Touring 05 / 2021 deutsch

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STANDPUNKT

Spitzen brechen mit MobilityPricing: unfair und unsozial Mit einem neuen Gesetz soll die Grundlage geschaffen werden, dass Pilotprojekte zu Mobility-Pricing durchgeführt werden können. Doch damit wird der Schlagbaum am Stadttor ermöglicht. TEXT PETER GOETSCHI | FOTO EMANUEL FREUDIGER

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obility-Pricing ist seit Jahren nicht nur ein Modewort, sondern wird gar als Allheilmittel herumgereicht: Wenn die Rede davon ist, Probleme im Zusammenhang mit der Mobilität anzugehen, so wird immer wieder der Begriff Mobility-Pricing strapaziert. Die einen wollen damit lenken (oder gar verhindern), die anderen finanzieren, wieder andere wollen beides zusammen. Schliesslich gibt es auch noch die Gruppen, die unter dem Deckmantel eines Mobility-Pricings nichts anderes als ein ausschliessliches Road-Pricing (Weggebühren mit dem Ziel der Einschränkung des Autoverkehrs) einführen wollen.

dividuelles Mobilitätsverhalten – unabhängig von Stosszeiten – steuern und lenken können. Auch wenn das Ganze unter dem Deckmantel von Mobility-Pricing – das heisst Bepreisung der gesamten Mobilität – präsentiert wird, so sollen auch Pilotprojekte für nur einen Verkehrsträger möglich sein, was den Schlagbaum am Stadttor nicht nur ermöglicht, sondern geradezu ankündigt. Und den Flickenteppich unterschiedlicher Verkehrsgebühren, in welchen eine Umsetzung des Gesetzes die Schweizer Landschaft zu verwandeln droht, kann man sich auch sehr plastisch vorstellen.

Kurzum: Eine Umsetzung des Gesetzes Auch der Bundesrat hat das Thema aufwürde Tür und Tor für willkürliche genommen. Im Jahre 2016 hat er seine Einschränkungen und eine unsoziale diesbezüglichen Vorstellungen in einem Verteuerung unserer persönlichen Konzeptbericht veröffentlicht, und 2019 Mobilität öffnen. Die Schweiz würde folgte eine theoretische Wirkungssich ganz einfach von der Errungenanalyse am Beispiel der Region Zug. schaft der freien und fairen BeHeute will der Bundesrat einen Schritt nützung von Strasse und Schiene weiter gehen: Mit einem verabschieden. Es neuen Gesetz soll die würde nicht gelenkt, «Die Mobilität Grundlage geschaffen sondern bestraft. würde von werden, dass Kantone, Diejenigen, die Städte und Gemeinden feste Arbeits- oder der Kaufkraft Pilotprojekte zu MobiliSchulzeiten haben abhängig ty-Pricing durchführen und nicht auskönnen. weichen können, gemacht.» Peter Goetschi, müssten eine Zentralpräsident TCS Pendlersteuer entNun soll man sich bekanntlich neuen Dingen richten, die Mobinicht einfach verwehren, und neue lität würde von der Kaufkraft Wege mit Pilotprojekten auszuprobieren, abhängig gemacht. tönt ja – zumindest auf den ersten Blick – ganz vernünftig. Wenn dann noch die Dabei gibt es für den Umgang Möglichkeit des Spitzenbrechens, also mit Verkehrsspitzen viel bessere weniger überfüllte Züge und Strassen, Alternativen, das hat uns die in Aussicht gestellt wird, dann darf man Corona-Krise gezeigt: Flexibilija wohl kaum Nein sagen. Oder doch? sierung von Arbeits- und SchulWenn man den Gesetzesentwurf näher zeiten, Telearbeit und vermehrter anschaut, so kommen rasch grössere Be- Einsatz von virtuellen Sitzungen denken auf. Die Behörden sollen ein sind Ansätze, die es nicht 1:1 zu Werkzeug erhalten, mit welchem sie inübernehmen gilt, aber das Poten34 touring | Mai 2021


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