Zeitung Vinschgerwind ausgabe 5-18 Vinschgau Südtirol

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Vinschgerwind 5-18

08.03.18

„Die falschen Alleinerziehenden schaden den echten“ Die Südtiroler Plattform für Alleinerziehende gibt es seit 1994. Der ehrenamtliche Verein setzt sich für alleinerziehende sowie getrennt erziehende Mütter, Väter und deren Kinder ein. Ida Lanbacher aus Kastelbell ist seit 20 Jahren die Präsidentin der Plattform. Der Vinschgerwind hat mit ihr gesprochen. Vinschgerwind: Was wünschen Sie den alleinerziehenden Frauen zum heutigen Tag der Frau? Ida Lanbacher: Ich wünsche ihnen das Selbstbewusstsein, stolz auf das zu sein, was sie leisten. Jeder, der über Alleinerziehende abschätzig spricht, sollte eine Woche lang allein mit Kindern dieses Leben führen müssen. Und ich meine damit „wirklich allein“. Vinschgerwind: Wie definieren Sie Alleinerziehende? Ida Lanbacher: Eine Alleinerziehende oder ein Alleinerziehender ist jemand, der mit einem oder mehreren Kindern alleine in einem Haushalt lebt, zum Beispiel nach Tod, Trennung, Scheidung, oder eine ledige Mutter mit Kind. Es gibt die echten Alleinerziehenden und die Schein-Alleinerziehenden. Das sind jene, die sich nur als Alleinerziehende ausgeben, de facto aber eine Familie sind. Die falschen Alleinerziehenden schaden den echten.

Ida Lanbacher: „Was mich vor allem bei Trennungen traurig stimmt ist, dass Eltern nicht hergehen und sagen: Wir gehen als Paar auseinander, aber wir bleiben Eltern. Dem Kind wird mit einem Rosenkrieg das Vertrauen ins Leben genommen. Und wenn jemand den Unterhalt nicht zahlt, straft er das Kind und nicht die Mutter. Das Nichtzahlen ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Straftat“

Vinschgerwind: Es gibt also falsche Alleinerziehende? Ida Lanbacher: Ja. Noch und nöcher. Wenn wir von 16.000 Alleinerziehenden in Südtirol ausgehen, dann kommen nochmals soviele falsche dazu. Diese nutzen die Rechtslage schamlos aus. Das heißt konkret, Vater, Mutter und Kinder wohnen zwar regelmäßig zusammen, die Wohnsitze sind jedoch getrennt. Es gibt genügend Beispiele, wo Vater oder Mutter den Wohnsitz

noch bei den Eltern oder Großeltern haben, also auf einem anderen Familienbogen aufscheinen. Jene, die es sich leisten können, haben oft sogar zwei Wohnungen, um ganz sicher zu gehen. Es hat schon Fälle gegeben, da haben sich Paare zum Schein getrennt. Den größten Vorteil genießen diese überall, wo es Familienkarten gibt. Vinschgerwind: Und warum das alles? Ida Lanbacher: Weil mit nur einem Einkommen die Förderungen viel höher ausfallen. Vom Familiengeld angefangen bis hin zum Mietbeitrag. Es geht unterm Strich ums Geld. Zum Schaden der richtigen Alleinerziehenden und auch zum Schaden der Steuerzahler. Vinschgerwind: Gibt es denn da keine Kontrollen? Ida Lanbacher: Viel zu wenige! Die Gemeinden, die Meldeämter… die kennen die Schein-Alleinerziehenden und unternehmen nichts. Oft sind es Verwandte, Freunde in den Gremien, die alles decken. Vinschgerwind: Was müsste geschehen, um diesen Missbrauch zu verhindern? Ida Lanbacher: Seit längerem fordere ich die Einführung einer Kindergrundsicherung für alle Kinder und die Abschaffung der verschiedenen Familienförderungen des Landes. Wir müssen da einen anderen Zugang finden. Jedes Kind soll das Recht auf eine


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