UNTERWEGS MIT
CAMILLE BALANCHE
Weltmeisterin und Adrenalinjunkie Die multidisziplinäre 31-jährige Sportlerin Camille Balanche wurde im vergangenen Oktober in Leogang, Österreich, Downhillweltmeisterin. Mit Blick auf künftige Meisterschaften trainiert sie fleissig in der Schweiz sowie in Camps im Ausland. TEXT ALINE BEAUD | FOTO JEY CRUNCH
S
port habe ich nicht angefangen, sondern schon immer gemacht», sagt Camille Balanche. Der Grund dafür ist einfach: Ihr Vater ist kein anderer als der Skispringer Gérard Balanche, der seiner Tochter den Sport praktisch in die Wege gelegt hat. Die 31-Jährige betreibt verschiedene Disziplinen, darunter zehn Jahre lang Eishockey und Fechten.
Magglingen vorrangig «Mein Traum war Magglingen», fügt sie an. Nach einem Abstecher nach Kanada war der Wunsch nach einem Master in Sportwissenschaft an der Eidgenössischen Hochschule stärker, als es ihre Ambitionen im Eishockey waren. «Mit achtzehn Jahren war ich nicht mehr im Alter, um mit Jungs zu spielen, und da sich damals die nächstgelegene A-Liga-Frauenmannschaft in Zürich befand, waren die Anfahrtswege nicht mit dem Studium vereinbar», so Camille Balanche. Mit ihrem Abschluss in der Tasche arbeitet sie als Personal Trainer in einem Fitnesscenter und springt ab und zu als Sportlehrerin an der Berufsschule ein. Seit September 2020 lebt sie nur noch vom Downhill. «Der Titel als Weltmeisterin hat in meinem Fall nicht viel geändert. Ich habe vor allem das Glück, Teil eines Teams zu sein (Anm. d. 72 touring | Mai 2021
Red.: Dorval AM)», erläutert die Sportlerin, die das Mountainbiken vor sechs Jahren während einer Blockwoche in Magglingen kennenlernte. Es war ihre Lebensgefährtin Emilie Siegenthaler, die sie damit bekanntmachte. «Ein Funsport, der schöne Adrenalinschübe und ein Eintauchen in die Natur verspricht.» Die gemeinsame Leidenschaft schweisst die beiden Sportlerinnen und Konkurrentinnen auf der Piste zusammen, und sie tauschen sich über die technischen Schwierigkeiten der verschiedenen Pisten aus. «Das ist mit den anderen Konkurrentinnen nicht unbedingt so, auch nicht innerhalb meines Teams», so Camille Balanche. Ein wertvoller Austausch, der es den beiden Bikerinnen ermöglicht, an der Spitze zu bleiben. In Leogang war es nicht die Geschwindigkeit, die es Camille Balanche ermöglichte, das Podium zu erklettern, sondern ihre taktische Strategie. «Mein Ziel war, unten anzukommen. Ich bin die Einzige, die nicht gestürzt ist», so ihr Fazit.
Adrenalin und Spass Camille Balanche ist die erste Schweizer Weltmeisterin im Downhillbiken. Sie hofft sehr, dass ihre Goldmedaille jungen Talenten, die den Einstieg in diese Disziplin suchen, helfen wird. «Momentan gibt
es keine Unterstützungsstruktur für Anfänger», bedauert sie und gibt nebenbei einige Tipps für Anfänger. Vertrauen aufbauen und gleichzeitig Spass haben, so lautet die Zauberformel der Sportlerin aus Le Locle, welche die super gebauten, natürlichen und auf Fun ausgelegten Pisten von ChampéryMorgins besonders liebt. «Man muss viel mit Besseren, als man selbst ist, fahren und ihnen zu folgen versuchen.» Und für den Anfang braucht man kein Supervelo. «Am besten ist ein Endurobike», meint die Sportlerin, die sieben verschiedene Zweiräder besitzt, vom City- bis zum Dirtbike. «Eines von jeder Sorte», scherzt sie, «und sogar ein E-Bike!» Ihr zufolge eine tolle Erfindung, welche das Velofahren auch älteren oder weniger fitten Menschen ermöglicht. Allerdings beklagt sie die wachsende Zahl der damit verbundenen Unfälle. Im Winter trainiert Camille Balanche etwa acht bis fünfzehn Stunden pro Woche. «Im Sommer trainiere ich noch mehr», betont die Sportlerin, die bereits den zweiten WM-Titel anstrebt. ◆
«Mein Ziel war, unten anzukommen. Ich bin die Einzige, die nicht gestürzt ist.» Camille Balanche, Weltmeisterin im Downhill, äussert sich zur Abfahrt, die ihr Gold brachte
Sie meistert die Kurven mit Spass an Tempo und Adrenalin