VÖS Magazin 1/18

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Mycoplasma hyorhinis – ein Erreger auf der Überholspur In den letzten Jahren stieg der Nachweis von M. hyorhinis bei kümmernden, hustenden, schweratmigen und/oder lahmen Aufzucht- und Mastschweinen, die an die Klinik für Schweine zur diagnostischen Abklärung überwiesen wurden, massiv an. Anhand eines Fallbeispiels soll dargestellt werden, welche Bedeutung dieser Erreger, der noch vor ein paar Jahren offiziell als Begleitkeim gegolten hat, gewonnen hat und welche schwerwiegenden Probleme er auch ohne das Beisein von PRRSV und Co verursachen kann. Fallbericht

In einem Ferkelerzeugerbetrieb mit 120 Zuchtsauen berichtete der Landwirt von Atemwegsproblemen und Kümmern bei Ferkeln rund 3 Wochen nach dem Absetzen. Die Saugferkel werden routinemäßig gegen Mycoplasma (M.) hyopneumoniae sowie das Porcine Circovirus 2 (PCV-2) geimpft. Nach dem Absetzen mit vier Wochen werden die Ferkel in die etwa 1 km entfernte Ferkelaufzucht gebracht, die aufgrund von Platzproblemen kein striktes Rein-Raus fahren kann. Ferkel verschiedener Altersstufen werden teilweise im selben Abteil gehalten, dadurch sind Reinigung und Desinfektion schlecht bis unmöglich durchführbar. Mit etwa 8 Wochen begannen die Tiere zu husten, teils bellend, teils feucht. Sie hatten Probleme beim Atmen und pumpten teilweise massiv. Der betreuende Tierarzt ließ drei unbehandelte Tiere an die Klinik für Schweine, Vetmeduni Wien zur diagnostischen Abklärung bringen.

Die Schweine waren in ihrer Entwicklung zurückgeblieben, erkennbar am längerem Borstenkleid und einem suboptimalen Ernährungszustand (Bild 1). Zusätzlich zum Husten zeigten sie auch einen schleimigen Nasen- und Augenausfluss. Nach der diagnostischen Tötung erfolgte die pathologische Untersuchung. Auffallend war eine ausgeprägte Spitzenlappenpneumonie (Bild 2), wie sie typischerweise bei Infektion mit M. hyopneumoniae auftritt. Im Bauchraum waren Fibrinspangen erkennbar (Bild 3), im Brustraum war die Lunge teilweise mit der Brustwand verklebt. Die Mittelfußgelenke waren außerdem verstärkt mit Gelenksflüssigkeit gefüllt. In den Lungen wurde nicht, wie vielleicht vermutet, M. hyopneumoniae als Verursacher der Lungenentzündung detektiert, sondern hochgradig M. hyorhinis, ebenso wie mittelgradig in den Verklebungen im Brustraum, den Fibrinspangen im Bauchraum und der Gelenksflüssigkeit. Haemophilus parasuis, Actinobacillus pleuropneu-

Die erkrankten Schweine waren in ihrer Entwicklung zurückgeblieben. Quelle: ©Universitätsklinik für Schweine

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moniae (APP) oder Streptokokken konnten nicht nachgewiesen werden. Ebenso konnte die Beteiligung von PRRS Virus, Influenzavirus und PCV-2 ausgeschlossen werden. Dafür waren Pasteurellen und Eitererreger (Trueperella spp.) als Sekundärerreger nachweisbar.

Bedeutung von M.hyorhinis

Noch bis vor einigen Jahren galten die Erreger als normale, in den oberen Atemwegen natürlicherweise vorkommende Bakterien. Dort sind sie auch meistens zu finden, wenn man einen Nasen- oder Maultupfer untersuchen lassen würde und die Anwesenheit dort stört keineswegs. Verkompliziert wird die Situation erst, wenn das Immunsystem strapaziert wird, wie es beispielsweise bei einer PRRSV-Infektion der Fall ist. Dann sind die Bakterien in der Lage, weiter in die tieferen Atemwege und das Lungengewebe vorzudringen. Sofern die M.hyorhinisStämme nicht allzu pathogen sind, führt das noch zu keinen auffallenden Problemen. Aufgrund der Modernisierung der Nachweismethoden weiß man mittlerweile bereits sehr genau, dass M.hyorhinis Stämme genetisch extrem variabel sind und abhängig von ihrem Aussehen unterschiedliche Krankheitsbilder auslösen können. Somit halten sich harmlose Stämme im oberen Respirationstrakt auf und richten bei gesunden Tieren keinen Schaden an. Pathogenere Stämme können aber durchaus auch an der Entstehung einer Lungenentzündung beteiligt sein und die Veränderungen an den Spitzenlappen der Lungen sehen oft ident aus wie jene einer M. hyopneumoniae Infektion. M. hyorhinis und M. hyopneumoniae gehören zwar beide zu den Mykoplasmen,


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