Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der Zweiten Republik

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153 Leben, Hab und Gut des entsprechenden Volksgenossen zu schützen und zu si­ chern. Diese Ausweise wurden tatsächlich anerkannt und haben Gewaltmaßnah­ men verhindert. Da die Deutschen schon mit der Umsiedlung rechneten, wurden schon während des ganzen Sommers die Möbel, sonstiger Hausrat und die Kleidung verkauft. Dabei gab es Leute, die Sachen für andere auf einem Markt verkauften. Käufer waren die zurückbleibende Bevölkerung, aber auch die Russen. So trugen zu Beispiel Russinnen die schönen Nachthemden der Da­ men als Sommerkleider auf der Straße. Es war allen klar, dass der Hitler­Stalin­ Pakt nicht von Dauer sein würde.

Durchführung der Umsiedlung aus der Nordbukowina Am 22. Juli 1940 war eine deutsche Delegation nach Moskau gereist, um über die Umsiedlung zu verhandeln. Schließlich kam es am 5. September 1940 zur Unter­ zeichnung des Vertrages über die Umsiedlung der deutschstämmigen Bevölke­ rung Bessarabiens und der Bukowina. Die Umsiedlung sollte sofort beginnen und am 15. November 1940 beendet sein. Die Umsiedlungskommission traf am 9. September 1940 in Czernowitz ein und nahm am 15. September 1940 ihre Ar­ beit auf. Auf der deutschen Seite wurde zum Gebietsbevollmächtigten für die Nordbukowina SS­Sturmbannführer Müller ernannt und der bukowiner Profes­ sor Dr. Herbert Mayer zu seinem Stellvertreter. Wer umsiedeln wollte, musste sich ab 14 Jahren persönlich bei der Umsiedlungs­ kommission registrieren lassen. Wer angenommen wurde, erhielt eine um den Hals zu tragende Umsiedlungskennkarte mit einer Umsiedlungsnummer, die ihn ständig begleitete. Sie stand auf dem Formular der Vermögensschätzung und auf der Transportliste. Auch jedes Gepäcksstück war mit dieser Nummer gekennzeichnet. Nach dem Umsiedlungsvertrag war jeder als Deutscher zu betrachten, der we­ nigstens einen deutschen Großelternteil nachweisen konnte. Juden und Halbju­ den, auch wenn sie getauft waren, waren von der Umsiedlung ausgeschlossen. Nur so genannte ¼­Juden wurden umgesiedelt. Das führte oft zu Selbstmorden. Es bestand aber auch eine illegale Taufscheinzentrale, die Nichtdeutschen zur deutschen Großmutter oder Halbjuden zum Ariernachweis verhalfen. Das unbewegliche Vermögen wurde von einem russischen und einem deutschen Schätzer gemeinsam geschätzt. Da es nach sowjetischem Recht an Grund und Boden kein Privateigentum gab, wurde dieser unberücksichtigt gelassen. Für Häuser wurden von 3% Abschreibung im Jahr ausgegangen, sodass sie nach 30 Jahren völlig wertlos waren. Es konnte daher keine einheitliche Schätzung erfol­ gen. Man einigte sich aber dann darauf, beide Schätzungen auf einem Bogen ne­


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