Und nie vernahm ich noch ein schöneres Lied von Glück und Sieg (mit eigenem Vorwort): CD mit Liedern

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„Ehe wir Menschen waren, hörten wir Musik.“ Friedrich Hebbel (Tagebuch, 10. März 1847) Der berühmt-berüchtigte Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick schrieb, dass Hebbel „die Musik gleichgültiger als Malerei und Plastik gewesen sei.“ Und in der einschlägigen Fachliteratur liest man immer wieder, der Dithmarscher Dichter habe weniger auf den Klang als auf den Inhalt seiner Gedichte gegeben, er sei ein Gedankenlyriker, ein reflexiver Dichter gewesen. Umso mehr überrascht die Tatsache, dass Hebbels Gedichte und Balladen die Textvorlagen für mehr als 300 Lieder waren. Unter deren Komponisten finden sich Namen wie Robert Schumann, Johannes Brahms, Franz Liszt, Peter Cornelius, Alban Berg, Hans Pfitzner oder Othmar Schoeck. In einer Rezension von Heines „Buch der Lieder“ schrieb Hebbel, dass Lyrik dort am vollkommensten sei, „wo Gefühl und Gedanken gleichmäßig und unzertrennt tätig sind.“ Und in den „Tagebüchern“ heißt es, Lyrik sei das „Elementarische der Poesie, die unmittelbarste Verbindung zwischen Subjekt und Objekt.“ An anderer Stelle: „Dichten heißt nicht LebenEntziffern, sondern Leben-Schaffen.“ Hebbels lyrisches Ideal war die Verschmelzung von Phantasie und Denken: „Dichten ist nicht unklares Denken, sondern ein gesteigertes Leben.“. -- Dieses „gesteigerte Leben“, die offenbar gelungene Verbindung von Subjekt und Objekt in einer Synthese von Phantasie und Form ließen Hebbels Lyrik zur Inspirationsquelle für Liedkompositionen ersten Ranges werden. Die vorliegende CD stellt diese Hebbel-Lieder endlich einer breiteren Öffentlichkeit vor. Als wir Volker David Kirchner um eine Hebbel-Vertonung baten, entschied er sich sofort zur Komposition von ‚Hagens Traum’ (Die Nibelungen, Kriemhilds Rache, 2. Akt., 1. Szene). Schon Goethe hatte 1807 nach der eher zufälligen Lektüre dieser Szene (freilich im mittelalterlichen Epos) in seinen Tag- und Jahresheften notiert: „Ich phantasierte mir ... eine für sich bestehende Ballade des Inhalts, die mich in der Einbildungskraft oft beschäftigte, obschon ich es nicht dazu brachte, sie abzuschließen und zu vollenden.“ Wir sind V. D. Kirchner für diese faszinierende Gesangsszene besonders dankbar! Stellt sie doch ein weiteres Beispiel dafür dar, wie anregend auch im Musikalischen Hebbels Sprachkraft bis heute zu wirken vermag. Ulf Bästlein


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