Snowactive Mai 2018 Deutsch

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PS. Die Kombination darf nicht sterben

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erge Lang würde sich im Grab umdrehen. Er und seine «Viererbande», wie er selbst das Gründer-Quartett des Weltcups nannte, schufen seinerzeit den Jahreswettbewerb, um den vielseitigsten Skirennfahrer zu ermitteln. Jean-Claude Killy, der erste Gesamtsieger im Jahr 1967, tat ihnen den Gefallen zu sagen, dass ihm dieser Titel wichtiger sei als OlympiaGold. Immerhin ist Killy Triple-Olympiasieger. Das half, den Weltcup populär zu machen. Der Amerikaner Bob Beatty ist Anfang April in Colorado als letzter Weltcup-Gründer im Alter von 85 Jahren gestorben. Schön wäre es, sagen zu können: Der Weltcup lebt weiter. Aber dieser ist in ernsthafter Gefahr. Am FIS-Kongress im Mai in Griechenland wird über die Zukunft der alpinen Kombination befunden. Und die Tendenz geht dahin, dass sie keine Zukunft mehr hat. In den provisorischen Weltcup-Kalendern der FIS sind ab der Saison 2020/21 keine Kombinationen mehr aufgeführt, dafür je fünf Parallelrennen. In Wengen käme es am Freitag statt einer Kombination zu einer Abfahrt in zwei Läufen. In Cortina steht 2021 im WM-Programm auch keine Kombination mehr. Was bedeuten würde: Auch 2022 in Peking gäbe es keine Kombi-Olympiasieger mehr. Marcel Hirscher und Michelle Gisin wären die letzten für alle Zeiten. Die Kombination ist die traditionsreichste Disziplin des Skisports. Der Kombi-Sieger überstrahlte einst den Slalom- oder Abfahrtssieger und galt als König des alpinen Skisports. Vor dem Krieg wurden sogar noch Vierer-Kombinationen ausgetragen, neben Abfahrt und Sla-

Richard Hegglin war als Agenturjournalist während vier Jahrzehnten für den Skisport unterwegs und sass 20 Jahre im FIS-Weltcup-Komitee. Heute schreibt er für Snowactive und diverse Tageszeitungen.

lom auch Langlauf und Skisprung. Bernhard Russis Vater gehörte zu den Besten dieses Fachs. Mit dem Aufkommen der Spezialisierung bekam die Kombination einen immer schwereren Stand. Mit kreativen und manchmal abstrusen Lösungen versuchte man im Weltcup, dem entgegenzuwirken. Man kombinierte alles mit allem und verteilte doppelte Punkte für jene, die sich in Abfahrt UND Slalom in den Top Ten klassierten. In Alta Badia testeten Lang und Co. mal ein «Kombinationsrennen» in e i n e m Lauf mit Buckelpiste und unterschiedlich weit gesteckten Toren, ähnlich den Redbull-Skills auf der Lenzerheide. Dieser Kehraus-Event mit Weltklasse-Besetzung ist übrigens äusserst spektakulär und wäre ein Experiment auf höherer Stufe wert. Um die Spezialisierung einzudämmen, bremste man früher Ingemar Stenmark ein, indem nur drei Rennen pro Disziplin in die Wertung

kamen. So holte Peter Lüscher 1979 als erster Schweizer den Gesamtsieg, weil er der Vielseitigste war. Im Gegensatz zu Stenmark (14 Siege) hatte er nur dreimal gewonnen, stand aber zehn Mal auf dem Podest in ALLEN Disziplinen. Für den Schweden war 1978/79 dessen erfolgreichste Saison, aber in der Gesamtwertung wurde er nur Fünfter! Zwei Jahre später bequemte er sich, an der Hahnenkamm-Abfahrt teilzunehmen, um Kombi-Punkte zu ergattern. Das schaffte er dank einem 34. Rang mit 10,72 Sekunden Rückstand. Zum Gesamtsieg reichte es – trotz elf Siegen – wieder nicht. Die grosse Kristallkugel gewann Phil Mahre (nur sechs Siege) mit sechs Punkten Vorsprung. Diese Beispiele illustrieren: Man war bemüht, den Allrounder, den Kombinierer, den vielseitigsten Skirennfahrer zu fördern. Die aktuellen Gewinner Marcel Hirscher und Mikaela Shiffrin siegen auch in den Speed-Disziplinen. Hirscher kokettiert sogar mit der Abfahrt. Einen Sonderstatus geniessen jene Athleten, die in sämtlichen Disziplinen gewinnen. Nur je ein halbes Dutzend schafften das: Zurbriggen, Girardelli, Mader, Aamodt und Miller sowie Kronberger, Wiberg, Pärsen, Kostelic, Maze und Vonn. Sie sind die echten Heros des Skisports. Wenn es keine Kombination mehr gibt, verliert auch der Gesamtsieg seinen Stellenwert, zumal die Speed- und Technik-Rennen im Plan 2020/21 ziemlich ungleich verteilt sind. Dann verkäme die Weltcup-Ehrentafel mit all ihren glorreichen Namen auf einen Schlag zur Makulatur. Es wäre jammerschade.

IMPRESSUM Snowactive Mai 2018, 51. Jahrgang; erscheint 6-mal jährlich ISSN 1661-7185

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