Creating Common Good - VIENNA ART WEEK 2015 | DE

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Interview

Ein Spiel mit Werten Hofstätter Projekte – ein neuer Projektraum in Wien Das Gespräch führte Angela Stief

Tobias Rehberger und Sophie Tappeiner Foto: Yasmina Haddad

Dass sich ein Projektraum der zeitgenössischen Kunst widmet, ist nicht außergewöhnlich. Im Falle von Hofstätter Projekte aber doch: Denn hier sind Künstler eingeladen, sich in einem Dialog von Alt und Neu mit der Sammlung Hofstätter auseinanderzusetzen. Ein Gespräch mit Sophie Tappeiner, der Leiterin des Projektraumes, und dem Künstler Tobias Rehberger, der ein Spiel mit dem Verdecken und Entdecken plant.

Wie kam es zur Gründung von Hofstätter Projekte? Sophie Tappeiner: Der Projektraum wurde 2014 von Anton Hofstätter gegründet. Er befindet sich im ersten Geschäftslokal seines verstorbenen Vaters, des Kunsthändlers und Sammlers Reinhold Hofstätter. Während der Kunsthandel in seiner Grundstruktur unverändert bleibt, widmet Anton Hofstätter diesen Raum nun der zeitgenössischen Kunst. Angela Stief, Kuratorin und Publizistin. Lebt und arbeitet in Wien. Von 2002 bis 2013 war sie Kuratorin an der Kunsthalle Wien und realisierte Gruppenausstellungen wie »Traum und Trauma«, »POWER UP – Female Pop Art« und Einzelausstellungen mit Künstlern wie Yüksel Arslan, Leigh Bowery, Urs Fischer, Nathalie Djurberg, Gert & Uwe Tobias. Seit 2003 Lehraufträge im In- und Ausland. Herausgeberschaft und regelmäßige Publikation von Texten über zeitgenössische Kunst. Ende 2014 gründete sie zusammen mit Lorenz Estermann die Temporäre Halle für Kunst in Linz und veranstaltete Ausstellungen wie »Bildbaumeister« und »Serendipität. Kunst zwischen Programm und Zufall«. Im Frühjahr 2015 erschien ihre umfassende Monografie zu Leigh Bowery im Piet Meyer Verlag.

Wie ist die inhaltliche Ausrichtung des Projektraums, und wie wollen Sie sich im Kontext der hiesigen Kunstszene behaupten? Sophie Tappeiner: Die Idee ist es, Künstler einzuladen, die sich mit der Sammlung Hofstätter auseinandersetzen. Dabei ist der Dialog von Alt und Neu zentral. Wir wollen Menschen, die entweder nur mit historischer oder nur mit gegenwärtiger Kunst zu tun haben, jeweils an das andere heranführen. Mit seiner Neontextarbeit »All Art has been Contemporary« hat Maurizio Nannucci, der die Eröffnungsausstellung bestritt, unser Thema auf den Punkt gebracht. Sie engagieren Künstler und geben ihnen eine Aufgabenstellung – eine Praxis, die gerade in der Kunst vor der Moderne sehr geläufig war. Gibt es ein Produktionsbudget? Sophie Tappeiner: Ja, je nach Projekt fällt es unterschiedlich aus. Klaus Mosettig, der hier als zweiter Künstler ausstellte, hat beispielsweise Zeichnungen gezeigt, die

sich auf historische Kunstwerke beziehen. Wichtig ist mir, dass keine Kommissionsarbeit entsteht. Deshalb sollte die Verbindung von Alt und Neu beziehungsweise von angewandter und bildender Kunst schon im Werk des Künstlers, den wir einladen, angelegt sein. Sie bezeichnen sich als Projektraum, aber Sammeln und Ausstellen sind eigentlich die Aufgaben eines Museums … Sophie Tappeiner: Wir sind ein kommerzielles Unternehmen. Es kann sein, dass sich wie in einer Galerie auch eine langfristige Zusammenarbeit mit Künstlern ergeben wird. Im Unterschied zum Museum können Künstler hier in bestehende Werke eingreifen. Constantin Luser, der bei uns im September und Oktober ausstellt, hat beispielsweise konservatorisch mangelhafte Stücke aus der Sammlung ausgesucht, die er in seine Skulpturen in­tegrieren wird. Herr Rehberger, was planen Sie? Tobias Rehberger: Ich habe mir einen kleinen Katalog von Arbeiten aus der Sammlung Hofstätter zusammengestellt, die ich als Skulpturen verpacken werde. Mit gefällt es, dass fremde Arbeiten Teil der eigenen werden. Meine Objekte werden eine Art Geschenkverpackung sein, die man wegnehmen und zerstören oder so belassen kann. Man kann entweder die eine Sache kaputt machen, um die alte zu sehen, oder das alte Stück bleibt durch das neue verdeckt und besteht nur im Wissen um es. Es ist ein Spiel mit Wertigkeiten. Welche Stücke haben Sie sich ausgesucht? Tobias Rehberger: Ich habe einen Hang zum Skurrilen. Es gibt in dieser Sammlung, die bis in das 14. Jahrhundert zurückreicht, ganz seltsame Sachen. Ich habe nicht nur bekannte und wertvolle Dinge ausgewählt. Viele Objekte haben einen Zwitterstatus – wie etwa ein Totenkopf, der als Aschenbecher genutzt werden kann. So etwas mag ich. 101


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