Wege und Geschichte Les chemins et l’histoire Strade e storia
Verkehrsinfrastrukturen für den Tourismus Infrastructures de transport pour le tourisme Infrastrutture di trasporto per il turismo
TITELBILD
Die Rigi ist schon seit Jahrhunderten ein beliebtes Reiseziel und seit der frühen Neuzeit für Badekuren und Wallfahrten bekannt. Das Bergmassiv mit seinem höchsten Gipfel, dem RigiKulm, wurde ab dem 18. Jahrhundert zu einer international beliebten Tourismusdestination und mit entsprechenden Verkehrsinfrastrukturen erschlossen: Neben zwei Zahnradbahnen – darunter die erste Bergbahn Europas – führen mehrere Luftseilbahnen auf die Gipfel, von denen aus man auf verschiedenen Höhen und Panoramawegen die Aussicht auf den Vierwaldstättersee und die nahen Alpen geniessen kann. Die Fotografie stammt aus einem Album mit dem Titel «Zur Erinnerung an unsere schöne SchweizerReise vom 19. Juli bis 2. August 1907» mit insgesamt 17 Bildern, die vom Bildarchiv der ETH Zürich digitalisiert wurden. Die Sujets aus Luzern, Zürich, dem Berner Oberland und vom Vierwaldstättersee zeichnen ein eindrückliches Panorama der touristischen Verkehrsinfrastrukturen in der Schweiz am Beginn des 20. Jahrhunderts.
Titelbild: RigiKulm und die Alpen / Fotograf: Unbekannt / ETHBibliothek Zürich, Bildarchiv / Ans_05134 004 ALFL
IMPRESSUM
Wege und Geschichte
Zeitschrift von ViaStoria – Stiftung für Verkehrsgeschichte
Les chemins et l’histoire
Publication de ViaStoria – Fondation pour l’histoire du trafic
Strade e storia
Rivista di ViaStoria – Fondazione per la storia del traffico
Ausgabe 02/2025 | Dezember 2025
Auflage: 2500
Die nächste Ausgabe von «Wege und Geschichte» erscheint im Oktober 2026. Sie ist dem Thema Bäderwege gewidmet.
Ob auf Schienen, Strassen oder mit Seilbahnen und Schiffen: Verkehrsinfrastrukturen sind das Rückgrat des Schweizer Tourismus. Seit Jahrhunderten verbinden sie Menschen, Regionen und Kulturen – und sie prägen bis heute das Reiseerlebnis. Pilgerwege, Promenaden, Passstrassen, Eisenbahnen oder Bergbahnen zeigen eindrücklich, wie eng aneinander orientiert sich Mobilität und Tourismus entwickelt haben. Heute hängt rund die Hälfte des gesamten Verkehrsaufkommens direkt oder indirekt mit Freizeit und Tourismus zusammen. Dennoch richtet sich die Planung noch immer primär nach Pendlerströmen. Zeit also, Mobilität wieder konsequenter auch für Gäste und Freizeitreisende zu denken. Die Schweiz geniesst international einen hervorragenden Ruf für ihren leistungsfähigen öffentlichen Verkehr – ein Viertel der touristischen Wege wird bereits mit Zug und Bus bewältigt. Dieses Potenzial wollen wir weiter stärken. Dafür braucht es Investitionen, Innovation und Mut. Denn wie in der Vergangenheit gilt auch für die Zukunft: Tourismus und Verkehr entwickeln sich nur gemeinsam erfolgreich weiter – nachhaltig, vernetzt und im Miteinander von Gästen und Einheimischen.
Chère lectrice, cher lecteur Voies ferrées, routes, téléphériques ou encore bateaux : les infrastructures de transport sont la colonne vertébrale du tourisme en Suisse. Depuis des siècles, elles mettent en communication personnes, régions et cultures, marquant l’expérience du voyage. Chemins de pèlerinage, promenades, routes de col, trains ou chemins de fer de montagne montrent bien à quel point mobilité et tourisme se sont développés en parallèle. Aujourd’hui, près de la moitié des dépenses totales de transport est liée directement ou indirectement au tourisme et aux loisirs. Pourtant, on continue de baser la planification sur les flux de pendulaires. Il serait temps, en fait, de réfléchir à la mobilité en prenant mieux en compte les déplacements non professionnels. La Suisse jouit sur le plan international d’une excellente réputation pour l’efficience de ses transports publics – un quart des trajets touristiques s’effectuent déjà en train et en autobus. Ce potentiel, nous voulons le renforcer. Cela demande des investissements, de l’esprit d’innovation et du courage. Car ce qui vaut pour le passé vaut aussi pour l’avenir : tourisme et transports ne progresseront avec succès qu’ensemble – dans un développement durable, interconnecté et imbriquant hôtes et population locale.
Care lettrici, cari lettori, Che si tratti di ferrovie, strade, funivie o navi, le infrastrutture di trasporto sono la spina dorsale del turismo svizzero. Da secoli collegano persone, regioni e culture e ancora oggi caratterizzano l’esperienza di viaggio. Cammini di pellegrinaggio, passeggiate, strade di valico, ferrovie di pianura o di montagna, funivie, dimostrano in modo impressionante quanto la mobilità e il turismo si siano sviluppati in stretta correlazione. Oggi circa la metà del traffico totale è direttamente o indirettamente legata al tempo libero e al turismo. Tuttavia la pianificazione continua a concentrarsi principalmente sui flussi pendolari. È quindi giunto il momento di pensare anche alla mobilità legata al turismo ed al tempo libero. La Svizzera gode di un’ottima reputazione a livello internazionale per il suo efficiente sistema di trasporto pubblico: un quarto dei percorsi turistici viene già effettuato in treno e in autobus. Vogliamo rafforzare ulteriormente questo potenziale. Ciò richiede investimenti, innovazione e coraggio. Come in passato, anche in futuro il turismo e i trasporti potranno svilupparsi con successo solo insieme, in modo sostenibile, interconnesso e in collaborazione tra ospiti e residenti.
Philipp Niederberger
Direktor Schweizer TourismusVerband
Directeur de la Fédération suisse du tourisme
Direttore Federazione svizzera del turismo
INHALT
4 Promenierwege für den Tourismus. Das mondäne Leben im Hotel
Roland Flückiger-Seiler
10
Bilder der Schweiz Online
Viviane Maeder, Michael Matile, Thomas Zweifel
15 Du fil électrique à la roue ailée : au cœur d’une révolution touristique
Laurent Tissot
20 Die Geschichte der maschinenbetriebenen Schifffahrt auf dem Genfersee im Lichte des regionalen und internationalen Tourismus
Jürg Meister
26 Hospize und Herbergen am Pilgerweg
Daniel Stotz
31 Graubündens Alpenstrassen als touristisches Reiseziel
Isabelle Fehlmann
35 Rubrik: Sanierungen von IVSObjekten Die Chlusestrasse ins Gasterntal – ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung
Eneas Domeniconi
39 Le futur des voies du passé
Jonathan Amstutz, Erika Flückiger und Ulrike Marx
42 Publikationshinweise
43 ViaStoria – Stiftung und Förderverein Vorschau
PROMENIERWEGE FÜR DEN TOURISMUS
Das mondäne Leben im Hotel
Roland Flückiger-Seiler
Neben Strassen, Eisenbahnen und Schiffen, auf denen die Touristinnen und Touristen in der Hochblüte der Belle Époque ihre Feriendestinationen erreichten, spielten auch Verkehrswege eine wichtige Rolle, die dem reinen Vergnügen und der Erbauung dienten. Aussichtsreiche, kunstvoll bepflanzte und künstlich beleuchtete Promenierwege wurden an zahlreichen beliebten Tourismusorten in der Schweiz angelegt. Entlang der Seeufer mit Blick auf die umgebende Alpen- und Seenlandschaft, aber auch als Höhenwege rund um alpine Berghotels wurden diese touristischen Verkehrsinfrastrukturen bald zu wichtigen Trümpfen im umkämpften Hotelleriemarkt.
Promenierwege für die soziale Trennung
In der Belle Époque funktionierte das Leben in den meisten Hotels wie in einer geschlossenen Welt auf dem Ozeandampfer. Die Häuser boten den Gästen alles an, was diese zum Wohle ihres Aufenthalts wünschten. So vergnügte sich die Gesellschaft aus der Oberschicht in den Hotels unter ihresgleichen, von den gesellschaftlichen und sozialen Problemfeldern abgeschottet. Treffend charakterisiert der Schweizer Schriftsteller Konrad Falke im Jahr 1913 diese Gegensätze in seinem Roman Wengen: «Am Abend aber sehen die verwundert an die Hotelfenster heranschleichenden Bergler in den Ballsälen solch eine flimmernde Pracht, als
wäre der Märchenzauber König Laurins Wirklichkeit geworden.»1 Daneben lebte eine Bevölkerung, welche versuchte, ihre Lebensbedingungen mit Aktivitäten wie Blumen und Souvenirverkäufen oder sogar mit Bettelei zu verbessern. So verdienten sich an etlichen Orten Künstler, deren Namen kaum noch bekannt sind, ihren Lebensunterhalt als Landschaftsmaler durch die Verkäufe von Bildern an promenierende Gäste. Die Schweiz war bis weit ins 19. Jahrhundert über grosse Strecken wirtschaftlich geschwächt, ohne eigene Rohstoffe und durch innenpolitische Wirren, wie den Sonderbundskrieg, geprägt. Gerade die Bevölkerung in den Berggebieten lebte vielerorts in Armut und Elend. 1891 schrieb der
1 Genf, Pont du Mont Blanc mit dem Grand Quai (Quai du Lac), Aufnahme von 1917.
2 Beispiel einer Quaianlage mit Kutschen und flankierenden Hotelbauten am Vierwaldstättersee, Aufnahme von 1914.
(Archiv Roland Flückiger)
Berner Rudolf von Tavel in seiner Dissertation: «Die Thatsache, dass die Touristen (…) in gewissen Gegenden auf’s Unangenehmste von alten und jungen Bettlern verfolgt werden, ist alljährlich Gegenstand mancher Zeitungsartikel. Zahlreiche ReiseHandbücher und Reisebeschreibungen erwähnen diese belästigende Erscheinung.»2
Es war auch die Zeit, in der die Einheimischen ihr Alphorn nicht aus Inbrunst spielten, sondern ihre Blaskunst für einen Batzen anboten und Bauernmädchen versuchten, mit Edelweiss und Enzian zu einem Geldstück zu gelangen. Der Reiseführerautor Karl Baedeker beklagte sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts dazu bitter: «Unter allen Gestalten und Vorwänden werden Anläufe auf den Geldbeutel eines Reisenden genommen.»3 Viele Einheimische verdingten sich als Diener oder Führer, Verkäufer oder wie erwähnt ganz einfach als Bettler.
3
(Archiv Roland Flückiger)
Die sozioökonomische Diskrepanz zwischen Einheimischen und Reisenden kam mit dem boomenden Fremdenverkehr im 19. Jahrhundert vielerorts auch baulich zum Ausdruck. In den Städten mit frühem Tourismus bot man den Gästen eigene mit Bäumen und Sträuchern eingedeckte Spazierwege an. So konnten sie sich von den vielerorts herrschenden sozialen Problemen abwenden und mit Blick in die Ferne, in niedliche Landschaften und auf Berge und
Seen spazieren. Diese Promenierwege, für die Beat Wyss die Bezeichnung «urbane Aussichtsterrassen»4 prägte, wurden vor allem an den Seeufern errichtet (Abb. 2). Dort konnten die Touristinnen und Touristen in gemächlichem Tempo unter ihresgleichen promenieren, um auf diese Weise die bewunderte Umgebung besser zu geniessen und die Problemfelder der Einheimischen auf der Seite zu lassen.
Pioniere in der Westschweiz
Ein erster Promenierweg am Seeufer entstand kurz vor 1830 in Genf. Dort begann die Stadt 1829 in der Seebucht auf der linken Seite der «Rade de Genève» mit dem Bau des Grand Quai, später als Quai du Lac und heute als Quai Général Guisan bekannt (Abb. 1). Kurz danach kam der Quai des Bergues am Ufer gegenüber dazu, an dem 1834 das Hôtel des Bergues als erstes eigentliches Grand Hotel auf Schweizer Gebiet eröffnet wurde. Im selben Jahr entstand zur Erschliessung der RousseauInsel davor eine von Ingenieur Henri Dufour erbaute Drahtseilbrücke als weltweit erste bekannte Anlage und deshalb viel bestaunte Sensation.5 Mit diesen Spazieranlagen waren wichtige bauliche Voraussetzungen geschaffen, welche die Entwicklung von Genf im frühen Tourismus stark förderten. Die Promenierwege und auch der Hotelbau ausserhalb der Stadtmauern Genfs können im schweizerischen Rahmen als Pionierleistungen bezeichnet werden. Gleichzeitig waren sie auch ein bauliches Symbol für die Öffnung der ehemals geschlossenen, von Mauern befestigten Stadt und die Hinwendung zu einem neuen romantischen Geist, welcher die Natur ins Zentrum des Lebens rückte. Sie waren deshalb ein Vorbild für weitere Anlagen in der Schweiz.6
Am Genfersee bemühten sich auch weitere Gemeinden um das Wohl der Touristen beim Spazieren auf angenehmen Promenaden. Ein frühes Beispiel war Villeneuve, wo die Municipalité bereits 1828 beschloss, «[de] faire ranger la place de la Grand Rivaz, de la fermer soit avec des palissades en chênes soit avec des bouteroues ainsi que d’y planter des peupliers ou d’autres arbres».7 Diese Bemühungen um die Bepflanzung der Wege und Plätze zeigen auf, dass sich damals bereits etliche Touristen in Villeneuve aufhielten. Für diese entstand zwischen 1837 und 1841 beispielsweise auch das Hôtel Byron in einem noch vollständig unbewohnten Gebiet am Ufer des Genfersees, als erstes grosses Hotel in der freien Naturlandschaft (Abb. 3). Auch in Montreux und Vevey sowie in den weiteren Fremdenorten am Ufer des Sees erfreuten sich die Touristen bald einmal an speziellen Promenierwegen, die in der Regel von Baumalleen gesäumt waren und von etlichen Hotelbauten flankiert wurden (Abb. 4). In Ouchy bei Lausanne wurde 1857 die Société immobilière d’Ouchy gegründet mit dem Ziel, den Hafen und die Spazierwege zu verbessern und am Seeufer ein
Das Hotel Byron bei Villeneuve in einer frühen Darstellung um 1840.
neues Hotel zu errichten, das dann 1868 als Hotel Beau Rivage eröffnet werden und von der idyllischen Promenade profitieren konnte.
Thun und Berner Oberland
Bereits in den 1830erJahren begann auch die Stadt Thun, ihren Gästen Promenierwege anzubieten. Dort förderten die Gebrüder Knechtenhofer den Fremdenverkehr massiv. Der Thuner Rat Johann Peter Knechtenhofer (1762–1812) und sein Bruder Jakob Wilhelm (1766–1824) sowie dessen drei Söhne Johann Jakob, Johannes und Johann Friedrich betrachteten die Kombination zwischen hervorragender Natursituation und malerischen, historischen Bauten mit gut ausgebauten Gaststätten und deren Infrastrukturanlagen als Grundbedingung für einen erfolgreichen Tourismus. So entstand in Thun nordwestlich der Altstadt am Aareufer in mehreren Etappen die Schwäbis-Promenade als erster Promenierweg, der von den frühen Touristen am Ort besonders geschätzt wurde. In Interlaken entstand eine Ausnahme von der Regel: Dort, wo der direkte Bezug zu einem See fehlte, errichtete man am Höheweg eine Spaziermeile jenseits der alten Siedlungen von Unterseen und Aarmühle, mit Blick auf das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau, die von vielen Hotels flankiert wurde (Abb. 5). Die Hotelbesitzer an diesem Weg sorgten dafür, dass auf der nebenan liegenden Höhematte ein bis heute gültiges Bauverbot im Grundbuch eingetragen wurde.
Innerschweiz und Vierwaldstättersee In Luzern kamen die ersten Quaianlagen in Betrieb, als dort ein Brand im Juni 1833 einen Teil des Altstadtquartiers eingeäschert hatte. Beim Wiederaufbau entstanden mit dem Bauschutt rechts und links des Reussufers die ersten Spazierquais.8 So wurde 1836 ein Bauprojekt geplant, welches das Hofquartier mit dem Schwanenplatz auf der rechtsufrigen Altstadt seeseitig abschliessen sollte. Der Basler Architekt Melchior Berri (1801–1854) entwarf dazu ein Idealprojekt zum Bau von Häusern nach klassizistischem Vorbild, welches der Stadt ein ganz neues Gesicht gegeben hätte. Danach entstand auf
Initiative der Gebrüder Segesser das im August 1845 eröffnete Hotel Schweizerhof mit dem Schweizerhofquai. Auslöser einer weiteren intensiven Hotelbauphase war der im September 1865 vom Luzerner Regierungsrat genehmigte Bebauungsplan. Dieser regelte die Gestaltung einer neuen Spazieranlage als Fortsetzung des Schweizerhofquais, «wo die Fremden sich der schönen Aussicht wegen vorzugsweise aufhalten»9, mit dem Nationalquai (Abb. 6). In Weggis am See entstand erst nach der Jahrhundertwende, zwischen 1905 und 1909, eine grosszügige Quaianlage nach dem Vorbild der grossen Tourismusorte, die dort zum Bau von mehreren bedeutenden Hotels an dieser lang gezogenen Baumallee führte. Sie wurde bald mit einem monumentalen Brunnen ausgeschmückt und mit Kandelabern elektrisch beleuchtet (Abb. 7).10 Im benachbarten Brunnen hatte man vor 1870 eine Quaianlage für die Touristen des damals eröffneten Grand Hotels Waldstätterhof gebaut, kurz nach dem Bau der vom Bund massiv finanzierten Axenstrasse, welche dem Ort einen bedeutenden Zustrom von Touristen brachte.
4 Promenierquai bei Montreux, Aufnahme um 1920. (Foto: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Ans_05519-014AL-FL)
5 Interlaken, Spaziermeile am Höheweg um 1890. (Library of Congress Prints and Photographs Division Washington, D.C.)
Tessin
In den 1860erJahren begann der Bau von Quais auch im Tessin, vorerst in Lugano nach dem Vorbild von Genf oder Luzern. Zwischen 1863 und 1866 wurde die Riva Vincenzo Vela als Verbindung zwischen
Als Teil des Frankenwegs, der mittelalterlichen Via Francigena, führt die Wanderroute 70 von Ballaigues im Waadtländer Jura über Lausanne und das Lavaux ins Unterwallis und folgt dann der uralten Passstrasse auf den Grossen St. Bernhard. Der Schweizer Abschnitt dieses Pilgerwegs von Canterbury zur «ewigen Stadt» Rom wird oft als der landschaftlich schönste der Via Francigena beschrieben. Das kulturhistorisch ausgerichtete Buch nimmt die Leserin und den Leser auf eine meditative Fuss oder Radreise mit, die mit vielen Juwelen aufwartet: das Klosterdorf Romainmôtier, das mondäne Montreux und das römisch geprägte Martigny reihen sich an Naturwunder wie die Schluchten von Orbe und Trient sowie den atemberaubenden Anstieg auf den Pass mit seinem Hospiz. Ein besonderes Augenmerk gilt der Tradition des Pilgerns, heute oft verstanden als achtsames Wandern. Zahlreiche Kultstätten und Kraftorte laden zum Philosophieren ein. Der Führer durch die Kulturlandschaft der Suisse romande ergänzt die bereits erschienenen Bände ViaRhenana, ViaValtellina und ViaGottardo des begeisterten Kulturwanderers Daniel Stotz.
Der Führer ist auch auf Französisch erhältlich. Er kann im Buchhandel oder auf der Website des Weber Verlags (www.weberverlag.ch) bezogen werden.
DIE GESCHICHTE DER SCHIFFFAHRT AUF DEM GENFERSEE
Dr. Jürg Meister
Der Genfersee ist nicht nur wegen seiner Grösse ein Gewässer der Superlative. Nicht weniger als acht historische Radschiffe aus der Belle Époque haben auf dem grössten Alpenrandsee überlebt. Davon werden fünf bis heute von einer Dampfmaschine betrieben. Die Mehrzahl von ihnen verkehrt perfekt historisch adäquat restauriert. Dazu kommen zahlreiche Motorschiffe aus mehreren Jahrzehnten, die jüngsten werden gerade in Betrieb genommen. Jedem dieser Schiffe wird im neuen Buch zur «Geschichte der Schifffahrt auf dem Genfersee» ein sorgfältig recherchierter Lebenslauf gewidmet, der mit zahlreichen, meist noch nie publizierten Bildern illustriert wird. Doch nicht nur die noch erhaltenen Schiffe kommen zu ihrem Recht, sondern auch den bereits verschwundenen historischen Schiffen werden Lebensläufe gewidmet. Angefangen beim Dampfschiff «Guillaume Tell», welches 1823 als erstes Dampfschiff der Schweiz in Betrieb genommen wurde.
Die Publikation ist auch auf Französisch und Englisch erhältlich. Sie kann im Buchhandel oder auf der Website des Weber Verlags (www.weberverlag.ch) bezogen werden.
Daniel Stotz: ViaFrancigena –Pilgern und Wandern Richtung Rom, ThunGwatt: Weber Verlag 2025.
ISBN 9783038186625
Jürg Meister: Die Geschichte der Schifffahrt auf dem Genfersee, ThunGwatt: Weber Verlag 2025.
ISBN 9783038186595
Fotografie des Bad Ragaz, ca. 1875
(ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Ans_09880)
VIASTORIA – STIFTUNG UND FÖRDERVEREIN
ViaStoria unterstützt den Erhalt, die Erforschung und die Bekanntmachung historischer Wege in der Schweiz.
Die Zeitschrift «Wege und Geschichte» wird vom Förderverein unterstützt und ist in der Mitgliedschaft inbegriffen.
Das vorliegende zweite Heft 2025 von Wege und Geschichte widmet sich der Geschichte der Infrastrukturen des Tourismus, u.a. auch der Pilgerwege. Passend zu diesem Thema ist im Juni dieses Jahres der Kulturlandschaftsführer «Via Francigena» von Daniel Stotz erschienen, mit der Unterstützung der ViaStoriaStiftung und des ViaStoriaFördervereins.
Das Jahresmotto «Strassen und Stauseen» des ViaStoriaFördervereins führte die Vereinsmitglieder in der Herbstwanderung am 26./27. September 2025 in das Grimselgebiet.
Das neue Jahr 2026 beginnt der Verein am 30. Januar 2026 mit dem traditionellen Neujahrsreferat im Hotel Astoria, Olten. Als Referent zum Jahresthema «Bäderwege» konnte Hans Egli gewonnen werden. Die Generalversammlung des Fördervereins findet am 9. Mai 2026 im BachtelenBad in Grenchen statt.
Die Veranstaltungen und das Wanderangebot finden sich neuerdings unter www.viastoria.ch.
Die ViaStoriaStiftung und der Förderverein ViaStoria treten auf www.viastoria.ch zukünftig gemeinsam auf.
Aktuell: Exkursionen und Veranstaltungen Mitgliederbereich: Vereinsinterna, vom Förderverein mitfinanzierte Studien und Referate, vergünstigte Kulturwege-Publikationen des Weber Verlags.
VORSCHAU: WEGE UND GESCHICHTE
2026: BÄDERWEGE
Die Geschichte der Bäderwege in der Schweiz reicht bis in die Römerzeit zurück. Schon damals nutzten römische Siedler die heilenden Quellen in
Gebieten wie Baden, St. Moritz oder YverdonlesBains und bauten erste Thermen. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurden viele dieser Orte weiter genutzt, besonders in Klöstern, wo Heilquellen eine wichtige Rolle spielten.
Ab dem 18. und 19. Jahrhundert erlebten die Schweizer Bäder einen neuen Aufschwung im Zuge des aufkommenden Gesundheitstourismus. Wohlhabende Reisende aus ganz Europa kamen in die Alpen, um in Kurorten wie Bad Ragaz oder Leukerbad Erholung und Heilung zu suchen. Mit dem Ausbau der Verkehrswege, nicht zuletzt auch der Eisenbahn, wurden diese Orte leichter erreichbar und die regelmässige Reise dorthin entwickelte sich zu einem beliebten Konzept.
Das nächste «Wege und Geschichte» widmet sich diesen historischen Badeorten, ihren Gästen und den Routen, auf denen jene dorthin reisten.
Redaktionsschluss: 1.5.2026
Vorschläge für Heftbeiträge sind sehr willkommen! Bitte richten Sie diese bis einen Monat vor Redaktionsschluss an redaktion@viastoria.ch
«Was bei ihr [der Simplonpassstrasse] am meisten erstaunt, ist, dass sie gleichmässig und unerschütterlich verläuft, nirgends den Schwierigkeiten nachgibt, denen sie begegnet, und unter ebendieser Kühnheit selbst eine weitere, ausserordentliche Kühnheit birgt. Ich habe anderswo Pfade gesehen, die in den Fels gehauen oder über Abgründe gehängt sind [...]. Aber hier ist es ein sicherer und bequemer Weg von gleichbleibender Breite und Steigung, der seinen majestätischen Lauf über alle Hindernisse hinweg fortsetzt [...].»
Raoul-Rochette, Désiré: Lettres sur la Suisse, Paris 1822, S. 375–376.
« Ce qui étonne surtout, de la part de celui-ci [du passage du Simplon], c’est que régulier, autant qu’imperturbable dons [sic] sa marche, il ne cède nulle part aux difficultés qu’il affronte, et cache une extrême audace, sous cette audace même. J’ai vu ailleurs des sentiers taillés dans le roc ou suspendus sur des abîmes […]. Mais ici, c’est une voie sûre et commode, d’une largeur et d’une pente constamment égales, qui poursuit son cours majestueux à travers tous les obstacles […]. »
Raoul-Rochette, Désiré : Lettres sur la Suisse, Paris 1822, p. 375–376.
«Ciò che più stupisce di lei [del passaggio del Sempione] è che procede in modo uniforme e incrollabile, senza mai cedere alle difficoltà che incontra, e che proprio sotto questa audacia nasconde un’altra, straordinaria audacia. Ho visto altrove sentieri scavati nella roccia o sospesi sopra precipizi [...].
Ma qui si tratta di un percorso sicuro e comodo, di larghezza e pendenza costanti, che prosegue il suo maestoso corso superando tutti gli ostacoli [...].»
Raoul-Rochette, Désiré: Lettres sur la Suisse, Paris 1822, p. 375–376.