Appenzeller Verlag Leseprobe
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HEIDEN Geschichte von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert.
ZUM GELEIT GALLUS PFISTER, GEMEINDEPRÄSIDENT
Die Geschichte eines Dorfs ist Teil seiner Identität, unserer Identität als Gemeinschaft. Dieses Buch hält die Geschichte von Heiden fest. Es spiegelt die Entwicklung unserer Gemeinde von den Anfängen bis in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts. Wir erkennen, welche Ereignisse, Erscheinungen, Zustände für uns und unser Dorf von Bedeutung sind und uns prägen. Vor fünf Jahren wurde der Wunsch an den Gemeinderat getragen, das 1991 erschienene Buch von Ernst Züst, Wolfhalden, über die Gemeinde Kurzenberg mit der Geschichte über die Gemeinde Heiden fortzusetzen. Es darf als Glücksfall bezeichnet werden, dass sich sechs Autoren gefunden haben, die sich je in einzelne Bereiche der Vergangenheit und der Gegenwart unserer Gemeinde vertieft und ihre Erkenntnisse in leicht leserlicher Form niedergeschrieben haben. Dazu haben sie eine Fülle an Illustrationen älteren und neueren Datums zusammengetragen. Wie ein Prisma eröffnen sich so dem Leser spannende Einblicke in die «DNA» von Heiden, den wohl attraktivsten Ort im Appenzeller Vorderland. In der heutigen schnelllebigen Zeit von Mobiltelefonen und Internet symbolisiert dieses Buch einen Fels in der Brandung. Es vermittelt den Geist vieler Generationen, welche uns mit ihren Farben und dem Duft vom Leben an der Geschichte von Heiden teilhaben lassen. Dank für das prachtvolle Werk gebührt den Autoren, dem Grafiker, den Fotografen und schliesslich dem Verlag, der die Entstehung des Buchs begleitet hat. Viel Spass und manche «Aha-Erlebnisse» bei der Lektüre. November 2021, Gallus Pfister, Gemeindepräsident
VORWORT MARTIN ENGLER
HEIDEN – VON DEN ANFÄNGEN BIS INS 21. JAHRHUNDERT Die Geschichte der Gemeinde Heiden beginnt mit dem Ende
Der Beginn des Ersten Weltkriegs bereitete der ganzen Herr-
der Gemeinde Kurzenberg. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts
lichkeit ein jähes Ende. Nach dem Krieg versuchte Heiden, wie-
umfasste sie das gesamte östliche Vorderland. Kirchlich war das der Tritt zu fassen. Es kam zu einer Nachblüte des Tourismus, Gebiet nach Thal ausgerichtet. Mit den Kirchenbauten 1652 in einfach etwas weniger mondän. Und mitten in der WirtschaftsWolfhalden und Heiden teilte sich das Gebiet in drei eigen- krise der Dreissigerjahre entstanden 1932 das damals als sehr ständige Gemeinden auf, neben den genannten noch Lutzen- modern geltende und heute denkmalgeschützte Schwimmbad berg. Seit einem 1991 erschienenen Buch von Ernst Züst zur und 1935 das Kino Rosental, in dem noch heute regelmässig Geschichte des Kurzenbergs wartete Heiden auf seine eigene der Projektor eingeschaltet wird. Ein weiteres Mal hatte sich Geschichte – zumindest in Buchform. Mit dem Band «Heiden – Heiden neu erfunden. von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert» liegt diese Geschichte nun endlich vor.
Heute ist Heiden bestens vernetzt mit seinen Nachbarn in der näheren und weiteren Umgebung, bietet Einwohnerinnen
Ein Aspekt dieser Geschichte, sozusagen ihre Konstante, ist
und Einwohnern eine gute Wohnqualität mit ausgebauten Ver-
der ständige Wandel. Heiden musste sich immer wieder neu kehrsverbindungen und einem vielfältigen Kulturleben. erfinden. So ganz besonders nach dem Dorfbrand vom 7. September 1838. Wie schnell sich das Dorf nach der Katastrophe
Auch heute fehlt es nicht an Herausforderungen. Wie wird
erholte und sich kaum zwei Jahre später völlig neu präsentierte, sich Heiden an die Schliessung des Spitals anpassen, das über grenzt aus heutiger Sicht fast an ein Wunder.
Jahrzehnte ein fester Bestandteil Heidens war und zum selbstverständlichen Angebot für die Bevölkerung gehörte? Wie wer-
Das Dorf wurde völlig neu geplant, mit rechtwinkligen Stras- den Schulen oder Gewerbe in einer Welt zunehmender Digitalisenzügen und einheitlicher Architektur im klassizistischen Stil, sierung die Zukunft meistern? Wird sich möglicherweise wieder weit entfernt vom üblichen Bild eines Appenzeller Dorfs.
eine Einheit des Vorderlands, diesmal eine politisch-kommunale, bilden? Soviel ist sicher: Heiden wird sich immer wieder neu
Die Seidenweberei im Appenzeller Vorderland war ein blü-
erfinden – erfinden müssen.
hender Industriezweig und gab breiten Bevölkerungskreisen Arbeit und Brot, vielfach in Heimarbeit. In vielen Häusern stand im Keller ein Webstuhl. Nach und nach verschoben sich diese
Wir freuen uns über das neue Buch und wünschen ihm viele Leserinnen und Leser.
Arbeitsplätze in die Fabrik. Bis heute ist die Textilindustrie in Heiden ein wichtiger Arbeitgeber. Der Tourismus blühte im ausgehenden 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts. Den anspruchsvollen Feriengästen musste auch einiges geboten werden: Molkenkuren, Bäder, Hotellerie für höhere Ansprüche. Ein Kursaal wurde gebaut, mit der Seeallee eine Flaniermeile geschaffen, ein Park angelegt, wie man ihn noch heute in einem Appenzeller Dorf nicht vermuten würde. Die Bahn von Rorschach herauf wurde in der Blütezeit des Tourismus in Normalspur gebaut und bald einmal eine erste Buslinie nach Rheineck eingerichtet.
Martin Engler, Projektleiter
INHALT
7
JOHANNES HUBER
GALLUS PFISTER
THOMAS FUCHS
ZUM GELEIT
KLIMATISCHER UND MOLKEN-KURORT
VERKEHR UND KOMMUNIK ATION
3
HEIDEN
220
98 JOHANNES HUBER
MARTIN ENGLER VORWORT
ARTHUR OEHLER
DAS GESUNDHEITSWESEN –
5
LANDWIRTSCHAFT
HEILENDE KRÄFTE, INFRASTRUKTUR,
120
PATIENTENGUT 230
VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
JOHANNES HUBER, ARTHUR OEHLER
STEFAN SONDEREGGER
136
VEREINE UND GRUPPIERUNGEN
VERSORGUNG UND ENTSORGUNG 240
EIN BLICK ZURÜCK INS MITTELALTER 10
ARTHUR OEHLER
JOHANNES HUBER GLAUBE, KIRCHE, RELIGIÖSE
DAVID ARAGAI
JOHANNES HUBER
GEMEINSCHAFT
ÖFFENTLICHE FÜRSORGE UND HEIME
HEIDENS HIRSCHWAPPEN
146
250
18 ARTHUR OEHLER THOMAS FUCHS
DER MENSCH IN SEINER UMGEBUNG
22
KULTUR IN HEIDEN 258
BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG DAVID ARAGAI ENTWICKLUNG UND STRUKTUR DES JOHANNES HUBER
GEMEINWESENS
ANHANG
DER DORFBRAND VON 1838 UND DIE
162
JOHANNES HUBER, STEFAN SONDEREGGER
ARCHITEKTONISCHEN FOLGEN – BIEDERMEIER UND KLASSIZISMUS
DAVID ARAGAI
HEIDENS GESCHICHTSQUELLEN,
30
BEHÖRDEN, VERWALTUNG, FINANZEN
DIE GRUNDLAGEN DES BUCHS
273
ANMERKUNGEN
280
178 DAVID ARAGAI ARTHUR OEHLER
ABKÜRZUNGEN QUELLEN,
RAUMPLANUNG
DIE ÖFFENTLICHE MEINUNGSB ILDUNG
DARSTELLUNGEN
290
46
– LESEGESELLSCHAFTEN UND
BILDNACHWEIS
299
PARTEIEN
DANK
302
186
AUTOREN
303
ORTSENTWICKLUNG UND
DANK FÜR UNTERSTÜTZUNG
ARBEIT, EXISTENZ UND LEBEN ARTHUR OEHLER THOMAS FUCHS
MEDIEN UND GESCHICHTLICHE
WEBEN, STICKEN, STRICKEN,
TRADIERUNG
BLEICHEN
194
60 STEFAN ROTHENBERGER THOMAS FUCHS
DIE SCHULE HEIDEN
SONSTIGE INDUSTRIE, HANDWERK
206
UND GEWERBE 82
IMPRESSUM
304
8
VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
9
Im Appenzeller Vorderland gab es weit vor der ersten Dauerbesiedlung Men schen. Noch aber herrschte Wildnis. Im Mittelalter hatten Menschen vom Tal aus einzelne Höfe gegründet und dem Urwald in beschwerlicher Arbeit Siedlungsland und Ressourcen abgewonnen. Es reichte zum Leben, zu langsamem Bevölke rungswachsen. Aus dem weitverzweigten Jagdgebiet Hirschberg traten die Höfe immer zahlreicher hervor. Die erstmalige Erwähnung von «Haiden», 1461, ist rein zufällig, die Gründung von Kirche und Dorf im 17. Jahrhundert hingegen ist es nicht. Die Menschen suchten kirchliche und po litische Selbstbestimmung. Das Kirchdorf wuchs zur stattlichen Siedlung. Der Brand 1838 war eine Wegmarke, die Tragödie wurde zu einer Chance. Mit Mut, Beharr lichkeit und Einfallsreichtum entstand Neu-Heiden: mondän, weltoffen, anders. Das Potenzial zum Zentrumsort wurde sichtbar.
10
«AIN GUOT GENANT HAIDEN»
Bis noch vor Kurzem galt die Nennung Heidens in einer Urkunde aus dem Jahr 1512 als Ersterwähnung des Orts.1 Neuere Forschungen haben ergeben, dass die Ersterwähnung bereits in das Jahr 1461 fällt, also in eine Zeit, die noch dem Mittelalter zugerechnet wird. Deshalb soll im Sinne eines Vorspanns zu vorliegender Geschichte Heidens, deren Schwerpunkt in der neueren Zeit liegt, ein Blick zurück zu den Anfängen gemacht werden. Dieser wird ergänzt durch eine separate Textbox, welche die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Mittelalter in einer allgemeinen Entwicklung im europäischen Kontext schildert.
«Mit ungebändigter Kraft stürzt sich der tief in die Erde eingefressene Rhein in einen gleichsam runden See, den die Raeti ‹Brigantia› (Bregenzersee) nennen […]. Der ganze See ist bis weithin von einem scheusslichen Wald umgeben, und wenn nicht Römische Tugend und Sauberkeit einen Weg durch das Dickicht gebahnt hätten, so würden die Wildheit, die Natur dieses Ortes und die Missgunst des Himmels noch immer Schirmherren der Barbarei sein.» Diese von Selbstlob strotzende Beschreibung der Gegend am Bodensee aus dem 4. Jahrhundert nach Christi Geburt stammt von einem römischen Offizier namens Ammianus Marcellinus. 2 Sie zeigt, dass im Übergang von der Antike ins Mittelalter unsere Region noch dicht bewaldet war. Die frühesten schriftlichen Hinweise auf die Besiedlung unserer Gegend liefern Erwähnungen von Orts- und Flurnamen in Dokumenten des Klosters St. Gallen. In sogenannten Traditionsurkunden wurde der von Privaten für ihr Seelenheil an das Kloster übertragene Besitz dieser im Früh- und Hochmittelalter sehr bedeutenden geistlichen Herrschaft festgehalten. Die ersten Namensnennungen auf appenzellischem Gebiet reichen zurück ins 9. Jahrhundert. Die betroffenen Orte befinden sich im Appenzeller Hinterland. Vergleichsweise spät folgen die ersten Nennungen von Namen im Appenzeller Vorderland.3 Wir wissen nicht, seit wann Heiden besiedelt war. Auch wenn mit Sicherheit schon früher hier Menschen gelebt hatten, taucht der Name Heiden erst im Spätmittelalter in schriftlichen Dokumen-
1
ten auf. In einem Zinsbuch des Heiliggeistspitals St. Gallen aus
Ersterwähnung Heidens
dem Jahr 1461 heisst es nämlich: «Item ain Guot genant Hai-
im Zinsbuch des Heilig
den git järlich als vor staut. Git Uelin Herzog, tuot 1 lb dn.»
geistspitals St. Gallen aus
In heutiges Deutsch übersetzt heisst das sinngemäss: «Item ein
dem Jahr 1461.
Gut, genannt Heiden, gibt jährlich so viel an Abgaben an das
HEIDENS ERSTERWÄHNUNG – EIN BLICK ZURÜCK INS MITTELALTER STEFAN SONDEREGGER
Spital, wie vorne steht. Hofbewirtschafter ist Ueli Herzog, er 2 Dieser von Melchior Frank geschaffene Plan aus dem gibt 1 Pfund Pfennige, also 240 Pfennige.» Was ist mit diesem
Jahr 1596 ist die erste realistische Darstellung St. Gallens.
schlichten Eintrag gemeint? Wieso steht er in einem Zinsbuch
Farbig dargestellt ist der mehrere Häuser umfassende
des stadtsanktgallischen Spitals?
Komplex des 1228 gegründeten Heiliggeistspitals St. Gal len zwischen Kugelgasse, Spitalgasse und Marktgasse.
Das Heiliggeistspital St. Gallen, gelegen in der Marktgasse, wurde 1228 von einem Bürger namens Ulrich Blarer und einem
nannten Pfrundhäusern, in welche nebst Hilfsbedürftigen und
Niederadligen im Dienste des Klosters St. Gallen, Ulrich von
Mittellosen auch Waisen, gebärende Frauen und betagte Men-
Singenberg, gegründet. Zu jener Zeit wurden in vielen Städ- schen aufgenommen wurden. Jene, die über Vermögen verfügten Europas Spitäler errichtet. Ihr Zweck war karitativ, indem ten, zahlten zum Teil beträchtliche Summen für ihre Aufnahme. sie hilfsbedürftige Menschen aufnahmen. Damit erfüllten sie wichtige Aufgaben der kommunalen Fürsorge, deren Lösung an-
Um den Betrieb des Spitals finanzieren zu können, reich-
gesichts des Bevölkerungswachstums immer dringender wur- ten solche Pfrundzahlungen der Spitalbewohner aber nicht; de. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Spitäler zu soge- der Grossteil der Einnahmen stammte aus der Landwirtschaft.
11
12
VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
Gleich wie Klöster verfügten auch Spitäler über Bodenbesitz,
Leitung. Die operative Leitung hatte der Spitalmeister inne, un-
den sie an lokale Bauernfamilien gegen Abgaben verliehen. Das terstützt durch den Spitalschreiber. Letzterer führte Buch über städtische Spital war nebst dem Kloster St. Gallen die bedeu-
die Einnahmen und Ausgaben. Auf diese Weise haben sich Rei-
3
tendste Grundherrschaft im nahen Umland und verfügte in ei-
hen von jährlich geführten Zins- und Rechnungsbüchern im
Zinsbuch des St. Galler
nem Radius von rund dreissig Kilometern um die Stadt über
Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St. Gallen erhalten. An-
Spitals aus dem Jahr 1442
Höfe, Äcker, Wiesen, Weiden und Reben. In den flacheren Ge-
hand dieser Buchführung kann nicht nur der Besitz des Spitals
mit der Erwähnung des
bieten westlich der Stadt hatte das Spital grosse Liegenschaften
erforscht werden, sondern auch, wo welche Art von Landwirt-
Hofs Bischofsberg.
mit vorwiegend Getreidebau, im Appenzellerland und Toggen-
schaft vorherrschte. Weiter können eigentliche Hof-Konjunkturen nachgezeichnet werden. Der Eintrag zu Heiden vermerkt die Abgabe von Geld, nämlich 1 Pfund Pfennige. Bewirtschafter des Hofs war ein Ueli Herzog. Aus diesem Eintrag kann nicht geschlossen werden, welche Art von Landwirtschaft Herzog betrieb. Aufschluss darüber ist hingegen aus einem früheren Eintrag aus den 1440er-Jahren zu gewinnen. Im ersten erhaltenen Zinsbuch des Spitals aus dem Jahr 1442 heisst es unter der geografischen Zuordnung zu Thal: «Bischoffberg der Hof ist ain Erblehen und git 2 lb (Pfund) d (Denaren: Pfennige), 4 Fiertel Smaltz.» Diese Zeile zum Bischofsberg in Heiden hält die Abgabenforderungen des Eigentümers des Hofs Bischofsberg, das heisst des Spitals St. Gallen, gegenüber seinen Bauern fest. Dass dieser Heidler Hof unter Thal erwähnt wird, hängt damit zusammen, dass Heiden bis zur Gründung einer eigenen Kirche in den 1650er-Jahren wie Lutzenberg und Wolfhalden zum sogenannten Kurzenberg gehörte und die Heidler und Heidlerinnen nach Thal in die Kirche mussten. Laut diesem Zinsbucheintrag waren die Bewirtschafter des Hofs Bischofsberg verpflichtet, dem Spital jährlich Geld und «Schmalz» in der genannten Menge zu liefern. Mit «Schmalz» ist Butter gemeint. Weiter ist aus der Erwähnung
burg solche mit vorwiegend Viehwirtschaft, und im Rheintal «Erblehen» zu schliessen, dass mit diesem Hof eine langfristige war der Rebbau dominant. Um all diese Besitzungen zu ver-
Verleihung zusammenhing; der Bischofsberg wurde seitens des
walten, war die Wirtschaftsführung des Spitals St. Gallen straff
Spitals von Generation zu Generation an dieselbe Nutzerfamilie
organisiert.
weitergegeben. Solche Erblehen waren sehr verbreitet, den Bauern
4
als Inhaber der Erblehenhöfe gaben sie weitgehende Freiheiten Das Spital unterstand einem Dreiergremium, das sich aus
bei der Nutzung in die Hand, vergleichbar mit einem heutigen
Mitgliedern des Rats zusammensetzte. Das war die strategische Baurecht. In der zweiten Zeile heisst es: «Die Ögster sond 9 lb
STEFAN SONDEREGGER EIN BLICK ZURÜCK INS MITTELALTER
minus 6 d, 11 1/2 Fiertel Smaltz Ratio Pasce [14]42.» Dieser Zeile
rekt bei Eugster in Heiden Butter – und wie den Zeilen 8 und 13
ist zu entnehmen, dass eine Familie namens Eugster 1442 den
zu entnehmen ist – fuderweise «Stickel». Das waren Rebstecken,
Hof bewirtschaftete. Das lateinische Wort «Ratio» meint Abrech-
die im Rheintal für den Weinbau (zum Aufbinden der Reben)
nung, das Wort «sond» kann mit «sollen» übersetzt werden. Das
gebraucht wurden. Das Rheintal war zu jener Zeit bereits stark
heisst, es wurde auf Ostern («Pasce») zwischen dem Spital und
auf Weinbau spezialisiert. Aufgrund dieser monokulturell aus-
der Familie Eugster aus Heiden am Bischofsberg abgerechnet. Der
gerichteten Landwirtschaft waren die Weinbauern des Rhein-
Saldo zeigt, dass die Familie Eugster dem Spital ein Mehrfaches
tals für die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Butter
einer jährlichen Abgabenforderung schuldete. Die Abzahlung
und bei gewerblichen Produkten wie Rebstecken auf die be-
der Schulden erfolgte nun das ganze Jahr über; dies geht aus
nachbarten Gebiete angewiesen. Am Beispiel der bereits er-
den folgenden Zeilen hervor. In der Zeile 3 steht: «Wälti Ögster
wähnten Abrechnungen wird deutlich, wie dieser ländliche
dedit 1 Fiertel Smaltz, nam der Haingler zuo Bernang Bartolomei
Austausch von Lebensmitteln und Gewerbeprodukten organi-
[14]42.» Das Schlüsselwort ist das lateinische Verb «dedit», das
siert war: Die konkrete Versorgung geschah in einem direkten,
mit «gab» zu übersetzen ist, und demnach die effektiven Abga-
zwischenbäuerlichen Austausch zwischen Eugsters in Heiden
ben der Bauern – also nicht nur die Forderung ihrer Herrschaft –
und Neslers und Hainglers in Berneck. Die Verrechnung des
zeigt. Das heisst, dass Walter Eugster auf den St. Bartholomäustag
Warentausches fand über ihre gemeinsame Herrschaft, das Spi-
(24. August) 1 Viertel Butter einem Mann namens Haingler zu
tal St. Gallen, statt. Dem Lieferanten Eugster wurden die Lie-
Berneck lieferte. In den Zeilen 4 und 5 werden entsprechende
ferungen von Butter und Rebstickel in seiner Abrechnung mit
Lieferungen durch Ruedi Eugster beziehungsweise Hänsli Eugs-
dem Spital gutgeschrieben, wodurch sich seine Schuld gegen-
ter auf den St. Bartholomäustag beziehungsweise St. Magnustag
über dem Spital verkleinerte. Umgekehrt wurden den Rheinta-
(6. September) an die «Hainglerin» in Berneck beziehungsweise
ler Weinbauern in einer separaten Buchführung, die als Rhein-
an einen Mann namens Nesler erwähnt.
taler Schuldbücher erhalten geblieben ist, ihre Warenbezüge bei Eugsters in Heiden als Schuld gegenüber dem Spital aus-
Allein aus diesen fünf Zeilen sind wesentliche Erkennt-
gewiesen.
nisse zur mittelalterlichen Wirtschaft Heidens zu gewinnen.
Diesen Rheintaler Schuldbüchern ist zu entnehmen, dass die
Aufgrund der Tatsache, dass im Vergleich mit Höfen aus dem
Rheintaler Bauern aufgrund ihrer starken Spezialisierung auf
Flachland für Heiden keine Getreideabgaben, sondern nebst
Weinbau in vielen Bereichen von einer externen Versorgung
Geld nur Butter erwähnt wird, ist mit guten Gründen anzu-
abhängig waren. Getreide für ihre tägliche Nahrung bezogen sie
nehmen, dass hier die Graswirtschaft gegenüber anderen agra-
in regelmässigen und grossen Mengen über das Spital. Die ihnen
rischen Produktionssparten überwog. Diese Beobachtung kann
dafür belasteten Summen zahlten sie mit Weinlieferungen ab.
auch für andere Höfe des städtischen Spitals im heutigen Ap-
Insgesamt betrachtet offenbart sich hier ein weitgehend bar-
penzellerland gemacht werden. Im Gebiet von Herisau, Schö-
geldloser Warentausch, der vom Spital als Grundeigentümer der
nengrund, Schwellbrunn und auch im Raum Altstätten/Stoss
Höfe zwischen seinen Bauern organisiert wurde. Diese Art von
erhielt das Heiliggeistspital St. Gallen Zinsen in Form von But-
Versorgungsdienstleistung durch eine grosse und wirtschaftlich
ter und Käse oder von Bargeld. Aus all diesen Angaben kann
potente Institution des regionalen Zentrums St. Gallen förderte
geschlossen werden, dass der Prozess der landwirtschaftlichen
die Spezialisierung auf Viehwirtschaft in den voralpinen Ge-
Spezialisierung auf Viehwirtschaft im Appenzellerland und da-
bieten, wozu auch Heiden gehörte, Weinbau im Rheintal und
mit auch im Gebiet von Heiden Ende des 15. Jahrhunderts be-
Mischwirtschaft mit überwiegend Getreidebau im St. Galler
reits weit fortgeschritten war. Bei dieser Entwicklung war die
Fürstenland und Thurgau. Die Kehrseite davon war eine starke
Nähe zur Stadt wichtig. St. Gallen war eine Abnehmerin von
Versorgungsabhängigkeit in Bezug auf Produkte des täglichen
Fleisch, Käse und Butter und förderte somit indirekt die Vieh-
Bedarfs. Was hier für die Zeit des Mittelalters geschildert wur-
wirtschaft in ihrem Umland.
de, nahm in der Frühen Neuzeit grössere Dimensionen an: Das auf Viehwirtschaft und textile Heimarbeit ausgerichtete Appen-
Weiter ist aus den Einträgen des Zinsbuchs Folgendes zu schliessen: Die in den Zeilen 3 bis 5 erwähnten Personen Haingler und Nesler waren Weinbauern in Berneck und bezogen di-
zellerland und das Toggenburg wurden vom Kornimport aus Süddeutschland abhängig.
13
14
VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
DAS MITTELALTER: WACHSTUM UND KRISE IM WECHSEL 5
Ins Frühmittelalter fällt die Christianisierung; Klöster wurden gegründet und gelangten dank Schenkungen zu Grundbe-
Heidens Ursprünge reichen zurück ins Mittelalter. Die Infor-
sitz, der – wie im Fall von St. Gallen – breit gestreut war, indem
mationen, die für diese Epoche zur Verfügung stehen, sind sehr
er bis weit nach Süddeutschland, nach Vorarlberg und Liechten-
spärlich, weshalb ihr unter anderem das Etikett «finsteres Mit-
stein sowie ins Schweizer Mittelland reichte. Verbunden damit
telalter» anhaftet. Bei einer näheren und über den lokalen Rah-
ist eine noch lockere Besiedlung des Landes. Im Hochmittel-
men hinausgehenden Betrachtung offenbart sich einem aber
alter setzte ein Schub ein, der als «Landesausbau» bezeichnet
eine Epoche, in der die wesentlichen Grundlagen für spätere
wird. Dieser wurde gefördert durch ein starkes Bevölkerungs-
Entwicklungen gelegt wurden.
wachstum. Von den adligen und geistlichen Zentren sowie von
Was versteht man überhaupt unter dem Begriff Mittelalter?
den Städten aus wurde entlang von Bächen und Flüssen Land
Diese lange Epoche erstreckte sich über eine Zeitspanne von
durch Rodung bis auf die Alpstufe hinauf erschlossen. In diese Zeit fallen auch die Anfänge der vom Kloster St. Gallen unter-
BEVÖLKERUNG EUROPAS IM MITTELALTER
4
stützten Besiedlung des Appenzellerlands. Auf 821 datiert mit
in Mio.
Nach Schätzungen
dem Herisauer Schwänberg die Ersterwähnung einer Lokalität
verdoppelte sich die Be
auf appenzellischem Boden, 1071 erfolgt die erste Nennung des
völkerung Deutschlands,
Orts Appenzell zusammen mit Alpen des Alpsteins. Der Name
Englands und Frankreichs
Appenzell selbst drückt den engen Bezug zum Galluskloster
zusammengerechnet
aus: des «Abtes Zelle» im Sinne einer wirtschaftlichen Aussen-
in der Zeit von 1200 bis
stelle des Klosters. Im Lauf des Spätmittelalters fand eine Ver-
kurz vor 1350 von rund
dichtung der Besiedlung im Appenzellerland statt, in der Ten-
20 auf 40 Millionen. Diese
denz vom Hinterland über das Mittelland bis ins Vorderland.
Wachstumsphase wurde
Das Vorderland wurde zudem schon früh vom Bodensee und
jäh unterbrochen: Eine
Rheintal her erschlossen, Heiden vor allem von Thal her. Ein
gesamteuropäische
anderer Begriff, der mit dem Hochmittelalter in Verbindung ge-
Katastrophe, die Pest
bracht wird, ist «Vergetreidung»: Immer mehr Land wurde un-
1348/49, reduzierte
ter den Pflug genommen. Dies ermöglichte, mehr Menschen
auf einen Schlag die
zu ernähren.
60
50
40
30
20
Bevölkerung um einen
10
Drittel. Die Verluste waren
um1440
um 1350
um 1000
um 600
um 300
0
STADT UND UMLAND IM AUSTAUSCH
unterschiedlich gross, in
Im 14. und 15. Jahrhundert sind vermehrt landwirtschaftliche
den städtischen Zentren
Innovationen erkennbar. Die Vorstellung, dass die mittelalter-
dürften mehr Menschen
liche Familie sich nur aus der eigenen Landwirtschaft ernährte,
gestorben sein als auf dem
ist längst überholt. Reine Selbstversorgung gab es im ganzen
Land. Erst rund 300 Jahre
Mittelalter nicht. Vor allem durch die Nachfrage der städtischen
Iberische Halbinsel
Frankreich
nach der verheerenden
Zentren wurden im Spätmittelalter Gütertausch und Handel
Italien
Britische Inseln
Pest stieg die Bevölkerung
massiv gefördert. Dies führte unter anderem dazu, dass sich gan-
Deutsches Reich / Skandinavien
wieder über die bereits
ze Regionen auf die exportorientierte Herstellung bestimmter
Total Europa
1348 erreichte Zahl hinaus. Produkte spezialisierten: England auf Schafzucht und Wollproduktion, Norddeutschland auf Viehhaltung, Ungarn auf Ochsenmast, das Elsass und Schwaben auf Getreidebau, die alpine
1000 Jahren und wird grob in drei Perioden eingeteilt. Als Früh-
Innerschweiz auf Viehwirtschaft. Diese landwirtschaftlichen
mittelalter wird die Zeit von circa 500 bis um 1000 nach Chris-
Spezialisierungen sind aber auch viel kleinräumiger zu fassen:
tus bezeichnet, das Hochmittalter reicht von circa 1000 bis circa
Im 15. Jahrhundert sind im St. Galler Rheintal der Weinbau und
1250, und als Spätmittelalter bezeichnet man die Jahre von circa
im Appenzellerland und Toggenburg die Viehwirtschaft auf
1250 bis zur Reformation ab 1517.
Kosten des Getreidebaus bereits vorherrschend. Diese Arbeits-
STEFAN SONDEREGGER EIN BLICK ZURÜCK INS MITTELALTER
15
5 Die am Beispiel von Heiden besprochenen, in den Zinsbüchern verzeichneten
VORWIEGEND GETREIDEANBAU
bäuerlichen Abgaben geben Aufschluss über die Produktionsschwerpunkte. Die Karte zeigt die drei ag rarisch unterschiedlichen Zonen im Umland der Stadt St. Gallen im 15. Jahrhun dert. Heiden gehört zu dem auf Viehwirtschaft
VORWIEGEND VIEHWIRTSCHAFT
spezialisierten Gebiet. R VO
W
I
E EG
N
D
W
EI
N
BA
U
teilung zwischen Regionen setzt einen funktionierenden Güter-
dem Appenzellerland – wurden zu einem international begehr-
tausch voraus. Dabei fielen dem städtischen Markt und städti-
ten Qualitätsprodukt. Trotz des Städtewachstums gehörte aber
schen Institutionen wie Spitälern zentrale Funktionen zu. Denn
der weitaus grösste Teil der Bevölkerung, bis zu 85 Prozent, zur
auch in der landwirtschaftlichen Produktion hatten Bürger der
ländlichen Gesellschaft. Ein demgegenüber kleiner Anteil lebte
Stadt St. Gallen als Bodenbesitzer und Geldgeber für die Bau-
in Städten. Die Städte des Spätmittelalters und bis weit in die
ern ihre Hand im Spiel. Das ist eine gesamteuropäische Erschei-
Neuzeit hinein muss man sich zudem viel kleiner vorstellen als
nung des Spätmittelalters: Die städtische Nachfrage dominierte
heute. Basel, das in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts 9000
mehr und mehr die Landwirtschaft ihres jeweiligen Umlands.
bis 12 000 Einwohner zählte, war die grösste Stadt der Schweiz.
Das lässt sich auch im Fall von Heiden gut zeigen. Die Bauern
Auf 10 000 Einwohner schaffte es nur noch Genf. Zürich hatte
aus Heiden belieferten das Spital mit Butter und mit Rebste-
zu jener Zeit schätzungsweise 5000 bis 6000 Einwohner, Bern,
cken, die für den Weinbau des Spitals im Rheintal gebraucht
Freiburg und Lausanne hatten etwa 5000, St. Gallen 3000 bis
wurden. Überschüsse an pflanzlicher und tierischer Produkti-
4000. Hinter diesen «grossen» Schweizer Städten kommen viele
on verkaufte das Spital und trug dadurch zur städt ischen Nah-
Ortschaften mit 1000 Einwohnern, die für damalige Verhält-
rungsversorgung bei.
nisse bereits als urbane Zentren galten. Das spätmittelalterli-
HANDEL UND STÄDTE
che Siedlungsbild war geprägt von vielen Städten, die wir heute bevölkerungsmässig als Dörfer bezeichnen. Absolut grosse Ag-
Anstatt vom «finsteren Mittelalter» zu sprechen, wird man
glomerationen in Europa waren Lyon, Augsburg und Nürnberg
der Zeit zwischen 1300 und 1500 eher gerecht, wenn man sie
mit 40 000 Menschen um das Jahr 1500, Mailand und Paris mit
als Phase grosser wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verän-
100 000.
derungen wahrnimmt. Ausdruck davon ist die Zunahme der an Bedeutung gewinnenden Städte als Handelszentren, wie dies
Zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Siedlung war ihre
auch in der Ostschweiz zu beobachten ist. St. Gallen schaffte
Anbindung an den Verkehr förderlich. Von den bis um 1200 ent-
Mitte des 15. Jahrhunderts den Aufstieg zur wichtigsten Textil-
standenen Städten im Bodenseegebiet lagen Konstanz, Ravens-
handelsstadt im erweiterten Bodenseegebiet. Ostschweizer Lei-
burg, Buchhorn (heutiges Friedrichshafen), Lindau, Rheineck,
nentücher aus städtischer und ländlicher Produktion – auch aus
Rorschach, Stein am Rhein, Diessenhofen und Schaffhausen
16
VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
6 ausgesprochen verkehrsgünstig am Schnittpunkt von Wasser-
Die Karte mit den grossen Verkehrswe
und Landwegen oder an Kreuzungen zweier Fernstrassen. Seit
gen des Mittelalters zeigt deutlich, dass
römischer Zeit verband der Bodensee den Norden mit dem Sü-
sich der Bodensee im Schnittpunkt der
den über Chur, den Septimer und Splügen, Como und Mai-
Nord-Süd-Achse über die Bündner Pässe
land; von West nach Ost zwischen Rhein und Donau von Augst
und des Wasserwegs vom Bodensee zum
über Windisch, Arbon, Bregenz, Kempten, Augsburg nach Re-
Rhein auf der Ost-West-Achse befindet.
gensburg. Der Bodensee und die Bündner Pässe wurden für die
Seit dem Frühmittelalter hatten die Walli
Spedition der italienischen und orientalischen Produkte nach
ser und Bündner Pässe Bedeutung. Im 13.
Norden und umgekehrt von den deutschen Kaufleuten für den
und 14. Jahrhundert kam der Gotthard
Export ihrer Waren nach Italien und den Anschluss an den glo-
dazu, und erst im 14. Jahrhundert gewan
balen Handel über den Hafen Genuas benutzt. Die Bedeutung
nen die Strassen quer durch das Schwei
der Bündner Pässe wurde durch die Anbindung der Wasserwege
zer Mittelland nach Südwesteuropa an
des Walen- und Zürichsees sowie des Langensees an die Achse
Bedeutung. (https://commons.wikimedia.
Rheintal-Bodensee-Süddeutschland noch grösser.
org/wiki/File:Schweiz_MA_Verkehr.svg)
STEFAN SONDEREGGER EIN BLICK ZURÜCK INS MITTELALTER
GRENZEN DES WACHSTUMS
ergab, dass 43 Prozent, das heisst 23 der 54 Menschen, im juve-
Die mittelalterliche Gesellschaftsordnung war hierarchisch nilen (vor 20-jährig) Alter starben. Bei den Gestorbenen überaufgebaut. Adlige und Geistliche gehörten zu den zwei sozio wogen Kleinkinder, Kinder und Jugendliche, während die über ökonomisch besser gestellten Ständen, die von der Arbeit des
60-Jährigen in den Skelettuntersuchungen vollständig fehlten.
dritten Standes, der Bauern, lebten. Letztere erhielten von ihrer Zudem war der Frauenanteil bei den Verstorbenen höher, was Herrschaft das Land, das sie gegen Naturalabgaben, Geld und mit dem Tod im Kindbett zusammenhängen könnte. Viele FrauArbeitsleistungen bewirtschafteten. Der Anbau von Getreide en starben in einem Alter zwischen 20 und 30. – in unserem Gebiet Dinkel, Hafer, Roggen – stand im Vordergrund. Brot und Getreidebrei gehörten zu den Grundnah-
Die Gründe dafür, dass die Menschen im Vergleich zu heute
rungsmitteln, ergänzt durch Fleisch und wenn möglich Garten- früher starben, liegen in der Unter- und Fehlernährung sowie gemüse, Obst und Beeren. Die Erträge lassen sich aber nicht in der harten körperlichen Arbeit. Hinzu kommen mangelhafte vergleichen mit heutigen: Für das Frühmittelalter geht man da- hygienische Verhältnisse und Kälte, die vor allem Kleinkindern von aus, dass für ein gesätes Korn zwischen zwei und drei Kör- das Leben kosteten, und zwar auch in Städten: Den Sterberegisner geerntet wurden, um 1500 waren es durchschnittlich vier
tern St. Gallens ist zu entnehmen, dass auf eine Gesamtbevölke-
bis fünf, also immerhin das Doppelte. Heutige Ertragszahlen
rung von 4500 bis 6000 Menschen im 16. und beginnenden 17.
beim Weizen liegen bei 1 zu 40 oder 50 und mehr. Das mittelal- Jahrhundert in Normaljahren ohne Pest, Hungersnot oder Naterliche System war äusserst labil; die Ernährung der Menschen turkatastrophen zwischen 150 und 300 Menschen starben; oft schwankte zwischen Sättigung und Hunger. Ernteschwankun- waren mehr als die Hälfte davon Kinder. Die hohe Kindersterbgen, verursacht durch schlechte Witterung, lange Schneedau- lichkeit verfälscht allerdings das Bild der vormodernen Lebenser oder späten Frost, Zerstörungen durch Hagelschlag oder erwartungen. So erreichten im Jahr 1730 in der Stadt St. Gallen Kriegsverwüstung konnten Hunger bedeuten. Noch bis ins 18.
– wenn man die Kindersterblichkeit ausklammert und nur die
Jahrhundert bestimmte das regionale Produktionsvolumen die
Todesfälle Erwachsener auswertet – Frauen ein durchschnitt-
Bevölkerungsentwicklung, weil die Versorgung durch Impor- liches Alter von 58 Jahren, Männer starben etwas jünger mit te beschränkt war: Die Bevölkerung nahm dann zu, wenn die durchschnittlich 52 Jahren. Viele Menschen wurden auch weit Landwirtschaft in der Lage war, mehr Menschen zu ernähren. über 60 Jahre alt. So hatte im Jahr 1730 ein Viertel der VerstorDie Härte dieses Mechanismus zeigt sich in der Umkehrung: benen ein Alter von 70 Jahren und mehr erreicht. Die St. GalWenn die landwirtschaftlichen Erträge sanken oder gar ausfie- lerin Barbara Merz starb in diesem Jahr als älteste Bürgerin der len, starben Menschen an Hunger. Wie alt wurden die Menschen damals? Leider ist für das Mittelalter aus schriftlichen Quellen kaum etwas zu erfahren. In der Schweiz werden Register mit genauen Geburts-, Heiratsund Sterbeangaben sogar in Städten erst seit der Reformation oder später geführt. Die ältesten Sterberegister St. Gallens beispielsweise datieren auf 1576. Bis ins 15. Jahrhundert hatten die Menschen in der Regel nur eine ungefähre Ahnung ihres eigenen Alters; dies geht etwa aus Zeugenbefragungen vor Gericht hervor. Die Befragten werden als ungefähr dreissig, vierzig, fünfzig oder sechzig beschrieben. Eindrückliche Erkenntnisse liefert die sogenannte medizinische Anthropologie. Die Untersuchung von Gräbern des 16. und 17. Jahrhunderts aus der Gemeinde Lütisburg im Toggenburg ergab Daten, die im Wesentlichen auch für frühere Zeiten gelten dürften. Die Kantonsarchäologie St. Gallen konnte die dort gefundenen Skelettreste insgesamt 54 Menschen zuordnen. Der demografische Befund
Stadt im Alter von 89 Jahren. 6
17
18
7 Wappen-Dreiheit am Rathaus von Heiden. In der gleichen Zusammensetzung ist sie bereits 1840 auf den Glocken der evange lisch-reformierten Kirche gegeben.
HEIDENS HIRSCHWAPPEN JOHANNES HUBER
EIN GRÜNDLICHER IRRTUM
Das Wappen von Heiden sowie der anderen Hirschberg-Gemeinden entstammt möglicherweise einem mittelalterlichen Jagdkontext. Bis circa 1400 muss das noch weitgehend unbesiedelte Gebiet des Appenzeller Vorderlands ein intensiv genutztes Jagdgebiet gebildet haben. Es liegt die Vermutung nahe, dass der Ministerialadel den Hirschberg als Jagdrevier nutzte; immerhin war er an der Nord- und Ostseite des Geländes mit rund 50 Burgstellen vertreten. In welcher Verbindung mit dem Jagdgebiet und seinen Nutzenden könnte das Wappen von Heiden, das bis ins 16. Jahrhundert rückverfolgbar ist, stehen?
Das Gemeindewappen von Heiden hat bislang in der Forschungsliteratur nicht zu einer breiteren Diskussion gefunden.1 Einzig der Heraldiker Jakob Signer (1877–1955) hat ihm 1916 den knappen Versuch einer Erklärung gewidmet. 2 Der irreal-phantastische Gehalt seiner Erläuterung verstösst jedoch gegen alle Grundsätze in der Ausdeutung heraldischer Denkmäler. Zitat Signer: «Wer die Deutungskunst der Alten besitzt, dem ist das Gemeindewappen von Heiden eine wahre Fundgrube in der Auslegung desselben. Dieses Wappen lässt symbolisch die meisten und schönsten Deutungen zu von allen appenzell-ausserrhodischen Gemeindewappen, kraft seiner Schildfiguren. Es dürfte naheliegen, dass der Hirsch, der die einstige Zugehörigkeit zur Rhode Unterer Hirschberg dokumentieren soll, nicht aus Versehen liegend gekennzeichnet wurde. Wohl mit einer bestimmten Absicht soll seine Stellung einen Ort von Heilquellen darlegen, wo Hirsche sich mit Vorliebe niederzulassen pflegten. Neben andern Auslegungen kann die Sonne auch noch mithelfen, den sonst schwierig darzustellenden Begriff ‹Heiden› zu erklären. Will diese vielleicht daran erinnern, dass sie von den
8 Evangelisch-reformierte Kirche. Wappen der Gemeinde Heiden auf den Glocken. Guss 1840 bei Grasmayr, Feldkirch (Österreich). Das Zeichen ist nochmals rund 180 Jahre früher belegt (circa 1652), geht offenbar sogar vor 1600 zurück.
‹Heiden› angebetet wurde?» ÄLTESTE SPUREN DER ZEICHNUNG DES WAPPENS VON HEIDEN Heidens Wappen zeigt einen auf grüner Heide liegenden, von der Sonne beschienenen, vielleicht sogar geblendeten/gebannten Hirsch mit auffällig grossen Geweihstangen. 1838 galt die an ein Emblem (Sinnbild, Symbol) erinnernde Blasonierung (Wappeninhalt, Zeichnung) für damalige Zeitgenossen beinahe 200 Jahre rückverfolg- und belegbar.3 Den Referenzpunkt dieser zeitlichen Bestimmung bildete offensichtlich die Gründung von Kirche und Kirchhöre Heiden 1652 respektive 1658. Der verdiente Inventarisator der ausserrhodischen Kunstdenkmäler Eugen Steinmann (1919–1991) vermutet, dass ein entsprechendes Bildmotiv zu den Glockenzeichen des Geläuts der ersten Kirche von Heiden gehört haben könnte, das 1838 im Dorfbrand unterging. Dem ist beizupflichten.4 WAPPEN DER HIRSCHBERG-GEMEINDEN Auffällig ist einerseits die Zahl der appenzellischen Gemeinden, deren Wappen das Hirsch-Motiv zeigen, andrerseits die geografische Lage/Verteilung dieser Gemeinden. Von den Wappen der zwanzig Ausserrhoder Gemeinden weisen drei, nämlich Heiden, Reute und Walzenhausen, das besagte Tier-Motiv auf, von den sechs Innerrhoder Bezirken einzig Oberegg. Die drei
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VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
9 Gebietsgrösse Hirschberg (der Flurname steht im Zentrum des Kartenbilds) im heutigen Grenzraum Ober egg-Reute-Walzenhausen-Heiden. Karte 1841–1854. Die Oberflächenbeschaffenheit der Landschaft, ihr Geländerelief, bot hier viel Abwechslung, für Jagden gleichsam ideale Bedingungen. Ausserrhoder Gemeinden liegen alle im Vorderland und bilden zusammen mit Oberegg eine zusammenhängende Gebietsfläche. Genau hier, präziser formuliert in der Gebietsgrösse «Hirschberg», liegt der Schlüssel zum Verständnis des prägenden Tiers in den Wappen der heutigen Gemeinden Heiden, Reute, Walzenhausen und Oberegg. Die Übereinstimmung der Wappen, oder von Teilen derselben, über die Kantonsgrenze (AR/AI) hinaus, zeigt, dass das Hirsch-Zeichen vor 1597 (Landteilung) zurückreichen muss. VERSUCH EINER HISTORISCHEN KONTEXTUALISIERUNG In der vorliegenden Zeichnung – von allen «Hirsch-Wappen» dürfte jenes von Heiden dem Urbild am nächsten kommen – könnte ein altes Jagd- oder Wildbannzeichen, vielleicht auch ein Forstbannzeichen, angelegt sein. Es geht also um ein Rechtssymbol. Primär sicherte es in einem bestimmten Gebiet/Rayon, hier am/auf dem Hirschberg, geltendes Jagdrecht. Dieses war das Privileg einer Herrschaft, deren Anspruch sie mittels Kennzeichnung verdeutlichte. Ein entsprechendes Zeichen war gut sichtbar angeschlagen etwa an wichtigen Zugängen zu diesem Jagdbanngebiet, insbesondere an den Aufritten und offenbar auch in allen Gebieten der nachmaligen «Hirsch-Gemeinden». Es machte, da auch öffentliche Wege durch solche Gebiete führten, Passierende auf die geltenden Nutzungsrechte aufmerksam. Das Zeichen sollte Jagdfrevel (Frevel: Verstoss gegen ein bestehendes Recht) bannen respektive vertreiben, verhindern. Man denke etwa an bemalte (schablonierte) oder beschnitzte Holztafeln, Relieftafeln, die entsprechend den heraldischen Farben der nutzungsprivilegierten Herrschaft eingefärbt waren. In dem hier besprochenen Beispiel beinhaltete die Tafelzeichnung die Elemente Hirsch (liegend, stehend, schreitend), Berg, strahlende, bannende Sonne (Symbol der Herrschaft), ferner die Farben vermutlich der Rorschacher (Gelb, Grün, Rot [vertreten in den Wappen Walzenhausen und Oberegg], Schwarz, Weiss): Denn sie, die Ministerialen von Rorschach, hatten über zwei Burgen (Rorschacherberg, Berneck) ungehindert Zugang zu den Jagdgründen am Hirschberg, wo sie 1366 als erste Adlige mit Besitzrechten belegt sind. Der Aufritt erfolgte über die Grub (Rorschacher Pfarrgebiet), von dort fächerweise weiter in verschiedene Richtungen und so tief hinein in die Waldgebiete des späteren Heiden, Reute, Oberegg und Walzenhausen.
JOHANNES HUBER HEIDENS HIRSCHWAPPEN
10 Wappen der Ministerialen von Rorschach. Zürcher Wappenrolle, 1330–1345. Die
11
Farben dieses Dienstadelsgeschlechts
Rorschach. Burg. Ehemaliger
könnten dem Gemeindezeichen von
Herrschaftssitz der Ministerialen
Heiden zugrunde liegen.
von Rorschach.
Der Speiseplan der Lehensherrschaft, hier der Abtei St. Gallen, profitierte vom erbeuteten Jagdgut, in erster Linie vom erlegten Rotwild, von Raubtieren wie Bär, Wolf oder Fuchs, von Wildschweinen, von Hasen, Vögeln, Geflügel und anderem Getier, beispielsweise Amphibien, Reptilien oder Schnecken.5 Der Namensforscher Stefan Sonderegger (1927–2017) hat festgestellt, dass insbesondere im Bestand des vorderländischen Namenmaterials Hinweise auf bejagbare Tiere besonders stark vertreten sind. 6 Die zahlreichen Burgen, die am Auslauf des Kurzenbergs und Vorderlands vom Bodensee bis ins Rheintal dokumentiert sind, lassen eine ebenso dicht verzweigte wie stark vernetzte Jagdgesellschaft vermuten, die den Hirschberg von ihren Herrschaftssitzen aus bestiess.7 Auf der Hand liegt, dass nebst der Gewinnung von Nahrung und anderer tierischer Rohstoffe (zum Beispiel Felle, Leder, Fett [unter anderem zu Beleuchtungszwecken]) darin auch ein gesellschaftlicher Anlass («kurzewîle») gesehen wurde. 8
21
22
ALLGEMEINE ENTWICKLUNG Erste Angaben zu den Einwohnerzahlen finden sich zum Jahr 1667. Eine Liste im Protokoll des Grossen Rats gibt für Heiden «1248 Seelen» an.1 In den folgenden siebzig Jahren nahm diese
Betrachten wir die Entwicklung der Einwohnerzahlen, ergeben sich für Heiden einige Besonderheiten. Durch starke Zuwanderung erfolgte im 19. Jahrhundert ein aussergewöhnlicher Wachstumsschub, der den Vorderländer Ort zur drittgrössten Gemeinde im Kanton Appenzell Ausserrhoden werden liess. Heiden gehört zudem zur Minderheit der sechs Gemeinden im Kanton, die im Jahr 2020 mehr Einwohnerinnen und Einwohner zählten als in der Zeit um 1900. Zudem ist Heiden die einzige Ausserrhoder Gemeinde, die im frühen 21. Jahrhundert eine positive Arbeitspendlerbilanz aufwies.
Zahl dann um 36 Prozent zu. Heiden machte die Entwicklung mit, die Appenzell Ausser rhoden zu einem der am dichtesten besiedelten Gebiete Europas werden liess. Zurückzuführen war dieses aussergewöhnliche Bevölkerungswachstum im Wesentlichen auf die sich rasch verbreitende textile Heimindustrie. Von 1660 bis 1734 erlebte Ausserrhoden einen Populationsschub mit durchschnittlichen Wachstumsraten von 8,3 Promille pro Jahr. Für die Periode 1734 bis 1805 lag dieser Wert noch bei 2,2 Promille, in Heiden sogar noch tiefer. Ursachen dafür waren schlechte Zeiten um 1740 und die Hungersnot von 1771. 2 Mit 236 Verstorbenen wurden 1771 in Heiden etwa sechsmal mehr
12 Wohnbevölkerung der
1 248
1 673
1 700
1 720
1 630
2 035
2 393
2 466
2 879
2 946
3 183
3 436
3 745
3 494
3 283
3 089
2 904
3 094
3 158
3 716
3 620
3 885
4 063
4 026
4 197
1667
1734
1794
1805
1818
1830
1842
1850
1860
1870
1880
1888
1900
1910
1920
1930
1941
1950
1960
1970
1980
1990
2000
2010
2020
Gemeinde Heiden 1667–2020.
BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG THOMAS FUCHS
Menschen zu Grabe getragen als in einem normalen Jahr. Dem Gewicht fielen, richtet sich der Fokus heute gerne auf die Minstanden gerade einmal 24 Geburten gegenüber, dreimal weniger derheit, die sich ins Ausland begab. Im Vergleich zu den agraals im Vorjahr (1770).3 Zu einem weiteren Einbruch im demogra- risch geprägten Regionen im schweizerischen Mitteland und in fischen Wachstum führten die Hungerjahre 1816/1817.
den Alpen blieb der Wegzug ins Ausland in Appenzell Ausser rhoden aber bescheiden. Als in den 1840er-Jahren die Auswan-
Von 1818 bis 1900 erlebte Heiden dann mehr als eine Ver-
derung nach Amerika an Bedeutung gewann, legte die Heidler
doppelung der Wohnbevölkerung und erreichte am Ende dieser Gemeindeverwaltung ein spezielles Auswanderungsbuch an. Periode mit 3745 Personen einen ersten demografischen Höhe-
Es erlaubt, immer aus der Sicht des Gemeindeschreibers, Ein
punkt.7 Ein derart starkes Wachstum erreichten in Appenzell blicke in die Motivation der Wegziehenden. Es lässt auch durchAusserrhoden nur noch Herisau und Walzenhausen. Gemessen blicken, dass die Gemeinde einige Personen gerne loswurde. an den Einwohnerzahlen rückte Heiden innerhalb des Kantons So finanzierte die Armenbehörde 1869 einem Mann die Übervon Rang zwölf auf Rang drei vor. In der Region Vorderland fahrt nach New York, «weil er hier ein Faulenzer von Jugend auf löste Heiden in den 1830er-Jahren Wolfhalden als bevölke- und auch sonst moralisch gebrochen war».9 Dagegen gründete rungsstärkste Gemeinde ab. Danach lieferten sich Heiden und der Heidler Goldgräber und Farmer Heinrich (Henry) Rohner Walzenhausen eine Art Kopf-an-Kopf-Rennen um den ersten (1829–1900) 1874 die nach ihm benannte Ortschaft Rohnerville Platz. 1910 betrug die Differenz zwischen den beiden noch 210 in Kalifornien (heute Teil der Stadt Fortuna, mit Rohnerville Personen. 8
Airport und Rohner Park).10
Das Bevölkerungswachstum des 18. und 19. Jahrhunderts beruhte zum grössten Teil auf Zuwanderung. Bei den Wegziehenden, bei denen die Leute mit Heidler Bürgerrecht besonders ins
1816, das «Jahr ohne Sommer»
an diesem «Klimaexperiment» teilnahmen, bedeutete
Das Jahr 1816 war in der Schweiz deutlich zu kalt
dies unerhörte Herausforderungen. Nicht immer wa
und zu nass. Sonnentage gab es kaum, ab einer Höhe
ren diese zu bewältigen, und eine grosse Zahl von Toten
von etwa 1 900 Metern lag den ganzen Sommer über
war die Folge davon.5
Schnee. Als Folge der Missernten stiegen die Lebens
Das Appenzellerland gehörte zusammen mit den Kanto
mittelpreise im Winterhalbjahr 1816/1817 drastisch
nen Glarus und Graubünden sowie dem Bezirk Sargans
an (Teuerung). Gute Ernteerträge im Spätsommer
zu den Gebieten in Europa, die von der Hungerkrise der
1817 führten allmählich wieder zu einer Normalisie
Jahre 1816/1817 am stärksten betroffen waren.6 Dabei
rung. Die Hungerkrise forderte eine grosse Zahl von
wäre die Gegend eigentlich gut aufgestellt gewesen.
Todesopfern. 1817 standen in Heiden 149 Todesfäl
Das Land war in zwei unterschiedliche Marktsysteme
len 63 Geburten gegenüber, im Jahr darauf lag das
eingebunden: einerseits beim Import der Grundnah
Verhältnis bei 107 zu 36. In normalen Jahren waren
rungsmittel (Getreide) in den erweiterten Bodenseeraum,
Geburtenüberschüsse zu verzeichnen. Die Heirat
andrerseits beim Absatz der textilen Produkte in den
wagten 1817 nur gerade zwei Paare. 4
globalen Textilmarkt. Dass nun gleichzeitig beide Systeme
Die Ursache für das «Jahr ohne Sommer» kennt man
einbrechen würden, war nicht voraussehbar. Die durch
noch nicht sehr lange. Es war eine gewaltige Eruption
die Klimaverschlechterung von 1816 verursachten Miss
des Vulkans Tambora auf der Insel Sumbawa im heuti
ernten fielen zusammen mit einem Wegfall der Aufträge
gen Indonesien im April 1815. Es handelte sich um den
für die Heimweberei. Zur Teuerung kam also der Wegfall
weltweit folgenreichsten Vulkanausbruch der letzten
des Verdiensts. Am stärksten unter die Räder kamen
12 000 Jahre. Während vier Jahren waren die Folgen
kleine und strukturschwache Gemeinden. Im Appenzeller
fast überall auf der Erde in Form von Wetteranomalien
Vorderland überstanden Heiden und Wolfhalden die Krise
deutlich spürbar. Für die Menschen, die unfreiwillig
am besten.
23
24
VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
Als Sklave in Tunesien «Als ich mein zwölftes Lebensjahr erreichte, erwach 13
te nach und nach in mir die Begierde, in’s Ausland
Die beiden «aus der Sklaverey zu Tunis
zu gehen, die ich nicht zu unterdrücken vermochte»,
zurückgekommenen» Johannes Rohner
schreibt Johannes Rohner (1777–1855) in seinen
(rechts, im Kleid eines Haussklaven) und
Lebenserinnerungen.11 Geweckt wurde das Fernweh
Johannes Frischknecht (gekleidet als
vom Vater und dessen Freunden, die in der Zeit der
Arbeitssklave).
Hungersnot von 1771 als Söldner nach Holland gegan gen waren. 1794 liess sich der als Weber angelernte Johannes Rohner für das Regiment Schmid im König reich Sardinien-Piemont anwerben. Als diese Truppe zwei Jahre später aufgelöst wurde, liess er sich für den Dienst im Königreich Neapel gewinnen. Er traf auf Johannes Frischknecht aus Schwellbrunn, der zu seinem Schicksalsgefährten wurde. Auf der Überfahrt von Genua nach Neapel wurde das Schiff mit Rohner und Frischknecht an Bord im De zember 1796 von türkischen Piraten gekapert, welche die 22 neapolitanischen Söldner an Bord gefangen nahmen. Über den weiteren Verlauf berichtet Rohner: «Mittags und abends bekamen wir ein paar Oliven, und zum Getränke faules, stinkendes Wasser. Alle Tage und Stunden erwarteten wir den Tod. Nach einer Fahrt von 5 Tagen und 5 Nächten langten wir in Tunis an und waren nun in Sklaverei.» Der Bey (Provinzstatt halter) schenkte den Appenzeller als Haussklaven an Aga (General) Suleiman. Da Rohner einen Übertritt zum Islam verweigerte, wurde er schlecht behandelt. «Wegen jeder Kleinigkeit speien sie einem ins Ange sicht, geben Backenstreiche [Ohrfeigen; Anm. T.F.], Stockschläge und dergleichen.» Nach etwa eineinviertel Jahren kamen weitere ne apolitanische Söldner als Gefangene und Sklaven an, darunter drei Berner. Einer von ihnen brachte Rohner dazu, nach Hause zu schreiben. «Vorher war ich wil lens gewesen, gar nichts zu berichten, um meinen Eltern nicht allzu grossen Kummer zu verursachen», so Rohner. Nach einigen Jahren kam ein Brief zurück mit der Mitteilung, man sammle Geld, um Rohner und Frischknecht freizukaufen. Schliesslich kam den beiden die weltpolitische Lage zu Hilfe. Ende 1805 konnten sie den französischen Gesandten in Tunis dazu bewegen, sie aus der Sklaverei loszukaufen. Am 10. August 1806 war die Leidenszeit der beiden zu Ende. Zehn Tage später bestiegen Rohner und Frisch knecht ein Schiff nach Livorno. Nachdem sie dort eine Quarantäne-Zeit von vierzig Tagen abgesessen hatten, konnten sie die Fahrt nach Genua fortsetzen. Den restlichen Heimweg legten sie zu Fuss zurück. Sie trafen am 14. November 1806 im Appenzellerland ein. Rohner holte als erstes die Konfirmation nach. Im darauffolgenden Juni heiratete er Elsbetha Züst (1784–1859) von Lutzenberg. Die beiden liessen sich in Thal nieder.
THOMAS FUCHS BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG
14 Johannes Küng-Mösli auf seiner Tabak plantage in Deli-Medan auf Sumatra, undatiert. Plantagenbesitzer auf Sumatra Die Brüder Johannes Küng-Mösli (1836–1908) und Hermann Küng-Ganno (1842–1871) wuchsen im Haus Paradies in Heiden auf. 1864 trat der jüngere beim Handelshaus Remé, Leveson & Co. in Singapur eine Stelle als Prokurist an. Nach der nicht standesgemäs sen Heirat mit der Einheimischen Mary Ganno musste Hermann Küng Singapur verlassen. Er versuchte sein Glück auf Sumatra, wo die Niederländer als Kolonial macht gerade den Tabakanbau forcierten. An der Nordostküste der Insel erhielt Hermann Küng vom Sultan von Deli rund 1400 Hektaren Land für 75 Jahre in Erbpacht. Im August 1871 zog er mit seinem Schwei zer Assistenten Theo Meyer, einem chinesischen Koch und 25 Kulis auf seine Plantage, der er in einem Anflug von Heimweh den Namen «Sæntis Estate» gab. Zwei Monate später wurden die beiden Schweizer von ihren Kulis ermordet. Johannes Küng führte damals zusammen mit seiner Frau Emma in Heiden die Pension Paradies und war Mitglied des Gemeinderats. Als er vom Plantagenpro jekt seines Bruders hörte, packte ihn selbst das Fern weh und er beschloss, mit seiner Familie nach Sumatra zu reisen. Die Nachricht vom Tod des Bruders brachte diese Pläne durcheinander. Um die Besitzverhältnisse von «Sæntis Estate» zu klären, reiste Johannes Küng zuerst allein nach Niederländisch-Indien. Gut zwei Jahre später folgte ihm seine Frau nach. Sie reiste in Begleitung ihrer Schwägerin, Johannes’ Schwester Gertrud, deren Ehemann in Singapur tätig war. Die Kinder blieben in der Heimat bei Verwandten zurück. Das Leben auf der Plantage war streng, die wirt schaftliche Situation schwierig. 1881 konnte Küng die Leitung seinem Stellvertreter überlassen und mit seiner Frau und den auf Sumatra geborenen Kindern erstmals zurück in die Schweiz reisen. Emma Küng blieb von da an in Heiden. Johannes Küng ging zu rück. 1886 musste er seine Plantage aus finanziellen Gründen verkaufen. Als Teilhaber blieb er aber bis 1896 im Tabakanbau tätig. Dann kehrte auch er nach Heiden zurück. Er baute die Pension Paradies um und beschäftigte sich mit Gärtnerei und Bienenzucht. Er vermachte dem Museum Heiden eine grosse Samm lung mit Objekten aus Sumatra.12
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VOM URWALD ZUM ZENTRUMSORT
Mit Besorgnis registrierte der Heidler Gemeinderat eine Be-
BEISASSEN, K ATHOLIKEN, ITALIENER …
völkerungsabnahme von sechs Prozent zwischen 1900 und 1910.
Eine Bevölkerung wächst, wenn die Zahl der Geburten die
Er versuchte, mit der Einsetzung einer «Kommission für He-
Todesfälle über längere Zeit übersteigt oder wenn mehr Leute
bung der Industrie»13 Gegensteuer zu dieser Entwicklung zu ge-
zuziehen als wegziehen. In Heiden trugen beide Faktoren zum
ben. In der Wirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit, welche die
Bevölkerungsanstieg bei, wobei die Zuwanderung dominierte.
ganze Ostschweiz hart traf, nahm die Abwanderung weiter zu.
Dadurch ergaben sich deutliche Verschiebungen bei der Zu-
Von 1900 bis 1941 verringerte sich die Heidler Wohnbevölke-
sammensetzung der Einwohnerschaft. Fassbar sind diese bei der
rung um 841 Personen (22,5 Prozent). Die Abwanderung aus Ap-
Herkunft und bei der Religionszugehörigkeit.
penzell Ausserrhoden war allgemein sehr hoch. 1930 hatte der Kanton von allen Schweizer Kantonen den grössten Prozentsatz
Wie in allen Gemeinden des Kantons Appenzell Ausserrho-
an ausserhalb des Heimatkantons wohnhaften Kantonsbürgern.
den nahm auch in Heiden der Anteil der Gemeindebürger (Ein-
Es waren vor allem jüngere Arbeitskräfte, die der Dauerkrise
wohner mit Bürgerrecht in Heiden) an der Wohnbevölkerung
durch Abwanderung ins Unterland oder ins Ausland zu entkom-
stetig ab. Verantwortlich dafür waren die allmählichen Locke-
men suchten. Die Zunahme der Einwohnerinnen und Einwoh-
rungen beim Niederlassungsrecht. Ein erster Schritt war die
ner in Heiden, die ein Bürgerrecht in einem anderen Schweizer
Aufhebung der Niederlassungsbeschränkungen für die Land-
Kanton hatten, zeigt jedoch, dass es auch Leute gab, die neu in
leute von Appenzell Ausserrhoden 1732. Die einsetzende Bin-
Heiden Wohnsitz nahmen. Zu ihnen gehörte beispielsweise der
nenmobilität hatte zur Folge, dass um 1800 in einzelnen Ge-
Deutsche Emil Hugo Tippmar-Hecker (1885–1954), der 1930 die
meinden der Anteil der Beisassen (Personen mit Bürgerrecht in
Strumpffabrik Media mitgründete.
einer anderen Gemeinde) bereits 30 Prozent erreichte. Demgegenüber blieb die Zuwanderung von Kantonsfremden beschei-
Die demografische Erholung nach dem Zweiten Weltkrieg
den. Sie waren vom Gütererwerb ausgeschlossen und konnten
begann in Heiden vergleichsweise zögerlich. Ab 1950 stieg dann
nur gegen hohe Gebühren das Landrecht erwerben. 1834 trat
die Einwohnerzahl, abgesehen von einem kleinen Einbruch in
eine erste Lockerung für reformierte Schweizer in Kraft. Die
den 1970-Jahren, stetig an. Besonders stark war der Zuwachs
Bundesverfassung von 1848 brachte dann die Niederlassungs-
zwischen 1960 und 1970. Keine der anderen Vorderländer Ge-
freiheit für christliche Schweizerbürger innerhalb der Landes-
meinden konnte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
grenzen.
auch nur annähernd mit Heiden mithalten. Im übrigen Kanton Appenzell Ausserrhoden entwickelten sich nur noch Speicher,
Ein erster detaillierter Einblick in die Zusammensetzung der
Teufen, Bühler, Gais, Herisau und Waldstatt ähnlich dynamisch.
Bevölkerung ist für das Jahr 1842 möglich.15 In Heiden waren
Heiden gehörte auch zur kleinen Gruppe der Gemeinden, deren
damals 2393 Personen wohnhaft. Von diesen besass noch knapp
Wohnbevölkerung zwischen 1990 und 2020 weiter zunahm und
die Hälfte (47 Prozent) auch das Heidler Bürgerrecht. Die Übri-
die im Jahr 2020 mehr Einwohner zählten als vor dem Ersten
gen stammten mehrheitlich aus den anderen Gemeinden in Ap-
Weltkrieg. Allerdings vermochte Heiden im frühen 21. Jahrhun-
penzell Ausserrhoden ausser Schönengrund. Auffallend ist die
dert nicht mit der Dynamik von Teufen, Speicher und Gais mit-
grosse Zahl von 112 Personen mit Bürgerrecht von Urnäsch im
zuhalten. Als drittgrösste Gemeinde des Kantons wurde Hei-
Hinterland. Ansonsten dominierten die Nachbarorte Wolfhalden
den 2010 von Speicher abgelöst.
(231 Personen), Lutzenberg (162), Reute (114) und Walzenhausen (86). 5,5 Prozent der Einwohnerschaft waren in einem anderen
Die in den 2010er-Jahren trotz reger Bautätigkeit stagnieren-
Schweizer Kanton, 3 Prozent im Ausland heimatberechtigt. Sie
den Einwohnerzahlen entsprachen nicht den Erwartungen des
kamen hauptsächlich aus den Kantonen St. Gallen (84 Personen)
Gemeinderats. Mit der Erschliessung von neuem Bauland im
und Thurgau (28) sowie aus Österreich (42) und Süddeutschland
Nord, am Sonnenberg und an der Bergstrasse hoffte er, dem
(25). Personen mit Heidler Bürgerrecht gab es insgesamt 1994.
angestrebten Ziel von 4500 Einwohnerinnen und Einwohnern
Von ihnen lebten 56,5 Prozent in Heiden selbst, die anderen in
näher zu kommen.14
einer anderen Ausserrhoder Gemeinde, wobei die Nachbarorte Wolfhalden (279 Personen mit Heidler Bürgerrecht), Grub AR (121), Wald (93), Lutzenberg (84) und Rehetobel (72) obenaus
27
THOMAS FUCHS BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG
WOHNBEVÖLKERUNG NACH HEIMAT UND KONFESSION 1830–2020 Jahr
Einwohner Bürgerort/Heimatberechtigung AR sonst übrige CH Ausland
Heiden
1830
2 035
1 073
872
63
27
1842
2 393
1 126
1 063
130
74
2 303
90
0
1900
3 756
967
1 665
889
235
3 354
382
20
1930
3 089
699
1 335
886
169
2 682
284
23
1941
2 904
627
1 203
968
106
2 497
373
34
1950
3 094
549
1 168
1 247
130
2 518
556
20
1960
3 158
449
1 029
1 317
364
2 356
766
36
1970
3 716
2 977
739
2 381
1 232
103
2020
4 197
888
1 374
1 211
1 612
423
2 886
Prot.
Konfession
total
Kath.
schwangen. Gemieden wurde als Niederlassungsgebiet, mit Aus-
schreiber 1916 mit Lehrer Georg Pleisch (geb. 1880)16 von Luzein
nahme von Herisau (43), das Appenzeller Hinterland.
GR und einen ersten Gemeindepräsidenten 1918 mit Anwalt Carl Keller (1864–1927)17 von Rickenbach TG.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhöhte sich vor allem der Bevölkerungsanteil der sogenannten Niedergelassenen,
Der Arbeitskräftemangel in der Zeit der Hochkonjunktur der
der Personen mit Bürgerrecht in anderen Schweizer Kantonen. 1950er-/1960er-Jahre führte dann zu einem sprunghaften AnHauptverantwortlich dafür war die neue Rechtsgrundlage, die
stieg von meist jüngeren Zuzügerinnen und Zuzügern aus dem
durch die Bundesverfassung von 1848 geschaffen worden war.
Ausland. Sie waren wesentlich für die steigende Heidler Ein-
Bis dahin hatten die Kantone über das Niederlassungsrecht be-
wohnerzahl verantwortlich. Knapp die Hälfte von ihnen kam
stimmt. 1910 besassen nur noch 23,5 Prozent der Heidler Wohn-
aus Italien. Die Zuwanderung fremder Menschen, vornehmlich
bevölkerung auch das Heidler Bürgerrecht. 45 Prozent waren in
aus südeuropäischen Ländern, bildet das auffälligste demogra-
einer anderen Gemeinde im Kanton Appenzell Ausserrhoden fische Phänomen der Nachkriegszeit. Bei der Herkunft ergab heimatberechtigt, 23 Prozent in einem anderen Schweizer Kanton sich in den 1980er-Jahren eine Verschiebung. 1990 hatte der und 6,5 Prozent im Ausland. Viele der Zugezogenen waren als
Hauptteil der in Heiden lebenden Ausländerinnen und Auslän-
Gewerbetreibende tätig. So stammten beispielsweise die Grün-
der Serbokroatisch als Muttersprache. Danach folgte mit gros-
der des Handwerksmeistervereins Heiden aus dem Thurgau, dem
sem Abstand das bis dahin dominierende Italienisch, anschlies-
St. Galler Rheintal und dem Grossherzogtum Baden.
send Portugiesisch, Türkisch und Spanisch. Die Grösse der vier letzten Bevölkerungsgruppen nahm im folgenden Jahrzehnt um
Die Verschiebungen bei der Heimatzugehörigkeit spiegeln
je etwa die Hälfte ab. Dafür tauchte auf Rang drei neu Alba-
sich auch in der Zusammensetzung des Gemeinderats. 1842 nisch auf. waren fünf Mitglieder des dreizehnköpfigen Gremiums Beisassen. 1854 wurde mit Johann Konrad Sonderegger (geb. 1808)
Die Leute aus dem Ausland folgten zunächst dem alten Mus-
von Rehetobel zum ersten Mal ein Beisasse zum Gemeinde- ter und liessen sich in ihrem neuen Arbeitsort nieder. Hingegen hauptmann gewählt. Einen ersten Gemeinderat mit Bürgerrecht
wurde Heiden für immer mehr Schweizer zum reinen Wohnort.
in einem anderen Schweizer Kanton finden wir 1873 mit dem
Heiden gehörte in den 1960er-Jahren zu den sieben Ausserrho-
Zwirnereibesitzer Ulrich Schelling (geb. 1829) von Berneck SG, der Gemeinden mit einer raschen Zunahme der Wegpendler einen ersten Kantonsrat 1895 mit Ladenbesitzer und Wirt Au- (Personen mit Arbeitsort ausserhalb der Wohngemeinde). 1960 gust Dietrich (geb. 1841) von Thal SG, einen ersten Gemeinde- hatten 19 Prozent der in Heiden wohnhaften Erwerbstätigen
And. /keine