiden gibt es in vielen Unternehmen Kommunikationsrichtlinien bzw. Social Media Guidelines. Wie sieht dies bei Thomas Cook aus? Auch bei uns gibt es Guidelines für den Umgang mit Social Media. Dabei geht es vor allem darum, den Mitarbeitern bewusst zu machen, wie ihre Äußerungen über das Unternehmen wahrgenommen werden können und welche Verantwortung für den Unternehmensruf sie damit auch haben. Im Netz bleibt selten etwas privat und dieser Tatsache muss sich jeder bewusst sein.

Dr. Rolf Kiefer (DekaBank) Heutzutage ist zunehmend unternehmerische Transparenz gefragt. Ist dies zugleich ein guter Weg um Krisen vorzubeugen? Unternehmerische Transparenz ist wichtig, hat aber auch Grenzen, z.B. dort, wo nachvollziehbare Kundeninteressen zu schützen sind. (Kommunikations-)Krisen kann man grundsätzlich dadurch vorbeugen, indem man ständig mit allen Stakeholdern im Gespräch ist. Sollte es dann trotzdem Schwierigkeiten geben, gibt es ein paar grundlegende Prinzipien, wie man Krisen kommunikativ meistern kann, und dazu zählen u.a. Transparenz, Glaubwürdigkeit und auch Selbstkritik.

Mehr Informationen unter www.scmonline.de


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