UN-PLAQUED 16 Ethik

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un-plaqued #16 ETHIK

Untergebracht waren wir im Guesthouse des Klosters, welches sehr sauber, aber eben einfach war. Fließendes Wasser gab es übrigens in ganz Nyabondo nicht. Zum Duschen bekamen wir jeden Abend einen Eimer warmes Wasser hingestellt und darüber hinaus hatten wir immer ein paar Eimer kaltes Brunnenwasser im Badezimmer stehen. In unseren Wasserkübeln brüteten gerne ein paar Moskitos und giftige Tausendfüßler bevölkerten regelmäßig unsere Zimmer.

Material und Instrumente waren ausreichend vorhanden, auch wenn man manchmal erst danach suchen oder es in Stand setzen musste. Die Dental Unit des Nyabondo Hospitals war wirklich in bestem Zustand - so gut hätten wir es nie erwartet. Es gab einen nagelneuen Behandlungsstuhl mitsamt allen Anschlüssen für Winkelstücke, Sauger, Lichthärter und dergleichen, der erst eine Woche zuvor eingebaut wurde und deshalb er auch noch nicht funktionierte. Man konnte zwar schon Patienten darauf platzieren, musste diese dann trotzdem per Hand behandeln. Das lokale Stromnetz war dem Strombedarf des Stuhles nicht ganz gewachsen und ein Techniker musste sich erst einige Tage eingehend damit auseinandersetzen und neue Steckdosen einbauen und alles an das Stromaggregat anbinden, bevor man den Stuhl tatsächlich in Betrieb nehmen konnte. Neben dem neuen Behandlungsstuhl gab es auch noch einen älteren, der eher aus der Vorkriegszeit zu sein schien, aber dennoch für die anstehenden Behandlungen, die zu 98% Extraktionen bedeuteten, mehr als ausreichend war. Auch Material und Instrumente waren ausreichend vorhanden, auch wenn man manchmal erst danach suchen oder es in Stand setzen musste.

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Am ersten Behandlungstag lernten wir nicht nur unsere Kollegen sondern auch das tropische Klima kennen – nach ein paar Stunden Zähne ziehen und assistieren bei 30°C ohne Klimaanlage und noch dazu auf 2000 Metern Höhe wollte mein Kreislauf mal ne kleine Pause einlegen und ich musste mich erstmal setzen und etwas trinken, da ich plötzlich „etwas blass um die Nase“ wurde. Allerdings kam das nur dieses eine Mal vor, denn man gewöhnt sich erstaunlich schnell an Hitze und Höhe. Unser täglicher Sonnenschein waren die kenianischen Ordensschwestern Esther und Sister Lawrencia. Esther, eine ausgebildete Krankenschwester, die erst kurz zuvor von einer deutschen Zahnärztin zur zahnärztlichen Assistentin umgeschult wurde, strahlte permanent vor Heiterkeit und guter Laune. Nicht nur konnte sie all die ängstlichen Patienten wahlweise auf Suaheli, Luo, der dort am häufigsten verbreiteten Stammessprache, oder Englisch beruhigen, sie war auch jederzeit bereit, unsere Kenntnisse in diesen Sprachen aufzubessern. Sister Lawrencia ist die Sanftmut und Ruhe in Person. Mit einer engelsgleichen Stimme war sie immer lächelnd stets um das Wohl ihrer deutschen Gäste bemüht – auch wenn es oft stressig war und Sister Lawrencia einigen der Deutschen nicht schnell genug sein konnte. Dreimal in der Woche fuhr die ganze Dental Unit Truppe mit der mobilen Einheit raus, um in den umliegenden Dörfern Patienten zu behandeln. Diese Tagestrips gehörten definitiv zu den prägenden Erfahrungen. Wir fuhren frühmorgens los und erreichten nach ein bis vier Stunden unser Ziel – meist ein kleines Dorf, ein anderes Franziskaner-Kloster oder eine Schule. Dort warteten bereits jede Menge Patienten, die irgendwie über den Buschfunk oder Handy von uns erfahren hatten.


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