!ticket November 2021

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TIM_08_11_Coverstory Helene Fischer_g_KSB.qxp_Layout 1 27.10.21 12:38 Seite 3

Die Klingen kreuzen Doch das Fieber lässt sich mit bloßen Verkaufszahlen, ausverkauften Stadien und Einschaltquotenrekorden im TV nicht mehr so einfach spüren. Helene will mehr und kalkuliert geschickt. „Vamos A Marte“ ist eine von den Fans zwar ambivalent aufgenommene, aber kommerziell ungemein geschickte Kooperation mit Superstar Luis Fonsi. Der lieferte mit „Despacito“ trotz Winterveröffentlichung nicht nur den Sommerhit 2017, sondern kreierte dazu mit bislang 7,5 Milliarden Klicks auch noch das zweiterfolgreichste YouTube-Musikvideo aller Zeiten. Schlager, Pop, Beats – völlig egal, alle Schubladen werden aufgerissen und kräftig durchwühlt. Kommerzieller Topstar neben kommerziellem Topstar, dazu werden gleich zwei Märkte bedient. Die ganz Großen ihrer Zunft kreuzen schon längst die stilistischen Klingen, das bewiesen zuletzt die britischen Schmalzpopper Coldplay, deren Kooperation mit den südkoreanischen Weltstars BTS Märkte eröffnen soll, die bislang noch unberührt blieben. Wo die einen sich am hierzulande immer noch sträflich vernachlässigten asiatischen Handelsplatz delektieren, versucht Helene es mit einer Annäherung an die spanischsprachige Klientel, die immerhin 7,5 Prozent der gesamten Weltbevölkerung ausmacht. „Volle Kraft voraus“ verspricht Fischer in ihrer zweiten Single-Auskoppelung und lässt uns teilhaben an den Umbrüchen ihres Lebens, den Befreiungen und Veränderungen, die ein derart schillerndes Superstardasein unweigerlich mit sich bringen. Was als zarte Klavierballade beginnt, steigert sich in ein Crescendo voller Beats und Streicher, das mit Kraft und Zuversicht in eine bessere Zukunft führen soll. Helene Fischer ist längst nicht mehr nur die kunterbunte Chartstürmerin, sondern ermutigt und empowert die Gesellschaft, sich

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nicht unterkriegen zu lassen. Hinter der unnahbar wirkenden Fassade Fischers steckt schon lange mehr als ein verkaufsträchtiger Goldesel. Schon 2018 stellte sie sich politisch unerwartet klar deklariert hinter die #wirsindmehr-Bewegung und damit gegen die aufsteigende Bevölkerungsspaltung in Deutschland. Letztes Jahr bezog sie Stellung für alle Künstlerinnen, Ton- und Lichttechniker und Crewmitglieder, die im schmerzhaften Covid-Rausch von der Bundesregierung sträflich im Stich gelassen wurden. Helene ist mächtig und glaubhaft. Eine Kombination, an der so manch anderes mediales Aushängeschild kümmerlich scheitert. Über die letzten Jahre hat sie den Schein der Berührbarkeit perfektioniert. Trotz ihres bewussten Zurückziehens aus dem täglichen Schlagzeilentrubel suggeriert

sie ihren Fans eine intime Nähe, doch geschickt trennt sie sich von ihren Anhängern durch eine imaginäre Glaswand ab. Die zum Album veröffentlichte Doku „Im Rausch der Sinne“ versprach, dass man die Künstlerin so persönlich und nah wie nie erleben könne, blieb dem Privatmenschen dann aber doch weitestgehend fern. Persönliche BackstageStorys und genauere Einblicke in ihre Songs und deren Entstehungsprozesse sind interessant, lassen aber nicht viel vom Menschen hinter der künstlerischen Fassade erkennen. Der devote Fan lechzt und dürstet nach mehr, doch die Inszenierungsmaschinerie hat klar festgelegte Grenzen. Fischer schafft es trotz allem, Authentizität zu vermitteln, Blicke tief hinter die Kulissen zu suggerieren und in den richtigen Momenten auf die passenden Knöpfe zu drücken. Als sie 2011 das „Phänomen“ besang, war ihr vielleicht noch nicht so ganz klar, dass es dabei in erster Linie um sie selbst gehen würde. „Du, bist ein Phänomen / du, kannst die Erde drehen“ – und wenn das Erdenrund irgendwann zu klein wird, dann geht es zum Mars hinauf. Denn darunter kann ein fleischgewordener Superlativ wie Fischer nicht mehr existieren. Selbst ein Robbie Williams bettelt schon demütig um ein Live-Duett in München. God save the queen! n Helene Fischer gastiert am 20. August am Messe Open Air in München, bereits davor am 8. April im Rahmen vom Sound & Snow in Gastein.


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