UnAufgefordert Nr. 81

Page 25

ü] Lockere Atmosphäre in Vorlesungen und Workshops Die Nähe zu den Vortragenden und ein besonderes Interesse der Studenten sorgten für eine frappierende Leichtigkeit, in der es möglieh war, mit einzelnen Rednern noch lange über die Arbeit ihrer Institutionen zu sprechen. Ebenso war es auch eine gute Gelegenheit, jene unter die Lupe zu nehmen und persönliche Sympathien und Antipathien aufzubauen. „Die Menschen werden entweder auf Konferenzen diskutieren oder in Kneipen streiten", meinte Jiri Dienstbier, ehemaliger Außenminister der CR und nicht ganz unrechter Träger seines Nachnamens, in seinem Beitrag. Jedoch bleibt nur die Hoffnung, daß sich auch zweiteres bald erfüllt, denn schließlich blockierten die „professionell angestifteten", langen Diskussionen um deutsche Restitutionsansprüche in Tschechien bald das öffentliche Interesse. Der letzte, dort teilweise antideutsch geführte Wahlkampf trug dazu auch seinen Teil bei. Jan Kren, Professor an der Karlsuniversität und Vorsitzender der Deutsch-Tschechischen Historikerkommission, stimmte ein in den Kanon des deutsch-tschechischen Pragmatismus: Es sei schließlich „nützlicher, Partner zu finden, als Ansichten zu tauschen".

: • •

'

••

•• •

. '

Höhepunkt war die abschließende Abfassung einer Erklärung, welche all die vielen Erfahrungen und Erkenntnisse der Konferenztage für die Teilnehmer und die Öffentlichkeit verständlich auf Papier bannen sollte. Es war eine schöne Erfahrung, sich mit aktuellen politischen Dingen aktiv zu befassen und sich einen interessanten Kontrast zu eingefahrenen und verfahrenen Seminaren zu schaffen. Und es war ebenfalls ein Zeichen dafür, daß sich für Studierende aller Fachbereiche der Blick über den Tellerrand lohnt, und eine Teilnahme an Veranstaltungen, die mit dem Studienplan eigentlich weniger zu tun haben, trotz Bedenken gegenüber den Organisatoren, interessant und lehrreich sein kann. Sogar zwei Studenten aus Thüringen, die anfangs gern die von Skoda gesponserte Unterkunft und das Essen in Anspruch nahmen, während der Vorlesungen und Workshops sich dann aber lieber die Schlösser in der Umgebung ansahen, waren am Ende sichtlich interessiert am Thema und an den Leuten, die sich da versammelt hatten.

Blick über den Tellerrand lohnt Wenn auch der eine oder andere Vortragende wegen Zeitmangels unterbrochen wurde und die Workshops sowie die Treffen zur Ausarbeitung der Erklärung viel zu kurz waren, das Erleben des vielseitigen Engagements gab jeder Entscheidung zur Teilnahme recht. Nur ein Wermutstropfen blieb: Die „gemeinsame Sprache", die alle Teilnehmer hier finden sollten, war am Ende trotz des Einsatzes von Simultandolmetschern ...deutsch. , Eine in deutscher Sprache abgefaßte Abschlußerklärung wurde vom Eisenbahnerhotel „Sport" aus in die Welt gefaxt, die zu nachlässig angefertigte tschechische Übersetzung mußte zurückgezogen werden. . . . .

Die

-

.

:

.

.

.

.

_

c d

AIESEC

Seit 1948 gibt es sie - die AlESECer, Studenten der Wirtschaftswissenschaften, die, stolz auf ihr Logo und vor allem auf sich selbst, sich Völkerverständigung und Pflege von Kontakten zu Firmen auf ihr Banner geschrieben haben: „Wir tauschen Menschen! Wir tauschen Ideen!" Doch viel wichtiger als Mensch und Idee soll hier wohl der professionelle Tausch sein, das „Handeln" einer Sache, die man angefangen hat und nun auch gut zu Ende machen will. Das optimale Organisieren - eine wirtschaftswissenschaftliche Spezialität - ist hier zum Ersatz für das verordnet Unpolitische geworden und ist das, was AlESECer im Innersten zusammenhält. Zugegeben, die Fähigkeit zum Organisieren ist Grundlage, eine Idee Realität werden zu lassen, doch gerade bei den richtigen Ideen (keifte Idee, wie man etwas noch besser organisieren kann, hier sollen vielmehr 'Ideale' gemeint sein) scheint es etwas zu hapern. Deshalb gibt es bei AIESEC auch die 'HRs', die 'Human Resources', deren Aufgabe es ist, „eine Stimmung zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, in der die vielen Projekte und Aktivitäten erfolgreich ablaufen können" - so ein Zitat aus dem Jahresbericht der AIESEC Berlin. Die durch den Organisationsdrang herbeigeführte zwangsläufige Nivellierung politischer Ideen wird in verschiedenen kleinen Ausrutschern .deutlich, so zum Beispiel bei der streng betriebswirtschaftlichen Bezeichnung der Historikerreferate auf der beschriebenen Konferenz - „Geschichte I" und „Geschichte II". Kontaktieren, vermitteln, handeln - Grundprinzipien, mit denen die AIESEC Berlin bisher einen Werbekongreß, Firmenkontaktbörsen und „fund-raising ac'tivities" erfolgreich auf die Beine stellte. Man kann sagen, die AlESECer gehen ausgelatschte Wege - nur besser und schneller. cd §


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.