Aktiv im Allgäu | Winterausgabe 2017

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G E S U N D &V I TA L

Richtig aufwärmen – So geht’s Ist Aufwärmen nun etwas für Weicheier oder doch ziemlich schlau? Soll man vor oder nach dem Sport dehnen? Und was macht man im Winter? Wir haben Experten gefragt, wie man richtig aufwärmt und Verletzungen vermeiden kann. Text: Melanie Müller

In der Boulderhalle oder neben der Skipiste: Wer sich gewissenhaft vor dem Sport aufwärmt, wird von den Coolen und Harten gerne etwas belächelt. Die steigen lieber direkt in eine schwierige Route ein oder schwingen von der Gondel direkt hinein in die schwarze Piste. Wer ist denn nun hier der Schlaue? Wie wichtig ist es, den Körper vor der Aktivität in Schwung zu bringen? Und wie macht man es richtig? Fragt man Experten, dann sind sie sich zumindest in einem Punkt einig: Ein Kaltstart ist keine gute Idee. Ein Warm-up beugt Verletzungen wie Zerrungen und Faserrissen vor, indem es die Muskeln, Sehnen und Gelenke auf die kommende Belastung vorbereitet. „Aufwärmen dient vor allem dazu, den Kreislauf in Schwung zu bringen, um die Durchblutung der Muskulatur zu verbessern und sie somit leistungsbereit zu machen“, so Dr. Kurt A. Moosburger im Interview. Der Tiroler Internist und Sportmediziner hat sich eingehend mit dem Thema Aufwärmen und der Prävention von Sportverletzungen auseinandergesetzt. „Meist genügen 5-10 Minuten, in denen man die großen Muskelgruppen bewegt, z.B. mit lockerem Laufen oder etwa vor dem Skifahren durch Armkreisen, Rumpfkreisen und Beinschwingen.“

Aufwärmen im Winter Ganz besonders wichtig ist dies in der frostigen Jahreszeit. „Gerade im Winter, wenn es kalt ist und oft Wind dazukommt, sollte man auf das Aufwärmen nicht völlig verzichten,“ rät der Experte. „Für Skifahrer wäre es z.B. ideal, wenn sie neben den o.a. Übungen auch einige Meter gehen oder bergauf »bretteln« würden, bevor sie die erste Abfahrt machen. Eine warme Gondel zählt noch nicht als »aufwärmen«.“ Übrigens macht so eine Vorbereitungsphase auch auf mentaler Ebene Sinn: So kann sich auch das Gehirn auf die anstehenden Aktivitäten vorbereiten und »warmlaufen«. Weitere Faktoren, die für ein Aufwärmprogramm sprechen, sind etwa ein erhöhtes Lebensalter oder Trainingseinheiten am sehr frühen Morgen, wenn wir etwas länger brauchen, um auf »Betriebstemperatur« zu kommen.

Dehnen ist nicht Aufwärmen Welche Übungen wirklich zum Aufwärmen geeignet sind, hängt davon ab, welchen Sport man ausübt. Wie bereits angesprochen, macht es aber in jedem Fall Sinn, die großen Muskelgruppen zu aktivieren. Ein Missverständnis, das Dr. Moosburger besonders gerne aus der Welt schaffen würde, ist, dass Aufwärmen vor allem Dehnen bedeutet. „Dehnen hat mit

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Aufwärmen nichts zu tun“, betont er. „Es steigert nur die Beweglichkeit und hat daher nur Sinn bei Sportarten, in denen diese eine Rolle spielt (z.B. beim Taekwondo oder Hürdenlauf). Dann sollten spezifische und – auch das ist wichtig – dynamische Dehnübungen gemacht werden. Für Ausdauersportarten wie Laufen oder Skitourengehen hat das kein Sinn. Im Gegenteil: Stretching, also statisches Dehnen, kann sogar kontraproduktiv sein, die Bildung von Muskelkater begünstigen und sogar die Verletzungsanfälligkeit erhöhen.“