TiPs Das Magazin Jena+Saaleland August 2019

Page 18

Fortsetzung der Serie: Das Landratsamt Saale-Holzland-Kreis stellt vor

Das Heimatmuseum Tröbnitz Vor vielen Jahren versammelte Bürgermeister Wolfgang Fiedler ein paar Dorfaktivisten im Feuerwehrhaus: „Wir brauchen einen Heimatverein und Manfred Zippel, du machst den Chef. Alles klar?“ Bereits fünf Jahre später gründeten sie den „Heimat- und Museumsverein Tröbnitz und Umgebung“. Den Start dafür gab die wiederhergestellte Pfarrscheune und dass Wolfgang Fiedler Fördermittel dafür „locker gemacht“ hatte. Sie bot nun die Räumlichkeiten für das Vereinsleben und für ein Heimatmuseum. Der Heimatverein, der CVJM und der Kunstverein „Klingenpresse“ belebten von nun an den schmucken Fachwerkbau auf dem mit 375 T€ und viel Eigenleistung denkmalgerecht renovierten 500 Jahre alten Pfarrhof. Erfreulicherweise identifizierten sich eine Menge Leute aus dem Dorf und aus der Umgebung mit der Idee eines Heimatmuseums. Viele schenkten oder liehen dem Verein, was sie auf dem Boden, im Keller oder im Nachlass der Verwandtschaft an Aufhebenswertem oder heutzutage Aufsehenerregendem fanden. Das landete dann auf den beiden Oberböden der Pfarrscheune. Als „geordnetes Sammelsurium“ von Utensilien des täglichen Lebens vergangener Generationen. Die ältesten Fundstücke von Ausgrabungen auf dem Kirchberg, nördlich unweit der Kirche, befinden sich in Vitrinen: Uralte und mittelalte Keramikscherben von Krügen, Schüsseln und Schüssel-Ofenkacheln, die zum Teil auf die farbige Werrakeramik hinweisen, Pfeifenköpfe, Eisenluppen und Glasschmelzen. Die ersten Teile förderte 1998 ein Maulwurf zu Tage und machte so auf die Fundstätte aufmerksam. Es fanden sich Fundamente zweier kleiner Adelssitze, vermutlich niedrigen Adels, die dem „höheren“ Adel bei der Ausrichtung von Jagden im hiesigen Lieblingsrevier von Herzögen und Fürsten zu Diensten standen. Die Grabungen endeten 2007. Ein weiterer Zufall führte 2007 zur Entdeckung eines 10 m tiefen Ziehbrunnens, als Gerd Zimmermann bei Fußbodenarbeiten im Stallgebäude des Pfarrhauses die Gewölbekappe durchschlug, die ihn seit 1760 verschloss. In der Auffüllmasse des teilweise zugeschütteten Schachtes fanden sich ebenfalls zahlreiche Relikte aus dem 16. Jahrhundert. Neben Keramik und Butzenscheiben auch lederne Reste von Sandalen, Messerreste, eiserne Ketten und Beschläge nebst dem zugehörigen Schöpfeimer. In der Museumsscheune finden sich die einst „auf dem Dorfe“ ausgeübten Gewerke wieder. Bottiche, Butten, Fässer und ein „Jaucheauflieger“ der ehemaligen Böttcherei Fröhlich, gegründet 1883, betrieben bis 1951, fallen ins Auge. Interessant eine Fugbank, Vorläufer einer „Abrichte“, aus dem Jahre 1798 und die Preisliste der Böttcher-Zwangsinnung von 1924 – in Goldmark. Daneben Utensilien und Produkte des Korbmachers Franz Schumann, nebst seinem letzten, 2001 geflochtenen Korb. Land- und Waldwirtschaft, Bäckerei und Milchverarbeitung, z. B. mit einem enormen Butterfass, fanden Platz. Schule, Kindergarten, Vereine und der Bereich Familienleben mit allem denkbaren Haushaltsgerät ebenfalls. Eine komplette Schusterwerkstatt nebst handgefertigtem Schuhwerk für jedes Alter in einem extra Raum, das Thema Wäschewaschen eine Treppe höher. Für die 17 ehrenamtlichen Vereinsmitglieder, ihre Helfer und Gönner bleibt, wie in jeder derartigen Einrichtung, immer etwas zu tun. Darüber beraten sie dann meist in ihren schmucken, neu solide und ganz in Holz ausgebauten und eingerichteten Vereinsräumen im Obergeschoss eines Nebengebäudes. Anlässlich der erfreulich häufigen Festlichkeiten im Pfarrhof oder auf Vereinbarung zeigt jemand vom Heimatverein gerne Gästen sachkundig die Ausstellung, auch die skurrilen Wurzelskulpturen aus der Sammlung Rolf Hädrich und andere Kuriosa. Wilhelm Schaffer Pfarrwinkel 11 | 07646 Tröbnitz Telefon 030428 54159

18

TiPs Das MAGAZIN Jena + Saaleland


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.