un-plaqued Magazin fĂźr Mensch und Bildung
Alternativen
Ausgabe No 17 / D 8 ₏
SySTEME
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InSTRuMEnTE
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HyGIEnESySTEME
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BEHAnDlunGSEInHEITEn
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BILDGEBENDE
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T h e
D e n t a l
C o m p a n y
editorial
EDITORIAL / ALTERNATIVEN
Alternativen zu haben ist Ausdruck des gegenwärtigen Zeitgeistes. Kaum etwas ist so verpönt, wie von Anderen fremd gesteuert zu werden. Selbst wenn es nur eine Illusion wäre, zählt zumindest das Gefühl, so entscheiden zu können, wie man möchte. Dabei sind es die Gleichnisse, die Uniformen und gemeinsamen Wellenlängen, die, wenn man sie zulässt, eine Ebene oder ein Gemeinschaftsbewusstsein herstellen. Der Schutz und das Wohlgefühl, welche durch die Gemeinschaft hervorgerufen werden, stehen der individuellen Selbstverwirklichung gegenüber. Kompromisse zum Wohle Aller konkurrieren mit dem Egoismus, der die persönliche Entwicklung antreibt. Alternativen haben mit Entscheidungen zu tun, denn wer wählen möchte wird sich auch bekennen müssen, um in einer Masse identifizierbar zu bleiben. Doch wie viele Bekenntnisse darf man in der heutigen Supermarktgesellschaft noch erwarten? un-plaqued hat sich bekannt – zu den Menschen, den jungen Zahnmedizinern, unserem Beruf und zur Mitgestaltung dieser Welt. Wir haben Alternativen gefunden und uns verändert, ohne die Individualität dabei aufzugeben. Denn Alternativen bedeuten nicht schwarz und weiß, sondern eine Vielfalt von Möglichkeiten, denen man jeden Tag von Neuem begegnen kann.
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RUBRIK / ALTERNATIVEN
Alles ist
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RUBRIK / ALTERNATIVEN
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INHALT / ALTERNATIVEN
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inhalt
INHALT / ALTERNATIVEN
1 7 8 12
Editorial Contributor Zahn der Zeit Zahnmedizin in Zahlen
14 20 24 36 38 40 44 48
Thema Die tägliche Alternative Alternativlosigkeit Auf der Suche nach Alternativen Als ich mich selbst zu lieben begann Wie wäre es mit Demokratie? Die Alterung der Gesellschaft Ersatzreligion Natur? Das Feuer in Dir
52 60 64 68 72 76 78 84 86
Forever Young Zusammen ist man weniger allein Welche Praxis ist die Richtige? Der zahnmedizinische Markt im Wandel Alternativen der Praxisfinanzierung Die Alternative in der Abrechung Mein Beruf, Meine Uni – Mein Netzwerk Das Was?, Wie? & Warum? der zahnärztlichen Fortbildung Dental Challenge 2010 Es muss nicht immer Medizin sein
90 96 102 109 112 116
Theorie & Praxis Bruxismus – Störung oder Symptom Hypnose – Worte wie Medizin / 2 Applied Kinesiology (AK) – Ganzheitliche Diagnostik in der Zahnmedizin / 2 Der Erfolg einer Idee – ICAK 2010 Kongress in Berlin Gesundheits- und Zahnpflege mit Ayurveda Laser in der Zahnmedizin – Eine minimal invasive Alternative
120 122 126
Good Bye Dentist Vom Leben und Arbeiten im Ausland Als Zahnarzt in England Nach Madrid ist nur der Himmel schöner
134 138 144
laboratorium difficile Gibt es eine ideale Zusammenarbeit? Das Smile Design Dentallabor Maßanzug für eine erfolgreiche Implantatversorgung
148 150 154 156 160
UN-PLAQUE YOUR LIFE Barcelona ist schuld. Es war einmal ... Wusstet Ihr schon? Buchrezensionen Der gesunde Menschenverstand!
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IMPRESSUM / ALTERNATIVEN
IMPRESSUM un-plaqued # 17 Alternativen Auflage Erscheinung Format Bezugspreis
12.000 Herbst 2010 / deutschlandweit 230 x 160 mm 8 Euro
Herausgeber Ingmar Dobberstein Verlag un-plaqued:multimedia Verlagsgesellschaft mbH Oranienburger Str. 91, D - 10178 Berlin un-plaqued REDAKTION Chefredakteur Ingmar Dobberstein / i_dee@un-plaqued.com Assistenz der CR Hanna Buttenberg / hanna@worldoptimizer.com Politik Eric Weigel / eric@un-plaqued.com Wirtschaft Jan-Philipp Schmidt /jp.schmidt@bdza.de Hochschule Art Timmermeister / art.timmermeister@zahniportal.de International Juliane Gnoth / juliane@un-plaqued.com Wissenschaft Hans-Christian Lux / h-c-l@alumni-magazine.com Fortbildung Anke Bräuning / ankebraeuning@gmx.de Lifestyle Leif Timmermeister/ leif@un-plaqued.com Musik Mieze Katz / mieze@un-plaqued.com Redaktionsassistenz Max Buttenberg / mbuttenberg@gmx.net Bildredaktion Birgit Kaulfuss / mail@birgitkaulfuss.com Eike Wendland / icke@graphicenvironment.com Illustration Steffen Seeger / info@steffenseeger.com Fotografie Birgit Kaulfuß / Anna K. Olthoff/ Franziska Taffelt / Ingmar Dobberstein Schlussredaktion Anna Grodecki / Dr. Roland Schmidt Gestaltung graphic environment Druck Königsdruck, Alt Reinickendorf 28, 13407 Berlin 8 | un-plaqued No 17
Anzeigen Ingmar Dobberstein/ i_dee@un-plaqued.com / +49.170.559 23 05 Leif Timmermeister/ leif@un-plaqued.com / +49 .173.999 03 32 KontoNr 113 582 100 Blz 100 701 24 Deutsche Bank Berlin Kontakt info@un-plaqued.com un-plaqued virtuell www.un-plaqued.com / www.alumni-magazin.de Unser Dank gilt allen wachen Geistern, die ihren Alltag mit bewussten Sinnen wahrnehmen, Fragen stellen, wenn Antworten gewünscht sind und Aussagen treffen, wenn Ruhe erbeten wurde. Und denen, die sich nicht unterkriegen lassen wenn die Welt mal wieder verrückt spielt, sondern immer wieder Auswege und Lösungen finden. Ihr seid die wahren Helden, denn es gibt immer Alternativen! Ganz besonderer Dank geht an Dajana, weil man auch über lange Distanzen unterstützen kann, Leif und Phili für ihre grenzenlose Motivation und den festen Glauben, die Mieze und der Musik, Fränzi, Karen, Hanna, Anke, Ester, Matthias, Domenica, Larissa, Julian, Susi von dp, Christian, Anna K.O., Mythos, Christoph, Julka, Timmy, Gerd, Heidi, Oma Erni für die wärmsten Socken der Welt, Eike, Janne & Birgit, die Dobbersteine und die Freunde und Familien. Die in den Artikeln und Mitteilungen ausgedrückten Meinungen sind die der Autoren und nicht unbedingt die der Redakteure oder des Herausgebers. Redakteure und Herausgeber lehnen jede Verantwortung oder Haftung für den Inhalt ab und geben keinerlei Garantie, Gewährleistung oder Empfehlung für die Produkte, für die in dieser Zeitschrift geworben wird, oder für die Behauptungen, die von den Herstellern derartiger Produkte oder Dienstleistungen gemacht werden. Eine Haftung für Folgen aus unrichtigen oder fehlerhaften Darstellungen wird in jedem Falle ausgeschlossen. Die im Magazin veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung oder Verwertung der Texte und Bilder sind mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ohne Einwilligung des Verlages strafbar.
© un-plaqued:multimedia 2010
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RUBRIK / ALTERNATIVEN
CONTRIBUTOR Leif Timmermeister (geb. 1984) hat 2010 in Bremen den Bachelorabschluss im Fach Public Health gemacht und studiert derzeit an der Universität Duisburg-Essen den Masterstudiengang Medizinmanagement. Seit Anfang 2010 mischt er bei un-plaqued mit und ist insbesondere für die Vertriebssteuerung, Controlling sowie für die tatkräftige Unterstützung der Redaktionen zuständig. Gesundheitsökonomie, Public Health und der moderne Lebensstil in den verschiedenen Gesellschaften zählen zu den inhaltlichen Themenbereichen, die ihm besonders am Herzen liegen. Bevor Leif irgendwann mal Krankenhäuser leiten wird, erkundet er die Zahnmediziner und lebt lieber un-plaqued.
Eric Weigel (geb. 1978) stammt ursprünglich aus dem Rheinland. Er studierte an der Freien Universität Berlin Philosophie und Neuere Deutsche Literatur. Neben den obligaten philosophischen Arbeitsgebieten wie Ethik, Ästhetik, Staats- und Sprachphilosophie ist sein Hauptarbeitsfeld die Technikphilosophie, welche sich mit den ontologischen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Technik beschäftigt. Von genau dieser Mischung profitiert das un-plaqued Magazin seit 2008 auf allen politischen, philosophischen und nichtzahnmedizinischen Ebenen. Außerhalb seiner Mitarbeit bei un-plaqued inszeniert er derzeit Elfriede Jelineks Roman ›Die Liebhaberinnen‹ als freies Theaterprojekt.
Birgit Kaulfuß (geb. 1976) lebt und arbeitet in Berlin, als Fotografin (www.birgitkaulfuss.com), PR - Beraterin und organisatorisches Talent. Sie ist Mitbegründerin der 2004 ins Leben gerufenen Berliner Modeplattform berlinerklamotten.de. Dort betreut Sie zusammen mit Eike Wendland über 130 Berliner Modedesigner aus verschiedenen Stilrichtungen. Für un-plaqued ist Sie eine Fotografin und wichtige Kritikerin. Ihr aktuelles Projekt ist die fotografische Portraitarbeit bei: www.laughingoutart.de
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ZAHN DER ZEIT / ALTERNATIVEN
23 Jahre GOZ - Jubiläum im Zeichen der Novellierungen
Vorteile die Argumente ›mehr Wettbewerb‹
Berlin: Die Gebührenordnung für Zahnärzte
kammer als Berufsvertretung der deutschen
(GOZ) als seither unveränderte Basis für die Ho-
Zahnärzteschaft spricht sich deutlich gegen eine
norarfindung im privatzahnärztlichen Bereich
Öffnungsklausel aus, da fairer Wettbewerb de
wurde am 22. Oktober 1987 erstmals offiziell ver-
facto verhindert, Patientenrechte wie die freie
öffentlicht und trat zum 1. Januar 1988 in Kraft.
Arztwahl ausgehöhlt und die Behandlungsquali-
Die deutschen Zahnärzte erwarten dringlich fai-
tät ernsthaft gefährdet würden.
re Verhandlungen mit der Bundesregierung über
Das Positionspapier ›5 Gründe gegen die Öff-
und ›Kostenersparnis‹ an. Die Bundeszahnärzte-
die überfällige Novellierung der GOZ. Seit dem
nungsklausel‹ finden Sie hier:
Frühjahr führt die Bundeszahnärztekammer
www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/goz/position_oeffnungs-
(BZÄK) mit dem Bundesministerium für Gesund-
klausel.pdf
heit (BMG) erneut Gespräche zu der seit Jahren notwendigen GOZ-Novellierung. Die Bundeszahnärztekammer fordert die Bun-
tont, dass eine Gebührenordnung mit einer Öff-
Portal Berufskunde 2020 erklärt Grundlagen der zahnärztlichen Abrechnung
nungsklausel mit ganz erheblichen Gefahren für
Berlin: Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der
Patienten und Zahnärzte verbunden ist. Kann
Bundesverband der zahnmedizinischen Alumni
diese Klausel nicht verhindert werden, ist eine so
in Deutschland (BdZA) und der Bundesverband
geänderte GOZ für den Berufstand nicht akzep-
der
tabel. Dann wäre die alte GOZ – obwohl fachlich
(BdZM) betreiben die gemeinsame Infoseite
und betriebswirtschaftlich seit Jahren überholt
www.berufskunde2020.de, um angehende Zahn-
- beizubehalten.
mediziner auf dem Weg in die Freiberuflichkeit
›Die Bundesregierung hat es sich – untermauert
zu unterstützen. Zum Deutschen Zahnärztetag
durch den Koalitionsvertrag - zur Aufgabe ge-
2010 wird die Website um den wichtigen Themen-
macht, die Gebührenordnung für Zahnärzte
komplex ›Grundlagen der zahnärztlichen Ab-
(GOZ) an den aktuellen Stand der Wissenschaft
rechnung‹ ergänzt.
anzupassen und dabei Kostenentwicklungen zu
Mit dem gemeinschaftlichen Konzept Berufskun-
berücksichtigen. Dieses Vorhaben würde durch
de2020 bieten BdZA / BdZM und BZÄK einen wich-
die Verankerung der sog. Öffnungsklausel kon-
tigen Ratgeber rund um den Berufsstart. Ange-
terkariert, weil alle damit beabsichtigten Ent-
sichts der bestehenden Fülle an Informationen,
wicklungen außer Kraft gesetzt würden‹, so der
Seminaren und Beratungsangeboten verfolgt
BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel.
das gemeinsame Projekt das Ziel, den zahnmedi-
Hintergründe der aktuellen Diskussion: Mit der
zinischen Nachwuchs unabhängig von wirt-
Öffnungsklausel soll es zukünftig Zahnärzten
schaftlichen Interessen zu beraten.
nach Ansicht der PKV möglich sein, über eine Se-
Als universeller Leitfaden deckt das Portal The-
paratvereinbarung, direkte Verträge mit Privat-
men der zahnmedizinischen Berufskunde ab und
versicherern abzuschließen. Damit könnten
wurde nun um die Thematik ›Zahnärztliche Ab-
zahnärztliche Leistungen pauschaliert und au-
rechnung‹ erweitert.
ßerhalb der zahnärztlichen Gebührenordnung
›Das Wissen um die Fragestellungen, die sich für
abgerechnet werden.
Befürworter der Öff-
Zahnärztinnen und Zahnärzte im Bereich Hono-
nungsklausel - allen voran die Private Kranken-
rare, Abrechnung und Erstattung tagtäglich er-
versicherung (PKV) - führen als vermeintliche
geben, veranlasste die Initiatoren des Projektes
desregierung zu einem klaren Bekenntnis gegen die Öffnungsklausel in der GOZ auf. Die BZÄK be-
08 | un-plaqued No 17
Zahnmedizinstudenten
in
Deutschland
ZAHN DER ZEIT / ALTERNATIVEN
Berufskunde2020, das Thema an die junge Zahn-
chend qualifizierte Fachkräfte in der Zukunft zur
ärzteschaft heranzutragen‹, so Jan-Philipp
Verfügung zu haben, empfiehlt sich nach wie vor
Schmidt, Vorsitzender des BdZA.
die Ausbildung junger Menschen in der eigenen
Neben der Fachkompetenz sind die korrekte Ab-
Praxis. Umfangreiche Förderprogramme bieten
rechnung und eine betriebswirtschaftlich stim-
hier zusätzliche Anreize, Informationen dazu er-
mige Honorargestaltung Voraussetzungen für
hält man bei der jeweiligen Landeszahnärzte-
eine erfolgreiche Praxisführung. Die Honorie-
kammer.
rung, Abrechnung und das Praxis-Controlling sind nicht Bestandteil der universitären Ausbildung, daher ist die frühzeitige und intensive für den zukünftigen Berufsweg. Die angehenden
Zahnärzte fordern bessere Betreuung von Pflegebedürftigen
Zahnmediziner müssen, als Inhaber, Sozius oder
Berlin: Die zahnmedizinische Versorgung von
Angestellte einer Praxis, diese Herausforderun-
Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinde-
gen meistern können, um ihren Patienten dauer-
rungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
haft eine innovative und qualitativ hochwertige
(GKV) weist erhebliche Defizite auf. Anlässlich
Zahnmedizin anbieten zu können.
des heutigen ›Internationalen Tags der älteren
www.berufskunde2020.de
Menschen‹ verweist die Bundeszahnärztekam-
www.bzaek.de
mer auf das Reformkonzept ›Mundgesund trotz
www.dents.de
Handicap und hohem Alter‹.
Fortbildung in diesen Bereichen entscheidend
Dieses entwickelten Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) gemeinsam mit der Deutschen Ge-
Gesamtzahl neuer Ausbildungsverhältnisse zur ZFA leicht gestiegen
sellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) und der
Die Anzahl neu abgeschlossener Ausbildungs-
dertenbehandlung im Berufsverband Deutscher
verträge für Zahnmedizinische Fachangestellte
Oralchirurgen (BDO). Pflegebedürftige und
(ZFA) ist in diesem Jahr im Vergleich zu 2009
Menschen mit Behinderungen sollen zukünftig
leicht gestiegen, ein Trend, der sich auch bei den
Anspruch auf besondere präventive zahnmedi-
Freien Berufen insgesamt widerspiegelt. Bun-
zinische Leistungen ihrer Krankenkasse haben,
desweit wurden in diesem Jahr zum 30. Septem-
wenn sie zur täglichen Mundhygiene nicht aus-
ber insgesamt 11.721 Ausbildungsverträge für
reichend in der Lage sind. Da viele Patienten auf-
ZFA neu abgeschlossen. Gegenüber dem Vorjahr
grund ihrer Einschränkungen nicht in die Zahn-
haben die Ausbildungszahlen damit trotz Wirt-
arztpraxis kommen können, sollen außerdem
schafts- und Finanzkrise im Durchschnitt um 0,8
die Rahmenbedingungen für eine aufsuchende
Prozentpunkte zugenommen. Die Ausbildungs-
Betreuung durch den Zahnarzt verbessert wer-
leistung ist ein Spiegel der wirtschaftlichen Kon-
den.
junktur und reagiert sensibel auf gesundheits-
Die Anzahl der Personen, die auf besondere
politische Entscheidungen. Nichtsdestotrotz ist
zahnärztliche Hilfe angewiesenen sind, steigt
der drohende Fachkräftemangel damit noch
jährlich. Immer mehr Menschen werden in der
nicht aufgehoben. Angesciht der geburten-
Zukunft aufgrund von Alter oder Behinderung
schwachen Jahrgänge sind besonders die Flä-
nur eingeschränkt bzw. gar nicht mehr in der
chenländer von einem Rückgang der Bewerber-
Lage sein, ihre Mundgesundheit eigenverant-
zahlen sowie einem sinkendenVorbildungsniveau
wortlich zu erhalten. Der Vizepräsident der
der Auszubildenden betroffen. Um entspre-
BZÄK, Dr. Dietmar Oesterreich, warnt vor den zu-
Arbeitsgemeinschaft für zahnärztliche Behin-
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ZAHN DER ZEIT / ALTERNATIVEN
nehmenden Problemen in der zahnmedizini-
Scheitern des GKV-Systems den Zahnärzten zu-
schen Versorgung betroffener Gruppen. ݆ber
schiebt‹, konstatiert Dr. Karl-Heinz Sundmacher,
karitative Organisationen und ehrenamtliches
Bundesvorsitzender des Freien Verbandes Deut-
Engagement der Zahnärzte wurde bislang ver-
scher Zahnärzte. Die lapidare Feststellung von
sucht, die Versorgungsdefizite aufzufangen. Mit
Daniel Bahr, die Kassenzahnärzte wären zur Be-
Blick auf die deutlich zunehmenden Probleme
handlung verpflichtet, wird der Situation nicht
bedarf es einer strukturellen Lösung in der GKV‹,
gerecht. Laut Sundmacher haben die Zahnärzte
so Oesterreich. Mit dem Versorgungskonzept
seit Jahren auf den unhaltbaren Zustand hinge-
›Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter‹
wiesen, dass vorher festgelegte Budgets den Be-
könnten die Versorgungsdefizite in der zahnme-
handlungsbedarf nicht in jedem Fall abdecken
dizinischen Versorgung körperlich und kognitiv
könnten, wie sich jetzt drastisch an den zeigt.
eingeschränkter Menschen angegangen werden.
Auch die stellvertretende Pressesprecherin des
Hintergrund: Seit 1990 ist der 1. Oktober der In-
GKV-Spitzenverbandes, Ann Marini, wisse wohl
ternationale Tag der älteren Menschen. Mit die-
nicht, wovon sie spricht, wenn sie behauptet,
sem Tag würdigt die UNO die Leistungen der Äl-
dass das Geld der Kassen für die Kassenzahnärzt-
teren und den Gewinn, den sie für das
lichen Vereinigungen (KZVen) ausreiche. Es gehe
gesellschaftliche Zusammenleben darstellen.
nicht um Gelder für KZVen oder Zahnärzte, sondern um Geld für die Behandlung der Versicherten, das die Kassen nicht bedarfsgerecht auszahlen. Sundmacher: „Wir Zahnärzte haben in den
Sachleistungsprinzip hat sich überlebt - Leere Budgettöpfe der Kassen empören Zahnärzteschaft
letzten Monaten den vorhandenen Bedarf abge-
FVDZ: Zahnärzte werden im derzeitigen Gesund-
zur Behandlung nachgekommen seien, einige
heitssystem immer öfter um ihr Honorar ge-
Krankenkassen aber so täten, als hätten sie bei
prellt. Die Budgetengpässe diverser Kassen für
den Zahnärzte eine Jahresflatrate vereinbart
die zahnmedizinische Versorgung bis zum Jah-
und könnten für begrenzte Mittel unbegrenzte
resende zeigen einmal mehr, dass sich das Sach-
Leistungsmengen abrufen. „Das funktioniert
leistungsprinzip überholt hat. „Die Töpfe für
nicht mal in einem staatlichen Gesundheitssys-
zahnmedizinische Behandlungen werden Jahr
tem“, meint Sundmacher und resümiert: „Die
für Jahr immer früher leer, zum Nachteil der Pa-
Bürger werden der Kasse vertrauen, die ihnen
tienten und Zahnärzte“, so die stellvertretende
nicht nur Leistungen verspricht, sondern auch
Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Deut-
die Behandlungen bezahlt, und wenn nötig, mit
scher Zahnärzte, Dr. Kerstin Blaschke. Mehr Geld
den Füßen abstimmen.“
arbeitet – nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Der Skandal sei, dass die Zahnärzte ihrer Pflicht
ins marode Gesundheitssystem zu pumpen wäre allerdings keine Alternative, da irgendwann jedes Budget aufgebraucht sei. „Ein echter Systembindung mit der Kostenerstattung muss her“,
Young Dentists Worldwide beim FDI Kongress in Brasilien
schlägt Blaschke als Lösungsansatz vor. Dies ist
Die Young Dentists Worldwide (YDW) waren
aus Sicht des Freien Verbandes der einzig gang-
beim diesjährigen FDI Kongress in Salvador da
bare Weg, um auf Dauer eine Versorgungslücke
Bahia, Brasilien mit einem eigenen Forum zum
wie die jetzige zu vermeiden.
Thema ›General Dentistry vs. Specialisation‹
wechsel mit Grund- und Wahlleistungen – in Ver-
›Das
(BMG)
vertreten und konnten über 100 begeisterten
macht es sich zu einfach, wenn es die Schuld am
Bundesgesundheitsministerium
Studenten und jungen Zahnärzten aus Brasilien
12 | un-plaqued No 17
ZAHN DER ZEIT / ALTERNATIVEN
reiten. Die Entscheidung sich zu spezialisieren
Umfassendes Medienangebot für junge Zahnärzte
oder zu versuchen, alle Bereiche der Zahnmedi-
yd2 Mitglieder können ab sofort aus 10 deutsch-
zin abzudecken, wird für die junge Generation
sprachigen Fachzeitschriften des Quintessenz
der Zahnärzte immer wichtiger. Die Globalisie-
Verlag eine Zeitschrift Ihrer Wahl aussuchen, die
rung und die damit zusammenhängenden Mög-
ihnen frei Haus geliefert wird. Ein Wechsel zu ei-
lichkeiten zur Fort- und Weiterbildung im Aus-
ner der anderen Zeitschriften ist jederzeit prob-
land sind ein wichtiges Thema der Young
lemlos und ohne Mehrkosten möglich. Zusätzlich
Dentists. Gelegenheiten wie das Forum während
zu der gewählten Zeitschrift können sie die an-
des FDI-Kongresses sind eine gute Basis, um sich
deren 9 Fachzeitschriften im Onlinearchiv frei
über die Probleme und Herausforderungen der
lesen und ausdrucken und so auf die optimalen
jungen Kollegen weltweit auszutauschen.
Recherchemöglichkeiten dank einfacher Such-
Insgesamt 10.000 Teilnehmer aus 115 Ländern wa-
funktion in den PDF-Dokumenten des Archivs
ren nach Brasilien gekommen. Die wissenschaft-
zurückgreifen. Sie erhalten außerdem freien Zu-
lichen, politischen und sozialen Veranstaltungen
gang zur Quintessenz Filmbibliothek q.tv-pra-
boten den Teilnehmern einen vielfältigen Kon-
xis. Dieses 12 Monate All in One Paket bietet der
und weltweit einen spannenden Nachmittag be-
gress. Die nächsten Jahreskongresse des FDI
Quintessenz Verlag für € 144,- jährlich an. Mit-
werden in Mexico City (2011), Genf (2012) und Se-
glieder der DGZMK zahlen sogar nur € 79,- (statt
oul (2013) stattfinden und auch dort werden mit
€ 400,- regulärer Jahrespreis) Weitere Informa-
Sicherheit die Young Dentists Worldwide wieder
tionen erhalten Sie unter:
vertreten sein.
www.young-dentists.de/Kooperationspartner/Quintessenz
FDI - Petersen als Weltpräsidentin bestätigt
Redaktion: Den aufmerksamen Lesern und
Dr. Brita Petersen wurde Anfang September auf
Sammlern unseres Magazins wird es nicht ent-
der Weltkonferenz der Zahnärzte (FDI) in Salva-
gangen sein – in der letzten Ausgabe der un-pla-
dor da Bahia, Brasilien, für weitere drei Jahre als
qued zum Thema Ethik hat sich ein kleiner Fehler
Weltpräsidentin der Sektion ›Zahnärztinnen
eingeschlichen, als plötzlich die Nr. 11 anstelle
Weltweit‹ (WDW, Women Dentists Worldwide)
der Nr. 16 auf dem Buchrücken zu lesen war. Wir
wiedergewählt. Die Organisation koordiniert
bitten dies zu entschuldigen, auch wenn es in
nationale Aktivitäten der Zahnärztinnen. Sie in-
Wirklichkeit kein richtiger Fehler sondern eher
formiert und bietet Vorträge zur Gender-Zahn-
ein heimlicher Tribut an die Fussballweltmeis-
medizin an. Ein Netzwerk hilft, Kontakte herzu-
terschaft und unser Team, die un-plaqued 11 war.
stellen und Ungleichheiten aufzuzeigen bzw.
Bei dieser Gelegenheit: Vielen Dank an alle Mit-
beizulegen. 2010 beschäftigte sich der Kongress
streiter der letzten 5 Jahre, wir freuen uns auf
in erster Linie mit der Qualifizierung von Frauen
die weitere Zusammenarbeit.
Wer hat´s gesehen - Die magische 11
zu Führungskräften im Berufsleben, durch die steigende Anzahl der Ärztinnen und Zahnärztinnen laut FDI weltweit ein wichtiges Thema für die Zukunft. //
un-plaqued No 17 | 13
ZAHNMEDIZIN IN ZAHLEN / ALTERNATIVEN
In Deutschland niedergelassene Zahnmediziner: 55.173 Anteil der weiblichen Zahnmediziner: 36,5 % Zahnmediziner ohne zahnärztliche Tätigkeit: 18.082 Anteil der weiblichen Zahnmediziner: 41,5 % In Praxen angestellte Zahnmediziner in Deutschland: 8312 Anteil der weiblichen Zahnmediziner: 61,9 % In Mecklenburg-Vorpommern niedergelassene Zahnmediziner: 1.244 Anteil der weiblichen Zahnmediziner: 60,0 % In Bayern niedergelassene Zahnmediziner: 8,633 Anteil der weiblichen Zahnmediziner: 30,1 % Studienabschlüsse in Zahnmedizin im Jahr 2000: Männer: 787 / Frauen: 746 Studienabschlüsse in Zahnmedizin im Jahr 2008: Männer: 644 / Frauen: 889 Gesundheitsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen im Jahr 1995: 112,5 Mrd. Euro Gesundheitsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen im Jahr 2008: 151,5 Mrd. Euro GKV-Ausgaben für Zahnmedizin (inkl. Zahnersatz) im Jahr 1995: 10,5 Milliarden Euro GKV-Ausgaben für Zahnmedizin (inkl. Zahnersatz) im Jahr 2000: 11,2 Milliarden Euro GKV-Ausgaben für Zahnmedizin (inkl. Zahnersatz) im Jahr 2008: 10,9 Milliarden Euro Verwaltungsausgaben der GKV im Jahr 1995: 6,1 Milliarden Euro Verwaltungsausgaben der GKV im Jahr 2006: 8,1 Milliarden Euro Reale Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherungen zwischen 1981 und 2008 für Krankenhäuser: + 68%, für Ärzte: + 40%, für Zahnärzte: - 29% Letzte Anpassung der Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ): 22.Oktober 1987 Letzte Anpassung der Diäten von Parlamentariern: 1.Januar.2009 Abgasuntersuchung PKW bei Sachverständigen: 38,00 € Untersuchung und Beratung über Zahnersatz: 7,14 € (AOK Berlin) Einmal Schuhe besohlen (Leder): 39,99 € Eine Zahnfüllung (Amalgam): 25,39 € Durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Zahnärzten in Deutschland: 48 Stunden Durchschnittliche Behandlungszeit pro Woche in Deutschland: 35,2 Stunden Veränderung der Zeit für Praxisverwaltung zwischen 2000 und 2007: + 0,6 Stunden Veränderung der Behandlungszeit zwischen 2000 und 2007: - 0,6 Stunden 14 | un-plaqued No 17
RUBRIK / ALTERNATIVEN
3. ora-laser Kongress | Samstag, 04.12.10 | Frankfurt am Main
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wir erklären ihnen die Technologie und ihre Anwendung gern persönlich was möglich ist, wie man behandelt, welche Ergebnisse man erwarten darf bilden sie sich fort, lernen sie uns kennen, feiern sie mit uns Jubiläum bei Anmeldung mit dem Stichwort „un-plaqued“ erhalten sie 15% Rabatt www.oralia.de/kongress
30 Jahre ORALIA
Der M ar k t f ührer f ür Dent al - L aser aus Konst anz un-plaqued N 17 | 15 o
THEMA / ALTERNATIVEN
Die tägliche Alternative TEXT Ingmar Dobberstein
Seit einiger Zeit ist ein Trend unter Zahnärzten zu beobachten: Die Spezialisierung. Obwohl sich das Fachgebiet auf einen verhältnismäßig kleinen Raum beschränkt und der Ruf nach ganzheitlicher Medizin immer lauter wird, scheint es gerade unter den jungen Zahnmedizinern sehr populär zu sein, sich auf Teilgebiete in der Zahnmedizin beschränken zu wollen.
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THEMA / ALTERNATIVEN
I
ch bin Zahnarzt. Die Patienten, die zu meinen Kollegen und mir kommen, verbinden dies nicht selten mit einem mulmigen, wenn nicht sogar ängstlichen Gefühl. Eigentlich ist dies verwunderlich, denn die Zahnmedizin hat doch das
Glück, es selten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen zu tun zu haben. Die Erwartungen des Patienten sind in den meisten Fällen durch die Behandlung selbst, dem Zahnersatz oder der Motivation für ein anderes Verhalten beherrschbar. Verständlich ist dieses Verhalten ebenso, immerhin befinden sich Zahnschmerzen im Kopfbereich und werden nicht selten besonders intensiv wahrgenommen. Sie können nur allzu schlecht ignoriert werden, wie zum Beispiel ein schmerzendes Fußgelenk oder Bauchschmerzen. Auch befinden sich Zahnärzte während ihrer Behandlung fast dauerhaft innerhalb des Schutzkreises ihres Patienten, was grundsätzlich nicht als angenehm empfunden wird. Distanz ist etwas anderes, ein Flüchten kaum mehr möglich. Erschwerend kommt für beide Seiten hinzu, dass die Patienten nur selten beurteilen können, was gerade in ihrem Mund passiert. Die Probleme und ihre Behandlung finden auf nur sehr kleinen Raum statt und sind vom Patienten kaum wahrnehmbar, geschweige denn beurteilbar. Ob eine Füllung oder Krone einen Randspalt hat oder nicht, wird der Patient maximal durch empfindliche Zähne oder die frühzeitige Ansage der Erneuerungsbedürftigkeit dieser Arbeit spüren. Dies alles sind Gründe, warum es im zahnärztlichen Alltag besonders wichtig ist, Vertrauen zu seinen Patienten herzustellen und dieses auch immer wieder zu bestätigen. Gedankt wird dieses Vertrauen durch eine lebenslange Treue und ein Arzt- Patienten Verhältnis, welches angesichts der modernen Medizin noch an frühere Zeiten erinnert. Arzt und Patient unterhalten sich wirklich. Diese Vertrauensbasis hat einen interessanten Nebeneffekt: Patienten erzählen viel mehr, als zur Behandlung an Informationen nötig wäre. Ist das Vertrauen einmal hergestellt, scheinen viele so losgelöst, dass man meinen könnte, sie würden ihr Herz ausschütten. So kann aus einer ›Wie geht es Ihnen?‹ Frage schon mal eine viertel - oder halbstündige Unterhaltung werden, wenn man nicht aufpasst. Doch was macht man mit all diesen Informationen? Sind sie nur Gerede, die von der eigentlichen Arbeit abhalten? Haben die Patienten sonst niemanden, dem sie das erzählen können? un-plaqued No 17 | 17
THEMA / ALTERNATIVEN
Nein, gerade weil diese Gespräche auf einer be-
stimme etwas nicht. Dabei wird allerdings das
sonderen Vertrauensbasis beruhen, sind diese
Phänomen deutlich, dass die Schmerzen ihre Ur-
Informationen wichtig. Sie sagen etwas über un-
sache nicht immer an dem Ort haben, der eigent-
ser Gegenüber, sie sagen etwas über die innere
lich weh tut.
Welt des Patienten, die zumindest seit der offizi-
Es ist nichts Neues, dass im Körper sogenannte
ellen Anerkennung psychosomatischer Krank-
Reflexzonen existieren. Jeder mag es, wenn die
heitsbilder auch einen Einfluss auf die Krankhei-
Masseurin an Händen und Füssen eine Reflexzo-
ten haben, mit denen der Patient zum Arzt geht.
nenmassage durchführt, denn angeblich sind alle Organe, ja der ganze Körper an Füßen und
Warum diese Vorbetrachtung über das Seelen-
Händen als Reflexsystem dargestellt. Zieht man
heil der Patienten? Obwohl unser Fachgebiet auf
die Akupunktur heran, so wird man feststellen,
den orofazialen Raum, also das Gesicht und den
dass allein die Ohrakupunktur den gesamten
Mund beschränkt zu sein scheint, sind die Zusam-
Körper mit seinem Meridiansystem ausschließ-
menhänge im Körper wesentlich verknüpfter, als
lich am Ohr behandelt, als Reflexzone des gan-
man bisweilen in der klassischen Schulmedizin
zen Körpers. Oder die Irisdiagnostik, die angeb-
annimmt. Mittlerweile wissen wir zwar immer
lich, ähnlich wie die Zungendiagnostik Aussagen
mehr über die Zusammenhänge von Infektionen
anhand eines kleinen Bereichs über den gesam-
wie der Parodontitis mit anderen Erkrankungen,
ten Körper machen möchte.
wie Diabetes, Frühgeburtenrisiko und Herz-
Das glauben Sie nicht? Das braucht man auch
krankheiten, doch ist dies nur die Spitze vom Eis-
nicht, denn es funktioniert auch ohne Glauben.
berg. Wer hat in seiner täglichen Praxis nicht schon Zähne gesehen, die Schmerzen verursach-
Was allerdings nicht funktioniert, ist eine Thera-
ten, obwohl sie aus schulmedizinischer Sicht ab-
pie ohne das der Arzt diese kennt oder als solche
solut in Ordnung waren? Man untersucht, zieht
wahrnimmt. Viele Patienten müssen sich heutzu-
Differentialdiagnosen in Betracht und vertrös-
tage leider allein und ohne ihren behandelnden
tet den Menschen im Normalfall auf eine Wie-
Arzt mit alternativen Therapiemöglichkeiten
dervorstellung. Einige Arbeitswütige sind da
auseinandersetzen. Das Gute daran ist, dass Pa-
schneller und freuen sich auf eine Behandlung,
tienten immer mehr Eigenverantwortung im
vielleicht eine Endo oder Extraktion, so dass
Umgang mit ihrer Gesundheit zeigen, das Nega-
möglichst bald ein Implantat gesetzt werden
tive bei dieser Entwicklung ist, dass nur wenig
kann. Spätestens aber nach ein zwei Wiedervor-
Ärzte hier Hilfestellungen leisten können und
stellungen werden die meisten, in der guten Ab-
die Patienten Hilfe bei Heilpraktikern suchen,
sicht, den Patienten von seinen Schmerzen zu be-
die wiederum schulmedizinisch nicht entspre-
freien, den Bohrer ansetzen.
chend ausgebildet sind. In der Schulmedizin existieren genügend Krank-
Doch haben wir damit leider noch lange nicht al-
heitsbilder, vornehmlich aus dem chronischen Be-
les versucht, was eigentlich in unserer Macht
reich, bei denen unsere Behandlungsstrategien
stünde, denn wie oft haben wir schon erlebt,
unbefriedigend sind. Es werden Medikamente in
dass auch wurzelkanalbehandelte Zähne oder
einer Zahl verschrieben, das die Pillenration einer
gar Bereiche nach Extraktionen noch Zahn-
eigenen Mahlzeit gleichkommt. Die Nebenwir-
schmerzen in Form von Phantomschmerzen ver-
kungen müssen zusätzlich mitbehandelt werden.
ursachen?
Ich weiß, dass jeder Leser dieses Problem kennt,
Schmerzen als solche, werden in manchen Diszi-
sei es aus der ärztlichen oder Patientensicht, doch
plinen lediglich als Kommunikation verstanden,
entscheidend ist, wie man damit umgeht und
in dem Sinne, dass der Körper signalisiert, hier
welche Alternativen man in Erwägung zieht.
18 | un-plaqued No 17
THEMA / ALTERNATIVEN
Nehmen wir ein anderes Beispiel: Das Kieferge-
Nichtsdestotrotz behandeln maximal 20% aller
lenk. Verwunderlicherweise existiert derzeit im-
Zahnärzte Ihre Patienten vor diesem Hinter-
mer noch das Dogma, man solle eine Bissumstel-
grund. Die anderen bohren fleißig weiter und
lung vor allem dann erwägen, wenn der Patient
wundern sich, wenn die Keramik ihrer neu ein-
›echte Beschwerden‹, sprich Schmerzen im Kie-
gesetzten Kronen frakturiert oder Patienten Rü-
fergelenk hat. Jedwede Gelenkgeräusche, hy-
ckenschmerzen entwickeln, nachdem neuer
pertone Kaumuskulatur, Tiefbisse und Abrasio-
Zahnersatz eingegliedert wurde. Sie schleifen
nen reichen offensichtlich nicht aus, um eine
eifrig ein, wenn etwas nicht passt und vertrösten
dauerhafte Behandlung herbei zu führen. Ob-
ihre Patienten im Notfall mit Schmerzmitteln.
wohl wir wissen, dass dies die Symptome der
Denn solche Dinge dürften ja eigentlich nicht
craniomandibulären Dysfunktion (CMD) sind,
passieren, wenn die Karies gebannt und der
verordnen wir den Patienten hauptsächlich eine
Zahn technisch einwandfrei mit einer Füllung
Schiene und vielleicht ein paar Entspannungs-
oder Krone versorgt wurde. Und doch passieren
übungen, um das Kiefergelenk und die Zähne vor
diese Phänomene.
weiteren Schäden zu schützen. Zu oft behandeln
Zähne lockern sich aufgrund von Fehlbelastun-
wir schulmedizinisch lediglich Symptome und
gen, werden aber als parodontologisch erkrankt
deren Folgen, als eine adjuvante Therapie für die
diagnostiziert, zeigen große apikale, glocken-
eigentliche Ursache zu finden.
förmige osteolytische Prozesse und sind den-
Warum? Weil es die meisten von uns nicht besser
noch vital. Sie werden endodontologisch behan-
wissen und sich in diesem Bereich nicht trauen,
delt oder gar gezogen und bei nachfolgenden
weitere Schritte zu gehen. Dabei tut es jedem
Zahnersatz müssen ästhetische Kompromisse ge-
Arzt und Zahnarzt gut, sein Handeln von Zeit zu
macht werden, weil einfach nicht genug okklusa-
Zeit zu hinterfragen. Umso erstaunlicher ist es,
ler Platz vorhanden ist. Obwohl das ausgespro-
dass es im Falle der Funktionsdiagnostik und
chene zahnmedizinische Ziel die restitutio ad
-therapie bisher kein schulmedizinisch schlüssi-
integrum ist, scheint dies nicht für das Kieferge-
ges Konzept zur Einstellung der vertikalen
lenk und seine Funktion zu gelten.
Dimension gibt. Vielleicht wird sich das Verständnis dafür ändern, wenn mehr digitale
Es gibt Antworten auf derartige Phänomene und
Messinstrumente den Markt erobern und uns so
die dazugehörigen Erkenntnisse sind nicht erst
helfen, Krankheitsbilder messbar und scheinbar
fünf oder zehn Jahre alt. Nehmen wir die Ap-
objektiv wahrzunehmen. Maschinen anstelle
plied Kinesiology (AK), die seit den siebziger Jah-
von Palpation und Denkarbeit?
ren über den Zusammenhang von Kiefergelenk und Skelettsystem weiß und entsprechend be-
Das Kiefergelenk ist einer der Bereiche, der of-
handelt. Hier benutzt man den Beckenschief-
fenkundig zeigt, wie stark die zahnärztliche Ar-
stand bzw. dessen Begradigung als Maß für die
beit den restlichen Körper beeinflussen kann.
Vertikale im Mund, sofern der Zusammenhang
Ich hoffe, die meisten haben es schon einmal da-
vorher als positiv getestet wurde. Oder die 3000
von gehört, dass Kiefergelenk und Skelettsys-
Jahre alte traditionelle chinesische Medizin
tem dermaßen interagieren, dass im Falle einer
(TCM), die seit jeher über Reflexsysteme diag-
CMD ein Beckenschiefstand mit allen Folgeer-
nostiziert und entsprechend therapiert. Die TCM
scheinungen (Rückenschmerzen, Bandscheiben-
geht an dieser Stelle sogar noch weiter, indem
vorfälle, Kopfschmerzen etc.) in fast 100% der
nicht nur Organe im Reflexsystem mit Zähnen
Fälle miteinander verknüpft ist. Zahnärzte als
und allen anderen Körperbereichen verknüpft
bessere Orthopäden? In manchen Fällen trifft
sind, sondern ebenso der Psyche in Form ver-
das sicherlich zu.
schiedener Emotionszustände ein bedeutender un-plaqued No 17 | 19
THEMA / ALTERNATIVEN
Einfluss auf Gesundheit und Krankheit, bzw. die Regulationsfähigkeit des Körpers im Umgang mit diesen zugeschrieben wird. All diese Informationen sind gerade in unserer medizinischen Welt längst an jeder Ecke verfügbar, immerhin wissen Patienten teilweise besser darüber bescheid, als ihre behandelnden Ärzte. Fortbildungen existieren in all diesen Gebieten in unzähliger Form, zu empfehlen ist allen voran die Medizinische Woche in Baden Baden. Wenn man sich dafür interessiert, wird man eher vor dem Problem stehen, mit welchem Gebiet man beginnen soll. In der Zahnmedizin kann man genau den gegensätzlichen Trend beobachten. Unser Fachgebiet spaltet sich derzeit in noch kleinere Untergruppierungen rund um die Zahnsubstanz auf, in Spezialisten für das Parodont, das Endodont, die Implantate, die Werkstoffe etc.. Obwohl der Ruf nach einer interdisziplinären und ganzheitlichen Betrachtung des Menschen immer lauter wird, fokussieren wir uns immer mehr auf die Details. Dass Details und Spezialisten ebenso wichtig sind, wie das große Ganze, steht dabei außer Frage. Dass Mikroprozesse aber oft erst verstanden werden, wenn man den Makrokosmos betrachtet, steht ebenso außer Frage. Patienten schenken uns ihr Vertrauen und geben uns Informationen weit über die Zahnmedizin hinaus. Ein Jeder entscheidet in seiner Praxis allein, wie viel er davon wahrnimmt und wie viel er zum anderen Ohr wieder hinaus gehen lässt. Was ich mir als Arzt nicht anschaue, weil es nicht mit meiner Welt in Verbindung steht, entscheide ich ebenso – allerdings immer in der Gefahr, zum ästhetisch handwerklichen Hilfsmediziner zu verkümmern. Alternative Herangehensweisen gibt es genügend, aber man muss sie auch wahrnehmen und sich aktiv eine Meinung darüber bilden, nicht von außen, sondern indem man sie probiert. Bezüglich unseres medizinischen Wissens und dem Verständnis des Körpers kratzen wir immer noch an der Oberfläche des Eisbergs. Sich auf das universitäre Wissen zurück zu ziehen ist zwar rechtlich in Ordnung, medizinisch-ethisch aber bedenklich. Selbst in einem so überschaubaren Gebiet wie der Zahnmedizin steht man vor der täglichen Entscheidung, ob man sich nur auf die Zähne zurück zieht oder den Patienten als Ganzes wahrnimmt. Eines ist jedoch sicher: Wer sich nicht nur als Zahnarzt, sondern Arzt im Allgemeinen versteht, wird alle anderen Informationen in seine Therapie einfließen lassen, wird offen sein für neue Erkenntnisse auch außerhalb des Mundes. Denn neue Methoden und alternative Herangehensweisen wird es geben, bis wir die menschliche Natur in ferner Zukunft irgendwann einmal vollständig verstanden haben.
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THEMA / ALTERNATIVEN
20 | un-plaqued No 17
THEMA / ALTERNATIVEN
Alternativlosigkeit TEXT Eric Weigel FOTO Ed Krane
Trotz einer vor Alternativen vermeintlich strotzenden Welt, kann man sich einem Gefühl der Machtlosigkeit kaum erwehren. Welche Art Alternativen haben wir wirklich? Ein systematischer Beitrag zum Thema Alternativen.
A
lternativlos? Wie das? Es scheint doch vielmehr so, als böten sich so viele Alternativen, dass wir in Entscheidungsbedrängnis darüber geraten, welche wir wählen. Die Beispiele dafür sind
mannigfaltig und jeder kennt sie. Wer verschickt die Pakete schneller als die Post? Welcher
Stromversorger ist günstiger? Welches Privatunternehmen befördert uns von Cottbus nach Görlitz? Wohin kann man vor der Telekom fliehen? Welcher Handytarif passt am besten zu meinem telefonier Verhalten? Man denke allein an die deutschen Privatisierungsbemühungen der letzten 20 Jahre, die (oft staatliche) Monopolinstitutionen zugunsten eines liberaleren Wettbewerbs konkurrierender Anbieter öffnen sollten, um einerseits florierende Wirtschaftlichkeit zu unterstützen und auf der anderen Seite dem Kunden Alternativen zu eröffnen. Klingt erstmal ganz gut: Die Wirtschaft profitiert von mehr Wettbewerb, der Kunde von mehr Wahlmöglichkeiten.
Kernmotivation, mit der Alternativen innerhalb
schen Kurs der großen Volksparteien besteht.
dieses Liberalitätsparadigma forciert werden,
Selten war die Differenz zwischen CDU und SPD
bleibt stets der Profit. Dahingehend ergibt sich
so gering. Was soll man noch wählen? Während
kein flexibles Streuen verschiedener (eben al-
jene sich als groteske Parteiruinen inhaltlich bis
ternativer) Wege zu einem Ziel, sondern, im Ge-
hin zur Indifferenz immer mehr aneinander an-
genteil, der monitäre (eben alternativlose) ein-
nähern, giert der Wähler geradezu nach Alter-
zig viable Weg des Profits auf beiden Seiten.
nativen, wie man an dem Stimmenzuwachs auf
Insofern unterliegt die Alternativenflut einem
linker und grüner Seite sehen kann. Dieser Zu-
altbekannten Muster. Mit Alternativangeboten
wachs ist mehr als nur Protest (wie uns die etab-
lässt sich Geld machen. Es gibt eine auszunutzen-
lierten Großparteien weiß machen wollen), son-
de Nachfrage nach Alternativen, der nach markt-
dern ein erkennbares Bedürfnis nach einem
wirtschaftlichen Gesetzen nachzukommen ist. Es
anderen politischen Stil, nach einer politischen
wäre wirtschaftlich gesehen dumm, diese Nach-
Alternative.
frage nicht auszuschöpfen. Dies gilt sowohl für
Alternativangebote werden oft ideell angerei-
die Seite des Herstellers, wie auch für die des
chert. Das heißt, die Entscheidung für viele Al-
Kunden, der natürlich ein breiteres Angebot hat
ternativen gehen auf Seite des Kunden einher
und tatsächlich Geld sparen kann.
mit ökologischen, moralischen oder ethischen
Politisch gesehen drückt sich die Alternativ-
Motivationen. Der Konsum von Alternativen jed-
losigkeit in einem Unwillen gegenüber den tat-
weder Art fördert ein identitätsstiftendes, emo-
sächlichen Wahlmöglichkeiten aus. Die Land-
tionales Moment, denn das Ich des Kunden hat
tagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010
das Gefühl, sich durch die Entscheidung für eine
hat wieder eindrucksvoll bestätigt, dass eine all-
Alternative insbesondere ausgezeichnet zu ha-
gemeine Gleichgültigkeit gegenüber dem politi-
ben. Sei anders! Mach´s anders! Zeig, dass du un-plaqued No 17 | 21
THEMA / ALTERNATIVEN
schlauer bist! Informierter, up to date. Ein Ge-
ein wirkliches Aussteigen gibt es genauso wenig
fühl, dass der ›Alternativen-Hersteller‹ nur all-
wie ein es-anders-machen. Oft als Kuriosum be-
zu bestens auszunutzen weiß, indem das Ange-
staunte Menschen sind doch diejenigen, für die
bot emotional genau darauf ausgerichtet ist.
das alternative Leben die einzige Option ist. Jene
Wenn du diesen oder jenen Stromanbieter
gelten als Phantasten, als Revoluzzer, Körner-
wählst, sparst du nicht nur Geld, sondern schützt
fresser oder Taugenichtse. Das Gesamtsystem
auch die Umwelt. Wenn du hier Kleidung kaufst,
der ›Alternativherstellung‹ schließt sie herzlich
unterstützt du den Standort Deutschland. Wenn
mit ein.
du diese Musik hörst, bist du ein Unikat, etwas Besonderes. Wenn du diesen Kasten Bier kaufst,
Ein eigenartiges vorläufiges Ergebnis. Beim
unterstützt du den Protest gegen Regenwaldab-
Nachdenken über Alternativen kommen wir all-
holzung. Das moderne Ich ist ein ausgezeichne-
zu schnell zu ihrem Gegenteil: zum Mainstream,
ter Wirt für Alternativangebote. Insbesondere
zum Einheitlichen, zur Stückzahl, zur Uniformi-
das okzidental aufgeklärte Ich, das die beschei-
tät, zur Gleichstellung, zum Gleich-Gültigen. Die
denen Welterkenntnisse, die sich ihm zeigen un-
Möglichkeit einer Wahl freier Individuen ist die
ter dem Deckmantel einer moralischen, eigent-
Frucht unserer Zivilisation. Besonders alt ist die-
lich aber finanziellen Motivation mit verändern
se Entscheidungsfreiheit nicht. Das lässt sich
möchte, hin zu einer besseren, an Alternativen
bestens ablesen an politischen und klerikalen
und Selbstverwirklichung reicheren Welt. Man
Machtausübungen bis zum Zeitalter der Aufklä-
ist aufgeklärt über die Probleme der Welt: Um-
rung, dessen Bemühungen nicht nur unabge-
weltverschmutzung, nachhaltige Energien, Aus-
schlossen, sondern auch in ihr dialektisches Ge-
beutung der so genannten dritten Welt. Alter-
genteil verkehrt wurden und bis heute werden.
nativmöglichkeiten vom Handyvertrag über
Insbesondere in der Geistesgeschichte des 20.
Ökosupermärkte bis hin zur Energieversorgung
Jahrhundert kehrt sich diese Wahlfreiheit um in
versprechen dem Ich ein sich bewußteres, wert-
eine Tortur. Der Existentialismus ist ein geeigne-
volleres Partizipieren in der Welt. Aus kapitalis-
tes geistesgeschichtliches Beispiel für diese Qual
tischer Hinsicht eine überaus effiziente Strate-
der Wahl: Es quält, sich für das eine entscheiden
gie. Ein Konsumieren mit reinem Gewissen, sogar
zu müssen. Es quält, sich gegen das andere ent-
mit veredeltem Gewissen. Und: der Kunde ist
schieden zu haben. Es quält, Verantwortung für
aufgrund der Alternativenflut sogar gezwun-
die Entscheidung auf sich zu nehmen. Es tröstet
gen, sich mit allen zur Verfügung stehenden An-
dich, dass es allen anderen auch so geht. Ver-
geboten intensiv zu beschäftigen. Es wird an un-
nunft, Aspektsichtigkeit und zunehmendes Wis-
sere Eigenständigkeit, an unser Bewusstsein,
sen um die Zusammenhänge in der Welt verkom-
Gewissen und an unsere Intelligenz appelliert.
plizieren Entscheidungen allzu oft in die
Der Kunde muss Zeit investieren, um Angebote
Unendlichkeit.
zu vergleichen. Allein die Suche nach einem neuen Mobiltelefon erfordert Unmengen an Zeit
Alternativen und die damit zusammenhängen-
und Kraft. Man empfindet das als Freiheit.
den Welt- und Ichverbesserungen erscheinen wie kleine Pflaster auf einer eigentlich klaffen-
Taugenichtse
den Wunde. Dabei sind wir technisch und intel-
Keine Frage: Die sich uns heute offerierenden Al-
lektuell gesehen schon lange in der Lage, wirkli-
ternativen bedingen tatsächlich mehr Freihei-
che Alternativen durchzusetzen. Was wäre, wenn
ten als die ehemaligen monopolistisch angeleg-
in Alternativen-Entwicklung tatsächlich die Ver-
ten Strukturen der Vergangenheit. Es ist schön,
nunft als treibende Motivation einfließen wür-
der Telekom aus dem Weg gehen zu können. Aber
de? Würden wir dann nicht entgegen aller Ein-
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THEMA / ALTERNATIVEN
wände unbedingt auf erneuerbare Energien setzen? Würden wir uns nicht von vor Lobbyismus triefenden Gasmonopolisten trennen und anstatt der neuen Untersee-Pipeline von Russland bis Greifswald tatsächlich auf eine nachhaltige, ökologische Energieversorgung setzen? Würden wir nicht bevor wir eine Bohrinsel ins Meer setzen, alle Notfallstrategien für einen Unfall durchdenken, anstatt wie im Mai 2010 mit fast mittelalterlichen Methoden (wir stülpen ne Glocke drüber) einer ökologischen Katastrophe zu begegnen? Was sind wirklich die Gründe, warum nicht massiv alternative, ökologischere Formen von Verbrennungsmotoren lanciert werden, wenn wir doch wissen, dass Rohöl problematisch ist? Was sind das für Argumente, die behaupten, das sei technisch noch nicht möglich? Wir fliegen zum Mond, Satelliten orten Einzelpersonen in Bagdads Altstadt, wir simulieren den Urknall. Danach gehend ist es bestimmt auch technisch möglich, im großen Stil und aller Konsequenz nachhaltige Energien zu fördern, andere Motoren zu entwickeln, Gesetze zu erlassen, die Naturausbeutung und- vernichtung verhindern. Phänomenologisch gesehen ist Obamas ›Yes, we can‹ nichts anderes ist als genau dieser trotzköpfige Glaube an die verbesserbare Welt, an den alternativen Weg. Stattdessen sagt er nun: We want our money back. Alternativlosigkeit bedeutet nicht Resignation, sondern einen Anfang. Alternativlosigkeit ist in diesem Sinne kein Grund sich zu fügen, phlegmatisch zu werden oder hoffnungslos zu sein. Wenn erkennbar ist, dass eigentlich keine wirklichen Alternativen existieren, ist die Einsicht in die Notwendigkeit gefordert, unumgänglichen Entwicklungen entschlossen zu begegnen, insbesondere ökologischen, denn da haben wir keine Wahl.
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THEMA / ALTERNATIVEN
FOTOS Birgit Kaulfuß & Annako
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THEMA / ALTERNATIVEN
auf der suche nach alternativen
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THEMA / ALTERNATIVEN
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THEMA / ALTERNATIVEN
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THEMA / ALTERNATIVEN
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THEMA / ALTERNATIVEN
Als ich mich selbst zu lieben begann Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin und dass alles, was geschieht, richtig ist - von da an konnte ich ruhig sein. Heute weiß ich: Das nennt man ‚Vertrauen‘. Als ich mich selbst zu lieben begann, konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid nur Warnung für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben. Heute weiß ich, das nennt man ‚authentisch sein‘. Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war. Heute weiß ich, das nennt man ‚Reife‘. Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen. Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude bereitet, was ich liebe und mein Herz zum lachen bringt, auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo. Heute weiß ich, das nennt man ‚Ehrlichkeit‘.
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THEMA / ALTERNATIVEN
Charlie Chaplin, an seinem 70.Geburtstag am 16.April 1959
Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und von Allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst. Anfangs nannte ich das ‚gesunden Egoismus‘, aber heute weiß ich, das ist ‚Selbstliebe‘. Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen, so habe ich mich weniger geirrt. Heute habe ich erkannt, das nennt man ‚Demut‘. Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich mich geweigert, weiter in der Vergangenheit zu leben und mich um meine Zukunft zu sorgen. Jetzt lebe ich nur mehr in diesem Augenblick, wo Alles stattfindet. So lebe ich heute jeden Tag und nenne es ‚Bewusstheit‘. Als ich mich selbst zu lieben begann, da erkannte ich, dass mich mein Denken armselig und krank machen kann, als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte, bekam der Verstand einen wichtigen Partner. Diese Verbindung nenne ich heute ‚Herzensweisheit‘. Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen, Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen zu fürchten, denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten. Heute weiß ich: Das ist das Leben! un-plaqued No 17 | 39
THEMA / ALTERNATIVEN
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THEMA / ALTERNATIVEN
WIE WÄRE ES MIT DEMOKRATIE Kommentar Ingmar Dobberstein
Deutschland 2010. Polizisten prügeln auf Demonstranten. Nicht ungewöhnlich könnte man meinen, das ist schon häufiger passiert und in anderen Ländern steht das regelmäßig auf der Tagesordnung. Politische Überzeugungen werden mit Gewalt durchgesetzt. Diesmal ist es ein klein wenig anders, denn die demonstrierenden Bürger sind keine Autonomen, sondern normale Arbeitstätige aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten. Es wird auch nicht gegen die Regierung oder Atomkraft demonstriert, sondern gegen einen Bahnhof. Die Bürger Stuttgarts lehnen sich dagegen auf, dass ein neues Wahnsinnsprojekt der Bahn, zum großen Teil aus Steuergeldern finanziert in die Realität umgesetzt wird. Das Volk möchte eigenverantwortlich mitbestimmen, wie sein Lebensraum gestaltet wird, aber kaum einer hört zu. Wie viel Herrschaft des Volkes existiert noch in unserer Form der ›Demokratie‹? Der Sozialismus ist tot!“ schrie man, als die Mauer gefallen war. Er wäre an seinen Schulden und seiner Ungerechtigkeit erstickt und hätte deswegen nicht funktioniert. Was aber müssen wir uns nicht erst seit der Finanzkrise anschauen: Banken, die nicht mit Geld umgehen können und Staaten, die sich in den Bankrott gewirtschaftet haben – das alles unter kapitalistischer und freimarktwirtschaftlicher Flagge. Heute, ein paar Tage nach der Krise, wird deutlich, dass unser System offensichtlich nur auf nationalstaatlicher Ebene und über den Abbau sozialer Errungenschaften weiter existieren kann. Auch in einer weltweiten Betrachtung ist man der Probleme der Menschen um Hunger, Armut, Unterdrückung und Ausbeutung noch lange nicht Herr geworden. Kann es eine 1. Welt nur geben, weil es eine 3. Welt gibt? Hat sich das System damit bewiesen oder selbst ad absurdum geführt? Ich bin ein Kind des Ostens und habe eines ich durch meine persönliche Geschichte gelernt: Ein Staats- oder Wirtschaftssystem wird nicht besser, nur weil es einige Dekaden oder auch Jahrhunderte länger existiert. Spätestens, wenn die hausgemachten Probleme unausweichlich werden, wird es sich ändern. Angesichts unserer gegenwärtigen Probleme ist eines sicher: Es ist nicht das letzte Gesellschaftssystem, dass wir erleben werden. Wie wäre es mit Demokratie als Alternative?
//
un-plaqued No 17 | 41
THEMA / ALTERNATIVEN
Gibt es eine Alternative zur Alterung der Gesellschaft Text Leif Timmermeister FOTOS Franziska Taffelt
 ?
42 | un-plaqued No 17
THEMA / ALTERNATIVEN
Die Probleme, die sich aus der prozentualen Zunahme der über 60 jährigen für die Sozialversicherungssysteme und der medizinischen Versorgung ergeben, sind brisant. Kurz- und mittelfristig scheinen keine Lösungen für diese Situation parat, im Gegenteil behaupten Populisten sogar, die Deutschen würden in absehbarer Zukunft aussterben. Im Grunde gibt es nur zwei Möglichkeiten, der demographischen Entwicklung entgegenzuwirken.
A
ktuell wird in Frankreich mal wieder ge-
um rund 42%. Das Bundesland Brandenburg ver-
streikt. Der Grund für diesen Streik ist die
zeichnete sogar eine Zunahme der älteren Men-
von der Regierung gewollte Anhebung des
schen um 80,6%.
Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahren. Worüber beschweren die sich eigentlich? – ist man
Wer ist also Schuld daran, dass wir zukünftig län-
hierzulande geneigt zu denken, wo doch in
ger arbeiten müssen? Die Bevölkerung selbst.
Deutschland das Renteneintrittsalter bei mittler-
Wir bekommen nicht genügend Nachwuchs und
weile 67 Jahren liegt. Diese bittere Pille, welche
wollen zudem nicht im Alter von 65 Jahren von
die Grande Nation nun anscheinend schlucken
der Bildfläche verschwinden. Etwas ketzerisch
muss, ist bei uns, wenn auch widerwillig, verdaut.
könnte man behaupten, dass diese Entwicklung
Ein zentraler Grund für die Anhebung des Ren-
durch die moderne Medizin maßgeblich beein-
tenalters ist die rückläufige Geburtenrate über
flusst ist. Nicht zu vergessen ist der durch die An-
die letzten Dekaden, nicht nur in Deutschland son-
tibabypille ausgelöste ›Pillenknick‹ der sechzi-
dern in allen Industrienationen außer den USA.
ger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Statistisch müsste die ›Magische Schwelle‹ von
Ernstgemeinte Strategien, im Vergleich zum Ver-
2,1 Kindern pro Frau erreicht werden, um die Be-
bot der Antibabypille und dem Vorenthalten
völkerungszahl in Deutschland stabil zu halten.
von lebensverlängernden Maßnamen bei über
Tatsächlich liegt die Geburtenrate aber bei nur
sechzigjährigen, könnten eine andere Einwan-
1,4 Kindern pro deutscher Frau (Statistisches
derungspolitik und eine höhere Geburtenrate
Bundesamt Destatis, 2008). Demgegenüber
sein. Letztere Veränderung würde sich jedoch
nimmt die Lebenserwartung der Menschen in
erst nach mindestens sechzehn Jahren für die
Deutschland weiter zu. Das Destatis hat ermit-
Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversiche-
telt, dass die Lebenserwartung nach der aktuel-
rung positiv auswirken. Bei dem Stichwort Ein-
len Sterbetafel von 2006/ 2008 für neugeborene
wanderungspolitik sei erwähnt, dass sich für das
Jungen bei 77,2 Jahren und für neugeborene
deutsche Sozialversicherungssystem nur Zuwan-
Mädchen bei 82,4 Jahren liegt. Dies bedeutet
derer mit einem mindestens durchschnittlichen
konkret, dass nach den aktuellen Sterblichkeits-
Grundlohnniveau positiv auswirken würden.
verhältnissen jeder zweite Mann in Deutschland
Zudem wird bei der Betrachtung der Wande-
wenigstens 80 Jahre alt werden und jede zweite
rungsbilanz ein weiteres brisantes Detail sicht-
Frau sogar ihren 85. Geburtstag erleben kann. Im
bar. 2009 haben erstmals in der jüngeren Ver-
vergangenen Jahr waren von den 81,8 Millionen
gangenheit mehr Deutsche das Land verlassen,
Einwohnern in Deutschland 16.9 Millionen 65
als zugezogen sind. Da kann man nur hoffen, dass
Jahre und älter. Seit 1990 stieg die Zahl der älte-
es sich bei den Auswanderern um Rentner ge-
ren Menschen durch diesen Trend bundesweit
handelt hat. un-plaqued No 17 | 43
THEMA / ALTERNATIVEN
Wie wirkt sich diese Situation auf die sozialen
bedeutet. Aber nicht nur die Alterstruktur- und
und gesetzlich verankerten Pflichtversicherun-
Zusammensetzung der Bevölkerung sind für die
gen aus?
Zunahme der Kosten entscheidend, sondern
Unser auf dem Solidaritätsprinzip aufbauendes
auch die altersabhängige Inanspruchnahme von
Sozialversicherungssystem nimmt eine monetäre
Gesundheitsleistungen in Verbindung mit der
Umverteilung von den ›Starken‹ zu den ›Schwa-
steigenden Lebenserwartung. Hierzu gibt es
chen‹ vor. Also von Menschen mit Einkommen
zwei konkurrierende Thesen. Die Kompressions-
hin zu Rentnern, von Gesunden zu Kranken und
these von Fries geht davon aus, dass die Men-
von Menschen mit Arbeit hin zu Arbeitslosen. Bei
schen mit steigender Lebenserwartung bis ins
einer Zunahme der unteren und / oder der obe-
hohe Alter weitgehend gesund bleiben und
ren Altersgruppen in der Bevölkerung sinkt der
schwere Krankheiten mit hohen Kosten sich erst
so genannte Altenquotient. Er zeigt an, wie viele
im letzten Lebensabschnitt, also kurz vor dem
Senioren auf 100 Personen im erwerbsfähigen
Tod, einstellen. Für das Gesundheitssystem wür-
Alter fallen. Die Vorausberechnungen des Desta-
de diese These weitestgehende Kostenneutrali-
tis besagen, dass im Jahr 2050 der Altenquotient
tät trotz der steigenden Lebenserwartung be-
in den neuen Bundesländern bei 80 und in den
deuten. Die Medikalisierungsthese hingegen
alten Bundesländern bei 62 liegen wird. Oder
geht davon aus, dass die durch die höhere Le-
mal anders für die neuen Länder ausgedrückt,
benserwartung gewonnenen Jahre in immer
kommen in 40 Jahren auf 100 Personen im er-
größerem Maße in Krankheit und Behinderung
werbsfähigen Alter 80 Personen im nichter-
verbracht werden. Die steigende Lebenserwar-
werbsfähigen Alter. Die angesprochene Umver-
tung wird um den Preis insgesamt höherer Ge-
teilung wird angesichts solcher Prognosen
sundheitsausgaben erzielt. Zurück von der Theorie zur Praxis. Das Sozialver-
fragwürdig.
sicherungssystem in Deutschland steht aufgrund Was bedeutet die zunehmende Alterung der
der stark alternden Bevölkerung vor einer
Gesellschaft für die Medizinische Versor-
schweren Bewährungsprobe. Neue Konzepte
gung?
und alternative Ideen sind gefragt, um diese de-
Ältere Menschen benötigen naturgemäß mehr
mografische Herausforderung gesamtgesell-
Gesundheitsleistungen, was finanziell ausge-
schaftlich zu lösen, ohne unsere sozialen Errun-
drückt höhere Kosten für das Gesundheitswesen
genschaften dabei aufzugeben.
44 | un-plaqued No 17
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RUBRIK / ALTERNATIVEN
„Mein apoBank Berater steht mir schon jetzt während meines Studiums mit guten Ideen beiseite. Auf sein umfangreiches Know-how für Mediziner kann ich mich auch in Zukunft verlassen – beruflich und privat.“
Jeder Student sucht eine gute Bank. Ich habe viel mehr als das gefunden. Weitere Informationen erhalten Sie in Ihrer Filiale oder unter www.apobank.de/Student
THEMA / ALTERNATIVEN
Ersatzreligion Natur – eine Alternative!? Text Christoph Platt
46 | un-plaqued No 17
THEMA / ALTERNATIVEN
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THEMA / ALTERNATIVEN
Früher war sie einfach nur da. Gegenwärtig boomt die Natur in der Freizeit- und Tourismusindustrie, wird allerorts als Ressource entdeckt und übernimmt dabei zahlreiche Funktionen – bis hin zur Stiftung von Lebenssinn – den bisher vor allem die Religionen für sich beanspruchten. Kann diese Orientierung an der Natur selbst zu einer Art Religion werden?
U
nabhängig der alten Philosophen oder beispielsweise der griechischen Lebensweise, in welcher Natur, Kunst und Leben als Werk der Götter eng mit Religiosität verbunden galt, geht es der gegenwärtigen Entwicklung
vielmehr um die Loslösung alter Glaubensgewohnheiten, hin zu einem liberalen, multikulturellen Glaubensansatz mit der Natur als Mittelpunkt im Gegensatz zum alltäglichen Lifestyle der westlichen Welt. Natur als Ersatzreligion oder doch ›nur‹ als antireligiöse, materialistische Orientierung – das Diesseits, quasi Gegenpunkt zum Jenseits? Gerade in unserer säkularen Welt wird Religion weitgehend zu einer Privatangelegenheit und verliert dabei für viele an Bedeutung. Dadurch könnte die Orientierung an der Natur für viele zu einer Alternative werden. Schon heute orientieren sich immer mehr Menschen der industriellen Kultur an der Natur und lassen diese so zu einer wichtigen individuellen Navigation avancieren. Nicht nur die Tourismusindustrie bestärkt diesen Eindruck, wenn in praktisch allen Feriengebieten die Natur als Werbeträger und bei vielen Sportarten (bis hin zu diversen Extremsportarten) als ausdrucksvolle Kulisse dient. Auch der Umweltschutz bietet im Alltag viele Bestätigungen – sparsame Autos und Solarzellen auf dem Dach, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Hier verbindet sich die Natur mit moderner Technologie. Das klingt zugegebenermaßen weniger nach Religionsersatz, bleibt allerdings keine rein technische Angelegenheit. Hat solch technisch-ökologisches Handeln einen darüber hinausweisenden Sinn; werden damit doch CO2-Ausstoß und Energiekosten gesenkt? Ökologisches Handeln
schont nicht nur die Natur, sondern auch den Geldbeutel. Mit solchem Umweltbewusstsein und dem Wunderwort ›Nachhaltigkeit‹ überwindet der Einzelne heute nicht nur den Gegensatz von wirtschaftlicher Ökonomie und Ethik, sondern auch von Ökonomie und Natur. Naturliebhabern geht es dabei nicht um eine radikale Wende der Kulturentwicklung, sondern um eine langfristige Stabilisierung der modernen Lebensweise. Genau das macht die Natur als Orientierung so populär und überträgt ihr ähnliche Aufgaben wie jene der Religionen. Diese empfehlen den Menschen sittliche Lebensweisen, um so ihre psychische und physische Lage zu stabilisieren. Man erfährt, was man zu tun hat und wie man sich sinnvoller Weise verhält. Ziemlich deutlich wird die Parallele zur Religion in der Medizin. Im Krankheitsfall entziehen sich immer mehr Menschen den zum Teil brachial erscheinenden Methoden der modernen Schulmedizin, indem sie auf die Naturheilkunde, Homöopathie oder Akupunktur ausweichen. Dadurch sollen die Heilkräfte der Natur 48 | un-plaqued No 17
THEMA / ALTERNATIVEN
und damit die des Menschen selbst mobilisiert werden, während man sich zugleich von der scheinbar wenig natürlich ausgerichteten Pharmaindustrie zurückzieht. Stattdessen versucht man mit Hilfe der körpereigenen ›Pharmaindustrie‹ selbstverantwortlich den Krankheiten zu begegnen, deren Heilung man bisher den Ärzten und Medikamenten überlassen hat und entdeckt auf diesem Wege viele vergessene Heilverfahren. Weniger als Abwehr gegen eine pharmakologisch ausgerichtete Krankheitsphilosophie, sondern vielmehr als Unterstützung zu Tabletten, Säften, Salben und Co. Damit verliert die Medizin insgesamt aber keineswegs an Bedeutung. Im Gegenteil: Sie bildet ein Zentrum des heutigen Lebens. Der US-amerikanische politische Philosoph Michael Walzer bemerkte bereits 1983 in seinem Werk Sphären der Gerechtigkeit, dass das Gesundheitswesen heute jene Rolle übernimmt, die im Mittelalter die Religion spielte. Während damals durch eine flächendeckende Versorgung für das Seelenheil aller gesorgt war, spielte die Medizin kaum eine Rolle. Heute hat sich das Verhältnis umgekehrt, geht es nicht mehr nur um das Seelenheil, sondern vor allem um das Körperheil, für das gesorgt werden muss. Dass beides eng und an sich untrennbar miteinander verbunden ist, sei an dieser Stelle kurz erwähnt. In einer Welt der Individualisierung, in der Normen zunehmend selbst gewählt werden müssen, scheint gerade auch die Naturheilkunde dem Einzelnen eine Art moralisch-medizinischen Halt zu bieten, der in der Natur begründet erscheint. Naturorientierung präsentiert sich als moralisch konsolidierte Lebensform. Sie verspricht ihren Anhängern also in der Tat das, was auch die Religionen ihren Gläubigern bieten: psychologischen Halt für leicht zu verunsichernde Zeitgenossen. Für Freud kompensiert die Religion das Gefühl der Hilflosigkeit und Angst und stabilisiert dadurch die eigene Existenz. Dazu dient – in unserer technisierten Welt – eine moralisierte Naturvorstellung, die praktisch alle Elemente der Religion erfüllt. Die Natur kann hier ein optionales Weltbild bieten, welches den Menschen neue ethische Wege aufzeigt, nicht zuletzt, weil sie als kleinste gemeinsame Schnittmenge in einer globalisierten Welt eine Identifikation aller ermöglicht, die den zahlreichen Religionen heute nicht mehr vorbehalten ist. Alternativ gilt heute auch als Synonym für naturbewusst. Dabei ist klar, dass diese neue Denkweise für Nachhaltigkeit und einen bewussten Umgang mit unseren Ressourcen eintritt. Dies meint sowohl die globalen, allen Menschen zur Verfügung stehenden, als auch die körpereigenen Ressourcen. Auch wenn ein naturorientiertes alternatives Weltbild nicht unsere politischen und wirtschaftlichen Probleme lösen kann, trägt es gerade auf der individuellen Ebene dazu bei, dass die Menschen mehr Verantwortung für ihre Umgebung und die eigene Gesundheit übernehmen. // un-plaqued No 17 | 49
THEMA / ALTERNATIVEN
Das Feuer in DiR Text & Illustration Julian Holm
Hast Du auch früher einmal eine Passion gehabt? Irgendetwas, das Du wirklich gerne gemacht hast? Zum Beispiel eine Sportart, etwas Musikalisches oder vielleicht Kunst? Hast Du dir diese Passion erhalten können oder ist sie im Laufe des Studium ganz still und leise immer blasser geworden, bis sie letztendlich nur noch ein kleiner, durchsichtiger Schimmer in deinem Hinterkopf war?
I
ch habe bis zum Studium für die Kunst gelebt, daraus meine Energie gezogen, meinen Stolz und mein Selbstbewusstsein. Eigentlich war mir seit frühester Kindheit klar, dass ich einmal damit arbeiten würde. Aber so, wie die Dinge
nun mal geschehen und die Zwänge der Gesellschaft sich einem gegen Ende der Schulzeit aufdrängen, wählte ich den ›vernünftigen‹ und sicheren Weg und entschied mich für die Zahnmedizin und gegen das Produktdesign-Studium.
Ich dachte, man könne ja in seiner Freizeit diesen Hobbies und Interessen nachgehen, doch als die ersten Semester kamen und mich mit voller Wucht trafen, sah auf einmal alles ganz anders aus. Die spärliche Freizeit, die mir noch blieb, brauchte ich zur Regeneration, zum chillen oder sich berieseln lassen. So stolperte ich von Semester zu Semester und merkte gar nicht, wie mir das Wichtigste auf der Welt entfleuchte und begann, sich in ein Nichts aufzulösen. Wer aber sind wir ohne unsere kleinen, inneren Flammen der Neugierde, das Interesse und unsere Leidenschaften? Ich denke, nicht viel mehr als gesichtslose Arbeitstiere. Diese Erkenntnis und das schreckliche Gefühl der inneren Leere kam bei mir nach dem 6. Semester, welches sich an der Uni Freiburg, wohin ich nach dem Physikum gewechselt hatte, sehr zeitintensiv gestaltete. Ich stellte mit Erschrecken fest, dass ich während der letzten 4 Semester nicht wirklich zu Stift und Papier gegriffen hatte, um etwas zu zeichnen und meiner Kreativität einen Raum zu geben. Ich war regelrecht ungeübt und schlecht geworden in dem, was ich eigentlich am liebsten machte und auch einmal ganz gut konnte. Ich zog Konsequenzen. Kurz entschlossen kündigte ich meine Wohnung in Freiburg und besorgte mir ein Praktikum bei einem Produktdesigner in Hamburg. Ich stellte meine Eltern vor fast vollendete Tatsachen, zu ihrem großen Entsetzen natürlich. Das Praktikum lief gut und doch hegte ich wieder Zweifel. War dies tatsächlich die richtige Entscheidung? 50 | un-plaqued No 17
THEMA / ALTERNATIVEN
THEMA / ALTERNATIVEN
Ich bin bestimmt nicht der Erste, der nach durchgestandenen Stresssituationen daran dachte, den ganzen Mist einfach hinzuschmeißen und etwas ganz anderes zu machen. Doch was war mit all dem überstandenen Psychostress der vorangegangenen Semester? Sollten die etwa umsonst gewesen sein? Ein Kompromiss musste her! Ich entschied mich weiterzustudieren, dabei jedoch genügend Freizeit auf meine Kreativität und die Kunst zu verwenden. Ich machte Schluss mit dem Rumgammeln nach der Uni und dem sinnlosen Fernsehgeglotze. Ich suchte mir eine Künstlergruppe die mich forderte und auch meinen Input suchte. Dadurch war es leichter, nicht wieder in den alten Trott zu verfallen. Wir machen bis heute Ausstellungen in Freiburg und gestalten Klamotten, die wir im Netz und im Einzelhandel verkaufen. Endlich hatte ich ein Output für meine Passion und das Feuer wuchs wieder und mir wurde wohlig warm in der Brust. Das Studium habe ich kürzlich hinter mich gebracht und bin nun dabei ein Konzept zu suchen, welches mich auch im Berufsalltag nicht wieder in diese farblosen Bahnen ohne Kunst und Kreativität wirft. Und ich bin sicher, es wird sich was finden. Warum schreibe ich das hier? Was interessiert Dich meine Geschichte? Ich bin sicher, dass auch Du ein Feuer in Dir hast, welches darauf wartet, wieder geschürt zu werden. Warte nicht zu lange, denn diese Flammen werden kleiner und ich hoffe für Jeden, dass sie noch nicht erloschen sind. Das Zahnmedizinstudium ist hart, da werden wir uns alle einig sein. Lass es trotzdem einfach mal ein Studium sein und nicht deinen ganzen Alltag beherrschen. Wenn es dadurch vielleicht ein Semester oder Jahr länger dauern sollte, wen interessiert das am Ende noch? Mach was, geh raus, nimm deinen Tennisschläger in die Hand, die Gitarre, den Pinsel...und leg los. Denn, um Jan Delay zu zitieren: ›...das Wichtigste ist, dass das Feuer nicht aufhört zu brennen, denn sonst wird es ganz bitterlich kalt‹
// 52 | un-plaqued No 17
RUBRIK / ALTERNATIVEN
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Zusammen ist man weniger allein Interview mit Katrin Dick und Arne Hauck
Die sowohl privat als auch beruflich liierten Zahnärzte Katrin Dick und Arne Hauck haben vor 2 Jahren eine Gemeinschaftspraxis in einem zahnärztlich gut versorgten Gebiet im Berliner Bezirk Treptow neu gegründet. In einer ehemaligen Bank arbeiten sie mittlerweile zu dritt mit 6 zahnmedizinischen Fachangestellten auf 225 m2 mit einem breit aufgestellten, allgemeinzahnärztlichen Praxiskonzept. un-plaqued hat nachgefragt, warum sie sich gerade bei den gegenwärtigen Alternativen der Berufsausübung für eine Neugründung entschieden haben, welche Erfahrungen sie in den ersten 2 Jahren ihrer Existenzgründung sammeln konnten und wie es ist, mit dem Partner am gleichen Arbeitsplatz zu behandeln?
un-p: Wann und warum habt ihr euch ent-
schafften uns sowohl einen Puffer an Zeit als auch
schieden eine Praxis zu gründen? Glaubt ihr
die Gelegenheit mehr Berufserfahrung zu sam-
an die Freiberuflichkeit?
meln. Als dann im Jahr 2007 das Wettbewerbs-
K.&A.: Die Idee, irgendwann mal eine Praxis zu
stärkungsgesetz erlassen wurde, sahen wir für
gründen existierte eigentlich schon von Anfang
uns die große Chance, da nun die Zulassungsbe-
an. Jedoch war es nur ein wage Vorstellung, von
schränkung abgeschafft war.
der man nicht wusste, ob und wann sie jemals
Es war nun keine Seifenblase mehr, über eine
Realität werden könnte, da zur Zeit unseres Stu-
Neugründung nachzudenken. Zu diesem Zeit-
diums die Gründung einer eigenen Praxis sehr
punkt fassten wir den endgültigen Entschluss,
unrealistisch zu sein schien. In Berlin gab es die
uns gemeinsam niederzulassen. Das Gefühl, ge-
Zulassungsbeschränkung, welche eine Neugrün-
nügend Erfahrung dafür zu haben, hatten wir
dung nahezu ausschloss. Es wäre nur die Über-
nicht. Woher auch, schließlich hatte diesen
nahme einer Alterspraxis in Frage gekommen,
Schritt keiner von uns vorher schon einmal un-
welche mit zum Teil ungerechtfertigtem finanzi-
ternommen. Da wir keine Angst vor dem Sprung
ellen Aufwand verbunden war. Zu dem wäre der
ins kalte Wasser hatten, war das aber nicht so
unvermeidliche ›Abkauf‹ zweier zahnärztlicher
schlimm. Meist sammelt man die Erfahrung erst,
Zulassungen nötig geworden, da wir ja beide ar-
wenn man etwas Neues angeht. Im Vordergrund
beiten wollten.
stand für uns beide vor allem die Selbstverwirk-
So stand erst einmal nur zur Debatte, das Studi-
lichung. Schließlich hatten wir uns mit dem Stu-
um und die Assistenzzeit erfolgreich zu absolvie-
dium der Zahnheilkunde die Möglichkeit er-
ren. Den Traum von unserer gemeinsamen Praxis
schaffen, nicht nur selbstständig zu arbeiten,
haben wir weiter geträumt. Die Assistenzzeit
sondern auch selbstständig zu sein. Dieses Ziel
und die daraus resultierende Anstellung ver-
war der Motor all unserer Unternehmungen. un-plaqued No 17 | 55
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
un-p: Warum habt Ihr Euch für die Neugrün-
hat keinerlei oder nur wenige administrative
dung entschieden?
Aufgaben zu erledigen und genießt die nicht zu
Zugegeben war es uns beiden möglich, wie si-
unterschätzende Sicherheit des Angestelltenda-
cherlich vielen derzeitig tätigen Assistenten, in
seins. Andererseits ist auch hier die Chance auf
eine bestehende Praxis als Juniorpartner einzu-
freie Entfaltung eher gering.
steigen bzw. sich mit der Möglichkeit einer späteren Beteiligung anstellen zu lassen. Jedoch sa-
un-p: Eure Praxis gehört definitiv zu den
hen wir für uns diese Möglichkeit nicht als
neuen, sehr schön und professionell gestal-
optimale Lösung an. Wir waren zu individualis-
teten Praxen. Warum habt Ihr Euch für eine
tisch, als dass wir uns auf Dauer in ein bestehen-
derartig umfangreiche Investition entschie-
des Praxiskonzept einfügen wollten. Wenn man
den? Woher habt Ihr Euch die Inspiration für
nicht nur den Beruf, sondern auch das Leben mit-
Eure Gestaltung bekommen?
einander teilt, entwickeln sich im Laufe der Zeit
Wir hatten das Glück Räumlichkeiten zu finden,
viele eigene Ideen und Vorstellungen.
die uns inspirierten, etwas wirklich Schönes aus
Obwohl uns viele Kollegen rieten, eine bestehen-
ihnen zu machen. Schließlich gründet man nur
de Praxis zu übernehmen, da man hier schon ein
einmal im Leben eine Praxis. Und diese sollte
eingespieltes Team und einen bestehenden Pati-
dann auch wirklich perfekt sein.
entenstamm ›erwirbt‹, haben wir uns für eine
Wir haben im Vorfeld nie so genau über die Kos-
Neugründung entschieden. Wir wollten einfach
ten nachgedacht, sondern eher das Bild in uns
nicht in eingefahrene Gleise und waren viel zu
entwickelt, wie es mal aussehen sollte. An dieser
progressiv, als dass wir Alteingesessenes hätten
Stelle haben wir uns dann professionelle Hilfe
erwerben wollen. Für uns hatte nur das Moderne
gesucht. Wir wussten, dass wir jemanden brauch-
und Neue einen Reiz. Sicher birgt eine etablierte
ten, der sich mit Praxisgründung, Praxisausbau
Praxis eine gewisse Sicherheit, jedoch stehen
und Einrichtung auskennt. Am Anfang standen
auch dort in absehbarer Zeit größere Neuinves-
die Fragen, ob sich die Räume überhaupt für eine
titionen ins Haus.
Zahnarztpraxis eignen und welche Möglichkeiten
Warum also nicht gleich einen kompletten Neu-
der Entfaltung eines eigenen Konzeptes sie bie-
anfang wagen? Mit einem neuen Team, neuen
ten würden. Schlussendlich fügten sich Idee, Ins-
Geräten, neuer Einrichtung und neuen Patienten
piration und Notwendigkeit zu einem funktionel-
konnten wir so unsere eigenen, neuen Erfahrun-
len System und einer runden Sache zusammen.
gen sammeln.
Unsere Pläne machten eine umfangreiche Investition unumgänglich. Die Inspiration kam dabei
un-p: Welche anderen Alternativen standen
nicht aus anderen Praxen. Sie war eher eine Ent-
für Euch zur Diskussion?
wicklung aus den Notwendigkeiten, die eine mo-
Für uns wären die anderen Möglichkeiten keine
derne Zahnarztpraxis benötigt und auszeichnet,
wirkliche Alternative gewesen. Als Juniorpart-
Dazu kamen die Fragestellungen des Innenarchi-
ner hat man gewiss die Chance auf Entfaltung,
tekten, der gezielt von uns wissen wollte, was
jedoch nur mit Einschränkung, schließlich bleibt
unsere neue Praxis den zukünftigen Patienten
man unserer Meinung nach auf sehr lange Zeit
bieten sollte. Daraus entwickelte sich ein Raum-
immer der Junior. Was die fachliche Entwicklung
konzept, indem man sich wohl fühlt und welches
anbelangt, bekommt man oft nur das, was das
zugleich unsere praxisspezifische Anforderun-
eingefahrene Praxiskonzept übrig lässt.
gen erfüllt.
Sicherlich bleibt die Anstellung als Zahnarzt in einer Hinsicht auch vorteilhaft. Man kann sich
un-p: Seid Ihr mit dem Ergebnis zufrieden?
ausschließlich auf seinen Beruf konzentrieren,
Welche Erfahrungen habt Ihr im Zusammenun-plaqued No 17 | 57
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
hang mit dieser aufwendigen Gestaltung ge-
getan wird und zwar aus einer Hand. Das erspar-
macht – bei der Durchführung und gegenwär-
te uns viele Wege und Umwege. Wir sind unse-
tig im Arbeitsalltag?
rem Dentaldepot Wolf+Hansen sehr dankbar,
Klar sind wir mit dem Ergebnis zufrieden! Wir
dass die Realisierung unserer Praxis von der Aus-
fühlen uns wohl und von den Patienten bekom-
wahl des Standortes, der Finanzierungssicher-
men wir immer wieder positives Feedback für
stellung bis hin zum Abschluss des Mietvertra-
unsere Praxis. Sicher hat die aufwändige Gestal-
ges über Praxisplanung, Ausbau, Einrichtung,
tung und Ausbau auch dazu beigetragen, dass
Ausstattung und Eröffnung gerade einmal 10 Mo-
wir von Anfang an einen sehr guten Start hatten,
nate in Anspuch nahm. Diese Geschwindigkeit
da sowohl wir uns mit der schönen, neuen Praxis
wäre mit einer Vielzahl von Ansprechpartnern
sofort identifiziert haben, als auch die Patienten
nicht realisierbar gewesen. Prospektiv ist auf-
begeistert waren, bzw. unsere Begeisterung als
grund der Größe unserer Räumlichkeiten die
positiv empfunden haben. Dies führte auch dazu,
Entwicklung der Praxis noch lange nicht abge-
dass wir von Beginn an einen großen Patienten-
schlossen. Um so mehr ist es uns wichtig, lang-
zustrom hatten und auch heute noch haben.
fristig auf die professionelle Beratung unseres
Wir denken, dass die hochwertige Praxisgestal-
Dentaldepots vertrauen zu können.
tung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Mund-zu-Mund-Propaganda hat. Sicher
un-p: Warum habt Ihr Euch nicht für eines
kommen einige Patienten auch aus Neugierde,
der großen Dentaldepots, sondern für ein
da sie zum Teil nur ältere Praxen kennen.
familiengeführtes Depot entschieden?
Gelohnt hat es sich allemal, wenn man sich im Er-
Während unserer Assistenzzeit hatten wir beide
gebnis freut, morgens zur Arbeit zu gehen. Und
die Möglichkeit, mehrere Praxen mit unter-
nicht nur wir, sondern auch das Praxisteam hat
schiedlicher Depotbetreuung zu erleben. Da ha-
Spaß in den neuen Räumen zu arbeiten. Die Pati-
ben wir unabhängig voneinander sehr schnell
enten sind begeistert von der modernen Tech-
die feinen Unterschiede wahrgenommen, die
nik, dem motivierten Team und angenehmen
zwischen guter Betreuung und nervigen Ver-
Räumlichkeiten. Das schafft eine Atmosphäre, in
kaufsgesprächen liegen. Mit unserem Depot
der sich jeder wohlfühlen kann und somit auch
haben wir nicht nur die Freiheit einer Produkt-
Vertrauen schenkt.
palette fernab irgendwelcher Hausmarken, sondern eben genau die unabhängige Betreuung
un-p: Für Planung und Durchführung habt
und fachliche Beratung, die wir uns wünschen.
Ihr Euch für eine ›Alles aus einer Hand‹ Va-
Wir hatten das Glück, den Kontakt zu Wolf &
riante entschieden. Warum dieser Weg und
Hansen schon über eine unserer Praxen aus der
was sind Eure Erfahrungen?
Assistenzzeit herstellen zu können, was den Ken-
Was diese Frage angeht, können wir uns ent-
nenlernprozess nochmals begünstigte. Die Zu-
spannt zurücklehnen. Gerade in einer Zeit, wo es
friedenheit mit unserer Praxis bestätigt unsere
darauf ankommt, schnell zu agieren und zu re-
Entscheidung.
agieren, braucht man einen Partner, auf dem man sich hundertprozentig verlassen kann. Vor
un-p: Man sagt, der Praxisstart mit einer
allem kommt es darauf an, immer denselben An-
Neugründung ist gerade in Bezug auf das Pa-
sprechpartner zu haben, der den Überblick be-
tientenklientel und die Etablierung in einem
hält. Und das vom Ausbau bis zur Watterolle.
städtischen, mit anderen Zahnärzten ver-
Wenn man zurückblickt, waren wir zum Start der
sorgten Gebiet am schwierigsten. Trotzdem
Praxisplanung noch in anderen Praxen tätig. So-
erweitert Ihr Euch gerade um einen Partner.
mit hatten wir die Gewissheit, dass alles für uns
Was ist Euer Erfolgsrezept?
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Darüber haben wir uns natürlich vorher Gedanken gemacht. Wie jeder weiß, ist die Zahnarztdichte in Berlin sehr hoch, so dass es darauf ankommt, sich mit seinem Konzept abzugrenzen. Zu Beginn der Praxisgründung entwickelt man einen Businessplan. Sobald man diesen erstellt, setzt man sich mit seinem Umfeld auseinander. Da dieser nicht nur die zahnärztlichen Mitstreiter beleuchtet, sondern vielmehr die Bevölkerungsstruktur anhand derer sich das Praxiskonzept entwickeln lässt, kennt man die Bedürfnisse der zukünftigen Patienten. So haben wir aufgrund der Praxislage in einer Geschäftsstraße unsere Sprechzeiten entsprechend angepasst. Außerdem versuchen wir, fast alle Gebiete der Zahnheilkunde in unserer Praxis abzudecken. Wir geben unseren Patienten das ›Alles aus einer Hand‹ -Gefühl weiter. Um dies für unsere Patienten weiter auszubauen, entschieden wir uns trotz der Neugründung mit ihren Höhen und Tiefen in Bezug auf die Administration, die berühmte deutsche Bürokratie oder auch die Führung eines jungen Teams, zu einem Beruf begleitenden Curriculum der Implantologie, welches wir derzeit abschließen. Für uns ist es wichtig, dass der Patient kurzfristige Termine zur Behandlung bekommen kann. Das fördert die Motivation und rasche Behandlungserfolge, von denen der Patient profitiert, weil er nicht das Gefühl hat, permanent zum Zahnarzt zu gehen. Um dieses Konzept auszubauen, war es eine logische Konsequenz, einen weiteren Kollegen in unser Team aufzunehmen. Spezialisierungen sind schön, denn wer hat nicht gerne ein Steckenpferd? Somit werden auch wir uns spezialisieren, jedoch dabei nicht den Blick für das Ganzheitliche verlieren. Wir denken, dass wir so am besten im Interesse unserer Patienten handeln und weiterhin Spaß an unserem vielseitigen Beruf haben. un-p: Vom heutigen Standpunkt aus gesprochen: Wohin wollt Ihr Euch in Bezug auf die Praxis in Zukunft entwickeln? Selbstverständlich werden wir alles daran setzen, unseren Erfolgskurs fortzusetzen. Sicher werden wir auch in Zukunft die eine oder andere Hürde zu meistern haben. Für das Bestehen in der Zukunft sind ein motiviertes Team, Qualität und ihr Management sowie eine kontinuierliche Fortbildung für uns von besonderer Bedeutung. Die Hauptaufgabe ist im Moment die perfekte Strukturierung der Praxisabläufe, sowie das permanente Erkennen des Zeitgeistes, um sich immer wieder auf die Bedürfnisse der Patienten einstellen zu können. Dabei haben wir erkannt, dass es auch mal wieder darauf ankommt, an sich selbst zu denken. Nach zwei Jahren aktiver Startzeit sollte es auch wieder Zeiten geben, bei denen die Praxis außen vor bleibt. So hat man selbst mal wieder die Chance, Sport zu treiben oder anderen gemeinsamen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Denn ein erfolgreiches Berufsleben bedarf eines gesunden Ausgleichs. un-p: Ihr wart beide nicht mehr die Jüngsten als ihr Zahnmedizin studiert habt. Warum habt Ihr Euch ursprünglich für dieses Fach entschieden? Katrin: Als ich mit dem Studium begonnen habe, war ich schon 24. Bis dahin hatte ich ein medizinisches Fachschulstudium als Stomatologische Assistenz zu DDR 60 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Zeiten absolviert und ein Jahr in diesem Beruf gearbeitet. Der Beruf der Zahnärztin hat mich zu dieser Zeit sehr begeistert. Nach der Wende holte ich das Abi nach und bekam auch gleich einen Studienplatz. Nach dem vorklinischen Studium kam dann meine Tochter Johanna zur Welt, so dass ich für eine Weile aussetzen musste. Im Nachhinein betrachtet war das kein Problem, denn ich hatte dann schon die nötige Reife und auch Lebenserfahrung für so einen Schritt. Arne: Ich war 23 Jahre alt, als ich das Studium zur Zahnheilkunde begann. Geplant war das eigentlich nie. Nach meinem Abitur folgte der Zivildienst, nach dem Zivildienst die Lehre zum Zahntechniker. Ein Studium stand da nie zur Debatte. Als ich jedoch als Zahntechniker in Kontakt mit Zahnärzten kam, wenn es um Einproben von Arbeiten ging, Farbnahmen etc. wurde mir die Vielfältigkeit des Berufes bewusst. Die Arbeit mit den Menschen, direkt und niemals blind wie im Labor, das medizinische Interesse und der Wille, noch einmal durchzustarten ohne das bereits Gelernte wegwerfen zu müssen, waren die Gründe für mich das Studium durch zu ziehen. Als ich damit fertig war, war ich noch gar nicht so alt. Gerade mal 28. un-p: Ihr habt euch während des Studiums kennengelernt und arbeitet nun zusammen. Praxisgründung, ihr habt ein Kind – wie funktioniert das alles auf so engem Raum? Ja, zum Glück haben wir uns kennengelernt! Beide verbindet uns das Streben nach Freiheit und Selbstverwirklichung. Dabei sind wir sehr tolerant und lassen uns Freiräume. Von Anfang an war klar, dass wir perfekt zusammen arbeiten können, da wir niemals konkurrieren sondern eher sehen, wie wir uns ergänzen können. Das funktioniert sowohl im privaten als auch im Beruf. Der enge Raum ist da gar kein Problem, eher der Fakt, dass wir selten privat Zeit füreinander haben. Das wird sich aber auch wieder ändern. Und dann ist ja auch noch Johanna da. Kinder haben schließlich auch ein Recht auf ihre Eltern. Es ist am Ende alles eine Frage der guten Organisation und Kommunikation. un-p: Habt Ihr noch Kontakt zu ehemaligen Kommilitonen? Ja, zu einigen sogar sehr intensiv, zu anderen weniger. Die Freundschaften aus dem Studium setzen sich fort, das ist sehr schön und sollte auch so bleiben. un-p: Was wären Eure Tipps für junge Kollegen, die sich mit einer eigenen Praxisgründung niederlassen wollen? Sie sollen einfach Mut zum Neuen haben und keine Angst vor Investitionen und großen Zahlen. Das Vertrauen in das eigene Können und das Selbstbewusstsein, es schaffen zu können, sind die wichtigsten Eigenschaften die man braucht. Mit der Gründung einer Praxis schafft man eine Art Lebenswerk, man hat dann halt ein ›Baby‹. Es verlangt nach unbedingter Aufmerksamkeit, Selbstlosigkeit und permanentem Engagement, aber es macht auch viel Spaß! // un-plaqued No 17 | 61
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
WELCHE PRAXIS IST DIE RICHTIGE? Das Studium ist abgeschlossen, die Assistenzzeit verflogen. Zeit, die eigene Karriere in Angriff zu nehmen! Leicht gesagt, aber: Die Möglichkeiten für junge Zahnärzte sind vielfältig. Will man angestellt tätig sein? Oder soll man sich lieber selbstständig machen. Und wenn ja, welche Form der Existenzgründung ist die Beste? Um zu wissen, welche Alternative persönlich am besten passt, muss Klarheit her.
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Die Einzelpraxis – eigenverantwortlich und selbstbestimmt Zahnärzte schätzen die Einzelpraxis. Sie wollen in Eigenregie tätig sein, ihren Beruf nach den eigenen Vorstellungen ausüben. Das belegt auch die gemeinsam von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und dem Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) durchgeführte Existenzgründungsanalyse 2009. Knapp zwei Drittel der Existenzgründer in den alten und sogar 89 Prozent der Existenzgründer in den neuen Bundesländern haben sich 2009 in Form einer Einzelpraxis niedergelassen. Dabei war die Praxisübernahme deutlich beliebter als die Praxisneugründung. Für die Übernahme spricht, dass man auf den vorhandenen Patientenstamm aufbauen kann. Die Anlaufphase ist daher in der Regel deutlich kürzer als bei einer Neugründung. Medizin-technische Geräte sind ebenfalls schon vorhanden – Neuanschaffungen müssen meist nicht direkt getätigt werden. Das wirkt sich auf die Kosten aus: ›Unsere Analyse zeigt, dass die Übernahme in den alten Bundesländern – inklusive Betriebsmittelkredit – im vergangenen Jahr durchschnittlich 286.000 Euro kostete. Sie ist damit 129.00 Euro günstiger als eine N eugründung‹, erklärt Georg Heßbrügge, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik bei der apoBank. Ein Grund hierfür ist, dass die übernommenen Geräte meistens einige Jahre alt sind. Durch den natürlichen Wertverlust machen sie zum Zeitpunkt der Übernahme einen deutlich geringeren Teil der Investitionskosten aus als bei einer Neugründung. Nachteil: Die Geräte sind in der Regel nicht auf dem neuesten technischen Stand und Ersatzinvestitionen müssen schneller getätigt werden als bei neuen Geräten. Anders ist das Bild bei der Neugründung: Wer neu gründet, kann zwar nicht auf die Erfahrungswerte und Praxisausstattung des Vorgängers zurückgreifen. Dafür haben Neugründer mehr Gestaltungsfreiraum: Sie müssen nicht ein bestehendes Praxisteam übernehmen und können sich das Team daher nach den eigenen Anforderungen selbst zusammenstellen. Hinzu kommt, dass sie sehr viel leichter Einfluss auf die Gestaltung der administrativen Abläufe und die Praxisorganisation nehmen können – ein nicht unerheblicher Vorteil: ›Wir erleben, dass sich Existenzgründer für die Neugründung entscheiden, weil sie ihre eigenen Vorstellungen 1:1 umsetzen wollen. Das ist bei einer Neugründung natürlich weitestgehend möglich‹, berichtet Heßbrügge. Die Kooperation – flexibel und kollegial Neben der Einzelpraxis liegen insbesondere bei jungen Zahnärzten Kooperationen voll im Trend. Bei den unter 30-Jährigen entschied sich in den alten Bundesländern im vergangenen Jahr fast jeder zweite Existenzgründer für eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), so die Existenzgründungsanalyse. Die Frage nach dem ›Warum‹ kennt hierbei viele Antworten. Entscheidend dürften drei Dinge sein: 1. Zahnärzte können in Kooperationen ihre Wettbewerbssituation deutlich verbessern. Sie können ihre Erlöse steigern und gleichzeitig Kosten senken. Es gibt Synergieeffekte – z.B. durch eine bessere Auslastung der Geräte, effizienteres Personalmanagement und andere betriebswirtschaftliche Vorteile. 2. Sie profitieren im Praxisablauf von wichtigen ›weichen‹ Faktoren: Es entstehen zeitliche Freiräume, Bereitschaftsdienste können optimiert und Vertretungsregeln vereinfacht werden. Zudem lässt sich durch den kollegialen Austausch die Qualität der Leistungen häufig verbessern. Auch beim Leistungsangebot bieten sich Gestaltungsmöglichkeiten, wenn sich z.B. Spezialgebiete der Partner ergänzen, und das Leistungsspektrum der Praxis breiter aufgestellt werden kann. 3. In Kooperationen lässt sich die Work-Life-Balance einfacher gestalten. Die zulässigen Kooperationsmodelle lassen Raum für mehr Flexibilität. Privatleben und Familienplanung sind hier die Mehrwerte. 64 | un-plaqued No 17
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Wer von diesen Vorteilen profitieren will, muss auf der anderen Seite kompromissbereit und teamfähig sein. Denn die Abstimmung mit den Kollegen – sei es bei der Praxisausstattung, gemeinsamen Konzepten etc. – ist bei diesem Konzept zentral. Die apoBank gehe jedoch davon aus, so Heßbrügge, dass für viele Zahnärzte die Vorteile überwiegen und Kooperationen in Zukunft eine immer stärkere Rolle spielen. Die Anstellung – Sicher und beständig Auch die Angestelltentätigkeit – egal ob bei einem niedergelassenen Zahnarzt, in einem MVZ oder als Beamter – ist für immer mehr Zahnärzte eine gangbare Alternative. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Zeiteinteilung ist – je nach Vertragsgestaltung – oftmals einfacher zu regeln und abzustecken. Betriebswirtschaftliche, steuerliche und rechtliche Themen rund um den Praxisbetrieb müssen nicht aufgearbeitet und berücksichtigt werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies oft mehr Zeit für die Betreuung der Patienten. Dass diese Situation von vielen Zahnärzten geschätzt wird, spiegelt sich in den Statistiken wider. Knapp 4.000 bzw. sieben Prozent der vertragsärztlich tätigen Zahnärzte haben bis Ende 2009 die durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz gegebene Möglichkeit der Anstellung bei einem niedergelassenen Zahnarzt genutzt. Die Tendenz ist steigend. Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Der Start ins Berufsleben darf nicht dem Zufall überlassen bleiben. ›Unser Rat an die jungen Zahnärzte ist, die verschiedenen Möglichkeiten genau zu analysieren, mit einem Experten zu diskutieren und dann zu entscheiden, welche Form der Berufsausübung am besten zur persönlichen Lebensplanung passt‹, betont Heßbrügge. Wer sich für die Selbstständigkeit entscheide, müsse zudem prüfen, wie sich das Vorhaben betriebswirtschaftlich und finanziell realisieren lasse. Die apoBank bietet in diesem Zusammenhang bspw. die Beratung über eine speziell für die Bedürfnisse der Heilberufler entwickelte Investitions- und Kostenberatungsanalyse (INKO) an. Mit Hilfe dieser Analyse wird ermittelt, welcher Mindestumsatz notwendig ist, um die eigenen Vorstellungen im Praxis- und Privatbereich realisieren zu können. Simulationsrechnungen zeigen, wie sich Veränderungen in einzelnen Bereichen auswirken. Gut vorbereitet steht der beruflichen Laufbahn dann nichts mehr im Wege.
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Der zahnmedizinische Markt im Wandel Aus dem Branchenreport der HypoVereinsbank Der dynamische Wandel im Gesundheitswesen schreitet weiter voran. Die Zahnärzte haben hier schon einen weiten Weg in Richtung Deregulierung zurückgelegt. Unternehmerisch denkende Zahnärzte sehen ihre Zukunftsaussichten durch eine fortschreitende Liberalisierung des Marktes stärker bestätigt als durch Reglementierung. Höhere Anforderungen an unternehmerisches Denken und Planen sind aber die Konsequenz, denn der Wettbewerb nimmt zu. Veränderungen in der Marktstruktur eröffnen parallel dazu neue Möglichkeiten der Berufsausübung. Doch in jedem Wandel liegen Chancen, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen.
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Zahnmedizinische Marktstrukturen in der Analyse Die Zahl der Zahnarztpraxen hat sich nach den zuletzt vorliegenden Daten nur marginal um 0,08 % auf 45.314 Praxen verringert. In den neuen Bundesländern ging die Zahl der Praxen um 1 % bzw. 79 Praxen zurück. Die Zahl der an der kassenzahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzte ist mit jetzt 54.780 im Bundesgebiet nahezu konstant, in den neuen Bundesländern aber relativ stark zurückgehend. Dort verringerte sich die Zahl der Zahnärzte um 66 oder 0,8 %. Ähnlich wie bei der haus- und fachärztlichen Versorgung handelt es sich bei der ambulanten zahnärztlichen Versorgung in Deutschland um einen stark fragmentierten Markt, in dem die zahnärztliche Einzelpraxis mit einem Anteil von 81,3 % dominiert. Nur 18,7 % der Praxen werden in Form einer Gemeinschaftspraxis geführt, wobei hier wiederum die kleine zahnärztliche Doppelpraxis vorherrscht. Im zahnmedizinischen Umfeld lässt sich der Wandel hin zu neuen Versorgungsstrukturen bislang nur eingeschränkt beobachten. Der Markt wirkt gegenwärtig trotz der Liberalisierung und der neuen strategischen Möglichkeiten wie gelähmt und in den bestehenden Strukturen verhaftet. Angesichts wieder steigender Honorarzahlen hält sich einerseits der Veränderungsdruck in Grenzen, andererseits erscheint das noch auszuschöpfende ökonomische Potenzial in vielen Praxen groß. Bislang gibt es nur wenige zahnärztliche Zentren, obwohl diese oft über Kostenvorteile von mehr als 20 % vom Umsatz gegenüber der Einzelpraxis verfügen. Trotzdem hat in den alten Bundesländern im Jahr 2008 die Zahl der zahnärztlichen Topverdiener wieder leicht zugenommen und liegt jetzt bei 14,5 % der Praxisinhaber bzw. 6.538 Praxisinhabern mit einem Einkommen vor Steuern von über 200.000 Euro. Im Vorjahr, als die Umsätze wegen der Festzuschüsse stark einbrachen, war diese Zahl auf nur 8,4 % der Praxisinhaber oder 3.841 Zahnärzte zurückgegangen. Hier dokumentieren sich auch die Unterschiede im System bzw. das West-Ost-Gefälle, denn in den neuen Bundesländern erreichten im Jahr 2008 nur 4,3 % bzw. 418 Zahnärzte diese Top-Einkommensklasse. Um bei einer Umsatzrendite von rund 30 % auf derartige Gewinne zu kommen, ist ein Umsatzvolumen von mehr als 600.000 Euro erforderlich. Die ostdeutschen Zahnärzte erzielten im Jahr 2008 einen durchschnittlichen Gewinn von 95.646 Euro. Sollte es nicht gelingen, die ostdeutschen Honorare besser anzugleichen, droht dort am ehesten ein Ausbluten der Versorgung. Chancen Im Vergleich zu den vielen Veränderungen, Reformen und auch Umverteilungen, die im ärztlichen Bereich zu beobachten sind, ist es bei den Zahnärzten in struktureller Hinsicht gegenwärtig ruhig. Insbesondere die Tatsache, dass die zahnärztliche Versorgungslandschaft weiterhin kollektiv-vertraglich gebildet und nicht zerteilt ist, unterscheidet die Zahnärzte gegenwärtig von anderen Bereichen der ambulanten Versorgung. Dies beinhaltet die Möglichkeit eines gemeinsamen Vorgehens. Die niedergelassenen Ärzte müssen die höheren Lebens- und Praxisunterhaltskosten in höherer Honorierung abbilden. Auch die Zahnärzte werden die Preise für ihre Leistungen anpassen müssen. Wahrscheinlich wird dies sowohl die Festzuschüsse als auch die GOZ betreffen. Im Hinblick auf neue Versorgungsstrukturen bewegt sich – wie schon eingangs erwähnt – bei den Ärzten deutlich mehr als bei den Zahnärzten. Die Marktsicht spricht für die ÜBAG möglichst im großen, überörtlichen Verbund. Die zusammengeschlossenen Partner agieren unter einer gemeinsamen Marke und haben die Möglichkeit, die einzelnen Stärken von jedem der Partner herauszustellen. un-plaqued No 17 | 67
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Spezialisierungen der beteiligten Zahnärzte können in einem größeren Patienteneinzugsgebiet schneller ausgelastet werden. Hinzu kommt die Chance, den Service im Verbund arbeitsteilig zu verbessern, indem längere Öffnungszeiten, Wochenend- oder auch Spezialsprechstunden angeboten werden. Die Zahnärzteschaft ist in zunehmendem Maße darauf angewiesen, Erträge aus eigener Kraft, d. h. jenseits von GKV-Leistungen, zu erwirtschaften – und das in einer sich verschärfenden Wettbewerbssituation und angesichts steigender Kosten. Das Beherrschen der eigenen ökonomischen Zahlen, die Kenntnis des Praxispotenzials und parallel dazu die Schärfung des Leistungsprofils sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Gestaltung der Zukunft. Fazit für Sie als Zahnarzt Die Veränderungsprozesse im Gesundheitswesen dauern an. Um auch auf einem Gesundheitsmarkt der Zukunft bestehen zu können, ist es wichtig, sich zu informieren und dem Wandel aufgeschlossen gegenüberzustehen. Heute reicht es nicht mehr, einfach nur ein guter Zahnarzt zu sein. Die wirtschaftliche Praxisführung ist unabdingbar für den Erfolg. Deshalb ist der Zahnarzt auch als Unternehmer gefragt. Betriebswirtschaftliches Know-how und Praxismarketing sind notwendig, um sich auf ein geändertes Umfeld einzustellen. Auch Veränderungen infolge der Gesundheitspolitik machen eine permanente Neujustierung erforderlich. In den Seminaren der HypoVereinsbank sprechen Sie mit ausgewählten Insidern der Branche, die Ihnen mit gezielter Beratung und praktischen Ratschlägen zur Seite stehen. Das komplette Seminarangebot und das Anmeldeformular finden Sie im Internet unter www.hvb.de/seminare. Die Themenfelder reichen von betriebswirtschaftlichem Know-how und wirtschaftlicher Praxisführung über Kooperationsmodelle bis hin zu optimaler Gestaltung der Praxisabgabe und Praxisnachfolge. Wir von der HypoVereinsbank setzen uns intensiv mit den Gesundheitsmärkten im Wandel auseinander. Die Heilberufespezialisten der Hypovereinsbank finanzieren seit mehr als zwei Jahrzehnten professionell und individuell alle Investitionen rund um die Praxis und besitzen eine ausgeprägte Kenntnis des regionalen Marktes. Sie loten gemeinsam mit Ihnen die Chancen und Risiken in Markt und Wettbewerb aus. Informieren Sie sich über die besonderen Dienstleistungen für Zahnärzte auch im Internet unter www.hvb.de/heilberufe. Den Branchenreport ›Märkte & Chancen‹ für Zahnärzte können Sie über unten genannten Kontaktdaten abrufen. Dr.Christine Trapp, Leiterin der Niederlassung für Heilberufe christine.trapp@unicreditgroup.de Michael Benck Heilberufespezialist michael.benck@unicreditgroup.de freuen sich auch auf Ihre konkreten Fragen oder einen persönlichen Gesprächstermin. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf – wir beraten Sie gern ! HypoVereinsbank, Niederlassung für Heilberufe, Leibnizstr. 100, 10625 Berlin, Tel. 030.340 04-0, Fax 030/340 04-733 www.hvb.de
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Alternativen der Praxisfinanzierung Text Jan-Philipp Schmidt
Eine Idee steht am Anfang: Die eigene Praxis! Dann wird überlegt, gerechnet und schließlich entschieden: Der Start in die Selbständigkeit als Zahnmediziner. Die Phase vor der eigentlichen Praxiseröffnung wird von Zahnärztinnen und Zahnärzten, die den Weg in die Selbständigkeit eingeschlagen haben, als die schwierigste und wichtigste Phase im Gründungsprozess beschrieben. In dieser konzeptionellen Phase einer Praxisgründung sind vor allem fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse gefordert. Es geht um Fragen wie zum Beispiel: ›Welche Form der Niederlassungsfinanzierung ist die Beste?‹ ›Gibt es Finanzierungen, die sich bei persönlichen oder wirtschaftlichen Veränderungen anpassen lassen?‹ und ›Lassen sich auch persönliche Ziele, wie Wohneigentum oder eine private Altersvorsorge integrieren?‹
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
D
ie richtige Finanzierungsstrategie will
aus dem versteuerten Einkommen aufgebracht
wohl überlegt sein, denn schließlich muss
werden. Steuerlich attraktiver ist es, das Darle-
man als Praxisgründer in der Regel ein
hen über eine Versicherung endfällig zu tilgen.
beträchtliches Darlehen aufnehmen. Mehrere
Das Prinzip ist ebenfalls sehr einfach: Die Tilgung
Möglichkeiten bieten sich hier an.
des Bankdarlehens erfolgt zu einem festgelegten Zeitpunkt über die Ablaufleistung oder den
Bei der klassischen Niederlassungsfinanzierung
Rückkaufswert einer parallel abgeschlossenen
mit einem Tilgungs- oder Annuitätendarlehen
Versicherung. Der Clou dabei ist, dass die Zinsbe-
sinken durch regelmäßige Tilgungsraten die
lastung und auch deren steuerliche Absetzbar-
Restschulden des Darlehens und somit auch die
keit während der gesamten Laufzeit konstant
anfallenden Zinskosten. Aber: Da die Zinskosten
hoch bleibt, was eine maximale steuerliche Er-
als betriebliche Ausgaben steuerlich voll ab-
sparnis bedeutet. Gleichzeitig werden die ein-
setzbar sind, reduziert dies mit der Zeit auch die
gesparten Tilgungsraten bei der Versicherung in
Steuerersparnis.
möglichst attraktive Anlageformen investiert.
Der Vorteil ist die kontinuierliche und sichere Entschuldung der Praxis – dagegen steht, dass
Endfälliges Dahrlehen
besonders nach 5 bis 10 Jahren Aufbauphase € den steigenden Gewinnen der Praxis immer weniger steuerlich absetzbare Zinszahlungen entgegenstehen. Tilgungen können dagegen nur Annuität € Sie sparen mit fester Rate über die Zeit die Dahrlehens-
t
summe zusammen und tilgen am Ende an die Bank. Die Zinszahlungen bleiben über die Laufzeit konstant.
Diesen steuerlichen Vorteil macht sich zum Beit Sie leisten eine fest kalkulierte gleich bleibende Rate (Annuität) and die Bank. Innerhalb dieser rate verschieben
spiel das Produkt ›Praxiskonzept‹ der Deutschen Ärzteversicherung AG bzw. der Deutschen Apotheker- und Ärztebank e.G. zunutze. Mit der laufenden Beitragszahlung und deren Verzin-
sich mit der Zeit Zins und Tilgungsanteile
sung in Anlagen mit potentiell hohen RendiTilgung
techancen wird ein Guthaben aufgebaut, das später zur einmaligen Tilgung des Praxisdarle-
€
hens am Ende der Laufzeit benötigt wird. Wird das Darlehen nicht vor dem 60. Lebensjahr des Praxisinhabers getilgt, so ist der steuerliche Ertrag der angesparten Versicherung nur etwa zur Hälfte zu versteuern. Sollten die Kapitalanlagen Sie leisten eine fest kalkulierte und gleich bleibende
t
höhere Summen erzielen, als zur Tilgung der Praxisfinanzierung notwendig sind, kann der Über-
Tilgung an die Bank. Die sinkende Restschuld führt über
schuss für eine zusätzliche Altersvorsorge oder
die Zeit zu sinkenden Zinszahlung.
z.B. zur Entschuldung einer privaten Immobilie genutzt werden. un-plaqued No 17 | 71
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Ein Beispiel: Ein 35-jähriger Zahnarzt nimmt ein Darlehen über 150.000 Euro zur Finanzierung seiner Praxis bei der Bank auf. Die Absicherung will er über das ›Praxiskonzept‹ machen. Er vereinbart eine Todesfallleistung von 150.000 Euro und eine Laufzeit bis Alter 60. Unter diesen Bedingungen ist eine monatliche Prämie von 1.170 Euro zu bezahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen (erwirtschaftete Überschüsse in der Rentenversicherung, Wertsteigerungen der Fondspolice, persönlicher Steuersatz des Darlehensnehmers) ergibt sich nach 10 Jahren ein Nettorückkaufswert von 150.000 Euro, der zur Tilgung des Darlehens bei der Bank verwendet werden kann. Vorteilhafter ist es nun allerdings, das Darlehen z.B. für weitere Praxisanschaffungen oder einer privaten Immobilie zu prolongieren oder die private Altersvorsorge weiter aufzubauen. Dann stünde im Alter von 60 Jahren ein Kapital von ca. 768.000 Euro zur Verfügung. Das ›Praxiskonzept‹ setzt natürlich voraus, dass sich die Renditen der abgeschlossenen Versicherung positiv entwickeln. Verzichtet man bei diesen Anlagen auf Ertragsgarantien, besteht selbstverständlich das Risiko, durch negative Entwicklungen an den Kapitalmärkten im schlimmsten Fall keine ausreichende Abdeckung des Praxisdarlehens zu erhalten. Weiterhin kann durch die gleichbleibend hohe Schuldenbelastung ein unnötiger psychischer Druck auf den Praxisinhaber entstehen – bei Umsatzeinbrüchen der Praxis oder anderweitigen unvorhersehbaren Ereignissen kann ggf. eine Versicherung nur mit Nachteilen für den Praxisinhaber gekündigt werden und man ist im Zweifelsfall auf zusätzliche Kredite der Bank angewiesen. Als Alternative zu den klassischen Finanzierungsmöglichkeiten über Banken und Versicherungen gibt es seit 2008 auch in Deutschland die Möglichkeit, gesamte Zahnarztpraxen in Form von Gesamtnutzungsverträgen zu leasen. Das im Automobilbereich und vielen anderen gewerblichen Zweigen verbreitete ›mieten‹ von Produktionsmitteln (in diesem Fall der Praxis und ihrer 72 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
gesamten Einrichtung, abgesehen von den Ver-
Das Leasing von gesamten Praxen hat selbstver-
brauchsmaterialien) bietet die BeoCondis AG ih-
ständlich den Nachteil, dass gerade konservati-
ren Kunden aus Medizin, Zahnmedizin und Phar-
ve Existenzgründer das Gefühl haben, dass die
mazie als steuerlich gleichsam interessante
Praxis ihnen nicht gehört – vergleichbar der Ein-
Alternative zur endfälligen Finanzierung.
stellung: Ein Auto würde ich immer bar bezahlen, aber nie leasen.
Praxisleasing
Pacht für die
Mehrfache
Alle 10 Jahre
Übernahme
Räume und
Verlängerungs-
komplett neue
der Praxis
Einrichtungen
optionen
Ausstattung
problemlos möglich
ab 5 Jahren
Die monatlichen Pachtraten der Praxis und der
Letztendlich muss jeder Zahnmediziner als Frei-
Einrichtung sind in voller Höhe (genau wie Zin-
berufler selbst entscheiden, welche Finanzie-
sen) als Betriebsausgaben absetzbar. Am Ende
rungsform für seine Bedürfnisse die am besten
der vereinbarten Nutzungsdauer von 5 oder 10
geeignete ist. Wichtig ist vor allem, die Kontrolle
Jahren kann der Praxisinhaber die Leasingdauer
über seine Praxis und sämtliche Behandlungsab-
zu sehr günstigen Konditionen verlängern oder
läufe zu behalten und dahingehend bieten alle
er bekommt die Möglichkeit, das abgeschriebe-
der oben genannten Finanzierungsmöglichkei-
ne Inventar mittels einer Schlussrate in seinen
ten einen sehr guten Schutz vor Fremdbestim-
Besitz zu übernehmen. Selbstverständlich kann
mung. In jedem Fall sollte sich ein Existenzgrün-
er sich auch vom Leasinggeber die Praxisräum-
der vor seiner Entscheidung unabhängigen Rat
lichkeiten neu ausstatten lassen.
von verschiedenen Seiten einholen und alle
Wie der Kunde seine private Altersvorsorge ne-
Alternativen im Blick haben. Viele Detailfragen –
ben der Absicherung durch die zahnmedizini-
vom Thema Eigenkapital bis hin zur Familienpla-
schen Versorgungswerte gestaltet, bleibt bei
nung
diesem Modell natürlich vollkommen flexibel.
Ratgeber wie Chance Praxis oder www.dental-
Gesamtnutzungsverträge haben verglichen mit
success.de bieten inzwischen die Möglichkeit,
einem Bankkredit einen deutlich höheren Spiel-
sich schon im Vorfeld ein fundiertes Grundwis-
raum in der Ausgestaltung von Partnerschaften
sen selbst zu erarbeiten. Das so gewonnene Wis-
und Praxisgemeinschaften. Wird ein neuer Part-
sen spart definitiv bares Geld und ist die beste
ner in die Praxis aufgenommen oder verlässt ein
Prävention, sich bei wichtigen Entscheidungen
Seniorpartner die Praxis, müssen keine Kreditli-
von Beratern und Banken abhängig zu machen.
nien umgeschuldet werden, sondern die prozen-
In jedem Fall ist die Niederlassung in der eige-
tuale Verteilung der monatlichen Pachtzahlun-
nen Praxis (alleine oder im Team) die wichtigste
gen verschiebt sich lediglich zwischen den
Alternative zu einem Dasein als angestellter
Praxisinhabern. Behandler mit unterschiedli-
Zahnarzt und eine gute Möglichkeit die Freibe-
chen Spezialisierungen können sich so schneller
ruflichkeit der Zahnheilkunde in Deutschland
organisieren und das Teamwork wird deutlich
langfristig zu erhalten!
müssen
berücksichtigt
werden
und
//
vereinfacht. un-plaqued No 17 | 73
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Die Alternative in der Abrechnung: Die Honorarordnung der Zahn채rzte Text Dr. G. Brodmann Illustration Steffen Seeger
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
›Wir brauchen für die neue GOZ eine solide betriebswirtschaftliche Basis, die u.a. den überfälligen Inflationsausgleich berücksichtigt und einen Leistungskatalog nach den Erfordernissen der modernen präventionsorientierten Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde schafft.‹ Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, 6. November 2009
Gebührenordnungen und Honorargestaltung Gebührenordnungen - insbesondere die GOZ und GOÄ - haben die Funktion, Leistungen katalogmäßig zu erfassen und zu bewerten, also das Honorar zu bemessen. Zum einen soll dadurch ein (ruinöser) Preiswettbewerb verhindert werden (Ziel der Qualitätssicherung), zum anderen soll der Patient vor unangemessen hohen Entgeltforderungen geschützt werden (Ziel des Verbraucherschutzes). Gebührenordnungen sollen sicherstellen, dass bei angemessenem Aus-, Fort- und Weiterbildungsstandard eine ›relativ‹ gleichmäßige Qualität der Leistung sichergestellt wird. Die in Punkten bemessenen Leistungsrelationen garantieren gleiche Honorare, unabhängig jeweils vom Ausmaß der Kosten, die dem Behandler bei der Leistungserbringung entstehen. Während in allen Branchen die Preis(Honorar-)gestaltung als eines der vier P´s (Product, Place, Promotion, Price) seit jeher zu einer der wesentlichsten Unternehmensentscheidungen zählte, hat unter Freiberuflern die Auseinandersetzung mit dem Thema ›Preis‹ bisher wenig stattgefunden. Honorarordnungen haben einen mehr oder minder fixen Rahmen für die Honorargestaltung vorgegeben - das Thema der Honorargestaltung war insofern an Honorar-/Gebührenordnungen ›delegiert‹. Jedoch in Zeiten eines zunehmenden wirtschaftlichen Drucks und eines zunehmenden Wettbewerbs bietet die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema ›Honorargestaltung‹ mehrfache Vorteile im Wettbewerb und wird somit zur Pflicht für zukunftsorientierte Praxen. Aktuell gültige Gebührenordnung für Zahnärzte Die privatzahnärztliche Honorierung erfolgt aktuell auf der Basis einer im Jahr 1988 in Kraft getretenen Amtlichen Gebührenordnung für Zahnärzte/GOZ. Sie wurde bis heute weder dem medizinischen Fortschritt noch der wirtschaftlichen Entwicklung angepasst - und das bei einem Anstieg des Preisindex von über 50 Prozent in den letzten zwanzig Jahren. Rechnet man den Inflationsausgleich seit 1988 mit der Vorgabe, dass die Leistungen heute noch denselben Wert wie 1988 besitzen sollen, so müsste statt des 2,3-fachen Steigerungsfaktors in etwa mit dem 3,4-fachen Steigerungsfaktor abgerechnet werden. Berücksichtigt man weiterhin, dass auch diese Gebührenordnung lediglich eine weitgehend kostenneutrale Umsetzung des Gebührenverzeichnisses BUGO-Z von 1965 ist, dann wäre der Steigerungsfaktor noch wesentlich höher anzusetzen. un-plaqued No 17 | 75
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Vor diesem Hintergrund können der GOZ die not-
31. Januar 2007 einstimmig die Honorarordnung
wendige Transparenz und Rechtssicherheit nur
der Zahnärzte (HOZ): ›Die Bundesversammlung
stark eingeschränkt zugesprochen werden: das
der BZÄK verabschiedet eine neue Honorarord-
Arzt-/Patientenverhältnis wird erheblich belas-
nung der Zahnärzte in der anliegenden Fassung
tet, die Rechnungskontrollen und -kürzungen
als fachlichen Entwurf der Zahnärzteschaft. Der
seitens der PKV und der Beihilfe werden zuneh-
Verordnungsgeber wird nachdrücklich darauf
mend rigider, die Auseinandersetzungen zwi-
hingewiesen, dass die HOZ die Interessen der Pa-
schen Behandler, Patient/Versicherter und Kost-
tienten ebenso berücksichtigt wie die der Zahn-
enträgern nehmen zu. In weiten Bereichen ist
ärzte. Die Umsetzung ist damit geeignet, den
diese GOZ eigentlich sinnentleert – das ursprüng-
Anforderungen
liche Ziel einer staatlichen Gebührentaxe erfüllt
Rechnung zu tragen.‹ Download: www.bzaek.
sie längst nicht mehr.
de/fileadmin/PDFs/goz/HOZ_2010.pdf
des
Zahnheilkundegesetzes
Entwicklung eines Honorierungssystems
Stellenwert und Anwendung der HOZ
Die Neubeschreibung einer präventionsorien-
Die HOZ bildet eine wissenschaftlich fundierte,
tierten Zahn-, Mund und Kieferheilkunde wurde
präventionsorientierte Zahn-, Mund- und Kie-
am 30. Oktober 2005 im Rahmen des Deutschen
ferheilkunde auf der Leistungsseite ab. Auf der
Zahnärztetages durch die Deutsche Gesellschaft
Honorierungsseite gibt sie ein betriebswirt-
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde/DGZMK,
schaftliches Kalkulationsraster vor, mit dem die
die Bundeszahnärztekammer/BZÄK und die Kas-
zahnärztlichen Praxen ihre Leistungen bewer-
senzahnärztliche Bundesvereinigung/KZBV vor-
ten können. Mit der HOZ konnte die Bundeszahn-
gestellt. Ausgehend von einer strukturierten Di-
ärztekammer die einseitig verlaufende Diskussi-
agnostik werden über alle Fachbereiche hinweg
on mit der Politik im Rahmen der GOZ-
die wissenschaftlich fundierten Maßnahmen
Novellierung wieder öffnen. Die Vorlage der HOZ
und Methoden der gesamten Zahnmedizin unter
hat wesentlich dazu beigetragen, dass der 2009
besonderer Berücksichtigung einer Präventions-
vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte
orientierung beschrieben. Das Verzeichnis der
Referentenentwurf einer GOZ-Novelle – mit ei-
zahnärztlichen Leistungen - basierend auf der
ner Punktwertsteigerung von ca. 0,1 Prozent –
Neubeschreibung einer präventionsorientier-
wieder zurückgenommen wurde.
ten Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde - wurde
Mit der HOZ berechnen die Praxen über ein be-
von der Bundeszahnärztekammer im April 2006
triebswirtschaftliches Raster ihre Praxis-/ Pati-
vorgestellt.
entenindividuellen Honorargrößen für die ein-
Auf der Basis dieses wissenschaftlich entwickel-
zelnen Leistungen. Die individuellen betriebs-
ten Leistungskatalogs wurde vom Prognos-Insti-
wirtschaftlichen Faktoren der einzelnen Praxis
tut (www.prognos.com) über eine validierte
werden vollumfänglich berücksichtigt. Eine Li-
Studie in Zahnarztpraxen eine betriebswirt-
quidationserstellung nach HOZ ist derzeit nicht
schaftliche Bewertung dieser neu beschriebe-
möglich. Die erbrachten Leistungen müssen wei-
nen Leistungen vorgenommen.
terhin verordnungskonform nach GOZ berech-
Als Gesamtergebnis all dieser Schritte verab-
net werden, d.h. die HOZ-Leistungen und HOZ-
schiedete die außerordentliche Bundesver-
Honorare müssen in die Normen der GOZ
sammlung der Bundeszahnärztekammer am
überführt werden.
76 | un-plaqued No 17
//
[ SUCCESS ]
RUBRIK / ALTERNATIVEN
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forever young / ALTERNATIVEN
Mein Beruf, Meine Uni – Mein Netzwerk TEXT Jan-Philipp Schmidt
Die Uni ist vorbei und die Kommilitonen ver-
Angesprochen sind jedoch nicht nur junge Kolle-
streuen sich übers Land. Die Zusammenarbeit
ginnen und Kollegen direkt nach dem Staatsex-
und der Gedankenaustausch, die man aus den
amen. Alumnus, also Absolvent seiner Universi-
studentischen Tagen kannte, hält mehr oder
tät, ist man auch noch als Pensionär und der
weniger noch für eine Zeit lang an und überlebt
Verband beweist durch seine tägliche Arbeit,
dann nur in wenigen Ausnahmefällen. Wer sich
dass der zahnärztliche Nachwuchs stark von
nach der Assistentenzeit nicht in Gemeinschaft-
den Erfahrungen der etablierten Kolleginnen
spraxen niederlässt, kann sehr schnell allein in
und Kollegen profitieren kann.
seiner Praxis fühlen – dem muss nicht so sein!
Mit dem neuen, wegweisenden Online-Tool ALUMNIGROUPS möchte der BdZA nun endlich
Mit vielen Freunden ist man heutzutage über
die Schnittstelle zwischen den Universitäten
Social Communities wie facebook, Xing oder
und den niedergelassenen Praktikern ausbauen
MySpace verbunden und doch sind dies nicht
– Ziel ist es, eine fachübergreifende Gemein-
die Plätze, um einen auf Zahnmedizin basieren-
schaft aus allen Bereichen der Zahnmedizin un-
den Gedankenaustausch zu pflegen.
ter einem gemeinsamen Dach zu vereinen.
An dieser Stelle setzt die zum Deutschen Zahn-
Der BdZA setzt hierbei nicht auf alt hergebrach-
ärztetag Mitte November startende Community
te Verbandsstrukturen, sondern vertraut auf
für junge Zahnmediziner ALUMNIGROUPS an.
einen kostenfreien, form- & zwanglosen aber
Sie ermöglicht, weiterhin mit seinem Universi-
strukturierten Zusammenhalt zwischen Kolle-
tätsumfeld in Kontakt zu bleiben und gleichzei-
ginnen und Kollegen über das Internet. Speziell
tig neue Netzwerke im Arbeitsumfeld der Pra-
für die Bedürfnisse des kollegialen Wissensaus-
xis zu knüpfen. Mit einer übersichtlichen
tausches in einem vertraulichen und sicheren
Bedienungsoberfläche, die sich bewusst an be-
Rahmen, hat das Entwicklerteam aus Zahnme-
kannten Community Programmen orientiert,
dizinern, Medizinern und Software-Ingenieu-
gleichzeitig jedoch ausschließlich Benutzern
ren eine eigenständige und benutzerfreundli-
vom Fach zugänglich ist, möchte der Bundesver-
che Plattform für die Dentalwelt erschaffen,
band der zahnmedizinischen Alumni in Deutsch-
welche neben üblichen Kommunikationswerk-
land e.V. die erfolgreiche Arbeit des BdZM fort-
zeugen auch allerlei innovative Features, wie
setzen. Den Studierenden ist eine gemeinsame
das Fortbildungsradar, eine integrierte Stellen-
Wissens-Community längst ein Begriff – in den
und Praxisbörse, anonyme Falldiskussionen etc.
zahnigroups des BdZM (nur für Studierende zu-
liefert.
gänglich) treffen sich regelmäßig über 4.000
Neben dem BdZA wird auch der Verband der Zahn-
junge Zahnmediziner und nutzen das Netzwerk
ärztinnen, der Dentista Club, die ALUMNIGROUPS
zum Wissensaustausch rund um alle Themen des
vom ersten Moment an zum Vorteil ihrer Mitglie-
Studienalltages.
der einsetzen – als erstes Werkzeug speziell für die 78 | un-plaqued No 17
forever young / ALTERNATIVEN
Zahnmedizinerinnen wird es 2011 eine intelligente Schwangerschafts-Vertretungs-Börse geben um Praxis und Familie noch besser in Einklang bringen zu können. Die Nutzer der ALUMNIGROUPS profitieren weiterhin von speziellen Angeboten der unterstützenden Industriepartner: DAISY Akademie + Verlag stellt zum Start im November 1.000 CD-Kompendien zum Thema Abrechnung zur Verfügung und die Deutsche Ärzte Finanz bietet kostenlose Finanz- und Wirtschaftsanalysen an, die gerade im Hinblick auf das Thema Risikoabsicherung und die eigenen Gehaltsverhandlungen eine wichtige Hilfestellung beim Start ins Berufsleben bieten. User der zahnigroups können mit Abschluss des Staatsexamens natürlich problemlos zu den ALUMNIGROUPS wechseln – mit dem großen Vorteil, dass der Semesterverbund mit den ehemaligen Kommilitonen erhalten bleibt. Wichtig war es dem BdZA Vorstand vor allem, dass Nutzer der ALUMNIGROUPS nicht zwingend einem Verband angehören müssen, um von den Vorteilen der Gemeinschaft profitieren zu können – lediglich die Approbation als Zahnmediziner ist Grundvoraussetzung um Zugang zu den geschlossenen Nutzergruppen zu erhalten. Da BdZM und BdZA als Schwesterverbände natürlich sehr an Eurer Meinung zu den Communities interessiert sind, möchten wir Euch hiermit bitten, uns Eure Erfahrungen mitzuteilen und Kritik und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Damit die Communities weiterhin und dauerhaft kostenfrei angeboten werden können, sind die Verbände auf die Unterstützung von Partner aus der Dentalindustrie und auf die Kooperation mit den Fachverbänden der Zahnmedizin angewiesen. Die großen Fachgesellschaften der Implantologie unterstützen die gemeinnützige Arbeit bereits als fördernde Mitglieder und wir hoffen, dass weitere Vereinigungen sich der sinnvollen Vernetzung anschließen werden. Wer sich detailliert über sämtliche Möglichkeiten der neuen ALUMNIGROUPS informieren möchte, findet auf www.alumnigroups.de weiterführenden Informationen und die Möglichkeit zur kostenfreien und unkomplizierten Anmeldung.
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FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Das WAS?, WIE? & WARUM?
der zahnärztlichen Fortbildung
Text Dr. Anke Ruth Bräuning
Jeder muss, alle wollen – doch worauf kommt es an? Wie wähle ich die beste Fortbildung aus – für mich, meine Patienten und die Praxis?
80 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
J
unge Zahnärzte fangen ihre Arbeit als Assistenten in der ›freien Wildbahn‹ an und viele von Ihnen werden nach kurzer Zeit plötzlich von einem gewissen ›Praxisschock‹ überrascht.
Diese Situation gründet auf verschiedenen Problemen, die besondere Anforderungen an einen jungen Zahnarzt stellen und die er so während seiner universitären Ausbildung nicht unweigerlich kennen gelernt hat. Er wird mit komplexen Entscheidungssituationen und Auseinandersetzungen im klinischen, wirtschaftlichen und persönlichen Bereich konfrontiert. Gerade die Konfrontation mit Misserfolgen und unzufriedenen Patienten, die im Laufe der praktischen Tätigkeit nicht ausbleiben, ist anfangs oft eine große Hürde. Diese erfolgreich zu bewältigen, gelingt im kollegialen Austausch mit erfahrenen Zahnärzten wesentlich besser, als auch in Fortbildungen, die den jungen Zahnärzten nützliche Alternativen zeigen und ein Feedback zum eigenen Tun in der Praxis geben. WAS? Fortbildung! Endo, Paro, Kfo? Was ist das Beste? Zahnärztliche Fortbildung wird dadurch definiert, dass sowohl fachliche als auch interdisziplinäre Kenntnisse und die Einübung von klinisch-praktischen Fähigkeiten aktualisiert und weiterentwickelt werden. Wichtig sind die Inhalte einer Fortbildung, die man bei einem der zahlreichen Institute ausgewählt hat. Fragen, die bei der Wahl helfen können: Bekomme ich ein Zertifikat am Ende des Kurses? Lässt sich der Kurs auf eine Fortbildungsreihe anrechnen, mit der man einen Tätigkeitsschwerpunkt erlangen kann? Kann ich mich durch die Fortbildung weiterentwickeln? In die Richtung, die ich mir wünsche? Habe ich Patienten, die von meinem neuen Wissen profitieren? Ein Fortbildungsteilnehmer, der sich das Thema Kinderzahnheilkunde aussucht, obwohl seine Patienten eher über dem demographischen Altersdurchschnitt liegen, sollte sich diese Frage stellen. Aus der Motivation heraus: ›Das wollte ich schon immer mal wissen‹, kann man sicherlich fürs Leben lernen, wer jedoch die Sinusliftfortbildung bucht, ohne jemals die Gelegenheit ergreifen zu können, diesen auch live zu operieren, kann schnell frustriert resignieren. Was kann ich? Und: Was will ich damit? Sind Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor die Akupunktur-Fortbildung für viel Geld gebucht wird. un-plaqued No 17 | 81
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Auch sollte darauf geachtet werden, dass der
Es gibt Fortbildungen verschiedenster Art. Wel-
Fortbildungswillige sich nicht überfordert: die
che für die aktuelle persönliche Entwicklungs-
Kurse sollten eher aufeinander aufbauen und
stufe geeignet ist, lässt sich leicht herausfinden:
schrittweise nacheinander besucht werden. En-
entweder durch ein Gespräch mit dem Dozen-
dodontie, Parodontologie, Implantologie ist
ten, den Organisatoren oder auch mit Kollegen,
eine sinnvollere Reihenfolge als Kieferorthopä-
die diese Fortbildung bereits absolviert haben.
die, Implantologie und dann Ästhetische Front-
Einige Fortbildungsinstitute bieten derartige In-
zahnrestaurationen.
formationsmöglichkeiten an. In der deutschen Fortbildungslandschaft sind
Wenn man in einer dörflichen Region niederge-
insbesondere Übungskurse oder ›Hands-on-
lassen ist, werden sich andere Fragen stellen.
Kurse‹ sehr beliebt. Frei nach dem Motto: ›mit
Der Landzahnarzt – allein auf weiter Flur – wird
allen Sinnen lernen‹, bleibt doch mehr hängen,
sich keinen Gefallen tun, Spezialist für Endodon-
als nach dem Besuch einer Fortbildung mit dem
tie zu werden und keine Paro - Patienten mehr zu
Konzept des Frontalunterrichts. ›Einer redet,
behandeln. Hier ist vor allem der Generalist ge-
alle anderen schlafen‹ trifft hier sehr oft zu. Vor
fragt. In der Großstadt dagegen kann dieses Ni-
allem wenn die Vorlesung früh morgens begann,
schendenken funktionieren, solange zahlreiche
sieht man doch nachmittags um fünf oft das ein
Überweiser vorhanden sind.
oder andere geschlossene Auge.
Grundsätzlich sollte man entspannt an das The-
Klinische Fortbildungen in Form von Hospitatio-
ma Fortbildung gehen und genügend Zeit darauf
nen z.B. bei der Implantatchirurgie sind eine Al-
verwenden, seine Vorlieben heraus zu finden.
ternative zum Hands-on-Kurs. Hier ist man ›nah’
Was wäre, wenn sich alle Zahnärzte auf Implan-
dran‹, kann den Operierenden direkt mit Fragen
tate spezialisieren würden? Wie stünde es dann
löchern und darf ihm den ein oder anderen
noch um den Zahnerhalt?
Handgriff abschauen.
Zum Glück sind wir alle verschieden in unserem
Kongresse sind eine abwechslungsreiche Gele-
Wesen und der Suche nach unseren beruflichen
genheit, sich auf den neuesten Stand des eige-
Herausforderungen. Derzeit boomen die Endo-
nen Interessengebiets zu bringen. Gerade hier,
Veranstaltungen in vielen Fortbildungsinstitu-
bekommt man oft ein Überangebot von Kursen,
ten, ganz im Sinne des Zahnerhalts. Toll, wer trotz
Seminaren und Demonstrationen, so dass keine
aller Trends den Mut zu exotischeren Themen
Langeweile aufkommt.
wie zum Beispiel Funktionsdiagnostik oder Psy-
Strukturierte Fortbildungen oder Curricula sind
chosomatik hat.
eine Abfolge verschiedener Fortbildungskurse zu einem Thema, bei denen die Teilnehmer am
WIE?
Ende eine Prüfung ablegen und dadurch berech-
Fortbildung! Endo, Paro, Kfo??? Ja, bitte! Alles!
tigt werden, einen oder mehrere Tätigkeits-
Aber am besten nacheinander und nicht alles
schwerpunkte zu führen.
auf einmal! Die beste Fortbildung nutzt nichts,
Der kollegiale Austausch sollte bei jeglicher Fort-
wenn sie nicht am Montagmorgen in der Praxis
bildung im Mittelpunkt stehen. Darum sprießen
angewendet und vertieft werden kann. Klini-
immer mehr Qualitätszirkel oder Studiengrup-
sche und praktische Fähigkeiten entwickeln sich
pen, meist in Eigeninitiative einiger Zahnärzte,
nur durch kontinuierliche Übung. Einmal am
aus dem Boden.
Schweinekiefer eine PA-Umschlingungsnaht ge-
Eine andere Art der Fortbildung stellt das ›CPD‹
übt und erst ein Jahr später wieder genäht...
dar: das Continuing Professional Development.
Demjenigen herzlichen Glückwunsch, der dieses
Hierbei ist die Strategie: Kompetenzerhaltung
Wissen dann noch parat hat.
durch lebenslanges Lernen. So ist CPD mit einer
82 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
umfassenden Betrachtung der Gestaltung von medizinischen Arbeitsprozessen verbunden und geht somit weit über die Vermittlung von Fachkenntnissen hinaus. Der fortbildungswillige Zahnarzt stellt sich der Herausforderung eines Bildungsprozesses über seine gesamte Berufstätigkeit, den er gemeinsam mit dem Praxisteam durchführt. Wissenschaft, Fortbildung und Praxis werden miteinander verknüpft, die eigenen Praxisroutinen analysiert und die Praxisorganisation in bestimmten Fachbereichen verbessert. Dies alles geschieht im vom Praxisinhaber selbst konzipierten ›Persönlichen Entwicklungsprojekt‹. Die Teilnehmer analysieren ihre eigene Praxis und erarbeiten einen klinischen Pfad für die Organisation und Durchführung, wobei sie von einem Moderator geleitet und von einem Experten unterstützt werden. Zusätzlich kommt das Selbststudium der Fachliteratur hinzu – welches eigentlich als selbstverständlich (trotz knapper Zeit) angesehen werden sollte. Insgesamt ist es wichtig, die Qualität der Methode einer Fortbildung ausfindig zu machen, um Enttäuschungen zu vermeiden. Jemand, der sich einfach nur berieseln lassen möchte, wird sich schlecht mit einer ›Aktiv-Fortbildung‹ anfreunden können. Obwohl diese Form den meisten Zahnärzten mehr bringt als der ›Vorturn-Unterricht‹. Da es aber alle möglichen Fortbildungsformate auf dem Markt gibt, wird sicher für jeden Geschmack etwas Passendes dabei sein. Auf Themenwahl, Art der Präsentation und der Medien, Organisation und die Auswahl der Referenten sollte besonderes Augenmerk gelegt werden. Vieles wird sich erst hinterher feststellen lassen, aber ob der Referent gute Kritiken bekommen hat und wie erfahren er ist, wird sich mit ein paar Klicks im Internet (Pubmed oder auch nur Google) schnell herausfinden lassen. Ebenso sollten die Fortbildung und der Referent frei von wirtschaftlichen Eigeninteressen sein. Wenn man sich in einer ›Verkaufsveranstaltung‹ wähnt, bei der ständig schleichend bestimmte Produkte angepriesen werden, die auch schon vor der Tür zum Verkauf bereit stehen – man muss die nicht unbedingt kaufen . WARUM? Fortgebildet in Endo, Paro, Kfo! Das steht jetzt auf meinem Praxisschild! Was hat man davon, wenn es auf dem Praxisschild steht? Ist man dafür in ganz Deutschland herumgereist und hat teures Geld bezahlt? un-plaqued No 17 | 83
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Braucht man das wirklich?
Quellen:
Auf dem Praxisschild kann man sicherlich werbewirksam seine Tätigkeitsschwer-
www.bzaek.de
punkte verzeichnen. Allerdings gibt es noch sehr viel mehr gute Gründe, nach
www.lzk-bw.de
einer richtig guten Fortbildung zu suchen:
Walther, W. (2009):
Die Patienten, die darüber informiert werden, kommen viel lieber, wenn sie wis-
Strukturierte Fortbildung
sen: ›Hier gibt es jemanden, der kompetent ist.‹ Empfehlungen dürften dem
Implantologie,
Fortbildungshungrigen sicher sein und Neupatienten werden an die Tür klop-
27.-28.11.2009,
fen. Fachliche Kompetenzen zu behalten, zu vertiefen und vielleicht in einem an-
Akademie für
deren Spezialgebiet zu erlangen ist ein weiterer Grund: Man lernt immer etwas
Zahnärztliche Fortbildung
dazu!
Karlsruhe
Bei den Patienten wird das Vertrauen in den Zahnarzt, in seine Person und seine
Walther, W., Dick, M.
Profession steigen: Ein netter Zahnarzt, der etwas tut, um seinen Patienten, das
(2007):
Beste zu bieten.
Strategie für
Die Mitarbeiter profitieren ebenso, wenn die Chefs am Wochenende Fortbildun-
lebenslanges Lernen,
gen besuchen: sie kommen Montagmorgens motiviert wieder. Diese Motivation
ZM
wird auf das gesamte Praxisteam übergreifen. Gerade wenn man die Mitarbeiterinnen in die Fortbildung einbeziehen kann oder ihnen eigene Fortbildungen,
www.idz-koeln.de
z.B. Aufstiegsfortbildungen zur ZMP oder ZMF anbietet.
www.zzq-koeln.de
Durch Fortbildung können die Arbeitsabläufe in der Praxis gemäß aktueller evi-
www.kzbv.de
denzbasierter Medizin optimiert und gemäß dem Standard der zahnärztlichen Wissenschaft für die Patienten ein optimales Behandlungsergebnis angestrebt werden. Und dann wäre da noch die Bewertung der Fortbildung im Zuge der Fortbildungspflicht: ›Nach § 95 d SGB V ist jeder Vertragszahnarzt zur regelmäßigen fachlichen Fortbildung verpflichtet und muss alle fünf Jahre seiner Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) gegenüber nachweisen können, dass er der Pflicht in den zurückliegenden fünf Jahren nachgekommen ist.‹ Innerhalb dieser fünf Jahre müssen 125 Fortbildungspunkte erreicht werden. Die Bewertung erfolgt nach einem Punktekatalog nach Leitlinien der DGZMK, BZÄK und KZBV und wird je nach Art und Dauer in der Bewertungstabelle, deren Bewertungsbasis eine 45-minütige Fortbildungseinheit ist, dem Zahnarzt gutgeschrieben. Im Sinne des Erfinders kann es allerdings nicht sein, dass sich Zahnärzte nur aufgrund von Punktesammelwut oder Pflicht zu Fortbildungen anmelden. Vielmehr sind die Abwechslung, das ›Rauskommen‹ aus der Praxis, das Treffen von Gleichgesinnten, das Kennenlernen von Neuem und die Vertiefung von Wissen eher die Ziele, die sich erfüllen sollten, wenn man den Fortbildungskatalog aufschlägt und sich Gedanken macht, welche Fortbildung im nächsten Jahr Spaß machen könnte!
// o
84 | un-plaqued N 17
RUBRIK / ALTERNATIVEN
Die hohe Schule der Endodontie Praktischer Arbeitskurs in der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe
Freitag & Samstag 21.+ 22.01.2011 Referent: Prof. Dr. Gilberto Debelian Universität Oslo Kursgebühr: 510,00 €
Ein Könner des Fachs zeigt Ihnen die hohe Schule der Wurzelkanalaufbereitung. Erreichen Sie Perfektion im Umgang mit der rotierenden Technik und dem Operationsmikroskop. Praktische Übungen und Demonstrationen. Der Kurs wird in englischer Sprache gehalten. OP-Mikroskope und maschinelle Ausrüstung werden zur Verfügung gestellt. Anmeldung und weitere Informationen:
www.za-karlsruhe.de
Institute for Continuing Professional Development
Sophienstr. 39a / 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 - 9181-200 Fax: 0721 - 9181-222 fortbildung@za-karlsruhe.de
Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe
Strukturierte Fortbildung – der Weg zum Tätigkeitsschwerpunkt un-plaqued No 17 | 85
FOREVER YOUNG/ ALTERNATIVEN
VOCO Dental Challenge 2010
Das Finale bei den Dentalisten
Preisträger kommen aus Zürich, Witten-Herdecke und Halle-Wittenberg Junge Zahnmediziner und Nachwuchswissenschaftler aus ganz Deutschland sowie erstmalig auch der Schweiz trafen sich am 24. September zur achten Auflage des Forschungswettbewerbs VOCO Dental Challenge in Cuxhaven. In ihren 15-minütigen Vorträgen präsentierten sie vor kundigem Publikum einschließlich der zahlreich vertretenen Fachpresse die Ergebnisse ihrer jüngsten Studien zu dentalspezifischen Themen und stellten sich anschließend den kritischen Fragen der unabhängigen und prominent besetzten Jury. Diese bestand auch in diesem Jahr aus drei habilitierten Wissenschaftlern: PD Dr. Carola Kolbeck (Oberärztin an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums Regensburg), PD Dr. Andreas Braun (Oberarzt an der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde des Universitätsklinikums Bonn) und Dr. Franz-Josef Faber (Vorklinisches Institut und Technische Propädeutik an der Universitätsklinik Köln). Drei Preisträger aus einem starken Teilnehmerfeld Das Gremium der anspruchsvollen Juroren zeichnete nach eingehenden Beratungen die drei Preisträger aus. Den ersten Platz belegte Dr. Tobias Tauböck (Universität Zürich) mit einem Vortrag zum Thema ›Polymerisationsschrumpfung und Schrumpfungskraft eines dualhärtenden Stumpfaufbaukomposits‹. Indem er sich mit seiner Präsentation für den ersten Platz qualifizierte, bedeutete das für die erstmalig vertretene Schweiz sogar auf Anhieb ›Spiel, Satz und Sieg‹. Den zweiten Platz sicherte sich Marie-Claire Glaßer (Universität Witten-Herdecke) mit ihren Studienergebnissen zu den ›Auswirkungen von Bleichmitteln auf die Oberflächenbeschaffenheit von plastischen Füllungsmaterialien‹. Und Susann Siegmund (Universität Halle-Wittenberg) errang Platz drei mit ihrer Präsentation zum ›Einfluss einer fraktionierten Bestrahlung auf die Mikrozugfestigkeiten verschiedener Dentinhaftvermittler-Kompomer-Kombinationen auf perfundiertem Milchzahndentin‹. Die drei Preisträger behaupteten sich in einem starken Teilnehmerfeld, das mit fachlich überzeugenden und anschaulich präsentierten Beiträgen für ein hohes wissenschaftliches Niveau sorgte. Das Themenspektrum war auch dieses Mal breit angelegt und deckte verschiedene Aspekte der zahnmedizinischen Forschung und Praxis ab. ›Auch in seiner achten Auflage zeichnete sich die VOCO Dental Challenge durch die Bandbreite der Themen, klinisch relevante Fragestellungen und interessante Aspekte der Materialforschung aus‹, so Dr. Martin Danebrock, Leiter Wissenschaftlicher Service und Organisator der Veranstaltung. Neben den wissenschaftlichen Achtungserfolg gesellen sich für die drei Preisträger unter den Finalisten und das sie jeweils unterstützende Team Preisgelder in Höhe von 6.000, 4.000 und 2.000 EURO sowie Publikationszuschüsse von jeweils 2.000 EURO zur Unterstützung ihrer weiteren Arbeit. 86 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Die weiteren
Die VOCO Dental Challenge besitzt als Forschungswettbewerb für junge Akademi-
Finalisten und
ker mit dentalspezifischer Ausrichtung eine hohe Anziehungskraft und hat sich
ihre Themen:
längst als renommierter Forschungswettbewerb zur Förderung und Motivation des
Alina-Dana Langer
wissenschaftlichen Nachwuchses etabliert. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre For-
(München): ›Dentin-
schungs- und Studienergebnisse in professionellem Rahmen und vor fachkundigem Publikum zu präsentieren und sich so auf künftige Vorträge, etwa im Rahmen von wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen, vorzubereiten. Aber auch in anderer Hinsicht erweist sich die VOCO Dental Challenge als ein attraktives Forum für Nachwuchswissenschaftler. So erlaubt sie einen Blick auf den aktuellen Forschungsstand
infiltration verschiedener Adhäsivsysteme‹ Sebastian Hummel (München): ›Experimentelle Ormocere
und gibt Gelegenheit zum Gedankenaustausch und Knüpfen wichtiger Kontakte für
als Basis dentaler
die künftige Forschungsarbeit. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Kompositmaterialien‹
entspricht der Unternehmensphilosophie des mittelständischen, konzernunabhän-
Melanie Sandra
gigen Dentalmaterialherstellers, der eine intensive Forschungs- und Entwicklungs-
Chapat (Homburg):
arbeit in engem Kontakt mit über 150 Universitäten und weiteren Forschungsein-
›In-vitro-Untersu-
richtungen im In- und Ausland betreibt. VOCO-Geschäftsführer Manfred Thomas
chung des Rand-
Plaumann: ›VOCO sieht sich als Partner der Hochschulen. Mit dieser Veranstaltung
schlussverhaltens
und den hier ausgelobten Preisen wollen wir junge Wissenschaftler ausdrücklich ermutigen und einen Beitrag zur Unterstützung der Forschungslandschaft leisten.‹
von Füllungen aus schrumpfungsreduzierten Kompositmaterialien in approxi-
Das Fazit der Preisträger Die VOCO Dental Challenge 2010 hinterließ bei allen Teilnehmern einen nachhaltigen
mal dentinbegrenzten Klasse-II-Kavitäten‹
Eindruck, insbesondere bei den drei Preisträgern. Dr. Tobias Tauböck: ›Ich fand, dass
Maria Dimitrouli
alle Beiträge ein hohes fachliches Niveau zeigten und man merkte, dass sich auch die
(Hannover): ‹Influ-
anderen Teilnehmer viel Mühe gegeben hatten, was man anhand der Präsentatio-
ence of self-adhesive
nen deutlich erkennen konnte.‹ Das schien Dr. Tauböck auch schon im Vorfeld ge-
resin cement on the
ahnt zu haben: ›Ich bin schon mit hohen Erwartungen hierher gekommen und das
push-out strength of
Ziel war es auch, auf einen der ersten drei Plätze zu kommen. Dementsprechend
glass fiber posts”
habe ich versucht, mich mit meinem Vortrag möglichst gut vorzubereiten.‹ Marie-
Maik Wagner (Jena):
Claire Glaßer war dagegen sehr überrascht über ihre Platzierung: ›Da ich bislang noch nie einen Vortrag vor solch einem Publikum gehalten habe und lediglich die Hoffnung hatte, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln, freue ich mich natürlich riesig darüber, dass ich hier gleich den zweiten Platz gemacht habe.‹ Ihr Fazit: ›Das Themenspektrum war sehr breit und die Vorträge zeigten eine immens hohe Quali-
‹Der kariesvorbeugende Effekt von Bifluorid 12 an den ersten bleibenden Molaren unter Berücksichtigung der Zahnge-
tät. Von diesen kann man auch persönlich eine Menge mitnehmen für den klinischen
sundheit der Milch-
Alltag. Auch der Gedankenaustausch mit den anderen Teilnehmern war sehr inter-
molaren”
essant.‹ Susann Siegmund, Drittplatzierte der diesjährigen VOCO Dental Challenge,
Paul Henryk Werner
ist ebenfalls eine glückliche wie überraschte Siegerin: ›Teilnehmer des letzten Jah-
Seelbach (Gießen):
res, auch von der Universität Halle-Wittenberg, haben mir von dem Forschungs-
‹Studie zur Untersu-
wettbewerb erzählt und mich ermutigt, daran teilzunehmen. Zum Glück, denn ich
chung der Tempera-
habe hier wichtige Erfahrungen sammeln können und die Veranstaltung ist eine
turentwicklung tem-
gute Übung für weitere Präsentationen. Die Konkurrenz empfand ich als ziemlich stark und ich habe nicht damit gerechnet, dass ich den dritten Platz mache.‹ Zu guter Letzt wartete auf alle Teilnehmer ein angeregter Ausklang der Veranstaltung sowie eine Fahrt nach Helgoland. un-plaqued No 17 | 87
porärer Kronen- und Brückenmaterialien während der Polymerisation in vitro”
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Es muss nicht immer Medizin sein
– Alternative Berufsfelder im Gesundheitswesen Text Ester Orban
88 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Beim Stichwort Gesundheitswesen denken die meisten Menschen zunächst an Krankenhäuser und die dort beschäftigen Ärzte und Krankenschwestern. Für diejenigen, die im Gesundheitswesen tätig sein wollen, gibt es jedoch eine Menge Alternativen zu den klassischen Medizinberufen.
D
iese Situation beruht mitunter darauf, dass im Laufe des letzten Jahrhunderts Dank des medizinischen Fortschritts und verbesserter Hygiene in der industrialisierten Welt eine Verschiebung von infektiösen Krankhei-
ten hinzu chronischen Erkrankungen stattfand. Heutzutage stellen viele ehemals schwerwiegende Erkrankungen kaum noch ein ernstes Problem dar – mit der Folge, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung ansteigt. Bei gleichzeitig sinkenden Geburtenraten bedeutet dies einen wachsenden Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung. Aufgrund dieses demographischen Wandels sieht sich das Gesundheitswesen verstärkt mit chronischen und langfristigen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Erkrankungen des Bewegungsapparates konfrontiert. Schon heute ver-
schlingen diese einen Großteil der Gesundheitsausgaben. Laut einem Bericht der Bertelsmann Stiftung (2005) werden 80% der Gesundheitsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen von nur 20% der Versicherten verursacht, die eine oder mehrere chronische Erkrankungen haben. Während die Menschen vor nicht allzu langer Zeit ihre Lebensgrundlage sehr oft durch körperlich anstrengendere Tätigkeiten sicherten, dominieren in der industrialisierten Gesellschaft heute Bürojobs mit einer weitestgehend sitzenden und wenig aktiven Tätigkeit den Alltag. Gleichzeitig ist das Angebot an Nahrungsmitteln schier ins Unendliche gestiegen und hat nicht zuletzt durch Fertiggerichte und Fastfood an Qualität verloren. Das Leben im Schlaraffenland bleibt jedoch nicht ohne Folgen, denn Bewegungsmangel und Über- oder Fehlernährung begünstigen Übergewicht und die damit verbundenen Folgeerkrankungen – kurz: die Menschheit wird immer älter, fetter und kränker. Wie kann angesichts solcher Entwicklungen und den zunehmenden Finanzierungsproblemen des Gesundheitswesens ein angemessener Gesundheitsdienst bereitgestellt oder sogar eine Verbesserung der Gesundheit gewährleistet werden? Dies sind zentrale Fragen, mit der sich das in Deutschland relativ junge Fachgebiet der Public Health Forschung (auch Gesundheitswissenschaften) befasst. Im Gegensatz zur Medizin fokussiert sich Public Health nicht direkt auf den einzelnen Patienten, sondern befasst sich überwiegend mit dem angemessenen Management kollektiver Gesundheitsprobleme. Dies kann bestimmte Personenoder Bevölkerungsgruppen, aber auch die gesamte Gesellschaft betreffen. Ziel ist unter anderem herauszufinden, welche psychischen, körperlichen und sozialen Faktoren Gesundheit und Krankheit in der Bevölkerung bedingen. Public Health vereint daher viele verschiedene wissenschaftliche Disziplinen und Methoden. un-plaqued No 17 | 89
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
Die epidemiologische Forschung beispielsweise ist eine der Basiswissenschaften von Public Health. Sie liefert wissenschaftlich fundierte Kenntnisse über die Verbreitungsmuster, Risikofaktoren und Ursachen von Krankheiten in der Bevölkerung sowie über die Wirksamkeit und Effizienz von Interventions- und Therapiemaßnahmen. Mit Public-Health relevanten Fragen wie: Hat man ein höheres Risiko an Leukämie zu erkranken, wenn man in der Nähe eines Mobilfunkmastes lebt? Besteht ein Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Typ-2-Diabetes? Ist es effizient, alle Neugeborenen gegen Hepatitis B zu impfen? befassen sich epidemiologische Studien weltweit. Die Daten werden in standardisierter Weise erhoben und mit Hilfe von statistischen Methoden ausgewertet. Die Ergebnisse der epidemiologischen Forschung sind wesentliche Entscheidungsgrundlagen für Public-Health-Maßnahmen in der Bevölkerung und damit für die Gesundheitsplanung allgemein. Aber auch für das Gesundheitsverhalten der einzelnen Person sind solche Erkenntnisse relevant, da diese es ermöglichen, bestimmte Gesundheitsrisiken abzuschätzen (z.B. Alkoholkonsum). Da die meisten Krankheiten mehrere Risikofaktoren und Ursachen besitzen, besteht eine der hauptsächlichen Herausforderungen der Epidemiologie darin, diese komplexen Zusammenhänge zu entwirren. Weitere wichtige Teilgebiete von Public Health sind Gesundheitsförderung und Prävention. Die Gesundheitsförderung beabsichtigt die Stärkung persönlicher Gesundheitsressourcen und gesundheitlicher Selbstbestimmung (Empowerment). Gleichzeitig werden die Ziele ›Verbesserung der Gesundheit‹ und ›Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten‹ auch auf politischer Handlungsebene in Angriff genommen. Es sollen gesunde Lebensweisen unterstützt, verbesserte Umweltbedingungen geschaffen und eine Gesundheitsinfrastruktur bereitgestellt werden. Ein Beispiel für eine gesundheitsfördernde Maßnahme wäre die staatliche Subvention von Schulobst und die Schaffung eines Bewegung fördernden Schulhofs. Diese Art der Gesundheitsförderung setzt oft bei bestimmten Settings an, wie der Schule oder dem Arbeitsplatz. Eng verknüpft mit der Gesundheitsförderung ist die Prävention. Diese beabsichtigt, gesundheitliche Schädigungen durch gezielte Aktivitäten zu verhindern oder zu verzögern. Das Hauptziel hierbei ist eine Verringerung von Krankheit, Behinderung und frühzeitigem Tod in der Bevölkerung, aber auch der Erhalt von Arbeitsfähigkeit und Selbstständigkeit im Alter. Präventionsmaßnahmen kön90 | un-plaqued No 17
FOREVER YOUNG / ALTERNATIVEN
nen sich sowohl auf das persönliche Gesundheitsverhalten (Verhaltensprävention, z.B. ärztlicher Rat, das Rauchen aufzugeben), als auch auf Veränderungen der Umwelt (Verhältnisprävention, z.B. Einführung von Nichtraucherzonen, Verbot von Zigarettenautomaten auf dem Schulhof) beziehen. Über die bereits genannten Komponenten hinaus umfasst Public Health auch den Bereich Gesundheitsplanung und -management. Heutzutage besteht die Herausforderung in diesem Bereich vor allem darin, das eigene System oder die eigene Institution angesichts von wachsendem Qualitäts- und Kostendruck sowie sich wandelnder Bedingungen anpassungsfähig zu halten. So werden im Bereich der Versorgungsforschung die Kranken- und Gesundheitsversorgung erfasst und darauf basierend Konzepte entwickelt, um beispielsweise dem akuten Ärztemangel vorzubeugen. Weiterhin beinhaltet Public Health die Bereiche Qualitätsforschung, Evaluation im Gesundheitswesen und Qualitätsmanagement. Über Sinn und Unsinn des letzteren lässt sich gut streiten, wie die aktuellen Debatten in den Medien zeigen. Überhaupt kann es sehr schwierig erscheinen, allein anhand von Theorien und Studien die Komplexität eines Gesundheitssystems erfassen zu wollen. Aus diesem und anderen Gründen umfasst ein Public Health Studium (mindestens) ein mehrmonatiges Praktikum oder auch ein ganzes Praxissemester, welches an einer gesundheitsrelevanten Einrichtung stattfinden muss. Für die Studenten ohne Berufserfahrung ist dies eine gute Gelegenheit, Einblicke in verschiedene Bereiche des Gesundheitssystems zu erlangen und gleichzeitig angesichts der vielen Möglichkeiten, die eigenen Berufsvorstellungen zu festigen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, sich nach einem Public Health-Studium beruflich ins Gesundheitswesen einzubringen – man muss sich also nicht zwangsläufig zum Arzt ausbilden, ganz im Gegenteil, manch einer bevorzugt es sicher, weder mit Skalpell noch mit Spritzen hantieren zu müssen. An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass es auch für Mediziner mit oder ohne Berufserfahrung die Möglichkeit gibt, sich zusätzlich im Bereich Public Health weiterzubilden, beispielsweise durch ein zweijähriges Aufbaustudium. Zu den potentiellen Arbeitgebern eines Public Health-Absolventen zählen der Öffentliche Dienst (z.B. Gesundheitsämter), Institutionen für Gesundheitsberatung und Gesundheitsbildung, die Pharmaindustrie, Krankenhäuser, Ärztehäuser, Reha-Zentren, Forschungsinstitute wie das Robert-Koch-Institut in Berlin, aber auch international und weltweit agierende Organisationen wie WHO (World Health Organization). Der Bedarf an Gesundheitswissenschaftlern wächst stetig, weshalb eine Ausbildung im Bereich Public Health gute Chancen für eine individuelle berufliche Karriere im Gesundheitswesen eröffnet.
//
un-plaqued No 17 | 91
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Bruxismus – Störung oder Symptom? Eine Betrachtung des Zähneknirschens aus psychologischer Sicht Text Karen Dobberstein Illustration Steffen Seeger
›Wer heute den Kopf in den Sand steckt, wird morgen mit den Zähnen knirschen.‹ Franz Fischer
92 | un-plaqued No 17
RUBRIK / ALTERNATIVEN
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
In der Alltagspsychologie finden sich die verschiedensten Umschreibungen für Bruxismus, zum Beispiel ›sich durchbeißen‹, ›auf dem Zahnfleisch gehen‹, ›verbissen oder zerknirscht sein‹. Diese Redewendungen des Volksmundes drücken zumeist einen Stresszustand oder die Belastungsreaktion einer Person aus. In der Wissenschaft werden heutzutage vermehrt psychologische Ursachen untersucht, die mit der Ätiologie von Bruxismus zusammenhängen können.
B
ruxismus wird in mindestens zwei Klas-
Dysfunktion) führen bzw. wird Bruxismus auch
sifikationssystemen als Störung aufge-
als Teilsymptom einer CMD angesehen.
führt. Zum einen ist sie im ICSD (Inter-
national Classification of Sleep Disorders) den
Die Intensität und die Dauer der Bruxismusak-
›anderen Parasomnien” zugeordnet und zum
tivität können stark schwanken, wobei typi-
anderen wird Zähneknirschen im Kapitel V (Psy-
scherweise Hunderte von Ereignissen während
chische und Verhaltensstörungen) im ICD-10-GM
der Nacht auftreten, die häufig auch schwerwie-
unter der Kategorie F45.8 (sonstige somatofor-
gende Folgen für das gesamte stomatognathe
me Störungen) geführt. Im ICSD finden sich in
System sowie das Muskel-Skelett-System des
diesem Zusammenhang Hinweise auf mögliche
ganzen Körpers haben, welche den zahnmedizi-
psychologische Ursachen. Es wird einerseits eine
nischen Lesern bekannt sein dürften. Im Beson-
enge Beziehung dieser Störung zu Stress ange-
deren in der alltäglichen zahnärztlichen Praxis
nommen und zum anderen wird eine Verknüp-
zeigt sich die Schwierigkeit der Therapierbarkeit
fung zwischen Angst bzw. Ängstlichkeit und Bru-
von Bruxismus, wenn nach Einschleifen und An-
xismus vermutet.
fertigung einer Miniplastschiene die Beschwer-
Das Lexikon der Psychologie definiert Bruxismus,
den und die Knirschaktivität weiter bestehen.
auch Bruxomanie genannt, als ›Sammelbegriff
Daher ist Bruxismus in den letzten Jahren im-
für exzessives Zähneknirschen und Zähnemah-
mer stärker zu einem psychologisch relevanten
len außerhalb der Kautätigkeit, häufig während
Thema geworden, wobei die psychologischen
des Schlafes‹. Ergänzend wird bemerkt, dass
Aspekte wie Stress und Emotionen mehr in den
Bruxismus auch ohne bewusste Wahrnehmung
Vordergrund und okklusale Aspekte dagegen in
während des Tages möglich ist, was üblicherwei-
den Hintergrund treten.
se eher das Zusammenpressen der Zahnreihen meint, als das in der Nacht häufig mit starken Ge-
Die Bedeutung des Kauapparates geht über die
räuschen verbundene Zähneknirschen. Außer-
Funktionen des Kauens und Sprechens hinaus.
dem wird Bruxismus als Folge und Symptom von
Die Kaumuskulatur und mimische Muskulatur
Übererregbarkeit angesehen. Diese Definition
sind für die verschiedensten menschlichen Ge-
weist somit indirekt auf einen physiologischen
sichtsausdrücke verantwortlich, d.h. die Ge-
Bewältigungsmechanismus bzw. eine physiolo-
fühlslage (z.B. Angst, Trauer, Freude) wird nach
gische Stressreaktion hin.
außen sichtbar und ist als Teil der nonverbalen Kommunikation auch Teil des sozialen Kontaktes
Psyche oder Okklusion?
mit anderen Menschen. Außerdem verfügt das
Allgemein wird eine multifaktorielle Ätiologie
stomatognathe System über eine beachtliche
diskutiert und auch akzeptiert. Bruxismus kann
Sensibilität, die auch durch die großen Reprä-
bei längerem Bestehen zu TMJ/ CMD (Temporo-
sentationsflächen oraler Strukturen im Homun-
mandibular joint disorder/ Craniomandibuläre
kulus verdeutlicht wird.
94 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Knirschen als Stressbewältigung
wie Rauchen, Alkohol, Drogen, Krankheiten und
Es scheint also hilfreich und notwendig eine
Traumen an der Ätiologie von Bruxismus betei-
interdisziplinäre Perspektive für die Diagnose
ligt sein. Die Forschung kommt zu mehrdeuti-
und Therapie von Bruxismus einzunehmen. Aus
gen Ergebnissen, aber alle Beweise zusammen-
der Stressforschung ist bekannt, dass gleiche
gefasst ergeben das Bild, dass Bruxismus eher
externe Belastungen unterschiedliche Beanspru-
zentral als peripher reguliert zu sein scheint. Die
chungsfolgen bei verschiedenen Menschen ver-
Zahl der Literaturbeispiele zeigen die Vielfältig-
ursachen können. Bruxismus scheint ein, wenn
keit auf, mit der das Zähneknirschen betrachtet
auch eher ungünstiger, Mechanismus des Kör-
werden kann.
pers zu sein, Stress auszudrücken oder abzubauen. Slavicek nimmt an, Bruxismus sei eine
Selbsterkenntnis als erster Schritt
Stressbewältigungsfunktion des Kauorgans. Es
Ein weiteres ›Problem‹ bei der wirksamen Be-
konnte beobachtet werden, dass aggressives
handlung von Bruxismus ist die Diskrepanz zwi-
Beißen den durch Stress erzeugten Noradrena-
schen Selbsteinschätzung des Patienten und
linumsatz im Gehirn signifikant reduziert. Der
Fremdeinschätzung durch den Zahnarzt. Erfah-
Kaumuskelaktivität werden positive Funktionen
rungen aus der zahnärztlichen Praxis zeigen,
bei der Reduktion von Stress zugeschrieben. Das
dass manche Patienten sich ihrer Knirsch- oder
Zähneknirschen und -pressen dient demzufolge
Pressaktivität gar nicht bewusst sind. Der Zahn-
als eine Art Notausgang während psychischer
arzt oder die mit in einem Zimmer übernachten-
Belastung und wird als Teil der individuellen
de Person geben oft die ersten Hinweise auf das
Fähigkeit der Stressbewältigung betrachtet.
nächtliche Zähneknirschen. Die Selbsteinschät-
Die Autoren vertreten die Meinung, dass Bru-
zung des Patienten kann von der Wirklichkeit
xismus mit einer funktionstüchtigen Bezahnung
stark abweichen, da wir es heute mehr und mehr
als wertvolle Systemprophylaxe für sämtliche
gewohnt sind, unter Anspannung, Zeitdruck und
so genannte Stresserkrankungen (wie Magen-
Stress zu stehen. Manche Signale des Körpers
darmgeschwüre, Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
werden gar nicht erst wahrgenommen, uminter-
dienen kann. Hier wird deutlich, wie wichtig die
pretiert oder sogar als persönliche Norm aner-
Betrachtung persönlicher Ressourcen und alter-
kannt (›Da musst du dich jetzt durchbeißen!‹).
nativer Stressbewältigungsreaktionen in das
Es lohnt sich auf jeden Fall, den Bruxismus-Pa-
Therapiekonzept des Bruxismus sein kann.
tienten dahingehend anzuregen, seine Selbstwahrnehmung zu schulen, um auf Spannungen
In einem Review-Artikel von Lobbezoo und Naei-
im Kieferbereich aufmerksam zu werden und
je wird den pathophysiologischen Ursachen-
selbst intervenieren zu können. Selbstbeobach-
faktoren für Bruxismus mehr Aufmerksamkeit
tung und Muskelübungen werden unter ande-
geschenkt, als den in der Vergangenheit eher
rem auch als Therapieansatz bei CMD angeführt.
bedeutsamen morphologischen Faktoren, wie
Speziell für Zahnärzte möchte ich hier auf den
okklusalen Diskrepanzen und die Anatomie (der
Artikel von Schulte hinweisen, der schon 1970
Knochenstruktur) der orofazialen Region. Heut-
in der Deutschen Zahnärztlichen Zeitschrift ein
zutage spielen diese Faktoren, wenn überhaupt,
ausführliches und wie sich zeigte, effektives
eine kleine Rolle. Bruxismus scheint durch ver-
physiotherapeutisches Trainingsprogramm vor-
schiedene Neurotransmitter des Zentralnerven-
stellte, dass bei einer Vielzahl der Probanden
systems reguliert zu werden, speziell Störungen
hilfreich war.
im zentralen dopaminergen System werden dis-
Weitere bekannte und im Zusammenhang mit
kutiert. Neben psychologischen Faktoren wie
Bruxismus diskutierte Möglichkeiten, welche die
Stress und Persönlichkeit könnten auch Einflüsse
Kaumuskelaktivität beeinflussen können, sind un-plaqued No 17 | 95
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Belastung
Biofeedbackgeräte, TENS-Behandlung, Hypnose bis hin zu medikamentöser Be-
Externe Stressor; die
handlung, wobei sich in der Literatur mehrere Hinweise auf das Einspritzen von
von außen auf den
Botox in die Kaumuskulatur finden lassen. Auch die Anwendung von Antidepres-
Menschen einwir-
siva und Benzodiazepinen wird zumindest für die kurzfristige Behandlung von
kenden, belasten-
Bruxismus in Erwägung gezogen.
den Bedingungen
So individuell wie unsere Zähne aussehen, so individuell muss an die Behandlung Beanspruchung
von Bruxismus herangegangen werden. Um der Stressbelastung und emotio-
Interne Stressreakti-
nalen Anspannung zu entgegnen, die unter anderem als Ursachenfaktoren für
on; die im Menschen
Bruxismus angeführt werden, kann es hilfreich sein Entspannungsverfahren
stattfindenden
und Stressbewältigungstechniken in ein Therapieprogramm für Bruxismus zu
körperlichen,
integrieren. Neben vielfältigen Muskelübungen, Entspannungstrainings oder
psychische Prozesse
auch Lockerungsübungen aus der Stimm- und Gesangsbildung, die meist auf-
bzw. Wirkungen
rechterhalten werden müssen, um die Hyperaktivität der Kiefermuskeln län-
von Belastungen,
gerfristig zu beeinflussen, scheinen es generelle Grundüberzeugungen zu sein,
Stressoren
die unsere Körperspannung beeinflussen. Fragen wie: ›Wie verbissen bin ich wirklich?‹ und ›In welchen Bereichen meines Lebens fällt es mir schwer locker
Coping
zu lassen?‹ sind mindestens genauso wichtig wie die Entspannungsübungen für
engl.: Bewältigung;
unsere Gesichts-, Kopf- und Nackenmuskulatur.
gemeint sind Maßnahmen mit dem
In dem von Lazarus entwickelten, transaktionalem Stressmodell werden den
Ziel Stress (Stresso-
kognitiven Prozessen, vor allem in Form von bewertenden Wahrnehmungen
ren, Belastungen) zu
und Schlussfolgerungen besondere Bedeutung beigemessen. Wird ein äußerer
bewältigen
Reiz als Stress auslösend eingeschätzt, kann dieser Reiz als Bedrohung, Schaden oder Herausforderung wahrgenommen werden. In der sekundären Bewertung
Transaktionales
erfolgt die Abschätzung der externen und internen Bewältigungsmöglichkeiten
Stressmodell auch interaktionistisches Stresskonzept; schließt die externe Umwelt mit ihren Stressoren ebenso ein wie die interne Stressreaktion der Person (Gedanken, Emotionen, Verhalten)
96 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
und es können Neubewertungen der Stresssituation entstehen. Diese drei Bewertungsprozesse laufen parallel ab und beeinflussen sich gegenseitig. Jemand, der sich als kompetent und fähig beurteilt, eine Situation zu bewältigen, wird auch weniger auf inadäquate Bewältigungsstrategien zurückgreifen. Zum Beispiel könnte das Zähneknirschen als ein Teil des emotionsbezogenen Copings angesehen werden, da anstelle einer lösungsorientierten bzw. problembezogenen Handlung, erst eine emotionsgeladene Anspannung aufgebaut wird, die sich unter anderem über das Zähneknirschen ausdrücken und entladen könnte. In diesem Sinne wird auch das buchstäbliche ›Zähne zeigen oder fletschen‹ bei Mensch und Tier als Ausdruck einer offenen Aggression verstanden. In Anlehnung daran könnte das Zähneknirschen eine Verhaltensweise darstellen, mit der in einer stressigen Situation reagiert wird, in der es sozial unangepasst wäre, seinem Ärger Ausdruck zu verleihen. Bruxismus hilft in solchen Situationen den Stress lieber ›zähneknirschend zu ertragen‹. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bruxismus keine einfach zu bestimmende Störung ist. Obwohl Stress als ätiologischer Faktor anerkannt ist, gibt es große interindividuelle Unterschiede in der Stresswahrnehmung, -verarbeitung und -bewältigung zu geben, die sich auch auf das Knirschverhalten auswirken können. Für Therapeuten wäre es sinnvoll auf diese interindividuellen Unterschiede bei der Intervention von Bruxismus einzugehen. Wie es schon in dem Zitat von Franz Fischer angedeutet wird, geht es beim Bruxismus vielleicht mehr um die Bewältigung stressiger Situationen als um den Stressor an sich. Denn wer heute den Kopf in den Sand steckt, anstatt sich der Problemsituation zu stellen, hat am nächsten Tag auch keine neuen Alternativen, das Leben positiv zu meistern. //
un-plaqued No 17 | 97
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Hypnose – Worte wie Medizin Eine kleine praktische Anleitung für die erste Hypnose Text Christian Leonhardt
98 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Christian Leonhardt Julius-MaximiliansUniversität Würzburg leonhardt_c@klinik. uni-wuerzburg.de www.dgzh.de
In der letzten Ausgabe der un-plaqued wurden die allgemeinen Grundlagen der Hypnose in der Zahnmedizin beschrieben. Hierbei spielt das Wissen um Sinneswahrnehmung des Menschen eine zentrale Rolle, um erfolgreich hypnotisieren zu können. Im Folgenden soll der Fokus auf der praktischen Herangehensweise an die Hypnose liegen und somit den Einstieg in erste eigene Erfahrungen ermöglichen.
F
ür alle, die erst jetzt in das Thema Hypnose einsteigen: Für eine einfache Tranceinduktion wird für die Hypnose häufig eine Frage nach der Sinneswahrnehmung gestellt. Man versucht damit den Sinneskanal der zu hyp-
notisierenden Person zu ermitteln und dahin vorzudringen. Denn jeder Mensch besitzt unterschiedliche Wege und Möglichkeiten, angenehme Dinge in seinem inneren Erleben wiederherzustellen. In der Hypnose-Fachsprache wird dies die VAKOG-Diagnose, V(isuell), A(uditiv), K(inästhetisch), O(lfaktorisch), G(ustatorisch), genannt. Die meisten Menschen sind entweder vom optischen, akustischen oder vom kinästhetischen Typ. Da Hypnose mit Worten funktioniert, ist der auditive Sinneskanal natürlich ständig gefordert. Der Ton macht die Musik Wie in vielen anderen Situationen des Lebens auch, sind Tonlage und Sprachwahl in der Hypnose sehr entscheidende Einflussfaktoren. Für viele Aspekte könnte somit in der Hypnose der Leitspruch gelten: der Ton macht die Musik. Studien belegen, dass Hypnose sogar dann funktioniert, wenn der zu Hypnotisierende eine andere Sprache spricht. Dabei gilt für die Sprachwahl in erster Linie: Ruhe vermitteln, langsam sprechen und bewusst darauf achten, dem Atemrhythmus des Patienten angepasst zu sprechen - beim Einatmen ruhig, bei Beginn des Ausatmens mit der Stimme von oben bis zum Ende des Ausatmens die Stimme senkend. Allein dies setzt bereits einen sogenannten ›Anker‹. Auf diese Weise werden geschaffene Erinnerungen ins Bewusstsein gerufen oder bereits vorher gesetzte Anker induziert. Viele Menschen sehnen sich nach Ruhe und Entspannung, insbesondere während der Stresssituation einer Zahnarztbehandlung. Durch die geeignete Stimmwahl kann eine entsprechende Atmosphäre und im Zuge dessen die Basis für eine Tiefenentspannung geschaffen werden. Die Kinästhetik spielt in gleicher Weise eine bedeutende Rolle in der Hypnose. un-plaqued No 17 | 99
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Niemand bestreitet, dass ruhige und sanfte Be-
ßenstehende ist Hypnose etwas Übersinnliches,
rührungen als angenehm empfunden werden. In
etwas, das gerne belächelt oder vielleicht sogar
der Hypnose ist das ähnlich. Dabei gilt es aller-
mit Argwohn betrachtet wird. All diejenigen
dings Folgendes zu beachten: Berührungen wie
aber, die schon einmal Trance erleben durften,
Streicheln, Wischen, und häufiges Umfassen sind
wissen, dass es keinerlei Gründe für diese Skep-
zu unterlassen. Sucht Euch einen Punkt aus, zum
sis gibt.
Beispiel Schulter, Nacken oder Bauch und nehmt
Eine schlechte Nachricht für alle Skeptiker ist die
einen sanften und stabilen Kontakt zum Patien-
Tatsache, dass sich jeder schon in hypnoseähnli-
ten ein.
chen Zuständen befunden hat. Es gibt viele Beispiele für unbewusste Trancen: die Autofahrt-
Vor allem im Schulterbereich kann man zusätz-
rance oder auch die Lerntrance sind hierfür nur
lich aktiv die Atmung des Patienten unterstüt-
einige Beispiele. Mittlerweile wurde jedoch auch
zen. Das Einatmen wird unterstützt, indem der
nachgewiesen, dass es Menschen gibt, die nur
Druck leicht gemildert und das Ausatmen er-
schlecht durch Außenstehende hypnotisierbar
leichtert, indem der Druck leicht verstärkt wird.
sind. Dies betrifft allerdings nur ca. 5-10% der Be-
Dieses Gefühl des leichten Drucks vermittelt eine
völkerung. Alle anderen sollten keine Probleme
gewisse Nähe, und innere Ruhe.
dabei haben, verhältnismäßig leicht in einen Trance ähnlichen Zustand zu gehen.
Eine Frage der Phantasie In der Hypnose ist jeder Mensch seiner Phanta-
Drei Worte zur Trance
sie überlassen. Gerade Kinder sind aufgrund ih-
Wie kann ein der Trance-Inhalt für einen Men-
rer nahezu unendlichen Phantasie sehr gut ge-
schen aussehen? Wichtig ist, dass Trance durch
eignete Patienten. Und in der Tat – auch
die individuelle Phantasie des zu Hypnotisieren-
Erwachsene werden unter Hypnose durch die
den erreicht wird und durch den Behandler le-
Herausforderung ihrer Phantasie – wenn auch
diglich angeregt wird. Ganz einfach für die ers-
nur gefühlt – um Jahre jünger. Wer würde nicht
ten Übungen, auch mit sich selbst, ist die
gerne eine so ausgeprägte Phantasie wie als
3-Worte-Induktion. Die Fragen hierzu könnten
Kind haben wollen? Vielleicht unterstützt uns die
lauten:
Atmosphäre aus Klängen, Stimmen und Tönen
›Was fällt Dir ein, wenn Du an ein sehr schönes
und das Gefühl eines leichten Drucks auf der
Erlebnis denkst‹
Hand auf diesen Phantasiewegen und vermittelt
›Mit welchen 3 Worten kannst du dieses Erlebnis
gleichzeitig ›Du bist nicht allein.‹
am besten beschreiben‹
Ist die entspannte Grundatmosphäre einmal geschaffen, beginnt der interessante Teil der Hyp-
Dabei können sich diese Erinnerungen individu-
nose, der eigentliche Tranceinhalt. Für viele Au-
ell von im Bett-Liegen bis hin zu schönen Erleb-
100 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
nissen und Funsportarten alles Mögliche sein. Lasst eurem Gegenüber Zeit, sich Gedanken zu machen - er überlegt sich diese Worte sehr genau. Falls dabei drei Worte genannt werden, die für Euch keinen Zusammenhang ergeben, spielt das keine Rolle. Hinterfragt diese Wörter nicht, sondern nehmt sie als selbstverständlich an, denn es sind persönliche Erinnerungen! Nachdem sich der Patient in eine angenehme Sitz- oder Liegeposition begeben hat, könnt ihr ganz einfach mit der Hypnoseinduktion beginnen. Für den Anfang ist es am einfachsten den Patienten zu fragen, ob er dieses schöne Erlebnis lieber mit geöffneten oder geschlossenen Augen erleben will? Falls sich die Augen schließen, wird der Patient sofort sein Bild vor Augen haben. In diesem Moment ist er bereits in Trance! Falls er die Augen geöffnet lässt, macht Ihr einfach weiter und gebt ihm die Möglichkeit, dass er seine Augen schließen kann, wann immer er glaubt, dass die richtige Zeit dafür gekommen ist. Falls während der Hypnose die Augen wieder aufgehen sollten, ist das sogar ein gutes Zeichen, denn wir wissen so, dass der Patient noch bei uns und nicht vollkommen in seinen Erinnerungen abgetaucht ist. Dieses Augenöffnen, in der Fachsprache Utilisieren genannt, kann sogar für eine Vertiefung der Trance genutzt werden. Mit Sätzen wie: ›Genau- schau dich um und sieh, dass hier alles in Ordnung ist und wir auf dich aufpassen. Und wenn du wieder in dein schönes Erlebnis zurückkehren willst, dann kannst du die Augen wieder schließen‹ wird der Entspannungszustand und das Sicherheitsgefühl des Patienten zusätzlich verstärkt. Die Freiheit der Gedanken In der Modernen Hypnose nach Milton Erickson ist es wichtig, dass dem Patienten viel Freiheit in der Gestaltung seiner Gedanken gelassen wird. Direkte Ausdrücke wie ›Du wirst spüren‹ dürfen nur in Zusammenhang mit einem wirklich vorhandenen Gefühl genutzt werden. Die Gefahr, Widerstände beim Patienten auszulösen ist dabei relativ hoch. Falls ihr die Gedanken lenken wollt, nehmt eher Ausdrücke, wie ›vielleicht‹ und ›es kann sein‹. Diese Formulierungen wirken eher inspirativ als aufdringlich. Falls man doch in eine bestimmte Richtung gehen möchte, zum Beispiel um negative Gedanken eines Dystrance in eine Eutrance zu wandeln, sollte man eine Art Verknüpfungsmethode nutzen. Dabei wird etwas sehr wahrscheinliches, was der Patient bereits spürt oder in sich wahrnimmt dazu genutzt, um einen neuen Gedanken zu setzen (Fachbegriff: Suggerieren). ›Je mehr du in deiner Trance wahrnimmst, desto stärker kannst du dich auf (...) konzentrieren‹. un-plaqued No 17 | 101
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Ist man bei diesem Punkt angekommen, wird man bereits vielfältige Veränderungen bei seinem Gegenüber feststellen können. Es ist wichtig zu begreifen, dass Hypnose nicht per Knopfdruck ein- und ausgeschaltet werden kann, sondern ein Zustand ist, bei dem Körper und Geist des Patienten auf Reize reagieren. Die Signale und die Körpersprache des Patienten sollten also über den gesamten Hypnosezeitraum beobachtet und gegebenenfalls darauf reagiert werden. Im vorangegangenen Artikel wurden bereits verschiedene Trancephänomene beschrieben: •
Zeitverzerrung (die Person hat keinen direkten Bezug mehr zur Zeit)
•
Veränderte Körperwahrnehmungen (die Person verspürt äußere Reize in verminderter Form Form: Analgesie, Anästhesie)
•
Katalepsie (eine Körperstarre oder die Starre einzelner Körperteile - in der Zahnmedizin empfiehlt sich dabei die Handkatalepsie)
•
Ideomotorische Bewegungen: eine Bewegung, die rein durch das Denken an die Bewegung ausgelöst wird
•
vegetative Veränderungen: Verlangsamung des Pulses; Muskelentspannung; verlangsamte und tiefere Atemzüge
Beobachtet man diese Zeichen, kann man bereits beginnen, die Hypnose in gewisse Bahnen zu lenken. Lasst Euer gegenüber etwas in seiner Phantasie erleben, denn derartige Stimulationen wirken trancevertiefend. Versucht dabei nicht, die Führung der Phantasie vom Patienten weg zu nehmen, sondern fördert ihn eher darin seine eigene Phantasie detaillierter zu gestalten und damit intensiver zu erleben. Nicht umsonst gilt auch hier der allgemeine psychologische Grundsatz: Wer fragt - der führt. Fragen wie: ›Kannst du vielleicht noch andere Dinge feststellen? Geräusche - Farben - Umrisse - Bewegungen?‹ fördern genau diese Verfeinerung und Verstärkung des Trancezustandes. Denn, der Phantasie des Menschen sind dabei keine Grenzen gesetzt. Die Dehypnose ist der Weg aus der Trance zurück in die Gegenwart. Dieser kann sehr vielfältig geschehen. Für den Einstieg ist es vorteilhaft, wenn man den Patienten in seinem Zeitgefühl von 10 auf 0 rückwärts zählen lässt. Ritualähnlich gefühlte Suggestionen, dass man bei ›vier‹ den Körper komplett entspannt, bei ›drei‹ tief Luft holt, bei ›zwei‹ die Augen öffnet, sich bei ›eins‹ streckt und bei ›null‹ wieder hellwach im ›Hier und Jetzt‹ ist, ergeben eine hohe Sicherheit für den Patienten bei seinem Weg zurück in die Gegenwart. Häufig stellt man fest, dass viele Patienten auf Grund des individuellen Zeiterlebens und der Zeitverzerrung wesentlich länger dazu benötigen als erwartet. Was nicht geschehen darf, ist den Patienten vorzeitig aus der Trance zu holen, ihn wach zu schütteln oder gar aus der Trance heraus zu reißen. Nach der Dehypnose befindet sich der Patient in einer posthypnotischen Trance, in der er hochsensibel für sogenannte ›posthypnotische Suggestionen‹ ist. Man kann dem Patienten mit auf dem Weg geben, dass er immer wieder in einen solchen ›angenehmen Zustand‹ gehen kann, wenn er dazu die Möglichkeit besitzt. Für all diejenigen, deren Interesse an der Hypnose geweckt wurde: Versucht Eure ersten Schritte! Für solche, die sich darin fortbilden wollen, bietet die Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH e.V.) eine fundierte Ausbildung für Hypnose und Kommunikation an. // 102 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
un-plaqued No 17 | 103
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Die Applied Kinesiology (AK)
in der Zahnmedizin
Text Dr. Margit A. Riedl-Hohenberger, Dr. Rudolf Meierhรถfer, Dr. Ulrich Angermaier
104 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
2. Teil
N
achdem in der letzten Ausgabe der un-plaqued (#16, Ethik) die Grundlagen der Applied Kinesiology-Testung erläutert wurden, wird sich dieser Teil mit den spezifischen Anwendungsmöglichkeiten in der Zahnheilkun-
de beschäftigen. Der Materialtest Kaum eine andere Berufsgruppe bringt dauerhaft so viele unterschiedliche Materialien in den Körper ein wie wir Zahnärzte. Jede ärztliche Fachrichtung hat mit Krankheitsbildern zu tun, die ihre Ursachen in unverträglichen zahnmedizinischen Werkstoffen haben. Auf Grund der immer stärker zunehmenden Materialunverträglichkeiten bzw. Sensibilisierungen auf Zahnwerkstoffe, sollte es für den verantwortungsvoll tätigen Zahnarzt conditio sine qua non sein, bereits im Vorfeld gezielt abzuklären, ob pathologische Reaktionen auf das neu einzubringende oder bereits inkorporierte Zahnersatzmaterial zu erwarten sind. Um dem Patienten unliebsame Folgen durch immunologische Abwehrreaktionen zu ersparen, sollte bedacht werden, dass jedes unverträgliche Material einen Trigger für chronische Entzündungen darstellen kann, da es Wechselwirkungen mit dem Organismus, aber auch mit allen sich bereits im Körper befindlichen Fremdmaterialien eingeht. Dadurch können entzündliche Reize ausgelöst oder bereits bestehende Erkrankungen beschleunigt und verstärkt werden. Mit der AK existiert eine schnelle, einfache und reproduzierbare Möglichkeit, sich dieser Materialfrage sowohl präventiv, als auch kurativ zu nähern. Zusätz-
lich können die Ergebnisse auf diese Weise sehr gezielt und damit kostensparend durch entsprechende Laboruntersuchungen schulmedizinisch untermauert werden. Vorgehensweise bei der Testung von neu in den Mund einzubringenden Materialien Die Materialien, die verarbeitet werden sollen, werden in der Form, wie sie später in den Mund eingebracht werden, gemäß den Produktvorschriften hergestellt und getestet. Kunststoffe müssen mit allen dazugehörigen Haftvermittlern und Bondingsystemen polymerisiert, Metalllegierungen vergossen und je nach Bedarf mit Keramik oder Kunststoff und allen Zusatzstoffen verarbeitet werden. Für den Vortest wird das zu testende Material 30-60 sec. in den Mund des Patienten auf die Zunge gelegt. Wenn der normoreaktive Indikatormuskel nach Expositionszeit immer noch normoreaktiv (d.h. keine Tonusänderung) bleibt, bedeutet dieses Ergebnis, dass das getestete Material zum Zeitpunkt der AK-Testung für den Patienten individuell verträglich ist. Jede Änderung aus der Normoreaktion weist dagegen auf eine Unverträglichkeit des zahnärztlichen Werkstoffes hin. Um Allergien Typ IV (Spätreaktion) auf diese zahnärztlichen Materialien zu vermeiden, werden dem Patienten die individuell verträglich getesteten Materialien un-plaqued No 17 | 105
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
mit nach Hause gegeben. Nichtallergiker werden
nach Material über Speichel-, Blut-, Stuhl- oder
angehalten, die Proben mindestens 7 Tage täglich
Urinanalyse zu verifizieren.
5 -10 Minuten (Allergiker 14 Tage) in den Mund zu nehmen und den Speichel zu schlucken. Durch
Materialunverträglichkeiten werden durch Im-
diesen Kontakt kann die immunologische Körper-
munmechanismen vor allem des Typs I (Sofort-
reaktion erfolgen. Sollten Materialien jedoch ein
typ) und Typ IV (Spättyp) nach Coombs und Gell,
Zungenbrennen, ein Taubheitsgefühl oder ande-
sowie durch Mechanismen der pseudoallergi-
re Symptome auslösen, ist der Patient instruiert,
schen Aktivierung von Entzündungs- und
wegen erhöhter Sensibilisierungsgefahr das Ma-
Schmerzmediatoren verursacht. Zusätzlich kann
terial nicht mehr in den Mund zu nehmen.
auch eine mengenabhängige toxikologische Be-
Wenn nach 7-14 Tagen keine Dysreaktion im AK
lastung vorliegen.
Test auf die Provokation mit dem zu überprüfenden Material auftritt, ist in Fällen von chemi-
Labordiagnostik in Ergänzung zur AK
scher Sensitivität und anderen Fällen eines hy-
Allergien des Typ IV können mittels Lymphozy-
perreagiblen Immunsystems trotz individueller
tentransformationstest (LTT) erfasst werden.
Verträglichkeit zusätzlich eine spezielle Labordi-
Bei der Effektorzelltypisierung (EFTYP) können
agnostik (LTT, EFTYP, oder BDT) mit in Frage kom-
Typ I Allergien, sowie bestimmte pseudoallergi-
mendem Nativmaterial empfehlenswert.
sche Reaktionen festgestellt werden. Bei Allergenen des Typ I (speziell Acrylate, WF-Material,
AK Testung bei Verdacht auf Unverträglich-
Lokalanästhetika) erfolgt der Nachweis mittels
keit von im Mund befindlichen Materialien
basophilem Degranulationstest (BDT). Toxikolo-
Bereits im Mund befindliche Materialien können
gische Belastungen können durch DMPS-Test
nur mit homöopathisch aufbereiteten Testprä-
oder Speichelanalyse nachgewiesen werden.
paraten (potenzierte dentale Materialien) auf
Die Sensibilisierung auf organische Abbaupro-
individuelle Unverträglichkeit überprüft wer-
dukte wie Mercaptane und Thioether kann mit-
den. Soweit Isopathika der Fertigmaterialien
tels Zytokinanalysen, eine Graduierung der indi-
oder auch der Einzelstoffe zur Verfügung stehen,
viduellen Entzündungsprädisposition mittels
wird gegen einen dysreaktiven Muskel oder ge-
des IL -1 und TNF- α Genpolymorphismus abge-
gen eine positive Therapielokalisation (TL), die
klärt werden. Hauttests, wie Epikutantest oder
möglichst funktionell der symptomatischen Re-
Intracutantest (Typ IV) sind wegen Sensibilisie-
gion zugeordnet sein sollte, getestet (z.B. sub-
rungsgefahr und einer geringen Reproduzier-
mandibuläre Lymphknoten).
barkeit nicht zu empfehlen.
Das in Verdacht stehende potenzierte Material
Bei der Diagnostik einer Titan- ݆berempfind-
in D6 bis D30 wird dabei mit der Haut des Patien-
lichkeit‹ sollte auf Grund der spezifischen Be-
ten in Kontakt gebracht. Der Verdacht ist erhär-
sonderheiten des Metalls der LTT-Titan (Nach-
tet, wenn dadurch eine Normoreaktion mög-
weis einer Sensibilisierung auf Implantatme-
lichst mehrerer dysreaktiver Muskeln eintritt,
talle) und der Titanstimulationstest (Nachweis
bzw. die positiven Therapielokalisationen aufge-
einer hyperinflammatorischen Zytokinantwort
hoben sind.
auf Titanoxid) durchgeführt werden.
Vor invasiver Entfernung solch störender Materialien muss immer eine labormedizinische Absi-
Testung von Infektionen und Pathologien
cherung der Verdachtsdiagnose erfolgen. Denn
(Herde)
diese kann eine Allergie und die tatsächliche Ak-
Mit AK können potentielle Störherde (z.B. Nar-
tivität des allergischen Geschehens schulmedizi-
ben oder versteckte chronische Entzündungen)
nisch belegen. Ein toxikologischer Verdacht ist je
identifiziert, sowie eine möglichst wirksame
106 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Therapie gefunden werden. In der Zahnmedizin
Dabei ist zu beachten: Nicht jedes Störfeld ist ein
ist z.B. die Fragestellung von möglichen ›beher-
Herd, aber jeder Herd ist ein Störfeld.
deten‹ Zähnen schwierig, da radiologische Veränderungen erst ab einer gewissen Destruktion
Die Übersichtstestung einer Belastung erfolgt
der ossären Strukturen sichtbar werden. Hier
mit Therapielokalisation (TL) oder Challenge
bietet die Applied Kinesiology eine großartige
(CH) an verdächtigen, abzuklärenden Körpera-
Hilfestellung für den behandelnden Zahnarzt,
realen (Zähne, Narben Körperhöhlen, Kiefer-
sowohl im Hinblick auf Erhaltung oder Extrakti-
leerstellen etc.). Mit Hilfe von Nosoden wie Kie-
on einzelner Zähne, als auch über die Behand-
ferostitis, gangränöse Pulpa, Sinusitis etc. gegen
lung von Kieferleerstrecken.
die positive TL/CH getestet, ist es möglich, über
Den endogenen Störfeldern und bakteriellen
die Tonusänderung des Testmuskels die Art des
Herden im Zahn-, Mund- und Kieferbereich
odontogenen Herdgeschehens festzustellen. So
kommt eine besondere pathogene und damit
lässt sich mittels Nosodentestung an diesen
therapeutische Bedeutung zu, die in der Praxis
Punkten auch die häufige Fragestellung diffe-
oft unterschätzt wird.
rentialdiagnostisch schnell abklären, ob z.B. ein
Es handelt sich dabei meist um potentielle Stör-
Schmerz im Bereich der oberen Molaren dento-
felder, die lange als stumme Belastungen für den
gen oder durch eine Sinusitis verursacht ist.
Organismus vorhanden sein können. Durch die lange Wirkungsdauer wird die Regulationsfähigkeit und auch die Stoffwechselleistung zunehmend belastet. In der Folge kann bereits durch die Reduzierung der körpereigenen Abwehrkräfte und mit dem Zusammenbruch der lokalen Abwehrschranke durch endogene und exogene Faktoren aus diesem potentiellen Störfeld ein aktives Herdgeschehen werden, das sowohl ad loco als auch über Fernwirkung an Organen manifest werden kann. Die Ausdehnung wechselt unter Einfluss von Sekundärbelastungen und ist, je nach Konstitution und Vorbelas-
Zahnherdtestung mit Therapielokalisation (TL) im Wurzel-
tung verschieden.
bereich mittels Kugelstopfer an einem abzuklärenden, ver-
Aus Sicht der ganzheitlichen Zahnheilkunde können Zähne
mit
chronisch
entzündeter
dächtigen Zahn.
Pulpa,
verlagerte Zähne, Wurzelreste, Zysten im Kieferbe-
Aufgabe einer speziellen Herddiagnose ist es ab-
reich, Fremdkörper im Kieferbereich (Implantate),
zuklären, ob zwischen dem Symptombereich
individuell unverträgliche dentale Materialien,
(Gelenk, Organ) und der verdächtigten Ursache
chronische Kieferentzündung (‹Restostitis”), Kno-
(Zahn, Tonsille) ein Zusammenhang besteht.
chentaschen (marginale Parodontitis), Narben, de-
Mittels AK erfolgt dies durch die sogenannte
vitale Zähne, Wurzelspitzen resizierte und endo-
›Doppeltherapielokalisation‹. Heben sich zwei
dontisch versorgte Zähne durch bakterielle
positive ›Berührungs-Challenges‹ beim Test ge-
Infektion und Abwanderung von Toxinen ossär, lym-
genseitig auf, so ist der ursächliche Zusammen-
phatisch, immunologisch, vasal, endokrin, vegeta-
hang zwischen Herd und peripherer Schmerz-
tiv-nerval und meridianspezifisch auf die Regulati-
Entzündungsstelle sehr wahrscheinlich. Die
onsfähigkeit des gesamten Organismus einwirken,
weitere Diagnoseabsicherung ist mittels einer
diesen stören und blockieren.
probatorischen Neuraltherapie - auf individuelle un-plaqued No 17 | 107
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Verträglichkeit getestet - möglich. Dabei ist meist
mittel, die die Tonusänderung aufheben, d.h.
die temporäre Ausschaltung der Ursache einer
den Testmuskel wieder normoreaktiv machen,
strukturellen oder organischen Dysfunktion
fehlen individuell bei diesem Patienten und wer-
möglich. Dies entspricht einer unspezifischen
den substituiert. Ähnlich lässt sich auch eine Pilz-
Regulationstherapie. Die Beschwerden (Fern-
belastung in der Zahnfleischtasche feststellen
wirkung) können, solange die Betäubung anhält,
und das notwendige Therapeutikum austesten.
ausgeschaltet werden. Dadurch lassen sich dem Patienten die Zusammenhänge: ›Was kann man durch Sanierung erreichen‹, sehr eindrucksvoll darstellen. Wir haben dadurch die Möglichkeit die Diagnose zu verifizieren. Nach den Untersuchungen von Voll, Kramer und Gleditsch bestehen über das Meridiansystem empirische Zusammenhänge zwischen Zähnen und Organen. So können z.B. entzündlich veränderte Frontzähne Störungen an Niere und Blase, beherdete Molaren z.B. Dysbiosen auslösen.
AK Heilmitteltest während Sondierung einer parodontalen Tasche
Einsatz der Applied Kinesiology bei der Ganzheitlichen Parodontalbehandlung
Diese individuelle, nach AK – Testung durchge-
Alle Befürworter einer ganzheitlichen Parodon-
führte Substitutionstherapie erweist sich im Zu-
talbehandlung substituieren als Begleittherapie
sammenhang mit dem üblichen parodontologi-
Vitamine, Spurenelemente, Phytotherapeutika
schen Procedere seit vielen Jahren in unseren
oder homöopathische Substanzen. Die positiven
Praxen als außergewöhnlich erfolgreich und ist
Wirkungen dieser Substanzen auf den gesamten
labormedizinisch verifizierbar. Allerdings soll-
Körper und den Zahnhalteapparat sind heute im
ten dem Therapeuten die Zusammenhänge in
Detail bekannt. Sicher ist es sinnvoll, dem Körper
der Orthomolekularen Medizin bei Anwendung
für mögliche Reparaturmechanismen an der er-
dieser Therapie bekannt sein.
krankten Struktur alle notwendigen Bausteine zur Heilung und zum Knochenaufbau zur Verfü-
AK bei craniomandibulären
gung zu stellen. Die AK bietet hier die Möglich-
Dysfunktionen (CMD)
keit, die individuell fehlenden Stoffe auszutes-
Mit den Untersuchungstechniken TL und Chal-
ten,
mittels
lenge bietet die AK eine einfache, schnelle und
›Gießkannenprinzip‹ mit allen möglichen Subs-
bei korrekter Durchführung zielführende Me-
titutionen überschüttet wird. Gerade durch den
thode bei der Diagnose craniomandibulärer
Antagonismus bei Vitaminen und Spurenele-
Dysfunktionen, aber auch bei der Differenzie-
menten kann durch ein solches Vorgehen mehr
rung eventueller Folgewirkungen wie Gesichts-
Schaden als Nutzen entstehen.
schmerz, Kopfschmerz, Migräne, Tinnitus, Legas-
Die Testung erfolgt drucklos mit einer Parodon-
thenie, Hyperaktivität oder Schmerzen am
talsonde in einer tiefen Zahnfleischtasche über
Bewegungsapparat. Natürlich stehen auch hier
einen normoreaktiven Testmuskel, der durch
die eingehende Anamnese, Inspektion, Palpati-
diese Therapielokalisation seinen Tonus verän-
on, aber auch die gesamte oral-orthopädische
dert. Alle in Frage kommenden Substanzen wer-
und die orientierende gesamtorthopädische
den nun auf der Zunge getestet. Diejenigen Heil-
Untersuchung im Vordergrund.
sodass
der
Patient
nicht
108 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Zahn-Organ-Beziehung im Ober- und Unterkiefer
Niere / Blase
Leber / Galle Lunge / Dickdarm
Magen / Milz -Pankreas
Herz / D端nndarm
Lunge / Dickdarm
Magen / Milz -Pankreas
Leber / Galle Niere / Blase
un-plaqued No 17 | 109
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Als Minimalprogramm wird eine Serie mechani-
dontologie) sowie CMD Problemen können viele
scher Challenge-Formen durchgeführt:
zusätzliche Erkenntnisse über das Reaktionsverhalten des Patienten mit Hilfe der AK offenbart
•
Leichter und fester Biss in IKP
werden. Darüber hinaus entsteht fachübergrei-
•
Öffnungs- und Lateralbewegungen
fend durch eine gemeinsame Untersuchungs-
•
Protrusion und Retrusion
technik auch eine gleiche Sprache und somit eine erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit
Aus der Art der Challenge-Formen, die einen po-
zum Wohl unserer Patienten.
sitiven Challenge ergeben, können Rückschlüsse
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche An-
auf die gestörten Strukturen des stomatogna-
wendung der AK in der Praxis ist eine umfassen-
then Systems gezogen werden. Eine dreidimen-
de Ausbildung in der streng klassischen Metho-
sionale Veränderung der Bisslage kann sofort
de der Muskeltestung, das Erlernen der im
nachgetestet werden und so Hinweise für die
Körper zusammenwirkenden Systeme, das Wis-
notwendige Umstellung der Unterkieferlage bei
sen um ganzheitliche medizinische Zusammen-
einer eventuell notwendigen Schienenbehand-
hänge sowie ein Überblick über Naturheilver-
lung geben. Auf diese Weise werden auch die
fahren. Techniken der Manuellen Medizin sowie
eingegliederte Schiene und ihre Auswirkung auf
der craniosacralen Therapie lassen sich ideal in
das gesamte craniosacrale System überprüft.
die AK integrieren und sind deshalb wichtige Bausteine im Rahmen der Ausbildung.
Weitere Anwendungsgebiete
Der gezielte Einsatz verschiedener Diagnosever-
Die Applied Kinesiology bietet dem zahnärztli-
fahren, sowie die Interpretation der Ergebnisse
chen Behandler ein weites Feld, sein Diagnose-
und deren klinische Umsetzung erfordern einen
und Therapiespektrum zu erweitern. So lassen
engen Dialog zwischen Zahnärzten, Ärzten an-
sich alle Heilmittel, die bei der Schmerzbehand-
derer Fachrichtungen unter anderem auch Um-
lung oder auch als Begleitbehandlung nach ope-
weltmedizinern und Dental- und Diagnostikla-
rativen Eingriffen verordnet werden, auf Ver-
bor. Zukünftig
träglichkeit und Wirksamkeit austesten.
Behandlung unserer Patienten, eine intensive
Darüber hinaus seien hier die Okklusionsprü-
interdisziplinäre
fung bei Füllungen oder prothetischen Arbeiten
ständlich sein. Dadurch ließen sich einerseits bei
genannt, sowie die Auswirkung kieferorthopä-
der diagnostischen Abklärung Wiederholungs-
discher Apparaturen inkl. aller verwendeten
untersuchungen vermeiden und andererseits
Materialien. Die sogenannte Doppeltherapielo-
therapeutische Wege abstimmen und damit in-
kalisation (Doppel-TL, DTL) ergibt die Möglich-
tensivieren.
sollte, für
eine
Kommunikation
optimale selbstver-
//
keit, die Zusammenhänge von gefundenen Störfeldern mit erkrankten Organen und belasteten Strukturen festzustellen und zielführend zu behandeln. Zusammenfassung Neben den aufgezeigten Möglichkeiten der AK
Internationale Ärztegesellschaft für Applied Kinesiology
Testung bestehen viele Einsatzmöglichkeiten in
(IMAK) - www.imak.co.at
der Zahnmedizin. Von der Materialtestung bei
Deutsche Ärztegesellschaft für Applied Kinesiology
der ZE Herstellung über die Verifizierung von La-
(DÄGAK) - www.daegak.de
boruntersuchungen bis hin zur Abklärung von
International College of Applied Kinesiology- Österreich
Infektionen und Herden (Endodontologie, Paro-
(ICAK-A) - www.icak.at
110 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Der Internationale AK Kongress in Berlin 336 Teilnehmer aus 19 Ländern trafen sich vom 17. - 19.09.2010 unter dem Motto ›a working vision – Erfolg einer Idee‹ zum interdisziplinären Gedankenaustausch erstmals in der deutschen Hauptstadt. Unter den Teilnehmern, die größtenteils Praktiker aus den verschiedensten medizinischen Fachgebieten sind, befanden sich in diesem Jahr auch einige junge Zahnmediziner. Der gut besuchte Vorkongress wurde von dem Vortrag des Umweltmediziners Dr. Joachim Mutter eröffnet. Er sprach äußerst engagiert über Mangelernährung, lebenswichtige Nährstoffe und unbemerkter Dauerbelastung durch Gifte und Strahlungen, welche zunehmend in der Umwelt vorhanden sind. Diese können zur Schwächung der Regulationsfähigkeit des Körpers führen, was den Nährboden zur Ausbreitung von Infektionen bieten kann. Ein kostenfreier Einführungskurs wurde von Zahnarzt Dr. Rudolf Meierhöfer und Frau Dr. Margit A. RiedlHohenberger gehalten und besonders von den jungen Zahnmedizinern interessiert aufgenommen. Theoretisch und praktisch demonstrierten sie die vielen Möglichkeiten der AK in der Diagnostik und Materialtestung, denn gerade in der Zahnmedizin werden besonders viele Fremdstoffe dauerhaft in den Körper eingebracht. Einige ›Mutige‹ konnten ihren Beckenschiefstand oder auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten live vor dem Publikum testen lassen und sich davon überzeugen, wie die AK Wissenschaftlichkeit mit den manuellen Fähigkeiten eines Arztes verknüpft. 42 Vorträge in 3 Tagen boten eine enorme Vielfalt wissenschaftlicher Themen, forderten aber auch die Kondition der Kongressteilnehmer. Ein besonderes Highlight war der Vortrag von Prof. Dr. Frank Bittmann von der Uni Potsdam. Er referierte über die neueste Grundlagenforschung zum Muskeltest und erweiterte das Bild über Muskeln weit über die simple Krafterzeugung hinaus. Er zeigte, wie ein Muskel oszilliert, in verschiedenen Frequenzen arbeitet, Wellen produziert, die man sogar hörbar machen kann. Faszinierend vor allen für die Zahnärzte war, wie eng die Zahnmedizin und Sportmedizin miteinander verbunden sind. Dr. Jochen Gruber sprach über AK im Leistungssport und Herdgeschehen aus sportmedizinischer Sicht. In Zusammenarbeit mit einem ZA diagnostizierte der Mediziner Störfelder im Kiefer-Gesichtsbereich und konnte durch nachfolgende Behandlung die Leistung von Profifußballern deutlich steigern. Einen breiten Raum nahmen Vorträge zur chemischen Seite der Triad of Health ein, wie Gastroenterologie, AK Konzepte zur Entgiftung, physikalische Grundlagen der Nosodentestung, Darmflora u. Laktofermentation, Diagnose von Materialunverträglichkeiten und das Erkennen von Immundysbalancen. Auf dem Internationalen AK Kongress wurden aber auch nicht AK praktizierende Experten auf ihrem Gebiet gehört, wie Prof. Dr. Axel Bumann zur Kiefergelenksdiagnostik, Dr. Claus Scheingraber zu Feldern und Wellen und DM Christian Albrecht zur Neuraltherapie. Der Kongress bot einen umfangreichen Einblick in die Komplexität der Applied Kinesiology und die zusammenhängenden Fachgebiete. Die drei intensiven Tage wurden durch einen lebendigen, Kontakte pflegenden Abend im Alt-Berliner Biersalon und einen fröhlichen Gala-Abend im Kaisersaal abgerundet. Der Berliner AK Kongress war ein großes Erlebnis, welches voller Vorfreude auf den nächsten Kongress in Frankreich blicken lässt.
Dr. Dr. Heidemarie Dobberstein
un-plaqued No 17 | 111
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THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Gesundheits – UND Zahnpflege mit Ayurveda TEXT Larissa Hollaender
Sun Square For strength, vitality, daring, self-assurance, resistance to outside pressures and influences. To restore mental energy. To transform a harmful atmosphere. For protection. For disturbances of the Heart Governor Meridian.
114 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Was ist Ayurveda? Der Begriff Ayurveda stammt aus dem Sanskrit und bedeutet ›die Wissenschaft vom Leben‹. Ayu bedeutet soviel wie ›das tägliche Leben‹, ›die Lebensdauer‹ und Veda ›das Wissen‹ oder ›die Wissenschaft‹. Dabei geht das ayurvedische Heilsystem, das seit ca. 5000 Jahren in Indien angewandt wird, weit über die reine medizinische Wissenschaft hinaus. Es enthält ebenfalls ein reiches philosophisches Wissen über die Menschen und anderen Lebewesen in der Welt und vermittelt spirituelle Grundlagen zum Erlangen von Glück, Zufriedenheit und Harmonie. Es geht also nicht nur um die Prävention und Behandlung von Krankheiten, wie oft angenommen wird, sondern um eine Lebensphilosophie. Der Mensch als mikrokosmisches Abbild der Natur Die ayurvedische Lehre hat einen ganzheitlichen Ansatz und sieht den Menschen als ein mikrokosmisches Abbild der Natur. Und so wie es in der Materie die Fünf Elemente (Äther, Luft, Feuer, Wasser, Erde) gibt, sind diese ebenso in jedem einzelnen Menschen in Form der drei Doshas Vata, Pitta und Kapha enthalten. Dabei stellt Vata das Prinzip der Bewegung dar, und als solches verbindet es die Elemente Äther und Luft. Pitta ist das Stoffwechselprinzip und setzt sich aus Feuer und Wasser zusammen. Kapha bildet das Strukturprinzip und vereinigt die Elemente Wasser und Erde. Dosha bedeutet wörtlich übersetzt ›beeinflussende Faktoren‹, etwas griffiger könnte man auch von Körpersäften, Grundkräften, -prinzipien oder Bioenergien sprechen. Die Doshas bestimmen alle biologischen, psychologischen und physiopathologischen Funktionen des Körpers, des Geistes und des Bewusstseins. Wird ihr Gleichgewicht gestört, entstehen Blockaden und schließlich auch Krankheiten. Physiologische Prozesse In den meisten Menschen dominieren i.d.R. ein oder zwei Doshas, seltener alle drei. Welche Doshas dominieren bzw. in welchem Verhältnis sie zueinander stehen, wird zum Zeitpunkt der Empfängnis festgelegt. Sie bleiben Zeit des Lebens unverändert. Dennoch ändert sich die Kombination der Elemente, welche die kontinuierlichen physiopathologischen Veränderungen im Körper regelt, als Reaktion auf die Umwelt, z.B., wenn wir etwas gegessen, einen Infekt haben oder ein Jahreszeitenwechsel stattfindet. Diese Veränderungen sind für den Körper wichtig, um die äußere mit der inneren Umwelt auszugleichen. Der Schlüssel, der diesen Ausgleich ermöglicht, heißt Agni. Agni ist sozusagen das ›Verdauungsfeuer‹, das in jedem Gewebe, in jeder Zelle enthalten ist und den Stoffwechsel regelt. Es ist z.B. für das Immunsystem verantwortlich, für die Versorgung der Gewebe und die Vernichtung von Toxinen, Bakterien oder anderen schädlichen Eindringlingen. Ebenfalls sind von Agni Langlebigkeit, Intelligenz, Verständnis, Wahrnehmung und Auffassungsvermögen abhängig. Kurz gesagt, solange Agni seine Arbeit erfüllen kann, werden die Vorgänge der Zersetzung, Verdauung, Resorption und Ausscheidung der Nahrung im Körper reibungslos funktionieren.
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THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Entstehung von körperlichen Beschwerden In der ayurvedischen Philosophie kann Agni durch ein Ungleichgewicht der Doshas gestört werden, was nachdrückliche Auswirkungen auf die oben beschriebenen Vorgänge im Körper hat: Die Abwehrkraft wird gestört, Nahrung wird nicht mehr vollständig verdaut und resorbiert und sammelt sich im Dickdarm an. Die aufgenommene Nahrung verwandelt sich dann in eine klebrige, schädliche Substanz, die als Aam (›Schlacken‹) bezeichnet wird. Aam verstopft alle Shrotas (›Körperkanäle‹) des Körpers, wie Kapillaren, Blut-, Lymphgefäße und Zellwände. Schließlich wird diese Substanz durch weitere chemische Prozesse verändert, so dass Toxine entstehen, welche über das Blut in den gesamten Körperkreislauf gelangen. Dort sammeln sie sich an den Schwachstellen des Körpers an und sorgen für unterschiedlichste Symptome, wie Kontraktionen, Entzündungen, Verstopfungen… Schließlich manifestiert sich so ein chronischer Krankheitszustand in den betroffenen Körperteilen. Ganzheitlicher Behandlungsansatz – auch bei den Zähnen Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass kein Organ, kein Körperteil, kein physiologischer oder pathologischer Vorgang isoliert betrachtet werden kann. Das gilt natürlich auch für die Zähne. Viele Zahnärzte stellen z.B. fest, dass gerade im Frühjahr und Sommer häufiger Entzündungen und eitrige Infektionen auftreten. Nach ayurvedischen Prinzipien wird dies so erklärt: Im Frühjahr kommt es vermehrt zu Aam-Problemen, da sich über den Winter Kapha-Dosha angesammelt hat, das sich bei zunehmender Wärme zu lösen beginnt. Das Frühjahr ist also die beste Zeit zu entschlacken. Falls dies nicht gemacht wird, kommt es nach einer gewissen Zeit zu Shrotablockierungen, zu Blockaden im Stoffwechsel, zu Übersäuerung und schließlich mit zunehmenden Temperaturen (Anstieg des Pitta-Doshas) zu Entzündungen, die im weiteren Verlauf zu Eiterungen und schließlich zur Abszessbildung führen können. Besonders Personen mit chronischer Parodontitis sind von diesem Prozess betroffen. Die nicht abgebauten Toxine geben einen perfekten Nährboden für Bakterien. Die zunehmenden Tem-
Literaturempfehlungen zur Einführung Vasant Lad: Selbstheilung mit Ayurveda. Verlag:O.W.Barth; 5. Aufl. (März 2005) Vasant Lad: Das große Ayurveda-Heilbuch: Die umfassende Einführung in das Ayurveda. Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie und Heilung. Verlag: Windpferd; 17. Aufl. (30. März 2010) Hans-Heinrich Rhyner: Das Praxishandbuch Ayurveda. Das neue Ayurveda Praxis Handbuch: Gesund leben, sanft heilen. Verlag: Königsfurt Urania; 5.Auflage, völlig neu bearb. u. erw. (1. Oktober 2004) Weiterführende Literatur/ Standardwerke des Ayurveda Srikanta Sena: Ayurveda–Lehrbuch; Kompendium des Ayurveda-Klassikers Charaka-Samhita. 2 Bände. Vasati Verlag; 2. Aufl. (September 2005)
peraturen des Sommers begünstigen das Wachstum der Bakterien und ermöglichen so eine Manifestation der Entzündung. Nach Ayurveda wird in diesem Fall eine Entgiftungskur mit einer anschließend Pitta-befriedenden Diät empfohlen. Das bedeutet, dass Betroffene insbesondere auf stark gewürzte und scharfe Speisen verzichten sollen, ebenso wie auf saure Früchte, rotes Fleisch, Alkohol und fermentierte Lebensmittel (z.B. Hefe, Joghurt). Falls Patienten unter anderen Problemen des Zahnfleisches, wie z.B Xerostomie, leiden (dies ist ein Zeichen von einem Vata-Dosha-Übermaß), kann man Ihnen Mundspülungen mit Sesamöl empfehlen. Ebenfalls wäre es in diesem Fall wichtig, trockene und kalte Nahrung (Trockenobst und Rohkost) einzuschränken und vermehrt gekochte und warme Nahrung zu sich zu nehmen. 116 | un-plaqued No 17
Lord Danvantari
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Dies sind nur wenige Beispiele, wie die Ayurveda als sehr nützliche Unterstützung besonders bei chronischen Erkrankungen des Zahnhalteapparates eingesetzt werden kann. Patienten können diese Hinweise leicht umsetzen und werden den Erfolg schnell merken. Allgemeine ayurvedische Tipps zur Zahnhygiene Reinigen Sie morgens die Zunge als erstes mit einem Zungenschaber von hinten nach vorne. So entfernen Sie Abfallstoffe und Krankheitskeime (Aam) von der Zunge, was nicht nur den Mundgeruch verbessert, sondern den Körper stimuliert, das Verdauungsfeuer (Agni) anzuregen. Es ist wichtig, die Reinigung nicht mit der Zahnbürste vorzunehmen, da das Aam ansonsten in das Zahnfleisch ein-
Starbust For confidence, perseverance, acceptance of what is necessary, the assurance to overcome adversity. To free blocked energy. To cleanse negative emotion. For disturbances of the Stomach Meridian.
massiert wird und Entzündungen begünstigt (Dies ist besonders bei Personen mit Parodontitis wichtig). Achten Sie darauf, die Zunge vor dem Frühstück zu reinigen, da Sie ansonsten das Aam zusammen mit dem Essen runterschlucken. Putzen Sie nach dem Frühstück die Zähne mit ayurvedischer Zahncreme. Ayurvedische Zahncreme besteht aus Kräutern, die von ihren Eigenschaften her bitter, herb und scharf sind. Dies hilft gegen Karies und stärkt das Zahnfleisch. Versuchen Sie täglich Mundspülungen durchzuführen. Hierfür nehmen Sie Sesamöl in den Mund und bewegen es einige Minuten kräftig hin und her. Danach spucken Sie es aus (nicht schlucken!) und massieren das Zahnfleisch mit dem Zeigefinger. Dies stärkt die Zähne, das Zahnfleisch und den Kiefer. Außerdem verbessert es die Stimme und vertreibt Falten von den Wangen. Essen Sie keinen weißen, raffinierten Zucker. Nehmen Sie stattdessen Sharkara (ayurved. Rohrzucker) oder Jaggery (Palmherzenzucker). Diese sind gesund und greifen die Zähne nicht an.
Lattice To still the mind, dissolve irritation, restore clarity, patience, equanimity and level-headedness. For disturbances of Spleen-Pancreas Meridian.
Die Produkte sind alle über das Internet und in einschlägigen Biomärkten erhältlich. Es ist offensichtlich, dass sich die ayurvedische Philosophie nicht auf eine Vernichtung der vor Ort befindlichen Bakterien konzentriert, da diese grundsätzlich auch beim gesunden Menschen vorkommen können. Vielmehr fokussiert Ayurveda darauf, dass die körpereigenen Abwehrkräfte gestärkt werden und sich der Körper in Balance befindet. Um sein Leben in diese Bahnen zu lenken, hier noch einige allgemeine Hinweise zur Gesundheitsvorsorge: Machen Sie mindestens einmal im Jahr eine Entgiftungskur (am besten im Frühjahr!). Beachten Sie die Essensregeln des Ayurveda, die ein professioneller ayurvedischer Arzt/ Therapeut auf Sie abgestimmt hat, denn ein Gesamtorganismus im Gleichgewicht kann die meisten Infektionen, inklusive der von Zähnen, ohne Probleme abwehren. Versuchen Sie sich regelmäßig sportlich zu betätigen und vermeiden Sie Stress oder gleichen Sie ihn entsprechend aus.
//
un-plaqued No 17 | 117
Arrowheads For decisiveness, tenacity, willpower, strength to assume responsibility. To harmonize physical and spiritual energy. For disturbances of the Kidney Meridian.
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Laser in der Zahnmedizin
- Eine minimal invasive Alternative TEXT Ingmar Dobberstein
118 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Laser und Zahnmedizin sind in den vergangenen zwei Dekaden schier unzertrennliche Begriffe geworden, was nicht zuletzt in einer beträchtlichen Produktvielfalt der dentalen Laser deutlich wird. Dennoch gehört ein Laser gegenwärtig noch nicht zum Standardinventar einer Zahnarztpraxis, obwohl die Einsatzmöglichkeiten mittlerweile vielfältig erprobt sind.
B
etritt man die Welt der Laser, wird vor allem deutlich, dass es viele verschiedene Ansätze und Geräte auf dem Markt gibt. Während sich einige Hersteller auf die Bearbeitung der Hartgewebe konzentrieren, haben Laser
aufgrund ihrer sterilisierenden Wirkung einen Siegeszug in der Weichgewebsbehandlung erfahren. Neben grundsätzlichen chirurgischen Indikationen finden moderne Laser vor allem in der Endodontie, der Behandlung oraler Infektionen inklusive der Periimplantitistherapie und Parodontitistherapie Anwendung. Als Lasermedien werden vornehmlich Festkörper, Flüssigkeiten, Gase, Halbleiterelemente und freie Elektronen verwendet, die durch die stimulierte Emission zur Abgabe einer monochromatischen, kohärenten und kolliminierten Strahlung angeregt werden. Man unterscheidet dabei grundsätzlich je nach Art der Anregung bzw. der Lichtemission entweder kontinuierlich strahlende oder gepulste Laser. Dabei liefert der Laser im cw-Betrieb einen stetigen Lichtstrahl mit einer moderaten gleich bleibenden Leistung, während im gepulsten Zustand kurzzeitig Spitzenleistungen im Gigawattbereich erzielt werden können. Nur durch die Angabe der spezifischen Einstellungsparameter wie Pulsdauer, Pulsfrequenz, Fokusgröße und Pulsspitzenleistung, die die Grundlage für die Berechnung der applizierten Energie-, Leistungs- und Pulsenergie darstellen, sowie der jeweiligen Wellenlänge des Laserlichts lassen sich die unterschiedlichen Laser-Gewebe-Interaktionen erklären und für die unterschiedlichen Therapieansätze nutzen. Treffen die Photonen auf die Gewebeoberfläche kann es je nach Wellenlänge und Gewebeart entweder zu einer Absorption, Reflexion, Streuung oder Transmission der Lichtquanten kommen. Für die eigentlichen biophysikalischen LichtGewebe-Effekte sind jedoch nur die absorbierten Photonen im Zusammenhang mit den gewebetypischen Eigenschaften wie Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität von Bedeutung. Die absorbierten Photonen charakterisieren die vor Ort un-plaqued No 17 | 119
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
applizierte Energiedichte und bewirken je nach
getragen werden. Dabei ist die hämostatische
Einwirkzeit fotochemische, fotothermische oder
Wirkung des nahen Infrarotbereiches sehr gut.
nichtlineare Effekte. Die Low-Level-Laserthera-
Ein Vorteil des Nd:YAG-Laser, die bakterizide Tie-
pie und Biostimulation (fotochemische Reaktio-
fenwirkung, geht mit einer hohen Eindringtiefe
nen) sowie Koagulation und Vaporisation (foto-
einher, die auch ein Risiko bedeuten kann: Ener-
thermische
der
gien und Bestrahlungsdauer sind sehr sorgfältig
Behandlung von oralen Hart- und Weichgewe-
zu wählen, da sonst das umliegenden Gewebe
ben eine entscheidende Rolle. Im Bereich der
geschädigt werden kann.
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde lassen sich
Diodenlaser unterscheiden sich wegen der be-
hierfür zahlreiche Lasersysteme verwenden,
nachbarten Wellenlänge in ihrem Absorptions-
wobei die meisten Systeme Licht im infraroten
verhalten nur wenig vom Nd:YAG-Laser. Die Vor-
Spektrum emittieren: die Diodenlaser mit 810
gehensweise der Taschendekontamination mit
Reaktionen)
spielen
bei
oder 980 nm Wellenlänge und der Nd:YAG-Laser
Hilfe eines Diodenlasers ist der mit dem Nd:YAG-
mit 1.064 nm im nahen Infrarotbereich, der
Laser sehr ähnlich und einfach. Nach erfolgter
Er:YAG Laser mit 2.940 nm im mittleren Infrarot-
mechanischer Parodontalbehandlung wird der
bereich und der CO2-Laser mit einer Wellenlän-
Laserapplikator in die Tasche eingeführt und
ge von 10.600 nm im fernen Infrarotbereich. Der
durch Bestrahlung eine suffiziente Keimredukti-
Diodenlaser ist dabei einer der wenigen Laser,
on herbeigeführt.
der sowohl für die fotochemische als auch die fotothermische Therapie hervorragend eignet.
Als großer Evolutionsschritt für chirurgische Anwendungen erwies sich die Entwicklung der va-
Ein Hauptanwendungsgebiet dieser Laser ist ne-
riablen Puls-Pausen-Relation (PPR-Technologie)
ben der Weichteilchirurgie die Parodontalthera-
vor etwa 10 Jahren durch die Firma ORALIA aus
pie, deren Klassiker der Nd:YAG-Laser ist. In den
Konstanz. Hierbei erzeugt der Diodenlaser ›ora-
letzten Jahren haben Diodenlaser hier aller-
laser jet‹ 10000-mal pro Sekunde einen Puls mit
dings deutlich an Beliebtheit gewonnen, nicht
einer Leistungsspitze von 20 Watt, bei dem das
zuletzt aufgrund einiger Parameter wie der
Verhältnis zwischen Pulslänge und Pausenlänge
Strahlenführung und Modifikationen der Puls-
so variiert werden kann, dass die Länge eines
dauer. Attraktiv ist bei beiden Lasertypen die
Einzelpulses im kürzesten Fall gerade einmal
Übertragung der Laserleistung mittels einer fei-
6,25 Mikrosekunden beträgt. Durch solch kurze
nen, flexiblen Glasfaser mit entsprechend leich-
Pulse können nicht nur Karbonisierungen des
ter Manipulation der Handstücke in parodonta-
umliegenden Gewebes nahezu ausgeschlossen
len Taschen und endodontischen Kanälen. Die
werden, auch das Schmerzempfinden des Pati-
Wellenlängen des nahen Infrarotbereiches kop-
enten wird enorm reduziert. Klinische und histo-
peln sehr gut in dunklen Pigmenten und im Hä-
logische Untersuchungen zeigen, dass die kor-
moglobin an, werden jedoch kaum von Wasser
rekte Anwendung des ›ora-laser jet‹ mit einer
absorbiert, was eine relativ hohe Eindringtiefe
PPR von 1:10 praktisch keine thermischen Schädi-
im Gewebe ermöglicht. Die bakterizide Wirkung
gungen im umliegenden Weichgewebe verur-
beider Lasertypen wurde in zahlreichen Studien
sacht.
belegt. Die Eindringtiefe des Nd:YAG-Lasers in
Vor allem der fasergeführte Diodenlaser eignet
durchblutetes Gewebe kann bis zu ca. 2 mm be-
sich hervorragend für die Behandlung kleinerer
tragen, so dass auch von einer bakteriziden Tie-
intraoraler Läsionen und eine minimalinvasive
fenwirkung ausgegangen werden kann. Eben-
und atraumatische Weichteilchirurgie, da in vie-
falls kann infiziertes Epithelgewebe mit beiden
len Fällen im Vergleich zum Skalpell auf eine zu-
Lasern durch Bestrahlung der Taschenwand ab-
sätzliche Naht verzichtet werden kann und die
120 | un-plaqued No 17
THEORIE & PRAXIS / ALTERNATIVEN
Faser einen leichten Zugang auch zu anatomisch schwierigen Stellen zulässt. Moderne Diodenlaser bieten allerdings auch ganz andere Einsatzgebiete, wie zum Beispiel Bleaching in Kombination mit einem Bleichmittel. Der Bleichprozess mit dem am häufigsten verwendeten Bleichmittel Peroxid wirkt am Zahn als Redox-Reaktion. Dabei gibt das Oxidationsmittel Wasserstoffperoxid seine freien Radikale ab, welche dann organische Moleküle angreifen und oxidieren. Durch diese Oxidation verändern sich die Molekülketten, was mit einer Änderung der Lichtabsorption und Lichtreflexion einhergeht und zu einer Veränderung der Farbwahrnehmung führt. Weitere Anwendungsgebiete sind die Desensibilisierung freiliegender Zahnhälse, gerade in Kombination mit der Parodontitistherapie, das Handling der Gingiva vor Abformungen oder zur kosmetisch-ästhetischen Korrektur des Gingivaverlaufs oder auch die Wundheilungsförderung durch Low Level Lasertherapie. Insgesamt sind die Einsatzgebiete moderner Laser so vielfältig, dass sich jeder Zahnarzt einmal mit den Möglichkeiten dieser Technologie vertraut machen sollte. Gerade in der Zahnarztpraxis ist die Anwendung ohne großen Aufwand und mit minimal invasiver Vorgehensweise sehr gut möglich. Obwohl die Behandlung eine Privatleistung ist, wissen auch die Patienten den Laser aufgrund seiner Vorteile sehr zu schätzen.
//
un-plaqued No 17 | 121
GOOD BYE DENTIST / ALTERNATIVEN
Good Bye Dentist
Vom Leben und Arbeiten im Ausland Text Juliane Gnoth
›Ich geh ins Ausland. Nach dem Studium bin ich sowieso gleich weg.‹ Immer häufiger hört man diese und ähnliche Aussagen, wenn man sich mit Kommilitonen oder Kollegen unterhält. Die Gründe sind vielfältig – bessere Verdienstmöglichkeiten beispielsweise, weniger Bürokratie oder höhere Lebensqualität.
122 | un-plaqued No 17
GOOD BYE DENTIST / ALTERNATIVEN
Habt Ihr schon im Ausland gearbeitet und möchtet den BdZA beim Good Bye Dentist - Projekt unterstützen? Wir freuen uns über eine Mail mit Euren Infos an j.gnoth@bdza.de. Natürlich könnt Ihr Euch gerne mit Euren Fragen und Anregungen an uns wenden.
O
b dies wirklich zutrifft oder es doch sub-
Der Bundesverband der Zahnmedizinischen
jektive Erwartungen sind, bleibt abzu-
Alumni in Deutschland (BdZA) und die Organisa-
wägen. Wer sich während oder nach der
tion Young Dentists Worldwide (YDW) erhalten
Studienzeit über alternative Lebenskonzepte
regelmäßig Anfragen von deutschen Studenten
Gedanken macht, denkt sicherlich auch über die
und jungen Zahnärzten/ärztinnen, die sich über
Arbeit im Ausland nach. Dabei gibt es viele Fra-
die Arbeit im Ausland informieren. Es gibt diver-
gen, die im Vorfeld beantwortet werden sollten:
se Erfahrungsberichte, aber wenig konkrete In-
Will man in Europa bleiben oder kann man sich
formationen. Um diese Lücke zu schließen, hat
auch vorstellen auf anderen Kontinenten sess-
der BdZA eine Arbeitsgruppe gebildet, die in Ko-
haft zu werden? Wie viel Aufwand ist man bereit
operation mit YDW Informationen und Daten
zu investieren? Würde man weitere Prüfungen
zur Arbeit als Zahnarzt/ärztin in den verschiede-
ablegen um den großen Traum zu erreichen? Will
nen Ländern sammelt. Die Gruppe konzentriert
man für ein paar Jahre oder vielleicht für immer
sich dabei auf die Arbeit in Praxen, Kliniken und
fortgehen?
Hilfsprojekten. Gleichzeitig werden Erfahrungs-
Während der Recherche sollte man sich über ein
berichte von jungen Zahnärzten gesammelt, um
paar grundlegende Fakten Klarheit verschaffen,
ebenso persönliche Erfahrungen einsehen zu
z.B. ob man die gleichen Behandlungsstandards
können. Sofern vorhanden, kann ebenso eine
wie in Deutschland erwartet, welches Klima ei-
Praxishospitation bei einem Mitglied der Young
nem liegt oder wie die Mentalität der Menschen
Dentists Worldwide vermittelt werden, um den
vor Ort ist. Bevor man sich entscheidet, sollte
Arbeitsalltag vor Ort kennen zu lernen.
man sich unbedingt ein Bild vor Ort verschafft haben und mit den ansässigen Menschen und
Die Fragen, die der Arbeitsgruppe besonders
Kollegen sprechen.
am Herzen liegen, sind beispielsweise: Wo werden deutsche Zahnärzte gebraucht und wie hoch
Wo fängt man an – die Welt ist groß, die Möglich-
ist der Bedarf? Welche Erfahrungen und Vorr-
keiten sind prinzipiell unendlich – und die Infor-
aussetzungen muss man mitbringen? Welche
mationsbeschaffung schwierig. Noch vor 50 Jah-
Sprachkenntnisse werden benötigt? Welche
ren ging man im Normalfall an seinen Geburtsort
Länder beherbergen die größten Chancen? Wo
zurück oder blieb an der Universität. Man mach-
kann man wie viel verdienen? Welche Speziali-
te sich in den meisten Fällen in einer Einzelpraxis
sierungen werden benötigt?
selbstständig. Außer in den unterschiedlichsten
Bisher gibt es mehr Fragen zu diesem Thema als
Berufsausübungsformen kann man heute über-
Antworten. Dies soll sich durch das Goodbye
all arbeiten, zumindest auf dem Gebiet der Euro-
Dentist Projekt ändern, dessen Daten dann auf
päischen Union auch ohne bürokratische Hür-
www.dents.de und natürlich auch im un-plaqued
den. Leider machen es einem viele Möglichkeiten
Magazin bereitgestellt werden. Bis zur IDS in
bekanntlich auch nicht leichter, den richtigen
Köln im kommenden März will der BdZA die ers-
Weg für sich zu wählen. Die Entscheidung, in wel-
ten Daten aus diesem Projekt veröffentlichen.
chem Land man leben und als Zahnarzt/ärztin praktizieren möchte, ist jedenfalls eine sehr es//
sentielle und sollte gut überlegt werden. un-plaqued No 17 | 123
GOOD BYE DENTIST / ALTERNATIVEN
Als Zahnarzt in England
Text Matthias Stoll
Nach dem Examen und absolvierter Assistenzzeit in meiner Universitätsstadt entschloss ich mich gemeinsam mit einem Kollegen einige Zeit im Ausland zu arbeiten. Die Frage war allerdings, wohin wir gehen sollten… denn zuerst kamen uns Länder wie Italien oder Spanien mit vielen Sonnenstunden in den Sinn.
D
ie Erfahrungen aus Famulaturen in diesen Ländern ließen uns umdenken, denn sicherlich sind diese Länder hervorragend, um seine Urlaubszeit dort zu verbringen. Wir befürchteten aber, dass sie gleichzeitig nicht
ideal wären, um als junger Zahnarzt viel dazu zu lernen. Auch spielte die Sprache eine Rolle, denn wir wussten nicht, wie lange wir im Ausland bleiben würden. So wurde England für uns interessant, aber wir wussten überhaupt nicht, wie wir unser Vorhaben weiter anpacken sollten. Wir informierten uns im Internet und in Zeitschriften, vor allem in der ZM. Dort fanden wir das Angebot einer Praxis unter deutscher Leitung im Nordwesten Englands. Nach Kontaktaufnahme und einigen Emails entschloss ich mich, diese Praxis genauer anzusehen und vereinbarte einen Termin vor Ort. Nun gehören die Städte im Nordwesten Englands sicher nicht zu den reizvollsten in Europa, sondern sind eher trist und sehr industriell. Das Praxisteam hingegen war offen und freundlich und ich wurde herumgeführt und unterhielt mich mit Kollegen aus Deutschland, die dort schon einige Zeit arbeiteten. Nachdem ich in einer soliden und gut ausgestatteten Praxis in Süddeutschland gearbeitet hatte, war ich erst einmal ein wenig von der Ausstattung der dortigen Praxis geschockt. Die Geräte und Stühle waren schon etwas älter und den Aussagen der Kollegen entnahm ich, dass die Behandlung in dieser Praxis eher auf NHS-Patienten ausgerichtet sei. Die Arbeitsatmosphäre war angenehm, aber mir wurde schnell klar, dass hier ein hoher Patientenumschlag erwartet wurde. So war ich ein wenig unsicher, ob England der richtige Ort für uns ist. Wie so oft war der ausschlaggebende Punkt das Treffen eines Kollegen auf einer Fortbildung. Dieser hatte in England studiert und Kontakt zu einer neu gegründeten Praxis im Nordwesten Englands, in der glücklicherweise zwei Stellen frei wurden. Nach einer Besichtigung dieser Praxis mit neuen Behandlungszimmern und neuen Kavo-Stühlen waren wir positiv gestimmt, das Richtige gefunden zu haben und sagten zu. 124 | un-plaqued No 17
GOOD BYE DENTIST / ALTERNATIVEN
un-plaqued No 17 | 125
GOOD BYE DENTIST / ALTERNATIVEN
Nun galt es, einen wahren Behördenmarathon absolvieren, d.h. unsere deutsche
Man muss ein Formular
Ausbildung in England bei der GDC, dem General Dental Council, anerkennen
ausfüllen und einige
lassen. Für uns als Europäer prinzipiell kein Problem, auch wenn diese Formali-
Dokumente beifügen
tät am Ende ungefähr 6 Wochen dauert.
(www.gdc-uk.org): • Certifcate of good standing
Wenn man die Zusage einer englischen Praxis hat, welche die natürlich vom
(Zahnärztekammer des
Erhalt der GDC Registrierung abhängig macht, muss man in England eine soge-
jeweiligen Bundeslandes)
nannte Performernummer in der lokalen Gesundheitsbehörde (NHS) beantra-
• 78/687/EEC Dokument,
gen. Die NHS (National Health Service) kann man sich wie unsere gesetzlichen
welches man im Gesundheits-
Krankenkassen vorstellen, welche für die Behandlung der NHS-Patienten auf-
ministerium in Berlin be-
kommt. Die wollen natürlich auch wissen, ob man denn gut genug für die Arbeit
kommt (info@bmas.bund.de)
an ihren Patienten ist und so müssen verschiedene Referenzen aus Deutschland,
• Beglaubigte Kopien des
etwa von euren Professoren oder Arbeitgebern, ein polizeiliches Führungs-
Examenszeugnisses, der
zeugnis und ein Nachweis über Erfahrung in der zahnärztlichen Arbeit, also
Approbation und des Passes
Arbeitsnachweis oder -zeugisse vorgelegt werden. Außerdem muss man einen
• Zertifizierte Übersetzungen
offiziellen Englischtest, wie TOEFL oder IELTS ablegen, den man am besten schon
der vorher genannten
in Deutschland machen sollte. In unserem Fall wurde auch noch ein ›Competen-
Dokumente
cy Framework‹ verlangt, d.h. wir mussten ein Audit (kleine Studie) machen und einen Ordner mit verschiedenen Informationen über das englische Zahnarztsy-
Die Anmeldegebühr (per
stem (Röntgenverordnungen usw.) anlegen. Dies sollte zeigen, dass wir fähig
Kreditkarte) ist abhängig
sind, im englischen Gesundheitssystem zu arbeiten.
davon, wann man sich
Am Ende waren es doch einige Hürden, die gemeistert werden mussten, bevor
registriert und beträgt
wir in der Praxis unsere Arbeit anfangen konnten. Aber keine Sorge, die Praxis
ungefähr 440 GBP im Jahr
unterstützte uns bei diesen Fragen, so dass alles recht reibungslos ablief.
oder entsprechend weniger wenn man später im Jahr
In vielen Gegenden Englands herrscht ein Mangel an Zahnärzten im NHS System,
einsteigt. Das alles schickt
d.h. im gesetzlichen Gesundheitssystem. Das liegt daran, dass viele Zahnärzte
man zur Anmeldung an die:
nach den Reformen vor einigen Jahren aus dem gesetzlichen System ausgestiegen sind und nur noch privat ihre Dienste anbieten, was vielmals lukrativer ist.
GDC
Daher gibt es viele Patienten, die keinen Zahnarzt finden, der sie zu NHS Kondi-
37 Wimpole Street
tionen behandelt. Aus diesem Grund kommen viele ausländische Zahnärzte nach
London W1G 8DQ
England und arbeiten in vorwiegend auf NHS ausgelegten Praxen. Dieses System
Tel: +44 (0)20 7887 3800
kann durchaus als etwas eigenartig bezeichnet werden:
Fax: +44 (0)20 7487 2643
Man wird nicht direkt nach seinen Leistungen bezahlt sondern nach Leistungskategorien, die wiederum in ein Punktesystem gegliedert sind:
Untersuchung – 1 Punkt
GDCRegistration@gdc-uk.org
Füllungen, Wurzelbehandlungen, Extraktionen – 3 Punkte Prothetischen Behandlungen, also Kronen, Brücken oder Prothesen – 12 Punkte. Am Ende des Monats wird man nach der erreichten Punktzahl bezahlt, meist mit einer Umsatzbeteiligung von 50%. Ob man nun eine oder zehn Füllungen an demselben Patienten macht ist egal, es wird gleich bezahlt. Auf den ersten Blick scheint dieses System etwas komisch und es dauerte einige Zeit, sich daran zu gewöhnen. Was aber ersichtlich sein dürfte, ist, dass dort zügig gearbeitet werden muss, um möglichst viele Patienten zu behandeln und den entsprechenden 126 | un-plaqued No 17
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Umsatz zu erzielen. Dies bedeutet, viele Patienten und wenig Zeit, viel Schmerzbehandlung und relativ einfache und schnelle Behandlungsmethoden wie Kunststoffklammerprothesen, einfache Kronen und Amalgamfüllungen. Der Umsatz pro Patient ist aus meiner Einschätzung kleiner als in Deutschland, aber man hat viele Patienten und kann so ein gutes Einkommen erwirtschaften, wenn man schnell und effektiv arbeitet. Dieses liegt dann auch deutlich über dem eines Assistenzzahnarztes in Deutschland. Was positiv auffällt ist, dass gerade in den Gegenden mit Zahnärztemangel im Vergleich zu Deutschland die Patienten meist sehr dankbar für eine Behandlung sind und oft schon mit einfachen Mitteln eine hohe Zufriedenheit erreicht werden kann. Allerdings muss man viele Patienten unter teilweise hohem Zeitdruck behandeln und ist daher auf einfache Therapieformen in der Zahnheilkunde beschränkt, da aufwendigere Behandlungen zu zeitaufwendig oder zu teuer sind. Privatbehandlungen sind zwar möglich, aber viele Patienten können sich das einfach nicht leisten. Bei aller Schnelligkeit und Effizienz muss natürlich nach den allgemeinen zahnärztlichen Richtlinien behandelt werden, die Behandlungen müssen qualitativ ebenso gut gemacht werden, denn auch hier kann man sich unzufriedene Patienten nicht erlauben. Ob man gute oder schlechte Erfahrungen in England macht, hängt sicherlich sehr von der Praxis ab, in die man kommt. Wie verhält sich das Team und wie ist die Stimmung, wie groß die Erwartungshaltung des Chefs an den Umsatz, was für einen Vertrag bekommt man angeboten und welches Patientenkollektiv ist für einen vorgesehen? Derartige Fragen sollte man stellen, denn sie machen den Unterschied zwischen einer guten Zeit oder dem Gefühl, so schnell wie möglich wieder nach Deutschland zurückkehren zu wollen aus. Alles in allem war die Zeit in England eine tolle Erfahrung für mich. Sie gab mir einen Einblick in ein anderes System und hat mir geholfen, viele Dinge zu Hause entspannter zu sehen und mit den alltäglichen Stresssituationen besser umgehen zu können. Zurzeit studiere ich wieder in Deutschland Medizin, um MKG-Chirurg zu werden, arbeite aber in den Semesterferien in England als Zahnarzt und freue mich jedes Mal von neuem darauf. // un-plaqued No 17 | 127
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Nach Madrid ist nur der Himmel schöner – Studieren in der spanischen Hauptstadt
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Etwas mulmig war mir bei der ganzen Sache ja schon zumute. Das letzte Semester vor dem Staatsexamen im Ausland zu absolvieren ist vielleicht nicht gerade das perfekte Timing. Vieles stand noch in den Sternen, beispielsweise ob mir der Chirurgie-Schein angerechnet würde, wie viel ich in den Behandlungskursen arbeiten würde und ob ich überhaupt zum Lernen kommen würde – denn Erasmus ist und bleibt eben trotz allem Erasmus. Text & Fotos Domenica Kastl
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S
o kam ich also nach Madrid, der größten Metropole Spaniens, mit tatsächlich nur 30 kg Gepäck und ohne irgendjemanden zu kennen. Es war ein extrem heißer Nachmittag im August und ich musste mich erstmal mit an-
gemessener Kleidung eindecken. Alle liefen in Hotpants und ärmellosen Shirts herum und etwas anderes war angesichts der Temperaturen auch nicht möglich. Es war eigentlich kaum möglich, irgendetwas zu machen. Es war einfach viel zu heiß. Die meisten Madrilenen halten sich im August ohnehin nicht in Madrid auf, sondern am Meer und überlassen ihre fieberheiße Stadt den unwissenden Touristen. Ich hatte das Glück, dass ich für die ersten Tage bei der Mutter einer Bekannten bleiben konnte, bis ich eine Wohnung gefunden hatte. Überhaupt schien mir das Glück in Madrid sehr hold zu sein, hatte ich nach nur zwei Tagen meine absolute Traumwohnung mit einer tollen Mitbewohnerin in einem der schönsten Viertel Madrids gefunden, direkt am Alonso Martínez. Madrid besticht nicht nur, wie viele spanische Städte, durch die wunderschönen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert mit den verzierten schmiedeeisernen Balkonen. Es gibt alte Viertel mit engen Gässchen, unzähligen Bars und Läden, doch gleichzeitig ist Madrid hochmodern, hat ein funktionierendes öffentliches Verkehrssystem, auffällig schöne Menschen und ist zudem relativ sauber. Man findet einfach alles in Madrid, wenn es auch manchmal einiges Suchen erfordert, denn das Internet informiert nicht wirklich gut über das, was los ist. Doch wenn man mit offenen Augen und Ohren durch die Gässchen von Malasaña, La Latina und Lavapiés läuft, erfährt man schnell, wann und wo es live Jazz Musik, Jam Sessions, Flamenco und sogar Old School Rap und Funk gibt. Man kann täglich alles finden, wenn man nur einen großen Bogen um die überteuerten großen Electro-Clubs macht. Oder man geht einfach auf eine ›Caña‹ (ca. 0,2 l Bier) und genießt ein paar schön fettige Tapas dazu. Nach sechs heißen und feierreichen Wochen, vielen neuen Bekanntschaften und einem zweiwöchigen Aufbau-Sprachkurs an der Universidad Complutense de Madrid, begann mein erster Uni-Tag in eben jener Universidad. Der erste Eindruck an der Zahnklinik der Universität war, dass ca. 90% der Studenten weiblich sind. Es wird wohl in einigen Jahren in Spanien nur noch Zahnärztinnen geben. Neben der spanischen Ruhe – es ist IMMER Zeit für ein kleines Schwätzchen, auch zwischen den Damen an der Materialausgabe, wenn 20 Studenten auf Materialien warten – fiel mir die ausgesprochene Freundlichkeit aller Klinikmitarbeiter auf. Die Damen an der Anmeldung und im Steribereich sowie die beaufsichtigenden Doktoren, Assistenzärzte und Professoren waren durch die Bank meist gut gelaunt und selbst wenn nicht, trotzdem freundlich. Das Erasmus-Büro war täglich besetzt und immer offen für Probleme, Fragen oder einfach nur ein kleines spanisches Schwätzchen. 130 | un-plaqued No 17
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Insgesamt war mein Eindruck von der dortigen Universität als auch der Lehre und der Organisation durchweg positiv. Natürlich gab es einige Unterschiede und gerade die Praktischen Kurse sind an meiner Heimatuniversität in München um einiges besser ausgestattet und umfangreicher. In Madrid legt man dafür viel Wert auf die Theorie. Während wir in München hin und wieder mal in die Chirurgievorlesung gehen, weil das Wissen ja eigentlich eh erst im Staatsexamen abgefragt wird und man mit Krankenblattschreiben der Chirurgie schon Genüge getan hat, wird in Madrid zweimal im Semester in einem 65 Fragen umfassenden äußerst detaillierten Multiple-Choice-Test das komplette Wissen von den unterschiedlichsten Erkrankungen der Speicheldrüsen bis hin zu Le Fort II abgefragt. Die wöchentlichen Praktika in der Chirurgie machten viel Spaß. Man war abwechselnd im Labor, um an ganzen Schweineköpfen Lappen- und Lippenbändchen OPs durchzuführen, hospitierte im septischen OP und nahm am Notfallkurs oder sogenannten ›Tutorials‹ teil. Dort wurde wissenschaftliches Arbeiten vermittelt, das man bei den umfangreichen Präsentationen und wissenschaftlichen Postern, die in fast jedem Kurs gefordert waren, gleich anwenden konnte. Die Behandlungskurse in Madrid sind als Integrierte Kurse organisiert. Jeder Patient wird nach seinen Bedürfnissen von einem Studentenpaar behandelt und nicht wie bei uns, zwischen Kons, Prothetik und der Chirurgie hin und her geschoben. Die Kurse waren unterteilt in Erwachsenen-, Kinder- und Spezialpatientenbehandlung. ›Spezialpatienten‹ waren geistig und körperlich Behinderte sowie alle möglichen ›schweren Fälle‹ von Diabetes-Patienten bis Tumorpatienten mit Strahlenkaries. Dieser Kurs war einer der besten, da wir dort viel gearbeitet und die interessantesten Dinge gemacht haben. Nicht selten umfasste das Behandlungsspektrum bei nur einem Patienten Extraktionen, Endo´s, Kronen, Füllungen und Teilprothesen. Das Wahlfach ›Clínica periodontal‹ (Parodontologie) hingegen war eher ein Tratschkurs, zu dem wir uns Freitag morgens um 10:30 Uhr hinschleppten (meist nach einer langen Madrilenischen Clubnacht) und dann meistens nichts oder nur wenig taten. Ungewöhnlich war, dass in allen Behandlungskursen der große Sauger grundsätzlich nicht vorgesehen war. Als ich danach fragte, wurde ich nur entgeistert angeschaut, später dann auch mal verarscht, wenn ich mich über den kleinen Sauger beschwerte. Auch gab es keine Steriboxen, sondern alle Instrumente mussten in Sterilisationspapiertüten verpackt und ordentlich beschriftet werden, um sie dann nach vielen Unterschriften wieder sterilisiert abholen zu können. Mit der Hygiene war das an der Klinik so eine Sache. Die Boxen mussten nicht von den Studenten geputzt und desinfiziert werden, sondern das erledigten die Putzfrauen nach den Kursen. Wenn man allerdings zwei Patienten in einem Kurs hatte, dann wurden nur mal eben die Aufsätze ausgetauscht, nicht aber der Stuhl oder die Lampe oder die Saugerrohre desinfiziert. Was mich köstlich amüsierte, waren meine Kommilitoninnen, die, wenn sie nicht gezwungenermaßen den Behandlungs-›Pyjama‹ (blaue Hose und blaues OP132 | un-plaqued No 17
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Hemd) anziehen mussten, in Minirock und 10-cm-Pumps mit nur einem weißen Kittelchen darüber behandelten. Nicht nur meine Kommilitoninnen, auch die Professorinnen liefen lieber in Röcken und Stöckelschuhen, offenen Haaren und reichlich Schmuck an Handgelenken und Hals herum als in Behandlungskluft. Und die männlichen Professoren hingegen trugen unter ihren Kitteln Hemd und Krawatte. Bezüglich der Anzahl der Behandlungseinheiten war die Madrilenische Zahnklinik deutlich besser ausgestattet, als man es von den heimischen Unis gewöhnt ist. Auf mehreren Stockwerken verteilt gab es insgesamt um die 300 Behandlungsstühle. Es wird aber nur in den letzten beiden Studienjahren und in den Master-Kursen am Patienten gearbeitet. Pro Studienjahr gibt es ungefähr 80 Studenten, mit jeweils zwei Studenten in einer Behandlungsbox. Die Patientenbehandlung in den verschiedenen Kursen findet in unterschiedlichen Sälen statt, so dass immer einige Behandlungssäle leer standen. Der Betreuungsschlüssel war sehr gut, da immer drei Boxen von einem Zahnarzt, meist einem Professor, betreut wurden. Die Betreuer hatten immer Zeit und waren zur Stelle, wenn man sie brauchte. Ein absoluter Pluspunkt. Ganz großartig war die Cafetería der Klinik. In Madrid bekommt man für 4,70 € eine Paella als Vorspeise, ein halbes gebratenes Händl mit Pommes und Ketchup als Hauptspeise und entweder Kuchen, Obst, Crema Catalana oder Schokopudding als Nachspeise, Weißbrot und Wasser gibt’s eh immer dazu und vor allem schmeckte das Essen. In München wird man vom Mensaessen leider nicht mal satt. Die Zeit verging wie im Flug und plötzlich war es Ende Januar und mein tränenreicher Abschied und das Staatsexamen standen vor der Tür. Ich flog mit über 60 kg Gepäck zurück nach Deutschland, mitten in -17 Grad Kälte und einen Schneesturm in Berlin. Das war alles äußerst deprimierend. Dafür wurde mir der Chirurgie-Schein angerechnet, ich hatte mich vorsichtshalber schon vorher fürs Staatsexamen angemeldet, und alles war gut. Ich kann nur jedem empfehlen, ein Erasmus-Semester zu machen, egal zu welchem Zeitpunkt. Selbst, wenn man dafür ein Semester wiederholen müsste – es ist eine unersetzbare Erfahrung. Und ich habe noch lange nicht alles erwähnt, denke ich bloß an all die neuen Freundschaften, die Sprache, die Reisen in andere spanische Städte, die Flamenco-Jazz-Nächte im Club BarCo und den unglaublich strahlend blauen Himmel über Madrid. Madrid, ¡tú molas un montón!
// 134 | un-plaqued No 17
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laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Gibt es eine ideale Zusammenarbeit? Text Andreas Klar
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laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Zahnärzte und Zahntechniker sind von Natur aus gezwungen miteinander zu kooperieren, denn ohne den jeweils Anderen können beide nur sehr begrenzt arbeiten. Warum aber gestaltet sich die Zusammenarbeit beider Berufsgruppen oft so schwer?
A
ls selbstständiger Zahntechnikermeister lebt man heute in einem besonderen Spannungsfeld zwischen vielen verschiedenen Partnern. Dies sind auf der einen Seite die Zahnärzte mit ihrem Team und dem Patienten, den
man in der Praxis oder im Labor kennen lernt, aber auch die Dentalindustrie, Zulieferer, Dienstleister, Banken und natürlich auch die Kollegen im eigenem Labor. Aufgrund des wirtschaftlichen Drucks auf deutsche Zahntechniklabore wird es in zunehmenden Maße schwieriger, die Werte und Normen, die man für sich beansprucht, im Alltag einzuhalten oder auch jüngeren Kollegen vor zu leben. Patienten, die von Ihren Kassen zur Behandlung ins Ausland geschickt werden, die Fertigung von Zahnersatz in Fernost und zunehmende Chairside-Methoden sind nur einige der Gründe für den angestiegenen Druck auf die heimischen Labore. Dabei sollte das Ziel sein, sich voll und ganz auf die zahntechnische Arbeit konzentrieren zu können und das Maximale an Wissen und Können in eine Arbeit einfließen zu lassen. Mit anderen Worten sollten sich am Ende alle Beteiligten der Frage stellen können, ob man die Arbeit, die man angefertigt hat, auch selber tragen würde? Wenn alle Beteiligten, entsprechend geschult und mit dem richtigen technischen Know How ausgestattet sind, steht einem Behandlungserfolg meist nur noch eine schlechte Kommunikation im Wege. Um diesen Behandlungserfolg zu garantieren, bedarf es allerdings einiger Grundanforderungen: Sind die Unterlagen, die wir ins Labor bekommen verwendbar? Angefangen beim Auftrag, den Abformungen, der Kieferrelationsbestimmung bis hin zu den Zeitvorgaben. Nicht selten stellen sich gerade bei komplexen Arbeiten noch viele weitere Fragen, gerade auch im Zusammenhang mit der gewünschten Ästhetik. Ist dem nicht so, stellen sich die ersten Herausforderungen an die Zusammenarbeit zwischen Zahntechnik und Praxis. Hat der Zahntechniker den Mut neue Unterlagen anzufordern? Akzeptiert der Zahnarzt die Bitte nach einer neuen Abformung oder einer neuen Relationsbestimmung? un-plaqued No 17 | 137
laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Der Zahnarzt Dr. A. Schmierer beschreibt in einem Beitrag zum Thema ›Zahntechniker und Zahnarzt eine spannende Beziehung‹ notwendige Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Labor und Praxis: •
persönliche, gute Beziehung zum Labor
•
gegenseitige Wertschätzung
•
Zeit für Gespräche
•
Gleichheit vor dem Patienten
•
gegenseitige Hilfe bei Problemfällen
•
Akzeptanz kleinerer Mängel
•
Lösungsansätze für ›chronische‹ Probleme
•
Einhaltung von Vereinbarungen
•
Einhaltung von Zahlungszielen
•
Vermeidung von negativen Emotionen, die andere Ursachen haben
Eine weitere Grundvoraussetzung ist eine seriöse und kontinuierliche Beziehung zu den Industriepartnern. Leider sind diese heutzutage zunehmend von der Globalisierung und dem Shareholder Value geprägt. Warum soll ich in meinem Labor den Umsatz steigern, nur damit ein entsprechendes Unternehmen an die Börse gehen kann? Warum sollte ich meine Kunden drängen, ›Zähne in einer Stunde‹ mit Implantaten zu verkaufen, wenn es nicht meiner Überzeugung einer qualitativ hochwertigen Arbeit entspricht? Das sind keine Aufgaben des zahntechnischen Labors. Warum müssen die Labore heutzutage akzeptieren, dass lang bewährte Materialien vom Markt genommen und durch unerprobte und schlechtere ersetzt werden? Nicht selten kommt man sich eher als Versuchslabor vor. Im Zweifelsfall wird einfach der betreuende Außendienstler ausgetauscht und die neue Person erzählt uns: ›... das war ja noch zu Zeiten meines Vorgängers, damit habe ich nichts zu tun.‹ Da die technische Entwicklung stetig voranschreitet, muss natürlich auch der Zahntechniker dafür Sorge tragen, dass er sich kontinuierlich und umfangreich fortbildet. Nur so kann er die richtigen Entscheidungen für sein Labor und die mit ihm kooperierenden Zahnärzte treffen. Um die zukünftigen Herausforderungen unseres Gesundheitsmarktes erfolgreich und weiterhin im Sinne des Wohlergehens des Patienten meistern zu können, muss der Zahntechniker seine Aufgabe im Team Zahnarzt – Patient Zahntechniker erfüllen. Das funktioniert allerdings nur, wenn diese Leistung auch wirklich im Team erbracht wird und auch alle anderen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Industriepartner, Zulieferer, Dienstleister und Banken harmonieren. Denn Zahnmedizin ohne Zahntechnik ist auf lange Sicht keine Alternative. // 138 | un-plaqued No 17
www.dentapress.de
Die Internetzeitung der Zahnmedizin
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laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
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laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Das Smile Design Dentallabor Text Juliane Gnoth FOTOS Hiepler & Brunier, Berlin
Die Adresse des Smile Design Dentallabors ist exklusiv - Kurfürstendamm Berlin, Hausnummer 64. Die Praxis Ku64 ist vielen sicher bereits ein Begriff aus Fernsehreportagen und Magazinen. Praxis und Dentallabor zeichnen sich durch eine einzigartige Zusammenarbeit und ein besonderes Konzept aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Praxislaboren ist das Smile Design Dentallabor ein gewerbliches Labor, das für mehrere Zahnarztpraxen arbeitet.
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laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
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P
laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
rimär ist das Labor auf die Bedürfnisse der Ku64 - Praxis und deren Patien-
ten ausgerichtet. Mit einem Durchschnittsalter zwischen 20 und 45 Jahren sind diese relativ jung, so dass die Schwerpunkte der Zahntechnik ganz
klar bei Ästhetik und Implantatprothetik liegen. Insgesamt arbeiten im Labor sieben Zahntechniker unter der Leitung von Zahntechnikermeisterin Vera Lipske. Der Anspruch an die Arbeit liegt nicht nur bei hochwertigen technischen Fertigkeiten, sondern auch dem Einfühlungsvermögen und menschlichen Umgang mit den Patienten. Oft werden die Zahntechniker an den Behandlungsstuhl gerufen und auch schon in der Planungsphase eng mit einbezogen. Durch die enge räumliche Verknüpfung kommen die Patienten häufig selbst ins Labor, da dort meist mehr Zeit für Kommunikation, Beratung und Farbnahme zur Verfügung steht. Frau Lipske und ihre Mitarbeiter fühlen zuerst einmal dem Patienten im wahrsten Sinne des Wortes auf den Zahn. In erster Linie gilt es herauszufinden, welche Vorstellungen der Patient hat und welche Form und Farbe er schön findet. Dabei helfen Morphologiebücher und Fotos von vorangegangenen Arbeiten. Oft wollen die Patienten neben der eigentlichen Versorgung ihrer Defekte die Frontzähne verlängert oder aufgehellt haben und parallel die Zahnstellung korrigieren lassen. So werden im Vorfeld häufig Bleachingmaßnahmen mit dem behandelndem Zahnarzt durchgeführt. Manchmal muss man die Patienten allerdings auch davon überzeugen, dass man keine Zähne a la Hollywood zaubern kann. Wenn das Ziel konkret dargestellt ist, gilt es abzuwägen, wie viel davon umsetzbar ist. Es werden Fotos von den Patienten angefertigt und mit Hilfe eines Wax-Up´s die technische Grundlage für weitere Überlegungen geschaffen. Darüber hinaus werden häufig Mock-Up´s angefertigt, eine Kunststoffversion der späteren Arbeit, die man dem Patienten temporär einsetzt. So kann das zukünftige Erscheinungsbild im täglichen Leben Probe getragen und die Reaktionen der Mitmenschen getestet werden. Natürlich ist die Veränderung mittels Mock-Up nur in einem begrenzten Rahmen möglich, ohne die Zähne zu beschleifen, aber oft hilft es den Patienten, sich für oder gegen die Behandlung zu entscheiden. Veränderungen in Länge, Form und Breite sind im Kunststoff noch bequem möglich und sparen so am Ende eine Menge Zeit und Mühe bei eventuellen Korrekturen der endgültigen Arbeit. ZTM Vera Lipske zu diesem Vorgehen: ›Alles worüber man schon im Vorfeld aufgeklärt hat, muss man später nicht nacharbeiten oder sich dafür entschuldigen.‹ In der Präparationssitzung kann der Zahnarzt dann direkt durch das Mock-Up beschleifen, was viel Zeit und eventuelles Nachpräparieren ersparen kann. Denn gerade für die Techniker ist die gleichbleibende Schichtstärke der Veneers unabdingbar, um eine korrekte Farbwirkung zu erzielen. Auch bei der Anfertigung der definitiven Arbeit ist die Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt, Patient und Zahntechniker gefragt und wird im Ku64 besonders gepflegt. So ist auch am Samstag stets ein Techniker im Labor, um zum Beispiel Korrekturen an den Arbeiten durchführen zu können. Wenn Praxis und Labor räumlich getrennt sind, ist für solche Korrekturen meistens zusätzliche Termine notwendig. un-plaqued No 17 | 143
laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Durch dieses Konzept der Zusammenarbeit kann sich der Zahntechniker nicht nur die Modelle, sondern den ganzen Menschen sowohl vor als auch nach der Behandlung anschauen. Das Feedback kommt direkt und ungefiltert zum Techniker und die Bedürfnisse des Patienten werden klarer kommuniziert. Bei den Einproben kann der Techniker sehr hilfreich bei der Fehlersuche mitwirken und so die optimale Qualität der zahntechnischen Arbeit für den Patienten erzielen. Diese enge Zusammenarbeit ist das Besondere des Labors, denn nicht nur die Zahnärzte, sondern auch die Zahntechniker stehen regelmäßig mit dem Patienten im Kontakt. Qualität ist sowohl für die Praxis Ku64, als auch das Smile Design Dentallabor ein zentrales Thema. So wird ein erheblicher Zeitaufwand in das Qualitätsmanagement investiert, mit dessen Hilfe alle Arbeitsschritte festgeschrieben und durchweg in gleicher Art und Weise ausgeführt werden. So kommt es zu einem harmonischen Arbeitsablauf mit vorhersehbaren Ergebnissen und einer guten Basis für Fehleranalysen. Obwohl das vorgestellte Labor kein klassisches Praxislabor ist, zeigt es doch die direkten Vorteile eines solchen auf. Für den Patienten liegen diese auf der Hand, für den Zahnarzt hat es darüber hinaus noch den Vorteil, dass die Einnahmen des Labors auf seiner Seite bleiben, wenn ihm das Labor ebenfalls gehört. Allerdings trägt man dadurch auch das volle unternehmerische Risiko, vor allem wenn es einen Einbruch im Bereich Prothetik gibt. In dieser Hinsicht hat das Smile Design Dentallabor den Vorteil, dass es als gewerbliches Labor auch für weitere Zahnärzte arbeiten kann und Fluktuationen so besser ausgeglichen werden können. Das Konzept scheint aufzugehen, denn seit seiner Gründung wurde das Labor aufgrund der guten Auftragslage stetig erweitert. In Zeiten von Auslandslaboren und Zahnersatzauktionen ist dies ein Lichtblick für inländische Zahntechniklabore, die sich um Qualität, hochwertige Arbeiten und einen umfangreichen Service für die Patienten bemühen.
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//
ZTM Vera Lipske
Occlusionsprüfung mit der 2-Phasen Methode
1. Phase: Prüfen der Occlusion mit Bausch PROGRESS 100® mit progressiver Farbtönung 100 µ.
2. Phase: Prüfen der Occlusion mit Bausch Arti-Fol® metallic 12µ rot.
Die blauen Kontakte von Bausch PROGRESS 100® dienen als Haftvermittler und bieten einen kontrastreichen Hintergrund für eine präzise Darstellung der occlusalen Kontaktverhältnisse.
Gratismuster und Multimedia CD-ROM unter: www.bausch.net Die Kombination von PROGRESS 100® 100µ und einer Occlusionsfolie 12µ bietet speziell auf schwierig zu prüfenden Occlusalflächen wie Gold oder Keramik deutlich sichtbare Vorteile. Die erste Prüfung erfolgt mit Artikulationspapier in blau. Kontakte werden sofort sichtbar. Im zweiten Schritt nimmt man anschließend eine dünne Folie, vorzugsweise in rot, da diese Farbe eine hohe Deckkraft und einen guten Kontrast zu blau bietet. Die Farbübertragung der Folie wird mit Hilfe der Transculase Haftvermittler Schicht des blauen
Papiers ganz erheblich verbessert. Kontaktpunkte können auf Grund mangelhafter Abzeichnung nicht übersehen werden.
...wir machen Occlusion sichtbar® Dr. Jean Bausch KG • Oskar-Schindler-Str. 4 • D-50769 Köln • Telefon: 0221-70936-0 • Fax: 0221-70936-66 E-Mail: info@bauschdental.de
laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
MaSSanzug f端r eine erfolgreiche Implantatversorgung
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laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
An patientenindividuellen Abutments kommt man heute nicht mehr vorbei. Sie gelten in der Implantologie mit ihrer Funktionalität und dem ästhetischen Langzeiterfolg als Durchbruch zum erfolgsorientierten Weichgewebsmanagement.
Ä
sthetik gilt heute in erster Linie als die Lehre vom Schönen. Geschmäcker
sind verschieden, doch für die Meisten steht die Harmonie mit der Natur ganz oben, wenn es um einen Maßstab für Schönheit geht. Die wird
gleichzeitig auch mit Jugend, Gesundheit und Hochwertigkeit assoziiert. Allerdings kann sich in den seltensten Fällen ein Objekt, das das Attribut der Schönheit führen will, ohne eine adäquate Funktionalität nachhaltig etablieren – im Gegenteil: Ästhetik zeigt sich nicht nur in der perfekten Hülle, sondern auch in der perfekten Funktion. Beispiele für eine gelungene Synthese von Aussehen und Zweckerfüllung gibt es viele. Maßgeschneiderte Kleidung zum Beispiel passt ›wie angegossen‹, egal welche Größe oder Figur der Träger oder die Trägerin hat. Individualität im Schnitt heißt, dass das Kleidungsstück seine Funktion optimal erfüllt, bedeutet gleichzeitig aber auch optimale Ästhetik – die Klamotten sehen einfach gut aus. Daneben kommen edle Stoffe erst richtig zur Geltung und erfahren die nötige Wertschätzung. Praktisch ist die Maßschneiderei überdies: Etwaige Besuche beim Änderungsschneider sind nicht mehr nötig. In der Implantologie haben sich in den letzten Jahren zunehmend ›maßgeschneiderte‹ Abutments etabliert, die durch ihre individuelle Passform höchsten Ansprüchen an Ästhetik und Funktionalität entsprechen und überdies ein effizientes Arbeiten ermöglichen. Der Name, der dafür steht: Atlantis™. Wurden Abutments früher einheitlich vorproduziert und vom Techniker nachgearbeitet, nutzt man heute die Möglichkeiten der CAD/CAM-Technologien, um für jeden Patienten das anatomisch genau passende Verbindung zwischen Implantat und Krone herzustellen. CAD/CAM heißt Computer Aided Design, bzw. Computer Aided Manufacturing und meint computergestütztes Design und Fertigung. Eine Technologie, die die Implantologie revolutioniert und ganz neue Dimensionen eröffnet hat. Individuell und erfolgreich Patienten fragen Implantate mit dem Wunsch nach, eine dentale Versorgung zu erhalten, die den natürlichen Zähnen möglichst nahe kommt. Atlantis Abutments sind erst seit 2007 in Europa auf dem Markt und ein großer Schritt, der Realisierung des Patientenwunsches ein ganzes Stück näher zu kommen. Eine gründliche wissenschaftliche Dokumentation bestätigt die Erkenntnisse der Praktiker: neben der sehr guten Funktionalität versprechen patientenindividuelle Abutments ein erfolgreiches Weichgewebsmanagement, die optimale Gestaltung des Emergenzprofils, die Planbarkeit der Papille und der Rot-WeißÄsthetik und einen hohen Langzeiterfolg. un-plaqued No 17 | 147
laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Wie funktioniert das? Atlantis Abutments kön-
und mit der goldfarbenen Titannitridbeschich-
nen durch die Individualisierung auf die Ein-
tung besonders für den hochästhetischen Front-
schubrichtung und Tiefe der Implantate reagie-
zahnbereich geeignet sind.
ren. Der Effekt: Der prothetische Aufbau kann besser in das Gesamtbild von Nachbarzähnen
Vereinfachte Abläufe
und Weichgewebe eingepasst werden, was dann
– wirtschaftliches Arbeiten
zu einem optisch ansprechenden Emergenzpro-
Ein einfacheres Handling mit besserem Ergebnis
fil führt. Der Übergang zur Krone wird mit Atlan-
– ein schlichtes aber ambitioniertes Credo des At-
tis kontrollierbar gestaltet, und die Papille kann
lantis-Herstellers Astra Tech, einer Tochter der
sich regelrecht in den Interdentalraum hineinar-
AstraZeneca-Gruppe. Der Zahnarzt profitiert
beiten - und das mit langfristig stabilen Ergeb-
von verkürzten Behandlungszeiten und einer
nissen. Die CAD/CAM-Technik zeigt aber auch
problemlosen Kommunikation mit dem Labor:
bei schwierigen implantologischen Fällen ihre
Der Zahntechniker erhält vom Zahnarzt den Ab-
Stärken. Muss vor Setzen des Implantats aug-
duck und sendet ein fertiges Meistermodell mit
mentiert werden, sind mögliche Abweichungen
den gewünschten Modellimplantaten zum Her-
der Passform mit den CAD/CAM-Abutments aus-
steller, wo es eingescannt und ein dreidimensio-
gleichbar.
nales Bild der Mundsituation des Patienten erstellt wird. Mit einer speziellen Software (VAD™
Vielseitig und verschiedenartig
Virtual Abutment Design) wird anschließend das
– einfach individuell
Abutment gestaltet – für jeden Patienten indivi-
Atlantis Abutments gehören zur Firma Astra
duell und entsprechend der Form der optimalen
Tech. Bei der Entwicklung wurde aber auch an
Zahnkrone. Auf elektronischem Weg erhält der
die Vielzahl anderer verfügbarer Implantatsys-
Zahntechniker diese Planung mit einem virtuel-
teme gedacht, die eine sehr inhomogene Aus-
len Modell des Abutments. Nach Prüfung der ge-
gangssituation für Abutments bedeuten. Die
lieferten Daten und etwaigen Änderungen der
Technologie von Atlantis ist kompatibel mit allen
Parameter erfolgt die Freigabe und Herstellung
führenden Implantatsystemen.
des Abutments. Spätere Änderungen im Labor,
Das Material der Abutments wird entsprechend
zum Beispiel Abschleifen oder Anpassen, oder
der individuellen Anforderungen und Wünschen
sogar auf dem Behandlungsstuhl sind nicht mehr
ausgewählt. Atlantis Abutments sind in Zirkon-
notwendig. Jedes Abutment wird anatomisch
dioxid, Titan und titannitridbeschichtetem Titan
korrekt und speziell für die entsprechende Lü-
(goldfarben) erhältlich. Zahnärzte setzen Titan-
cke hergestellt.
Abutments vorwiegend für den Seitenzahnbe-
Die Technik macht es möglich: Heute muss für die
reich ein, während Abutments aus Zirkondioxid
Herstellung des Abutments das Meistermodell
148 | un-plaqued No 17
laboratorium difficile / ALTERNATIVEN
Weitere Informationen: www.astratechdental.com Literatur Holt LR. A case study: A custom posterior abutment compared with aprefabricated stock abutment. Inside Dentistry 2008; Sept: 2-3
Kerstein RB, Radke J.
des Patientenkiefers nicht mal mehr verschickt
A comparison of fabrication
werden. Das Gipsmodell kann alternativ auch im
precision and mechanical
Labor gescannt und der digitale Datensatz per
reliability of 2 zirconia
E-Mail direkt an die Atlantis-Produktion ver-
implant abutments.
sandt werden. Dafür benötigt das Labor speziel-
Int J Oral Maxillofac Implants
le digitale Scanner (zum Beispiel das Lava™ Scan
2008;23(6):1029-36
ST Design System von 3MEspe). An Hand der gesendeten Daten sowie der am Computer erstell-
Whitesides L.
ten implantologischen Planung des Zahnarztes
Evaluation of the Atlantis
wird das Abutment gefertigt – ein Angebot zu ei-
abutment in implant re-
ner weiteren Vereinfachung des Behandlungs-
storation. Inside Dentistry
ablaufes.
2006;September: 98-99
Perfekte Oberflächen
Garg A. The Atlantis Components
Auch in den zahntechnischen Laboren ist das In-
abutment: simplifying
teresse an Atlantis Abutments hoch, hat man
the tooth implant procedure.
dort doch die Vorteile der CAD/CAM-Abutments
Dental Implantology Update
an Effizienz und Wirtschaftlichkeit erkannt. Eine
2002; September
teure Lagerhaltung von einer Vielzahl von Standard – Abutments entfällt genauso wie das teil-
Kerstein RB, Castellucci F,
weise sehr zeitaufwendige und fehleranfällige
Osorio J.
Nachbearbeiten der Abutments, was die Pro-
Ideal gingival form with
duktivität auch in den Laboren deutlich erhöht.
computer-generated
Problematisch ist das Nacharbeiten der Stan-
permanent healing
dard-Abutments aus Zirkondioxid. Es besteht die
abutments.
Gefahr von Mikrosprüngen, die durch Überhit-
Compend Contin Educ Dent
zung beim Beschleifen entstehen können. Beim
2000;21(10):793-7,800-1;quiz 02
Aufbrennen von Keramik entstehen tiefe Krater, wie REM-Aufnahmen belegen.Hier finden sich
Schneider A, Kurtzman GM.
ideale Orte für eine mikrobielle Besiedelung.
Computerized milled solid
CAD/CAM-Abutments hingegen zeigen im Nano-
implant abutments utilized
meterbereich nur geringe Unebenheiten. Vor-
at second stage surgery.
teil: die Gefahr bakteriell bedingter Knochenre-
Gen Dent
sorption sinkt mit Atlantis™ deutlich.
2001;49(4):416-20
//
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MUSIKBOX / ALTERNATIVEN
Music Box, Folge VI Illustration Ed Krane
Barcelona ist schuld.
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I
MUSIKBOX / ALTERNATIVEN
n keiner anderen Stadt habe ich so viele Straßenmusiker auf einen Haufen gesehen und gehört. Man bummelt nichts ahnend und alles erwartend durch diese Stadt und an jeder, wirklich jeder Ecke steht ein anderer Musiker, der um
die Gunst des Publikums buhlt. Dabei gibt es jede Facette zu bestaunen, die man sich überhaupt nur vorstellen kann: Hippie-Familien malen und musizieren gleichzeitig, ein Gospel Chor versucht es mit einer durchchoreografierten Show, Trommler in Begleitung von Bauchtänze-
rinnen, ein paar Jungs die nur mit ihren Fingerspitzen auf Klangschallen spielen. Überhaupt sind immer wieder Instrumente dabei, die mir gänzlich unbekannt sind. Es ist der Wahnsinn. Meiner Laune absolut zuträglich ist, dass ich bleiben oder weitergehen kann, je nach dem wie mir ist. Salle Gaveau,
Und weil es in unserer Zeit so unkompliziert ist, Musik in Heimarbeit aufzunehmen und auf CDs zu brennen, halten 9,9 von 10 Straßenmusikern eine solche zum Verkauf bereit. Ich liebe diese Aufnahmen. Der Sound ist räudig, die Cover Fotos verschwommen aber nicht selten verirrt sich der Zauber des Augenblicks in so eine Produktion. Es ist, als würden diese CDs meine Erinnerungen an einen guten Moment unterstreichen, hervorheben, betonen. In Berlin ist alles anders, fast alles. Es gibt zwar nicht halb so viele Straßenmusiker wie in Barcelona, aber dafür gibt es doppelt so viele Clubs, Keller und Hinterhöfe in denen die Musik spielt. Und es lohnt sich immer wieder, sich dafür auf den Weg zu machen. Ich bekomme noch heute das dicke Grinsen, wenn ich an den Sonntag denke, an dem ich mich unter Einfluss von Federweißer, in einem Café vor fünf Japanern wieder fand, die Tango at it‘s Best darboten. Auf Empfehlung und in Begleitung guter Freunde. Ich hab an diesem Abend gleich drei CDs gekauft und die Visitenkarte des Violinisten eingesackt. Das wäre übers Internet wohl eher nicht gegangen. :-) Das Direkte, das Persönliche – das bleibt. Am Ende des Abends bin ich mit dem Gefühl nach Hause gegangen, ein schönes Geheimnis zu teilen. Und wann immer ich die japanische Tango CD jetzt ansehe oder höre, bin ich wieder da, wo ich an diesem Abend war. Es ist wunderbar. Und es bleibt. Ich empfehle: Salle Gaveau, mit ihrem Album ›La Cumparsita‹. Und weil es wirklich sauschwer ist an diese CD zu kommen, möchte ich heute eine von ihnen verlosen. Einfach eine E-Mail mit dem Kennwort: ›Musikbox‹ an info@un-plaqued. com – ab da entscheidet das Los. Mit freundlichen Grüßen, die Katz
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›La Cumparsita‹
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…eine kleine Geschichte von Mainstream und Alternative, von Major und Indie
TEXT Eric Weigel FOTO Ed Krane
HipHop
Funk
Darkwave
Gabba
Punk
Hippie
Klassik
Country
Grunch
Techno
Vegan
Drum‘n‘Base
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V
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or gar nicht langer Zeit war es ein Kampf, eine stilistische Alternative zu finden; zumindest war es eine Anstrengung. Da war kein Internet, das mir sekundenschnell alternative Musik auf den eigenen Computer lädt. Ge-
nauso wenig wie der Onlineversand, der Freihaus, die coolsten Klamotten liefert. Kontaktbörsen voller ebenfalls alternativer Gleichgesinnter gab es auch nicht. Vielmehr gab es eine klassische Zweiteilung: auf der einen Seite der übermächtige, kaum bezwingbare böse Mainstream, auf der anderen Seite eine handvoll ähnlich Denkender, die um die Schönheit von Alternativität wusste und für sie stritt. Der hassenswerte Mainstream: das war dümmlicher Euro-DancePop, aalglatter Yuppie-Rock oder schwülstige Radiolovesongs, einhergehend mit dem damit verbundenem modischem Geschmack sowie der dazu passenden Frisur. Es war eine Anstrengung Tonträger alternativer Musik kennen zu lernen
Schwiegersohn
und vor allem diese zu besitzen. Hoffnungsvoll verbrachte man lange Zeit in Bussen und Bahnen, um Plattenläden zu erreichen, die einem endlich die viel coolere, nämlich alternative Musik verkauften. Selbst dort mussten Wunschplatten noch aufwendig in Katalogen (aus Papier!) nachgeschlagen und importiert werden. Wenn man Glück hatte standen sie in zwei Wochen zur Abholung bereit. Dann saß man wieder lange im Bus. Nix mit Download in 5 Minuten. Um ein Paar DocMartens zu ergattern musste man nicht nur einmal um die Ecke in einer Seitenstraße verschwinden, während es Plateau-Buffallos überall gab. Freunde, die ähnliche Vorlieben hatten musste man lange suchen, freute sich dann aber umso mehr, wenn man endlich jemanden gefunden hatte, der ähnlich gekleidet war
Stino
und mit dem man über seine Lieblingsplatten diskutieren konnte. Einige der wenigen Informationsinstrumente für die alternative Szene waren Magazine wie Zillo, Sublime oder Independent. Independent: das bedeutete einmal, dass eine Band nicht auf Universal oder Sony Music ihre Platten veröffentlichte, sondern auf kleinen, familiären, eben unabhängigen Labels. Man erhoffte sich davon etwas Ehrlicheres. Das, wonach man gierte war Authentizität. Echtheit anstatt gekünstelte Kommerzscheiße. Musik und Mode mit Herz, anstatt uniforme Kälte. Intelligente, unspießige Freunde, die sich der Masse nicht so einfach ergaben. Anstrengungen dieser Art zogen nicht nur Grabenkämpfe, sondern sogar wirklichen Hass nach sich. Man entwickelte eine tief sitzende Abneigung gegen den teuflischen Massen-Mainstream. Alternativ-sein bedeutete schließlich auch ein anderes Selbstverständnis: genuiner, wertvoller, distinguierter. Anders sein,
Icke
besser sein. Man drückte es entgegen aller Häme der Andern aus, wo und wie man nur konnte. Eine zeitlang war das überaus einfach: man brauchte eigentlich nur lange Haare. Oder ein Carter USM-T-Shirt. Manche fanden einen nicht mehr zeitgemäß, wenn man Musik hörte, die mit Instrumenten gespielt wurde. Vor dem Hintergrund eines Martin Gores, der schon früh prophezeite, dass die Gitarre tot sei, war allein das schon eine Kuriosität. Danke Nirvana, dass ihr das endgültig beendet habt. Download in 5 Minuten Mainstream-Hass funktioniert heute nicht mehr. Lächerlich machen sich diejenigen, die heute noch an Grabenkämpfe zwischen Mainstream und Alternative, un-plaqued No 17 | 153
Berlin-Mitte
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zwischen Major- und Independentlabel glauben. Heute ergeben sich kaum noch Widerstände, Hürden oder gar Kämpfe, wenn man etwas ›anderes‹ hören, tragen oder sein möchte. Wie auch? Alles was man will, ist nach wenigen Mausklicks einfach und anstrengungslos verfügbar. Viel mehr scheint es fast so, als sei man Teil einer großen gleich fühlenden Gemeinde an alternativ Denkenden. Und es ist so einfach alternativ zu sein! Du kannst jetzt sofort losgehen und dir deine Punkrock-Uniform kaufen. Der Igelhaarschnitt ist fast ausgestorben. Gewollt ungewollt verwahrlost kämmen sich nun diejenigen ihre Seitenscheitel ins Gesicht, die vor 10 Jahren noch im tiefer gelegten Polo vor der Disco standen und auf Langhaarige geschimpft haben. Fertig ist der out-of-bed-look. Und die Girls stehen drauf. Du kannst sogar dein Holzfällerhemd noch mal anziehen. Schmächtige, hagere Jungs, die man auf dem Weg zu ihrem Physik-Leistungskurs in der Schule immer verprügelt hat sind jetzt tätowierte, sexy skinny Boys. Sie haben ihre Chance erkannt. Hat der Mainstream alle Alternativen aufgesogen und für sich vereinnahmt? Oder kann man diese Lagervokabeln nicht mehr aufrecht erhalten? Ist es nicht zumindest erlösend, dass die Gitarre alles andere als tot ist, sondern, im Gegenteil, in den letzten 20 Jahren eine ungeheure Renaissance erfahren hat? Phasenweise sah es doch tatsächlich so aus, als sterbe sie ab; zum Beispiel als es immer einfacher wurde, Musik rein elektronisch zu produzieren. Schön war es, als man Freunden stundenlang in Kleinstarbeit Kassetten mit 90 Minuten Spielzeit zusammenstellte. Aber es ergibt sich kaum ein Werteverlust, wenn heute jemanden einem Freund den 8 Gigabyte USB Stick mit tagelangem Musikvergnügen in die Jeans schiebt. Die Lagerkämpfe sind vorbei. Wir sind befreit. Ganz nach einem postmodernen Paradigma stehen wir sowohl stilistisch, wie auch organisatorisch einer ungeheuren, nahezu hassfreien Vielfalt gegenüber. Alles vermischt sich mit allem. Alles befruchtet sich gegenseitig. Nichts stirbt wirklich aus. Selbst der Wertkonservative muss keine Zuckungen bekommen: Durch moderne Archivierungsmethoden, insbesondere durch das Internet können wir jederzeit die Wege dieser Vermischungen zurückverfolgen. Aber nicht nur das: wir können aus den Wohnzimmern heraus an dieser Vielfalt mit einfachsten Mitteln aktiv partizipieren. Es häuften sich die Alben, die im Alleingang aus der Intimität einiger Wohnzimmer resultieren: Nine Inch Nails, Get well soon, Moldy Peaches, Fleet Foxes. Ein herrlich befreiendes Gefühl: der Mainstream wird mit dem Auge des Alternativen gelesen. Wir können George Michael genauso honorieren, wie die Dead Kennedys. Aber: Wenn alles alternativ ist, ist damit auch wieder alles uniform? Die äußerst entspannende Befreiung ergibt sich eben daraus, dass diese Frage nicht mehr relevant ist. Wenn die neue Uniformität darin besteht, dass wir genießen können, was wir wollen, ohne sich mit einem Image, Grabenkämpfen oder Minderwertigkeitsimplikationen herumzuschlagen, können wir teilnehmen an einer endlich ungezügelten Produktivität, die frei ist von obsoleten, hemmenden Altlasten.
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154 | un-plaqued No 17
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Download.
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WUSSTET IHR SCHON? Kunst zum Beißen Das Zahntechniker in Wirklichkeit Künstler sind, ist den meisten vielleicht schon bewusst geworden. Einer hat es jedenfalls gleich zum Konzept seiner Arbeit gemacht. Steven Heward, Zahntechniker und Künstler aus Utah, USA verziert Zähne sind Schmuck
Keramikkronen aller Art mit Portraits von Amy
Zähne außerhalb des Mundes zu finden ist schon
Winehouse, Abraham Lincoln, Mickey Mouse
recht schwer, Zähne als Kunstobjekte oder Fa-
oder jedem anderen Bild, dass der Patient sich
shion-Accesoires schon fast eine Rarität. Die Ber-
wünscht. Ja, ganz recht, diese Kronen sind wirk-
liner Designerin Esther Perbandt hat die form-
lich dazu gedacht, in den Patientenmund einge-
schönen Molaren zum zentralen Objekt ihrer
setzt zu werden und damit auf dem besten Weg,
Gürtel, Ketten und Armbänder gemacht und et-
zum neuen Trend zu werden. Über 200 dieser ul-
was geschafft, was sonst nur im Mund möglich
trakleinen Kunstwerke hat Heward bereits für
ist. Zähne als Schmuck für die Menschen.
die Patienten seiner Zahnärzte angefertigt und
Unter dem eigenständigen Accesoires Label
die Nachfrage ist steigend.
›bags & pieces‹ kann man ihre auf NEM basie-
Aufgetragen wird das Kunstwerk unter dem Mi-
renden, in Silber und Gold glänzenden Schmuck-
kroskop mit der letzten Schicht Keramik, kurz be-
stücke weltweit in ausgewählten Läden erwer-
vor der Glanzbrand durchgeführt wird. Obwohl
ben.
der Aufwand enorm ist, da jedes Bild individuell
Für uns steht jetzt schon fest: Sie ist definitiv eine
und meistens von einer Fotovorlage angefertigt
Botschafterin der dentalen Ästhetik, wenn auch
wird, kostet die Kunstkrone lediglich 100 Dollar
ihre Zähne ganz andere Körperteile schmücken,
Aufpreis und wird in der Regel zwei Wochen nach
als es üblicherweise der Fall ist.
Erhalt der Modelle wieder an die Praxis geschickt. Will der Patient das Bild seiner Ex-Frau
We like: www.estherperbandt.com
nach ein paar Jahren nicht jedes Mal sehen, wenn er in den Spiegel lächelt, kann der Zahnarzt dieses einfach durch einen kleinen Schliff und Politur entfernen. Da bleibt doch eigentlich nur noch die Frage, an welcher Zahnfläche man das Logo seines Lieblingsfußballclubs haben möchte? www.toothartist.com
156 | un-plaqued No 17
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Mini EMG zur Diagnose von Bruxismus
Neuer Maßstab für Ergonomie
Bruxismus ist ein Risikofaktor für kraniomandi-
in der Kieferorthopädie
buläre Dysfunktionen (CMD). Nächtlicher Bru-
Das japanische Traditionsunternehmen Morita
xismus tritt während des Schlafes unbewusst
stellt in Frankfurt (a. M.) einen neuen Arbeits-
auf. Besteht diesbezüglich ein Verdacht, so muss
platz speziell für die Kieferorthopädie vor: Die
man davon ausgehen, dass Zahnersatz oder Im-
Spaceline EMCIA KFO ermöglicht eine rücken-
plantate stärker als normal beansprucht wer-
schonende und ergonomische Arbeitsposition
den. Zur Absicherung ist eine detaillierte Diag-
nach dem Beach-Konzept.
nostik notwendig.
Instrumente und Handstücke sind im Rücken der
Der BiteStrip® ist ein genaues, kostengünstiges
Patientenliege integriert und durch kurze, intui-
Elektromyographie-Gerät (EMG) zum einmali-
tive Greifwege leicht erreichbar. Multifunktions-
gen Gebrauch zur Diagnose von Bruxismus. Bi-
spritze und Absaughandstück befinden sich in
teStrip® erkennt die Existenz und die Intensität
günstigem Zugriff – sowohl bei der 2-Hand- als
von Bruxismus. Auch wenn Abrasionen an den
auch bei der 4-Hand-Behandlung.
Zähnen sichtbar sind, ist dies keine zuverlässige
Zur diesjährigen Gemeinschaftstagung zum
Auskunft darüber, ob der Patient aktuell an Bru-
Deutschen Zahnärztetag 2010 können sich Kie-
xismus leidet.
ferorthopäden und kieferorthopädisch tätige
Der BiteStrip dient hier als zuverlässiges Diag-
Behandler selbst von den Vorzügen des neuen
nostikum, bevor Implantate oder z.B. Veneers in
Arbeitsplatzes überzeugen – in der Sonderaus-
Erwägung gezogen werden.
stellung am Stand N1/Halle 5.1 im Congress Cen-
Der Patient appliziert das Gerät zu Hause direkt
ter der Messe in Frankfurt.
auf die Wange über dem Masseter Muskel. Jedes Bruxismus-Intervall wird vom BiteStrip intern
www.jmoritaeurope.com
gezählt und aufgezeichnet. Das Ergebnis wird über ein elektrochemisches Permanent-Display angezeigt. www.bitestrip.de
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In alter Manier
Aus: Ein Bilderreimbuch über Liebe, Franz Dinda
Der Herr ist, wie ihr wisst simpel gestrickt und tickt hormonell gesteuert was sehr oft teuer wird Im Streben, Kapital zu sparen fing der Mann zu forschen an intensiv und jahrelang bis er auf die Lösung kam: Mit Fliege, Frack und Kragenhemd wirkst du loyal und liegst im Trend Bewähr dich als ein Gentleman der Sitten und Manieren kennt Denn da der erste Eindruck zählt wird gern der Kavalier gewählt Er suggeriert der Damenwelt dass er Moral für wichtig hält
BUCHREZENSION 158 | un-plaqued No 17
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Ein BilderReimbuch über Liebe , Franz Dinda weissbooks.w, 2010 EUR 20,00 ISBN 978-3-940888-59-4 Liebe – das perfekte Thema: Liebe ist nicht nur die größte aller Emotionen, sondern auch ein Gefühl, das sich in einem krassen gesellschaftlichen Umbruch befindet – die Renaissance der Romantik ist in vollem Gange. Kaum einer, der nicht mehr an seiner Vorstellung von Liebe scheitert. Kaum noch einer, der wagt, endgültig an die ewige Liebe zu glauben.
www.bilderreimbuch.de
Liebe, so behauptet Dinda, ist unter den gegebenen Umständen nicht mehr erfüllbar, bzw. nicht mehr zu ertragen. Sie scheitert mittlerweile nicht mehr an ihren Unmöglichkeiten, sondern vielmehr an ihren Möglichkeiten. Als Konsequenz dessen wird eine immer heftigere Sehnsucht nach dem Nonplusultra entstehen, wie der Mensch immer das ersehnt, was er nicht kriegen kann. Gedichte sind nicht mehr modern – wir lieben Fast Food, Bilder und die Nostalgie. Wer seine Kinder trotzdem gesund ernähren möchte, muss deswegen schmackhafte Vollkornburger backen, denn die Verpackung ermöglicht den Zugang zum Inhalt. Dindas Buchdebüt vereint frische, junge Reime auf original vergilbtem Papier in alter SchreibmaschinenTypografie mit klaren und modern fotografierten Gegenständen in einer klassisch anmutenden Inszenierung, verpackt in einem quadratischen Format, das sowohl dem Auge als auch der Hand schmeichelt. Ein Buch für alle Sinne. Leitgedanke und zugleich roter Faden für dieses Buchprojekt ist es, in das jugendlich-dramatische Liebesleben des fiktiven Generationen-Querschnitts ›Roman Tick‹ einzutauchen, dessen Scheitern an der Liebe mit 29 Gedichten bissig und humorvoll umrissen wird. Die Kunst der Buchpaten: Roman Tick wurde durch viele Vorbilder und Ikonen geprägt. Sie haben ähnliche und gleiche Gezeiten der Liebe durchlebt. Einige von ihnen, Künstler wie Armin MuellerStahl, Jonathan Meese, Bodo Vitus, J. Michael Birn, Norbert Bisky, Kent Williams und Udo Lindenberg sind deshalb Pate dieses Buches. Sie sind Brüder im Geiste des Autoren bzw. der Generation Suchender. Jeder Buchpate hat für Roman Ticks Nachlass deshalb exklusiv ein eigenes Werk beigesteuert, das sie mit dem Thema Liebe verbinden.
// un-plaqued No 17 | 159
UN-PLAQUE YOUR LIFE / ALTERNATIVEN
Der kleine Lederbeutel mit allem drin Susy Signer-Fischer, Thomas Gysin, Ute Stein Carl-Auer-Systeme Verlag, 2009 EUR 34,00 ISBN: 978-3-89670-708-6 Nicht erst seit der Polarisierung von Karies gibt es einige kleine Patienten, die von manchen Behandlern einfach zur Narkosesanierung geschickt werden weil sie ›schwierig‹oder ›nicht behandlungsfähig‹ sind. Dabei gibt es andere Möglichkeiten Kinder zu behandeln, solche mit psychologischen Problemen, als auch die ganz ›normalen‹ kleinen Patienten. Das vorliegende Buch beschäftigt sich speziell mit Kinderhypnose und deren unterschiedlichen Anwendungen. Die drei Autoren beschäftigen sich seit langem mit den Problemen und der Psyche von Kindern und sind ihrerseits alle Hypnotherapeuten. Eine Psychologin, ein Kinderarzt und eine Zahnärztin, die jeweils aus ihrer Sicht den Zugang zu Kindern mittels Hypnose beschreiben. In vielen anschaulichen Beispielen werden Fälle und deren Handling mit Hypnose beschrieben. Auch die grundsätzlichen Fakten zur Hypnotherapie nach Erickson, die verschiedenen Entwicklungsstadien der Kinder sowie die geeignete Herstellung des Rapport werden ausführlich behandelt. Das Buch eignet sich für alle, die sich für die Psyche und Eigenheiten von Kindern interessieren, oder auch den Einstieg in die Hypnose suchen. Gerade die Behandlung von Kindern in Hypnose bietet sich für Anfänger an, da Kinder leichter in Trance gehen und direkter auf den Hypnotherapeuten reagieren als Erwachsene. Im Detail werden die verschiedenen Induktionsmöglichkeiten beschrieben, die man bei Kindern anwenden kann. Hypnose benötigt zwar viel Übung, Ausbildung und Konzentration, lohnt sich aber nachhaltig für den Erfolg der Behandlung und die Zufriedenheit der Patienten.
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BUCHREZENSION 160 | un-plaqued No 17
UN-PLAQUE YOUR LIFE / ALTERNATIVEN
Memorix Zahnmedizin
Neue Buchreihe ›Dentales Wissen‹
Thomas Weber
von Heraeus zur aktuellen Materialkunde,
Thieme Verlag,
Verarbeitungstechniken und -tipps
3. Auflage, 2009
Heraeus, 2010
EUR 59,95
EUR 29,90 (Schutzgebühr pro Buch)
ISBN: 978-3-13-114373-0
Bestell-Hotline 0800 4372522 (kostenfrei)
Das Memorix ist seit seinem ersten Erscheinen
Mit zwei Bänden zu Zirkonoxid und CAD/CAM so-
1997 für viele Zahnmediziner ein ständiger Be-
wie Gold und Legierungen hat Heraeus seine
gleiter im klinischen Studienabschnitt und den
neue Buchreihe ›Dentales Wissen‹ gestartet. In
ersten Jahren in der Praxis. Durch seine beson-
der Tradition der ›Goldenen Hefte‹ verbinden
dere Übersichtlichkeit hat man schnell alle In-
die Bücher verständliche Materialkunde mit
formationen greifbar, die man in der täglichen
praktischen Verarbeitungstipps zu dentalen
Praxis benötigt. Dazu zählen Themen wie Notfäl-
Werkstoffen. Weitere Bände zu Verblendkerami-
le bei der zahnärztlichen Behandlung sowie In-
ken sowie zu dentalen Kunststoffen, Kompositen
formationen zu Medikamenten und vielen wei-
und Zähnen sind bereits in Planung.
teren Gebieten. Insgesamt umfasst das handliche
Das Buch ›Zirkonoxid und CAD/CAM: Werkstoff,
Buch 17 Kapitel, von den klassischen Fachgebie-
Verarbeitung, Eingliederung‹ erläutert zunächst
ten wie Endodontie und Prothetik über Implan-
die Herstellung, Eigenschaften und Qualitätskri-
tologie, Radiologie bis hin zu zahnärztlicher Hy-
terien dieser dentalen Hochleistungskeramik.
giene. Die vollständig überarbeitete Auflage des
Der folgende Praxisteil vermittelt grundlegende
Memorix, welche um einige Gebiete erweitert
Regeln für die anatomische Gerüstgestaltung
wurde, beinhaltet nun auch die aktuellste Klassi-
(CAD) und die materialgerechte Verblendung in-
fikation der Parodontalerkrankungen und The-
klusive Überpressen von Zirkonoxid. Kontrovers
men wie Evidence Based Dentistry und Quali-
diskutierte Themen wie Nass- oder Trocken-
tätsmanagement. Besonders hilfreich ist das
schleifen, Abstrahlen und der sogenannte Rege-
Memorix für Berufsanfänger oder Studenten, da
nerationsbrand werden ebenso behandelt wie
man vor oder während der Behandlung das ein
Werkzeugempfehlungen. Ein eigenes Kapitel zur
oder andere kleine Detail, wie die Kanalkonfigu-
materialgerechten Präparation, Abformung und
ration des Endodonts, nachschlagen kann. Auch
Eingliederung durch den Zahnarzt steuerte der
als erfahrener Zahnarzt kann man von den kom-
Vollkeramik-Experte, praktizierende Zahnarzt
pakten Informationen des Memorix profitieren,
und Dozent an der RWTH Aachen Prof. Dr. Joa-
wie zum Beispiel den Daten zum Blutbild oder
chim Tinschert bei.
über Medikamente. Das Buch ist übersichtlich
Der Titel ›Gold und Legierungen: Werkstoffe,
und handlich gestaltet und viele Graphiken und
Verarbeitung, Fehleratlas‹ fasst die bewährten
Tabellen erleichtern das Verständnis. Thomas
Inhalte der Goldenen Hefte zusammen, ergänzt
Weber ist ein praktisch tätiger Zahnarzt und das
um neue Kapitel zu NEM, neuen Indikationen und
merkt man dem Memorix auch an. Es ist kein
Verarbeitungstechniken. Anschauliche Step-by-
Buch für den Schrank, sondern mit seinen über
Step-Anleitungen erläutern alle Arbeitsschritte
600 Seiten geballten Wissen ein Begleiter in der
von der Modellherstellung über Anstiften, Ein-
täglichen Praxis.
betten und Gießen bis zur Verblendung. Ein
//
20-seitiger Fehleratlas zeigt anhand zahlreicher Fotos aus drei Jahrzehnten, was dabei schief gehen kann, benennt die jeweiligen Ursachen und wie man diese vermeiden kann. un-plaqued No 17 | 161
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DER GESUNDE MENSCHENVERSTAND / ALTERNATIVEN
Gibt es den Klimawandel wirklich? Alles verändert sich, immer und ohne Rücksicht, denn in der Natur existiert nichts statisches, nur Dynamik. So auch beim Klima. Natürlich sollten wir mit den Ressourcen unseres Planeten haushalten, denn sie haben Millionen Jahre benötigt um in dieser Form zur Verfügung zu stehen. So auch die fossilen Brennstoffe. Natürlich sollten wir unsere Müll- und Nebenprodukte begrenzen, denn ihre schädliche Wirkung auf uns und die Natur ist unumstritten und überall sichtbar. So auch unsere CO2 Bilanz. Worüber diskutieren also die Experten, Regierungen, Wirtschaftler und Verschwörungstheoretiker? Natürlich über Macht und Geld, aber nicht über das Klima. Denn beim Klima gibt es keine Alternative, als unseren Wandel. Idee.
162 | un-plaqued No 17
RUBRIK / ALTERNATIVEN
O B
A
EN TIV n ERNAelle T L t – A bes an: d ue ben sse q a e la -p usg Adr n u n A it n i nt z ere e m e a m ag ält bitt m ne M e r n d as e de reib d.co bo ue d A q e h r , s . in pla en re ich We er e e, sc laqu h n Ja ältl o d c h t n- p r u komm m i e h u ö d r ll m o@ ist o e in wi f d r n h e in ive zlic ern! qu 20 eu t a l na her uSS -p ur r n e u rn ist zu ä Alt e ü f ine cht ung e r s mö ein e W gen ie M i ze fre die
un-plaqued multimedia berlin un-plaqued.com un-plaqued No 17 | 163
RUBRIK / ALTERNATIVEN
VITABLOCS RealLife® – genial 3-dimensional! Einfach per Mausklick: Naturgetreue Frontzahnästhetik durch 3D-Dentinkern-Schmelzstruktur!
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