Tempelhof. Das Feld

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Ob es die Pause vom Lernen ist oder eine Runde vor der Arbeit – oft wurde dem Sport eine beinahe kontemplative Wirkung zugesprochen.

(…) Und da ist dann eher der Mehrwert halt einfach im… Nachdenken. Im Meditativen. So Gedanken mal anschalten, die du sonst nicht hast.“ (Interview, 02.07.13)

Baran: „Laufstrecke, das ist freies Feld, freie Übersicht und dass man die Gegend genießen und sich ins tagtägliche Leben wieder einordnen kann. Weil, das ist dann gleichzeitig Motivation für mich, für meinen Tagesablauf, wo ich sagen kann: Da kann ich mich halt darauf vorbereiten, die Motivation wieder Arbeiten zu gehen, weil (…) Das macht einen frei!“ (Interview, 02.07.13) Nils: „Das ist halt so ein Ruhepol in dieser Großstadt. Das ist hier echt faszinierend.

Die Besuche von Joggern auf dem Feld haben eher einen flüchtigen Charakter. An oberster Stelle stehen die Erholung und eine unmittelbare Körpererfahrung, das heißt: die eigenen Muskeln in Bewegung zu spüren. Die Entspannung beim Kiten entwickelt sich hingegen eher über die Dauer des ausgeübten Sports, da Kiten oft einen ganzen Tag in Anspruch nimmt. Der Fokus der KiterInnen liegt dabei auf Spannung und Spaß.

OUTDOOR „Ich mag‘s eigentlich mehr, wenn‘s sogar noch schlechter ist, das Wetter. Also, wenn’s regnet und es irgendwie so unangenehm ist, dann find ich das noch besser zu laufen.“ Outdoor ist ein Gefühl. Die Einen verbinden damit Bewegung im Freien, denken an frische Luft, wollen eins sein mit der Natur. Anderen geht es dabei vielleicht um ein auffallendes, kostspieliges Equipment, das möglichst viele andere sehen sollen. So oder so, diese Assoziationen würde man zunächst nicht mit einem alten Flughafengelände verknüpfen. Doch eben dieses „Outdoorfeeling“ verspüren JoggerInnen wie Kiter auf dem Tempelhofer Feld. Baran: „Und die frische Luft zu genießen. (…) Man kann ja hier seine Seele baumeln lassen. Also, man muss ja nicht unbedingt laufen oder sonst was. Man kann ja gehen und entspannen. Oder der weite Blick. Oder den Sonnenuntergang beobachten, wenn es schönes Wetter ist.“ (Interview, 02.07.13) Nils: „Ich mein, wenn de halt einfach in so ’nem Betonding wohnst, also ich steh auf Beton, aber wenn de da halt wohnst und du überhaupt kein Grün mehr und keine

Weite mehr hast, also das ist ja so ne Distanz irgendwie… Dann haste halt auch irgendwann keine Lust mehr auf die ganzen Sachen. Also, dann gehste auch so ein bisschen ein.“ (Interview, 02.07.13) Es geht ihnen also darum, den Blick einmal in die Weite schweifen zu lassen, den Häuserschluchten zu entfliehen und die Elemente am eigenen Körper zu spüren – „Naturgefühle“ eben. Und so birgt jede Jahreszeit für unterschiedliche Sportarten ganz besondere Reize. Im Sommer gleicht das Feld einer Steppe ohne Schattenplätze. Das vertrocknete Gras ist gelb verfärbt. Wenn im Winter Schnee liegt, kann man dort SnowkiterInnen in Aktion beobachten. Im Gegensatz zu JoggerInnen sind KiterInnen auf eine ganz andere Weise dem Draußen abhängig: Wind sowie eine große Freifläche sind überhaupt erst die Grundvoraussetzungen für ihren Sport. Mark: „Das ist so ganz schwierig zu beschreiben. Ich glaube das muss man erlebt haben,

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