tango – magazin für schule und studium – 2016/01

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vom kampf um den eigenen körper

mein Film soll zeigen, dass die Würde eines Menschen über allem steht.

se Situation immer stärker

als eine der letzten Filmauf-

belastete. Ich musste etwas

nahmen, schlafend filmen

verändern, um mich wei-

wollte, bin ich nachts ins

terentwickeln zu können. In

Pflegeheim gegangen. Doch

diese Zeit fiel auch der Auf-

bei meinem Besuch um 22

trag, ein Thema für die Ma-

Uhr war sie hellwach! Ich

turaarbeit zu bestimmen.

fragte sie, ob sie sich nicht

Nach einigem Ringen habe

schlafend

ich mich dazu entschieden,

Und tatsächlich: Sie hat den

das Filmemachen zu nut-

Kopf zur Seite gelegt und

zen, um die Erfahrungen

die Augen geschlossen. Ich

mit MS zu verarbeiten und

weiss nicht, ob sie das wirk-

mich zumindest damit zu

lich bewusst gemacht hat

konfrontieren.

oder einfach müde wurde,

könnte.

Mama kann sich nicht

aber für mich fühlte es sich

mehr äussern, also auch

in diesem Moment einfach

keinen Filmaufnahmen zu-

richtig an, sie zu filmen und

stimmen. Das verunsicherte mich zu Beginn. Ich wollte meine

Familiengeschichte

aus dem Film ausklammern und habe über mein Umfeld nach anderen MS-Betroffenen gesucht. Ich habe

Lange habe ich versucht, MS und die Veränderungen meiner Mutter zu verdrängen, zu ersticken.

mich für sechs Menschen entschieden, die nun Teil

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stellen

diese Geschichte auch in die Öffentlichkeit zu tragen.

Mir ist es wichtig, dass die eigene Geschichte nicht dominant ist, weil ich mit diesem Film die verschiedenen Aspekte von MS zeigen möchte. Mit angemessenem Respekt

gegenüber

allen

meines Filmes geworden sind. Es folgten weitere

porträtierten Personen versuche ich, den Zu-

Besuche ohne Kamera und lange Gespräche.

schauer möglichst tief in die einzelnen Schick-

Ausführlich habe ich mit dem Pflegeper-

sale hineinzuziehen und Verständnis entstehen

sonal und mit meiner Familie diskutiert, ob die

zu lassen. Dabei habe ich versucht, auch vor

Geschichte Mamas, aber auch mein eigenes Su-

schwierigen Themen wie dem Tod nicht zurück-

chen, nicht Teil des Filmes werden soll. Ich habe

zuweichen. Rainer, einer der MS-betroffenen

das Gefühl, dass es für Mama so stimmt, wenn sie

Protagonisten, scheidet mit Hilfe der Sterbehil-

nun Teil dieses Filmes geworden ist. Als ich sie,

feorganisation «Exit» aus dem Leben. Die Kame-


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