Sutton Krimi: Leseprobe gar.aus

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V Freitag, 28. März, 22.17 Uhr Unschlüssig hielt sich Ike das Mobiltelefon ans Ohr. Nur eine undeutliche Stimme war im Hintergrund zu hören. »Hallo?«, rief sie. »Hallo? Hallo!« Gerade wollte sie das Gerät zuklappen, als eine männliche Stimme zu vernehmen war: »Was soll das?« Dann war es still. Dann wieder: »He, was machst du da?« Irgendetwas an dem Tonfall alarmierte die Kommissarin. »Wer ist denn da? Sagen Sie doch etwas!« »Ja, ach so, du willst …, ja, komm jetzt her! Ja, das ist gut! – Komm!« Die Stimme hallte ein wenig nach, so als spräche der Anrufer nicht direkt ins Mikro. »Wo soll ich hinkommen?«, fragte Ike verwirrt. Sie begann zu frösteln, und es wurde ihr bewusst, dass sie noch ganz nackt war. Sie zupfte das Plaid vom zerwühlten Bett und warf es sich über die Schultern. »Hey.« Dann lachte der Mann nervös auf. «Das ist ja völlig …, aber gut, echt scharf … Hey. HEY!« Jetzt begriff Ike, dass der Mann gar nicht mit ihr sprach. Er schien nicht einmal zu wissen, dass er eine Zuhörerin hatte. »Hast du alles dabei? – Ja, ist okay, klar, du kannst … mach schon!« Der Mann schien ungeduldig zu sein. »Da rein?«, grunzte er. Ein undefinierbares, helles Geräusch war zu hören. Eine Weile blieb es still, dann ertönte wieder die Stimme: »Okay, jetzt du! – Komm! … Komm jetzt!« Die Stimme klang lustvoll. »Aaah …« Offensichtlich war er sehr erregt. Die angesprochene Person sagte nichts. Nehlsen trat von einem Fuß auf den anderen. Es war kalt geworden. Die Sonnenwärme, die für einen überraschend lauen Vorfrühlingstag gesorgt hatte, hatte sich bei einsetzender Dunkelheit der Kälte des zurückweichenden Winters geschlagen geben müssen, die aus dem Kanal aufstieg. 19


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