Werkschau Text Band 9

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Die Jahre mit dir

In der dritten Klasse Hauptschule. Als ihr eure Katze Tapsy einschläfern musstet. Wie ich bei dir übernachtet habe und wir uns ein Bett geteilt ­haben, ich dir so lange übers Haar gestrichen habe, bis du aufgehört hast zu weinen und in den Schlaf gesunken bist. Nach der Hauptschule entschieden wir uns für die gleiche Schule. Dort wo wir neue beste Freunde fanden, mit denen wir so viel Blödsinn erlebten. Die vielen gemeinsamen Abende. Besonders dieser eine Sommerabend blieb mir im Gedächtnis. Als wir uns alle an einem der letzten sonnigen Tage ins Schwimmbad geschlichen haben.

Wie das alles dann passiert ist, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Doch du warst plötzlich in den Armen von Brad und ich in den Armen von Armin. Brad und du. Armin und ich. Ich verstand nicht. Eigentlich hätte ich überglücklich sein sollen, welchen Grund hätte es auch gegeben, es nicht zu sein? Doch ich war nicht zufrieden. Irgendwie war ich auf dich eifersüchtig. Ihr schient so glücklich. Was hattet ihr, das ich nicht hatte? Doch langsam begann ich zu verstehen. Langsam hatte ich es begriffen. Ich war nicht auf dich eifersüchtig. Ich war auf Brad eifersüchtig.

Schreibakademie MÖDLING

Später als wir in die Volksschule kamen und die Nachmittage gemeinsam verbracht haben. Hinter dem Haus meiner Oma, auf der grünen Wiese mit den vielen großen Kastanienbäumen. Im Frühling pflückten wir die schönsten Blumen für unsere Mütter. Im Sommer saßen wir im Gras und banden uns gegenseitig Gänseblümchen ins Haar. Im Herbst hüpften wir in den großen Laubhaufen, dass die Blätter nur so davonflogen. Und im Winter bauten wir die größten Schneeburgen, die es gab.

An dem Tag sind Sonja, Alex, Daniel, du und ich zum ersten Mal gemeinsam vom Sieben-Meter-Turm gehüpft. Später als wir uns alle abgetrocknet hatten und hinten auf der großen Wiese das kleine Lagerfeuer entzündet hatten und dicht nebeneinander ­kuschelten. Wie langsam die Sonne unterging und der Wind durch deine Haare fuhr. An dem Abend saß ich neben dir und zum ersten Mal fiel mir richtig auf, wie schön du doch warst. Dieser Abend voller Glück hätte ewig dauern können.

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Doch ich beschloss, es dir nicht zu sagen. Mein Geheimnis tief vergraben. Nie sagte ich es dir. Ich war für dich als Freundin da. All die Jahre. Mit mir und Armin hielt es nicht lang. Als Brad sagte, es würde mit euch nicht funktionieren und er dich weinend zurückließ. Lange wusste ich nicht, wie ich es sagen sollte. Doch jetzt besitze ich den Mut, es zu sagen. Es laut zu sagen, es dir zu sagen.

„Ich liebe dich.“

SCHREIB AKADEMIE

Claudia Zenz

Weißt du noch, wie wir uns kennen­gelernt haben? Damals im Kindergarten, ich kannte noch niemanden und war so schüchtern. Ganz ängstlich habe ich mich hinter meiner Mama versteckt, ihr Hosenbein mit meinen kleinen Fingerchen fest umklammert. Du liefst mit tapsigen Schritten auf mich zu und hast mich angelächelt. Sofort habe ich dir vertraut.


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