Zwangsverheiratung bekämpfen – Betroffene wirksam schützen

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Kapitel C. Seite 25

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Inhalt

Jugendhilfe für die Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII hinzuweisen und eine entsprechend fundierte Sachverhaltsprüfung einzufordern. Je klarer die Leistungspflicht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe im konkreten Fall herausgearbeitet wird, desto einfacher wird in der Folge die Abgrenzung zu anderen Sozialleistungen fallen. Denn an erster Stelle muss die Beantwortung der Frage stehen, ob im Einzelfall nicht eine Hilfe zu gewähren ist, für die allein die Kinder- und Jugendhilfe sachlich zuständig ist. Gleiches gilt selbstverständlich auch für andere Sozialleistungsträger. So erfolgen Leistungen der Eingliederung in Arbeit in aller Regel ausschließlich im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit der Agenturen für Arbeit. Halten verschiedene Sozialleistungsgesetze jedoch identische Leistungen vor, so stellt sich die Frage, welche Leistungspflicht vorrangig zu erfüllen ist. Das Verhältnis von Leistungen der Jugendhilfe zu den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende regelt § 10 Abs. 3 SGB VIII, der sich als Kollisionsnorm gerade auf den Fall bezieht, dass Leistungskonkurrenzen tatsächlich auftreten, d.h. Leistungen mit gleichem Sinn und Zweck sowohl vom SGB-II- als auch vom SGB-VIII-Träger im Einzelfall beansprucht werden können. Danach gehen Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB II zwar grundsätzlich vor, dies gilt jedoch nicht für die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 3 Abs. 2 und §§ 14 bis 16 SGB II, die wiederum den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vorgehen. Diese durchaus komplizierte Regelung verlangt eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall über Anlass, Art und Umfang der geeigneten und erforderlichen Hilfe. Kann diese gleichermaßen den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe wie auch den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugeordnet werden, so muss die Entscheidung zur vorrangigen Leistungspflicht anhand der Kollisionsnorm des § 10 Abs. 3 SGB VIII getroffen werden. Dabei ist zu bedenken, dass auch die nachrangige Leistungspflicht erhalten bleibt und ggf. im Rahmen einer vorläufigen Leistungspflicht Wirkung entfalten kann (vgl. 4 b)). Für den die Praxis besonders beschäftigenden Fall der Hilfe für junge Volljährige sind folgende Überlegungen maßgeblich: Die Ausgestaltung der Hilfe nach § 41 SGB VIII richtet sich nach den § 27 Abs. 3 und 4 sowie den §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 SGB VIII (§ 41 Abs. 2 SGB VIII). Daraus folgt, dass die Hilfe in stationärer, teilstationärer oder ambulanter Form erfolgen kann. Eine entsprechende Feststellung im Einzelfall ist insbesondere wichtig für die Klärung des Verhältnisses zu materiellen Leistungen nach anderen Gesetzen. Wird eine stationäre Hilfe nach § 41 SGB VIII gewährt, so umfasst diese auch den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe der Leistungsberechtigten. Entsprechende Leistungen nachrangig verpflichteter Leistungsträger kommen dann nicht in Betracht. Andere finanzielle Leistungen wie BAföG oder Kindergeld werden im Rahmen der Kostenbeteiligung angemessen verrechnet. Wird jedoch lediglich eine teilstationäre oder ambulante Hilfe nach § 41 SGB VIII als geeignet und erforderlich erkannt, so besteht keine Leistungspflicht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zur Deckung materieller Bedarfe. In diesem Fall kommen Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zur Sicherung des notwendigen Unterhalts grundsätzlich in Betracht.


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