Prolog April 2020 | Wiener Staatsoper

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THEMA

GLIEDERN der Malerei im Kreise meiner geliebten Familie zu verbringen. Da bin ich also wieder einmal ein klein wenig auf die Butterseite gefallen und bin mir dessen auch bewusst – und sehr dankbar. (Natürlich … ab und an ist es nötig, ein wenig die Stimme zu beleben, schließlich möchte man, wenn alles vorbei ist, wieder startklar sein …)

Ihr Herbert Lippert

zu sein und gesungen zu haben. Das Glück, eine Karriere an einem Haus aufzubauen und diese auch so lange zu halten, wird in Zukunft in unserem kurzlebigen Sängergeschäft, wo die SängerInnen zur schnell austauschbaren Ware geworden sind, kaum mehr möglich sein. Deshalb bin ich dem Schicksal doppelt dankbar, für mich an dem schönsten Hause der Welt so lange gewirkt zu haben. Vielleicht behalten Sie mich und die anderen SängerkollegInnen, die nun im wahrsten Sinn des Wortes „sang und klanglos“ unser Haus verlassen, in guter Erinnerung. Bitte bleiben Sie auch in Zukunft weiter unserer Oper und unseren SängerInnen treu und vor allem bleiben Sie gesund! Ihr Herwig Pecoraro

Zeichnerische Grüße von Benedikt Kobel

Liebes Publikum, liebe Opernfreunde! Wer hätte vor ein paar Wochen gedacht, dass dieses Coronavirus unsere heurige Opernsaison beendet? Ich habe mir auch nicht gedacht, dass mein Herodes am 24. Jänner dieses Jahres meine letzte Vorstellung an der Wiener Staatsoper gewesen sein sollte. Wie gerne hätte ich noch meinen letzten Ring im April als Abschluss vor meiner Pensionierung gesungen, aber wie mein Vater schon immer sagte: „Das Leben ist kein Wunschkonzert!“ So möchte ich diese Plattform nutzen, um mich nach 30 Jahren auf der Bühne der Wiener Staatsoper von Ihnen zu verabschieden. Ich verbeuge mich zum letzten Mal, leider nur imaginär, noch einmal ganz tief vor Ihnen und bedanke mich in Demut und Dankbarkeit für Ihren Applaus und Ihre Treue in all diesen Jahren. Es ist in unserem Sängerberuf keine Selbstverständlichkeit, so lange an einem Haus engagiert gewesen

„Hereinspaziert in die Menagerie, Ihr stolzen Herrn, ihr lebenslust’gen Frauen, Mit heißer Wollust und mit kaltem Grauen ...“ So der Beginn des Prologs des Tierbändigers aus Alban Bergs Lulu. Einst folgte die Präsentation der kunstvollen Verbalisierung und Vertonung des „kalten Grauens“ zu unser aller höchstem Kunstgenuss. Jetzt müssen wir uns damit bescheiden, dem kalten Grauen in der Wirklichkeit gegenüberzutreten. Bescheiden? Nein, wir haben gar keine andere Wahl, als die Herausforderung anzunehmen und zu bestehen. Da mag sich das Vermissen der Bühne als beinahe nachgereihte Pein entpuppen. Aber immerhin darf der Wunsch, in naher Zukunft wieder einmal eine Opernvorstellung zu erleben, als Belohnung für die aktuellen Entbehrungen dienen. Wissend, dass dem so sein wird, weil ich auf unsere Kraft vertraue, diese Krise zu meistern, grüße ich Sie herzlich und wünsche Ihnen Gesundheit und Zuversicht! Ihr Wolfgang Bankl, zur Zeit Hauslehrer und Gärtner

www.wiener-staatsoper.at

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