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Wie Recycling bei PET funktioniert

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Die Ernährung: Wie ist das Jahr 2021 für PET to PET generell gelaufen?

Christian Strasser: Das abgelaufene Geschäftsjahr war für PET to PET wie für die gesamte Wirtschaft sehr herausfordernd. Trotz aller Einschränkungen und der damit zusammenhängenden verhaltenen Nachfrageentwicklung konnte das Jahr zufriedenstellend abgeschlossen werden.

Hat sich die Coronapandemie auf Ihr Unternehmen ausgewirkt?

Strasser: Die Erwartung, dass durch die Verfügbarkeit von Impfstoffen die Pandemie rasch beendet werden könnte, hat sich durch eine weiterhin hohe Infektionslage und damit erforderliche Lockdownphasen nicht erfüllt. Die Lieferketten waren über den gesamten Wirtschaftsbereich empfindlich gestört und führten zu Versorgungsengpässen, verlängerten Lieferzeiten und nicht zuletzt zu extremen Preisentwicklungen. Insbesondere im Bereich der gebrauchten PET- Getränkeflaschen kam es durch eine gute Nachfragesituation und geringe Verfügbarkeit zu einer Verdoppelung des Preisniveaus im ersten Halbjahr. Eine sehr besorgniserregende Situation, welche geeignet ist, die sich gut entwickelnde Kreislaufwirtschaft zu bremsen, insbesondere wenn Primärrohstoffpreise deutlich kostengünstiger sind wie gleichwertige Sekundärrohstoffe.

Wird die Einführung eines Pfandsystems Auswirkungen auf das Unternehmen haben?

Strasser: Die Einführung eines Pfandsystems hat eindeutig positive Auswirkungen sowohl auf die Qualität (keine stofflichen Verunreinigungen) als auch auf die Rücklaufmenge. Es darf davon ausgegangen werden, dass dadurch der Stoffkreislauf der Getränkeflasche aus PET noch besser geschlossen werden kann. Der Kreislaufschluss muss vornehmlich in der ursprünglichen Anwendung gelingen, ein „downcyceln“ in niederwertige Anwendungen, welche danach eine Wiederverwendung verunmöglichen, soll tunlichst ausgeschlossen werden. Jede Verpackungsform muss die Voraussetzung der Wiederverwendung in der eigenen Anwendung gewährleisten. In diesem Zusammenhang sehen wir eine Pfandeinführung lediglich auf Getränkeverpackungen als zu kurz gedacht. Wenn wir die Ziele, welche in der EU im Rahmen des Kreislaufwirtschaftspaket definiert wurden, betrachten, dann müssen wir die Recyclingquote aller in Verkehr gesetzten Kunststoffverpackungen von derzeit ca. 25% auf mind. 50% bis 2025 erreichen. Dabei ist der positive Einfluss aus der Bepfandung der Getränkeverpackung ein guter, allerdings nur kleiner Beitrag – berücksichtigt man das bereits derzeit auf hohem Niveau funktionierende bottle to bottle Recycling.

© andi Bruckner

di christian strasser, Geschäftsführer der Pet to Pet recycling Österreich Gmbh

Welche Mengen werden derzeit pro Jahr verarbeitet bzw. hergestellt?

Strasser: Im abgelaufenen Jahr konnten fast 28.000 t Getränkeflaschen verarbeitet werden und daraus Material für neue Flaschen erzeugt werden.

Welche Entwicklungen der Mengen und Preise erwarten Sie für 2022?

Strasser: Bereits seit 2007 erzeugt das Unternehmen Rezyklate für die Herstellung von neuen Getränkeflaschen, immer mit dem Anspruch der Einhaltung der höchsten Qualitätsansprüche der Lebensmittelqualität. Konsequent, aber sehr verantwortungsvoll, wurden schrittweise die Rezyklateinsatzquoten gesteigert. Diesen Weg werden wir auch zukünftig weiterführen und die Aufbereitungsmenge weiter steigern. Leider ist aufgrund

© andi Bruckner

der hohen Nachfrage und eines im Verhältnis geringen Angebots an Rohstoff ein ähnlich hohes Preisniveau zu erwarten.

Welche Produkte bieten Sie speziell für Unternehmen der Lebensmittelindustrie an (PET-Flaschen) und welche sind die „Renner“ (Flakes, Granulate etc.)?

Strasser: Beide Rezyklatformen bieten in unterschiedlichen Bereichen Vorteile bzw. in anderen auch geringe Nachteile. Flakes zeichnen sich aufgrund der schonenden Aufbereitung durch bessere qualitative Eigenschaften aus, während demgegenüber die Verarbeitbarkeit etwas aufwändiger ist als bei den Granulaten und natürlich auch umgekehrt. Auch die Ausbeute ist bei Flakes etwas nachteiliger zu bewerten, was gerade bei einem hohen Preisniveau die Attraktivität von Flakes reduziert.

Wie weit kann der RezyklatAnteil bei Getränkeverpackungen gesteigert werden?

Strasser: Ein absoluter Grenzwert ist hier sehr schwierig festzusetzen. Es ist jedenfalls von den Rahmenbedingungen abhängig – je reiner die Stoffströme gesammelt werden, desto besser sind damit die daraus herzustellenden Rezyklate. Damit ist die Einführung eines Getränkepfandsystems jedenfalls sehr positiv zu bewerten. Entscheidend ist die durchschnittliche Rezyklateinsatzquote im Markt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einsatzquoten von bis zu 100 % Rezyklat.

Was sind dabei die limitierenden Faktoren?

Strasser: Letzten Endes werden es aller Voraussicht nach eher optische Qualitätskriterien sein, welche man als vertretbar definiert, mechanische Festigkeitswerte können durch den Aufbereitungsprozess konstant gehalten werden.

Wie läuft die Forschung und Entwicklung neuer Produkte? Mit wem arbeiten Sie zusammen?

Strasser: PET to PET arbeitet sowohl mit universitären Einrichtungen als auch mit Fachunternehmen zusammen, um einerseits werkstoffliche Eigenschaften zu verbessern als auch analytisch die erforderlichen Qualitätsparameter sicherzustellen.

Stichwort „Mikroplastik“: Kann man den Anteil von recyceltem PET daran wissenschaftlich feststellen oder sind da einfach alle Kunststoffe als Problem zu werten?

Strasser: Das Thema Mikroplastik wird in vielen Bereichen sehr intensiv diskutiert. Sowohl bei bewussten Produktbeimischungen, im Bereich des Verkehrs durch Abrieb oder aus textilen Anwendungen. Als Recyclingunternehmen fühlen wir uns

verantwortlich für unseren Aufbereitungsprozess. Hier können wir sicherstellen, dass es zu keinen Emissionen von Mikroplastik kommt. Die Abluft aus der Produktionsanlage wird ausschließlich über Filtereinrichtungen gereinigt, bevor diese den Prozess verlässt. Insbesondere im Bereich des Abwassers sind wir sehr stolz, dass wir einerseits einen weitestgehend geschlossenen Wasserkreislauf betreiben, in welchem sämtliches Prozesswasser zunächst biologisch gereinigt und danach über eine Umkehrosmoseanlage wieder auf Prozesswasserqualität gebracht und wieder in der Produktion eingesetzt wird. Die hier eingesetzten Filtereinrichtungen gewährleisten, dass sämtliche im Abwasser befindlichen Feststoffe vollständig abgetrennt werden.

Investieren Sie in Nachhaltigkeit? Wenn ja, in welche Projekte?

Strasser: Die Schwerpunkte der Investition lagen in der letzten Jahren vor allem in die Anlagentechnik, um die Qualität der hochwertigen Rezyklate sicherzustellen. Dabei war uns aber die nachhaltige Gestaltung sehr wichtig. Das betrifft insbesondere die Installation von Wärmetauschern, um Abwärme bestmöglich in den Prozess zurückzuführen und ganz speziell auch den geschlossenen Wasserkreislauf wie bereits oben erwähnt. In den letzten beiden Jahren wurde eine Ladeinfrastruktur errichtet, um zukünftig schrittweise voll auf E-Mobilität umzusteigen. Einen weiteren Schwerpunkt wollen wir nun im Bereich der Photovoltaik setzen. Dazu wird im Bereich neu geschaffener Lagerfläche für Fertigprodukte die überdachte Lagerfläche mit einer PV-Anlage ausgestattet.

Welche weiteren Investitionen planen Sie?

Strasser: Es gibt mehrere Bereiche, die wir zukünftig gerne weiterentwickeln möchten. Dazu gehört ein Schwerpunkt Logistik, in dem wir über die Errichtung eines eigenen Bahnanschlusses nachdenken, um einen großen Teil der Rohstoffe bzw. Fertigprodukte dann nur mehr über die Schiene zu transportieren. Es bedarf selbstverständlich auch laufender Anpassungen an die Sortierinfrastruktur, wenn sich die zur Verfügung stehenden Inputstoffströme verändern.

© andi Bruckner