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CSI: LEBENSMITTEL Woher kommt das Essen und was ist wirklich drin? Herausforderungen an die analytische Wissenschaft HERKUNFT UND ECHTHEIT GEHÖREN ZU DEN MEGATRENDS IN DER LEBENSMITTELBRANCHE. DEMENTSPRECHEND IST DIE TÄUSCHUNG DER HERKUNFT ODER DIE VERFÄLSCHUNG VON LEBENSMITTELN EIN IMMER STÄRKER FLORIERENDER UND IMMER SCHWIERIGER ZU KONTROLLIERENDER ASPEKT IM LEBENSMITTELHANDEL. THOMAS PROHASKA
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äuschen, lügen und betrügen Das Vortäuschen falscher Tatsachen bei Lebensmitteln ist allerdings keine neue Erscheinung des 21. Jahrhunderts, die auf die steigendende Globalisierung zurückzuführen wäre. Die Fälschung von Lebensmitteln ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Früheste Aufzeichnungen zeugen bereits von kreativen Wegen, mit verfälschten Lebensmitteln Geld zu machen. Im antiken Griechenland beschrieb der Arzt Galenus, wie Olivenöl mit billigen Fetten gestreckt wurde. Marcus Gavius Apicius war ein römischer Feinschmecker der Antike im 1. Jahrhundert vor Christus und beschrieb eine Methode, wie aus billigem spanischem Olivenöl durch Würzmischungen teures italienisches Olivenöl „hergestellt“ werden konnte. Bei der Gründung des Deutschen Reiches im 19. Jahrhundert wurde Gips zu Brot beigemengt, Wurst mit Mehl angereichert und Wein mit Fuchsin gefärbt. Olivenöl und Wein zählen nach wie vor zu den meistgefälschten Lebensmitteln weltweit. Im Mittelalter fanden sich Kräuter, Beeren, Quecksilber, Arsen, Schwefel, Senf und Speck im Wein. Seit den Römern bis hin ins 18. Jahrhundert war das „Schönen“ von saurem Wein mit Bleiazetat eine gängige Praxis. Der österreichische „Weinskandal“ der 1980er Jahre überschattet nach wie vor den internationalen Ruf des heimischen
Weines. Damals wurden billigem Wein geringe Mengen von Glykol zugesetzt, um die mangelnde Süße der oft zu früh geernteten Trauben zu kompensieren und dadurch seine Qualität zu erhöhen. Auch der Nachgeschmack des Pferdefleisch skandals 2013 klebt noch allen am Gaumen. Allerdings wurde auch hier bereits 165 Jahre zuvor berichtet, dass Rindfleisch in Restaurants und Fleischereien durch billiges Pferdefleisch ersetzt wurde.
London Times berichtet bereits im Jahr 1848 — „Wir fragen nach Brot und erhalten Stein, nach Kaffee und erhalten Zichurien. Wir kaufen Zichurien und erhalten angebrannte Karotten und Pulver getrockneter Pferdeleber, nach Mandelöl und erhalten Cyanid, um den Genuss von Nachspeisen zu erhöhen – und diese mit ein bisschen Risiko zu würzen.“ Von falschen Tatsachen zur Gefahr für den Konsumenten Meist zielen Verfälschungen darauf ab, billige Waren teuer zu verkaufen. Verfälschte Lebensmittel sind aber dann nicht mehr sicher,
ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 41 | 06. 2017
wenn sie so verfälscht sind, dass sie die Gesundheit gefährden. In den 1980er Jahren starben zum Beispiel hunderte Menschen, nachdem sie mit Motoröl gepanschtes spanisches Olivenöl verzehrt hatten. Ein anderes Beispiel ist Mennige, ein rotes Farbpigment, das in den 1990er Jahren zum Anfärben ungarischen Paprikapulvers verwendet wurde. Dabei handelt es sich bei Mennige allerdings um reines Bleioxid. Das Panschen von Milch im Deutschen Kaiserreich führte bis ins 19. Jahrhundert zu einer erhöhten Kindersterblichkeit: Neben dem Verkauf von verdorbener Milch oder Milch von kranken Kühen wurde Milch bis zur Hälfte verdünnt. Durch die Zugabe von Mehl, Kreide, Gummi, Gips, Seife oder Kalbshirn sollte die ursprüngliche Konsistenz wiederhergestellt werden. Der Milchpulverskandal chinesischen Milchpulvers mit Melamin, bei dem 2008 bis zu 300.000 Babys erkrankten, ist allen in schauderhafter Erinnerung. Von Täuschung zu Betrug Nach dem Österreichischen Strafgesetzbuch §146 liegt Betrug dann vor, wenn „... ein Vorsatz vorliegt, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt...“ Schwerer Betrug nach § 147 liegt vor, wenn jemand