'Der letzte Landsberger'

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VORWORT

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ls der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 1993 ein Internationales Kriegsverbrechertribunal (International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia) im niederländischen Den Haag einsetzte, um die schwersten Menschenrechtsverletzungen im ehemaligen Jugoslawien zu ahnden, war dies seit dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher des Nazi-Regimes vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg das erste Gericht dieser Art seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Und genau 51 Jahre nach der deutschen Kapitulation begann in Den Haag „auf der neu gezimmerten Anklagebank der Welt“1 der erste Prozess gegen einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher aus dem ehemaligen Jugoslawien. Während dieses Tribunal durch einen Beschluss des Sicherheitsrates mit begrenztem Auftrag ins Leben gerufen worden war, besteht heute mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGh), ebenfalls in Den Haag, ein ständiges internationales Strafgericht, das Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Angriffskrieg ahnden soll. Die vertragliche Grundlage dazu wurde im sogenannten Rom-Statut geregelt, das von 139 Staaten unterzeichnet und bisher von 123 Staaten (Januar 2015) ratifiziert worden ist, darunter allein 41 europäische Staaten.2 Wenn man sich an die Rede des amerikanischen Chefanklägers Robert H. Jackson zur Eröffnung der Nürnberger Prozesse am 21. November 1945 erinnert, ist die Verweigerung der USA, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGh) anzuerkennen, doppelt bitter. Jackson sagte damals: „Denn wir dürfen niemals vergessen, daß nach dem gleichen Maß, mit dem wir die Angeklagten heute messen, auch wir morgen von der Geschichte gemessen werden. Diesen Angeklagten einen vergifteten Becher reichen, bedeutet, ihn an unsere eigenen Lippen zu bringen. Wir müssen an unsere Aufgabe mit so viel innerer Überlegenheit und geistiger Unbestechlichkeit herantreten, daß dieser Prozeß einmal der Nachwelt als die Erfüllung menschlichen Sehnens nach Gerechtigkeit erscheinen möge.“3 Die USA hatten das Rom-Statut zwar unterzeichnet, 2002 ihre Unterschrift aber wieder zurückgezogen. Die Strafverfolgung des vierten Delikts – Angriffs1 2 3

FR, 8.05.1996. Die Frankfurter Rundschau war die dritte deutsche Zeitung, die nach dem Krieg gegründet und am 1.08.1945 in der amerikanischen Zone lizensiert wurde. Vgl. Die Zeit, 15.6.2010. Zitiert nach: www.zeno.org/Geschichte/M/Der+Nürnberger+Prozeß (20.10.2014).

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