SO LÄUFT’S
L e a d i ng i n a n e w f t u r e
Frau und junger Mensch ernst genommen zu werden, aber auch, um für meine Arbeit bezahlt zu werden. Wir, die Z-Generation, haben die neuen heißen Themen verinnerlicht, müssen uns aber gegen die alte Leadership stemmen. Leadership, ein gutes Stichwort. Wie steht es um weibliche Leadership? Daniela Holnsteiner: Es gibt definitiv große Unterschiede zwischen weiblicher und männlicher Führung, ich würde aber nicht sagen, dass eine besser ist als die andere. Klar sind wir Frauen sensibler bei manchen Themen, wir investieren vielleicht auch mehr in Teambildung und in Harmonie, aber Frauen sind nicht alle gleich. Ich hatte großartige männliche Führungskräfte in meiner Laufbahn, auch jetzt mit Nicolas Bargi erlebe ich ein Beispiel von unglaublich guter Führung, die mich inspiriert. Gleichzeitig habe ich auch Frauen in hohen Positionen kennen gelernt, die nur Machtkämpfe geführt haben. Es kommt ganz auf die Persönlichkeit an. Cinzia Macchi: Ich habe Männer erlebt, die mir viel beigebracht haben, und Frauen, die mich überhaupt nicht unterstützt haben. Es ist keine Frage des Geschlechtes, sondern des Menschen. Wir müssen heute allen Menschen die gleichen Chancen geben. Valeria Caffagni: Es geht eher um Intelligenz und Sensibilität, als um weiblich oder männlich. Frauen sind vielleicht stärker beim Thema Empathie und verständnisvoller bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben, aber ich würde niemals pauschal sagen, dass weibliche Führung besser ist. Es geht ja heutzutage darum, Strukturen und Teams zu schaffen, die gut miteinander funktionieren, sich gegenseitig unterstützen und zusammen auf ein Ziel hinarbeiten. Trotzdem bleibt es eine Frage der Mentalität – ich arbeite momentan mit einer japanischen Firma zusammen und in Japan sieht man noch weniger Frauen in C-Level-Positionen als in Italien. Doch auch dort beginnt der Umbruch und es wird sichtbar besser und anders. Aber grundsätzlich denke ich, dass man für ein solch komplexes Thema auch Männer an den Tisch holen sollte. Es ist wunderbar, mit so tollen Frauen darüber zu reden, aber nur wenn auch der anderen Seite die Möglichkeit gegeben wird, sich einzubringen und ein Austausch passiert. Sonst drehen wir uns im Kreis. Es darf kein Kampf sein.
arbeiten. Sprich, die Gleichstellung müsste auch in Schulen und Institutionen Thema sein und verankert werden. Seid ihr da gleicher Meinung? Ludovica Braglia: Ich bin überzeugt, dass wir in Italien noch viel zu tun haben und ein neues Gleichgewicht brauchen, aber wir sollten Schritt für Schritt gehen und die Dinge nicht überstrapazieren, weil die Weiterentwicklung sonst keine nachhaltige ist. Natürlich darf es in den Schulen keine Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen geben. Kinder sollten in der Gewissheit aufwachsen, dass sie nicht gleich, aber gleichberechtigt sind. Cinzia Macchi: Genau, ich finde diesen Aspekt extrem wichtig. Man sollte von Kind auf lernen, dass wir alle gleichgestellt sind, es gibt nicht das stärkere Geschlecht. Deswegen engagiere ich mich hier in Mailand bei einer Hilfsorganisation, die in Brennpunktschulen geht und Aufklärungsarbeit leistet, dazu gehört auch Aufklärung zur Gleichberechtigung. Nicht alle Kinder wissen, dass die Frau nicht nur am Herd stehen muss und das tut, was der Mann sagt – um es jetzt so deutlich auszudrücken. Daniela Holnsteiner: In Schulen kann viel bewirkt werden, aber damit ist es nicht getan. Die neue Elterngeneration, also wir, müssen uns dafür einsetzen und Vorbilder für unsere Kinder sein. Ich ziehe sehr oft Vergleiche zwischen Deutschland und Italien und ich erlebe leider noch sehr große Unterschiede. Das konnte ich auch während des Lockdowns sehr klar sehen: In meinem italienischen Freundeskreis mussten viel mehr Mütter mit den Kindern zu Hause bleiben als in meinem deutschen Bekanntenkreis – dort wurde Arbeitszeit und Kinderbetreuung meistens fair unter den Eltern aufgeteilt. Valeria Caffagni: Ja, die Daten sprechen auch Bände. Im Jahr 2020 haben in Italien 42.000 Eltern (von Kindern zwischen null und drei Jahren) ihren Arbeitsplatz verloren, davon sind 77 Prozent Frauen (Quelle: La Stampa). Wir liegen weiterhin auf den untersten Plätzen des Global Gender Gap Reports des World Economic Forum, nämlich auf Platz 63 von 156 und gehören somit zu den europäischen Ländern, die am schlechtesten abgeschnitten haben.
Ludovica Braglia: Ich glaube, dass der Unterschied zwischen Frau und Mann als Mehrwert betrachtet werden sollte. Wie in der Natur kann die Andersartigkeit zu wunderbaren Ökosystemen führen – weiblich und männlich muss nicht entgegengesetzt sein. Meine Frage ist daher, ob Frauen tatsächlich dieselben Chancen bekommen wie Männer, ihre Fähigkeiten zu zeigen. Und das gilt natürlich nicht nur für Frauen, sondern auch für Minderheiten, wie Cinzia vorhin meinte.
Ludovica Braglia: Genau das versuchen wir mit der School of WRÅD zu ändern. Wir möchten allen jungen Leuten dieselben Chancen geben, Neues zu lernen, alle gleichstellen und vom selben Ausgangspunkt starten zu lassen. Die School of WRÅD ist die erste digitale Plattform in Italien, die für alle zugänglich ist. Man kann sich zum Thema nachhaltige Mode Kurse in mehreren Sprachen, auch Sprachen wie Farsi und Hindi, herunterladen. Das ist unsere Idee, wie man Bildung demokratisieren kann und keinen Unterschied mehr macht, ob sie sich nun an Männer oder Frauen, arme oder reiche Menschen wendet.
Frauen und Männern die gleichen Chancen zu eröffnen, würde in meinen Augen in Italien bereits damit beginnen, von Grund auf an der kulturellen DNA zu
Nachhaltigkeit ist ein gutes Schlagwort – denn viele Gamechanger auf internationaler Ebene sind Frauen. Warum? style in progress
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