Theodor Storms Lyrik eignet „ein unsagbar feiner, tiefer und unbeirrbar sicherer musikalischer Klang“ (Georg Lukács). Ihre „extreme Subjektivität“ (Karl Ernst Laage) manifestiert sich in meist schlichten, liedhaften Gedichtformen, es soll in ihr „eine Menschenseele ihr Innerstes rein und voll aussprechen“ (Theodor Storm). Vor etlichen Jahren schon fragte ich mich (als Husumer selbst in Storms Seelenlandschaft und mit seiner Lyrik aufgewachsen), warum es bisher keine diesem singenden Dichter (Storm trat auch häufig und gern als Tenorsolist auf!) gewidmete CD gebe. Die Flut von Audio- Veröffentlichungen mit Goethe-, Heine-, Schiller-, Rückert-, Mörike-, Eichendorff- usw. – Liedern ist ja kaum noch zu überblicken. Dies war der Beginn einer langen, spannenden, viele Überraschungen in sich bergenden Forschungs- und Auswahltätigkeit. Es ist nicht verwunderlich, dass die Stormsche Lyrik mit ihrem „musikalischen Klang“ ungeheuer oft vertont worden ist; - erstaunlich bleibt jedoch, mit was für unterschiedlichen kompositorischen Mitteln dies geschah und geschieht! Charles Spencer, den ich bald für das Projekt gewinnen konnte, und ich sichteten im Laufe einiger Jahre mehr als 2500 Liedkompositionen nach Storm-Gedichten. Wir suchten nach den Liedern mit der höchsten musikalischen Qualität. Was zunächst erstklassig schien, wurde später häufig wieder verworfen – und umgekehrt. Ein langer, spannender Prozess..... Die nun vorliegende CD enthält Lieder unterschiedlichster stilistischer und kompositorischer Provenienz. – Es stellt sich nun die wichtige Frage: wie kann man der Stormschen Lyrik im Lied am ehesten gerecht werden? „Grüblerische Feinfühligkeit, Wärme und Innigkeit, Leidenschaft und Wehmut gehen in diesen Gedichten eine Synthese ein, aus der einzelne Elemente gestalterisch zu isolieren gefährlich werden kann. Wer kompositorisch den liedhaften Gesamtduktus aufbricht, verliert die starke Formkraft und die konzise Einheit der Gedichte. In diesem Sinne können die Vertonungen zweitrangiger Komponisten, ja von Salonmusikern, dem Gesamtbild näherkommen, indem sie geradlinig die Liedform umsetzen. Doch kann umgekehrt der Volksliedton den Hörer – wie schon den Leser – darüber hinwegtäuschen, dass hier ein stark und warm, ja feurig empfindender und andererseits hochdifferenzierter und mit leisen Mitteln arbeitender Geist in diesem schlichten Gewand, wie die Romantiker, eine Synthese seiner selbst erhoffte. Wer also die Komplexität hinter der Form außer acht lässt, ist in den meisten Fällen ebenso weit davon entfernt, den Gedichten gerecht zu werden“ (Barbara Dietz). Welche Lieder der vorliegenden CD nun der Stormschen Lyrik am ehesten gerecht werden, dies mögen Sie, die Hörer, beurteilen! Ulf Bästlein