Passion #3

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Menschen

Nicola Tiggeler

Deutsche Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin und Schauspielpädagogin

Ich bin vier Jahre alt und darf zum ersten Mal in die Oper. „Hänsel und Gretel“ an der Staatsoper Hannover, inszeniert von meinem wunderbaren Vater. Er hat mir zuvor die Handlung bildreich erzählt und ich bin voller Erwartung. Was dann passiert, ist mein „Magic Moment“! Das Licht geht aus, diese wunderbare Musik erklingt überall in dem Riesenraum, beim Aufgehen des Vorhangs schwappt der unvergleichliche Bühnenduft zu mir herunter, und die Sänger beginnen zu singen ... In diesem Moment weiß ich: Das will ich auch! Offenbar habe ich dann wie ein Sportmoderator die ganze Zeit die Handlung kommentiert. Und beim Schluss-Applaus brülle ich, so ist es jedenfalls überliefert, beim Anblick meines Vaters auf der Bühne quer durch die Staatsoper: „Bravo Papa! Ich werde Sängerin!“

Wigmar Bressel

Koch & Bergfeld Geschäftsführender Gesellschafter, Vorsitzender des Deutsche Manufakturen e. V.

Als Nicht-Jäger beim Auftakt der Bockjagd an einem 1. Mai vor ein paar Jahren. Wie hatte es so schön unter den Neujahrsvorsätzen der Süddeutschen Zeitung geheißen: „Kein Fleisch mehr essen von einem Tier, das man nicht selbst getötet hat.“ Machte ich als Steakfan ein Praktikum in einem Massenschlachtbetrieb? Nein, irgendwie war ich doch zu feige, mich zu den armen rumänischen und bulgarischen „Werkvertrags-Arbeitern“ im Betrieb bei uns im Dorf (bis zu 4.800 Schweine am Tag – ab 99 Cent pro 100 Gramm im EDEKA) zu stellen. Dann lieber die Einladung von Hubert in den Heidekreis. Vier Jagdgäste. Viele Geschichten am Vorabend. Morgens um Viertel nach fünf auf die Hochsitze. Drei Schüsse. Zwei Böcke und ein Schmalreh waren sofort tot. Schöne Tiere. Gesund. Sie

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hatten viele Hektar Platz zur Bewegung, fühlten sich frei und nur von der Bundesstraße bedroht – anders als die Schweine aus der Mast. Sie waren auch nicht sechs Wochen oder sechs Monate alt. Nein, viel älter. Auch sie hätten sicherlich gerne weitergelebt. Der Mensch isst Fleisch. Er muss zuvor töten. Er kann auch verzichten. Jeder von uns muss seine Haltung dazu finden. Mich hat seitdem die Haltung vieler Jäger so sehr erfreut: Die extreme Sorgfalt im Umgang mit den Waffen. Das Zelebrieren des Jagdtages mit seinen kleinen Riten. Die Freude über den „Anblick“ des Wildes. Die Einschätzung und Entscheidung, ob dieses „freigegeben“ ist, geschossen werden darf und sollte – oder „pardoniert“… Die abschließende Zeremonie aus Überreichung des „Bruchs“, das Spielen der Jagdsignale auf den Hörnern. Eine uralte Kultur derer, die etwas selbst machen. Die Ächtung aller, die mit dem Wild schlecht umgehen, das falsche Tier schießen. Mich hat es sehr beruhigt, dass meine Gastgeber und ihre Gäste sich als so umsichtig präsentierten.

Günther Hörbst

OHB System AG, Leiter Unternehmenskommunikation

Ich lebe seit zehn Jahren mit meiner Familie in Bremen. Ich interessiere mich für Fußball, gehe auch gern ins Stadion zu den Werder-Heimspielen. Aber mir war es immer ein Rätsel, wie dieser Verein über alle gesellschaftlichen Schichten hinweg dasselbe Gefühl von Begeisterung und Lokalpatriotismus auslösen kann. Dann kam aber der Tag, an dem ich zum ersten Mal verstanden habe, was den Reiz dieser besonderen bremischen Fußballkultur ausmacht. Es war der 14. Mai 2016. Saisonfinale gegen Frankfurt. Nur ein Sieg verhindert den Abstieg. Vor dem Spiel waren mehr Fans am Osterdeich als im Stadion. Eine unfassbare Menge an Menschen hat auf den Mannschaftsbus gewartet, um die Spieler anzufeuern und ihre Unterstützung zu signalisieren. Ich stand damals mit meinem 11-jährigen Sohn oben auf dem Deich und haben die Wucht dieser Geste in uns aufgenommen. Nach dem Spiel – als alles gut für Werder ausgegangen war – sind wir wie Tausende andere auf das Spielfeld gegangen. Mein Sohn hat ein Büschel Werder-Rasen eingesteckt und gesagt: „Papa, das werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen.“

MEIN ERSTES MAL

Passion | #03 | 19

Marcus Ulbricht Deutscher Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler

Vor vielen Jahren erlebte ich auf Mallorca meinen ersten Drehtag als bezahlter Regisseur. Die Aufgabenstellung an mich: eine Schatzsuche in einem Wrack vor der Küste zu drehen. Viel aufregender hätte der Start in meinen Beruf nicht sein können. Denn ein solcher erster Drehtag war für einen Anfänger eine echte Herausforderung. Man muss dazu wissen: Unterwasserdreharbeiten beim Film sind komplex und selten, weil aufwendig und teuer. Zudem hatte ich gerade erst meinen Tauchschein gemacht und nun ging es gleich zu einem alten Frachter in 25 Meter Tiefe. Mich begleiteten zwei Sicherheitstaucher, die mir im Meer nicht von der Seite wichen. Die Dreharbeiten und der Tauchgang verliefen nach Plan und ohne große Schwierigkeiten. Als wir fertig waren, stiegen wir problemlos auf. Ich war glücklich und erleichtert. An der Wasseroberfläche warteten wir auf die anderen, als plötzlich der Pressefotograf, der vor dem Tauchgang noch wortreich damit angegeben hatte, was für ein großartiger und routinierter Kerl er unter Wasser sei, wie eine Rakete aus dem Wasser schoss und den jämmerlichen Anblick eines Mannes abgab, der in Panik und gleichzeitig halb benommen an der Wasseroberfläche nach Luft rang. Ich fühlte mich an ein Bild aus meinem Tauchlehrbuch erinnert. Wie sich später herausstellte, hatte er das Ventil für seine Sauerstoffflaschen nicht richtig aufgedreht und man schickte ihn sofort in die örtliche Dekompressionskammer. Die Sache ging für ihn zum Glück gut aus. Mir aber, um den sich alle die größten Sorgen gemacht hatten, war nichts passiert.

Marion Scholz

Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG, Senior Product Manager

Ein ganz besonderes Gefühl des Stolzes, der Zufriedenheit und auch der Erleichterung erfasste mich vor vielen Jahren, als mein erstes eigenes Produktprojekt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Intensive Monate waren von der ersten Idee über Gespräche mit der Designerin bis hin zu Diskussionen mit Zulieferanten und Auseinandersetzungen

Das Magazin von BerlinDruck

13.06.19 09:04


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