LIQUID DESIGN:
Markentreue ohne Millimeterpapier Corporate Identity, Corporate Design, Marken leitbild â Themen, die so alt sind wie die Diszi plin des Marketing selbst. Tradition, Innovation, FĂŒhrungsanspruch â Werte, die sich Unter nehmen gern auf die Fahne s chreiben. Segel setzen und auf der Erfolgswelle mitschwimmen. Aber wie traditionell darf man auf Twitter sein, wie innovativ darf man GeschĂ€ftsberichte gestalten, ohne die Zielgruppe zu vergraulen? Was ist die Marke eigentlich? Eher ein Superheld in Mausgrau oder martialischer dunkler Ritter?
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THREE MINUTES AUSGABE 2016
DAMALS
Der Pappenkoffer vorbereitet, die PrĂ€sentation in der Tasche. Auf zum Workshop. Corporate Identity das Thema. Im GepĂ€ck: die umfassende Dokumentation des entwickelten Designs â das Design-Manual. Stringent sollte es sein, möglichst wenige Schlupflöcher bieten und nachgelagerten Dienstleistern einen umfassenden und vollstĂ€ndigen Ăberblick bzw. Gestaltungsbaukasten an die Hand geben. Interpretierbarkeit und SpielrĂ€ume minimiert â alles im Sinne der SelbstĂ€hnlichkeit und Wiedererkennbarkeit. So wurde Design ĂŒber Jahrzehnte praktiziert und je nach Unternehmen in groĂe Kompendien gegossen, 600 bis 800 Seiten keine Seltenheit. Jede BroschĂŒre, jedes Plakat und jeder Kugelschreiber wurde in epischer AusfĂŒhrung beschrieben und vermaĂt. Nicht selten wurde dieses Werk als âDesignBibelâ bezeichnet und die UnglĂ€ubigen, bzw. deren EntwĂŒrfe, damit eines Besseren belehrt. Die umfassende Anleitung der Gleichschaltung sĂ€mtlicher Dienstleister. In der Zeit vor Social Media und multimedialer Kommunikation vielleicht sogar die angemessene Vorgehensweise. Einmal erschaffen und in Stein gemeiĂelt, wussten Agentur und Auftraggeber, wie der Hase lĂ€uft. NĂ€mlich immer geradeaus und manualkonform. Die Marke als Sender der Botschaft â monologisch und zielgruppengerecht.