Sportfisi@ 02/2017

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mehr weiter. Der Längenunterschied der beiden Beine beträgt zurzeit 15 Zentimeter. Darum und aufgrund seiner enormen Grösse kann sich Mehrzad nur noch mit Hilfsmitteln vorwärts bewegen. Glück im Unglück: Vor fünf Jahren wurde der Volleyballverband auf Mehrzad aufmerksam, als dieser im Fernsehen auftrat. Der Verband nahm sogleich mit ihm Kontakt auf. Viel Überzeugungsarbeit war notwendig, um ihn dazu zu überreden, es einmal mit Volleyball zu versuchen. Heute bereut er diesen Schritt keinesfalls, wie er gegenüber sportfisi@ beteuert.

Sitzvolleyball wird sitzend auf dem Hallenboden gespielt. Bis auf wenige Ausnahmen gelten die gleichen Regeln wie beim klassischen Volleyball. Hauptunterschiede sind die Grösse des Feldes: Das Sitzvolleyballfeld ist mit 10 x 6 Metern deutlich kleiner und die Netzhöhe tiefer (Männer 1,15 Meter, Frauen 1,05 Meter). Dadurch kommt ein höheres Spieltempo als beim klassischen Volleyball zustande. Die Spiele sind für die Zuschauer äusserst spannend und man traut seinen Augen kaum, wenn man beobachtet, wie sich die sitzenden Spieler geschickt und flink über den Hallenboden bewegen.

Natürlich hat Mehrzad beim Sitzvolleyball alleine durch seine Grösse riesige Vorteile, um am Netz zu punkten. Auf die Frage, ob die iranische Mannschaft nur wegen ihm beziehungsweise seiner Körpergrösse die Spiele gewonnen hätte, winkt der zurückhaltende, sympathische Mehrzad ab. Im iranischen Nationalteam gäbe es viele junge talentierte und einige sehr erfahrene Sitzvolleyballspieler. Tatsächlich bestritt er bei den Spielen meist eher kurze Einsätze – diese jedoch ganz klar in einer Jokerrolle. Es war schwierig, Kontakt zu Mehrzad herzustellen: Er besitzt weder eine E-Mail-Adresse, noch ist er in den Social Media aktiv. Dank der Hilfe eines freien Journalisten der Tehran Times, der ihn bereits mehrmals interviewte, konnten wir Kontakt mit Mehrzad aufnehmen und dieses Interview durchführen. Mehrzad schreibt uns, dass er sehr glücklich sei, ein Mitglied der iranischen Sitzvolleyball-Nationalmannschaft zu sein. Durch den Sport hätte sich sein Leben gewaltig verändert und seit Rio werde er auf den iranischen Strassen erkannt – Aufmerksamkeit erregte er allein durch seine Grösse schon vorher, aber die Leute betrachten ihn nun mit anderen Augen und seien stolz auf ihn.

Der iranische Olympiasieger Morteza Mehrzad (29) war an den Paralympischen Spielen des vergangen Jahres in Rio de Janeiro ein absoluter Publikumsliebling. Beim Einmarsch in das Maracana Stadion kam es zu einer Standing Ovation. Noch vor wenigen Jahren litt der Star sehr unter der Erkrankung Akromegalie und traute sich kaum aus dem Haus. Mehrzad gilt mit 2 Meter 46 aktuell als zweitgrösster Mensch der Welt. Sogar sitzend erreicht er noch eine Blockhöhe von fast 2 Metern – und er wächst immer weiter, denn bei einer Akromegalie wird zu viel des Wachstumshormons Somatotropin produziert. Mit 15 Jahren erlitt er durch einen Sturz vom Fahrrad Beckenfrakturen. Danach wuchs sein rechtes Bein nicht

Er freue sich über jeden Titel, den er mit der Nationalmannschaft noch gewinnen werde. Iran hat bei den letzten sieben Paralympics jeweils Gold oder Silber geholt. Für ihn seien aber die Clubmeisterschaften wichtiger als die Aktivitäten mit der Nationalmannschaft, schliesslich verdiene er hiermit seinen Lebensunterhalt.


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