31. Saison 2019 Frank S. Dodge Gründer und Künstlerischer Leiter
SPECTRUM CONCERTS BERLIN
Das heutige Programm
Eröffnung der 31. Saison Montag, 11. März 2019
Isabel Herzfeld
Philharmonie / Kammermusiksaal 19.30 Uhr Konzerteinführung mit Isabel Herzfeld 20.00 Uhr Konzert
Mitglieder des Ensembles Spectrum Concerts Berlin BORIS BROVTSYN Violine JENS PETER MAINTZ Violoncello ELDAR NEBOLSIN Klavier DoubleBeats: NI FAN, LUKAS BÖHM Schlagzeug DMITRI SCHOSTAKOWITSCH (1906-1975) Symphonie Nr. 15 A-Dur op. 141 (1971) bearbeitet für Klaviertrio und 13 Schlagzeuginstrumente op. 141a von Viktor Derewianko und Mark Petarsk (1972)
Allegretto Adagio (attacca) Allegretto Adagio – Allegretto 20 Minuten Pause PETER TSCHAIKOWSKY (1840-1893) Trio für Klavier, Violine und Violoncello a-Moll op. 50 (1881-1882)
Pezzo elegiac. Moderato assai – Allegro giusto A. Tema con Variazioni: Andante con moto Var I Var II: Più mosso Var III: Allegro moderato Var IV: L'istesso Var VI: Tempo di Valse Var VII: Allegro moderato Var VIII: Fuga (Allegro moderato) Var IX: Andante flebile, ma non tanto Var X: Tempo di mazurka Var XI: Moderato B. Variazioni finale e coda: Allegro risoluto e con fuoco Coda: Andante con moto – Lugubre (L'istesso tempo)
Das heutige Konzert wird von Deutschlandfunk Kultur für eine Ausstrahlung in naher Zukunft aufgezeichnet.
31. Saison 2019
PETER TSCHAIKOWSKY
Lieder vom Tod
Zwei Werke, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten, eröffnen die 31. Saison der Spectrum Concerts Berlin. Dennoch sind sie durch mehrfache Bezüge miteinander verbunden. Peter Tschaikowsky gilt als Komponist romantischer Gefühle, beim breiten Publikum beliebt wegen seiner „schönen“, zum Schwelgen einladenden Melodien. Sie finden sich zuhauf in seinem elegisch-melancholischen Klaviertrio. Doch was bedeutet das Stück wirklich? Dass Tschaikowsky nach individuellen Lösungen suchte, die sich nicht um den Publikumsgeschmack kümmerten, und dabei auch anspruchsvoll strukturierende Arbeit leistete, wird auch heute noch zu wenig gesehen. Ihm tritt mit Dmitri Schostakowitsch ein Vertreter einer anderen, von heftigen Umbrüchen geschüttelten Zeit entgegen, der mit dem eigenen Gefühlsausdruck distanzierter umgeht. Was er zu sagen hat, ist häufig hinter divergierenden oder kontrastierenden Schichten verborgen, kommt scheinbar harmlos, intellektuell oder ironisch daher. Oft sind seine „Botschaften“ nicht eindeutig zu greifen, voller Widersprüche. Entsprechend komplex und motivisch verschlüsselt ist auch seine 15. Sinfonie. Doch bei aller Verschiedenartigkeit der Tonsprache haben beide Werke ein gemeinsames Thema: den Tod. Tschaikowsky gedenkt eines nahestehenden Menschen, Schostakowitsch befasst sich mit seiner eigenen Sterblichkeit. Die Auseinandersetzung mit der Gattung Klaviertrio führt Tschaikowsky in ausgesprochen orchestraler Annäherung, während die Fassung der Schostakowitsch-Sinfonie für Klaviertrio und Schlagzeug von Viktor Derewianko und Mark Petarsk nahtlos an den fast kammermusikalischen Orchesterapparat des Originals anknüpfen kann. SPECTRUM NOTES 11. März 2019 - Ausgabe 2
Dem Andenken eines großen Künstlers
Ursprünglich konnte Tschaikowsky der Formation „Klaviertrio“ wenig abgewinnen. Die Verbindung von Klavier und Streichinstrumenten empfand er als „unnatürlich“: „Jedes Instrument verliert den ihm eigentümlichen Reiz“, schrieb er seiner Mäzenin Nadeshda von Meck im November 1880. Das Klavier - eigentlich für ihn der „König der Instrumente“ - versuche vergeblich zu beweisen, dass es wie Violine und Violoncello „singen“ könne. Das Klavier konnte sich der Komponist nur als Solo, im Zusammenspiel mit Orchester oder als unauffälliges Soloinstrument vorstellen. Das änderte sich ein Jahr später, als Tschaikowskys Mentor und kollegialer Freund Nikolai Rubinstein völlig unerwartet in Paris starb, im Alter von erst 46 Jahren. Als Pianist, Dirigent und Komponist und vor allem als Mitbegründer und Direktor des Moskauer Konservatoriums hatte Rubinstein Entscheidendes für die Entwicklung des russischen Musiklebens geleistet; den verarmten jungen Tschaikowsky nahm er bei sich auf, besorgte ihm ordentliche Kleidung und vor allem einen Posten als Theorielehrer am frisch gegründeten Institut. „Rubinstein pflegt mich, als wenn er meine Kinderfrau wäre“, beklagte sich der so Umsorgte, der dem erfahrenen Musiker, der fast alle seine Orchesterwerke dieser Zeit aus der Taufe hob, andererseits viel verdankte. Die Beziehung blieb ambivalent: so kritisierte der scharfzüngige Rubinstein das zunächst ihm gewidmete Klavierkonzert Nr. 1 in Grund und Boden, was Tschaikowsky zutiefst verletzte. Doch der Tod seines Lehrers und Freundes traf ihn trotzdem schwer. Vielleicht ist es so zu verstehen, dass er zu seinem Gedenken ausgerechnet die ungeliebte Form des Klaviertrios wählte, an der er sich nun ehrgeizig abarbeitete. Nun hielt er es „für unmöglich, ein Werk zum Gedenken eines großen Pianisten zu schreiben, ohne dem Klavier den Hauptpart zuzuweisen.“ Die Dialogmöglichkeiten der Streicher hingegen vermochten die freundschaftliche Beziehung abzubilden. Das „dem Andenken eines großen Künstlers“ („à la mémoire d'un grand artiste“) gewidmete Kammermusikwerk sprengt alle Grenzen zeitlicher, klanglicher und spieltechnischer Dimensionen. Anstelle der konventionellen Viersätzigkeit wählte Peter Tschaikowsky eine zweisätzige Anlage, die ihm einen direkteren Ausdruck von Polarität erlaubte. Beethovens Klaviersonate op. 111 ist als Vorbild des Gegensatzes aufgewühlter Klage und eines abgeklärten, den Facettenreichtum eines liedhaften Gedankens entfaltenden Variationensatzes angeführt worden. Als „pezzo elegiaco“ ist der erste Satz überschrieben, der in der Tradition von Gedenkkompositionen zu Ehren bedeutender Verstorbener seit dem späten Mittelalter steht. Auch er umfasst Gegensätzliches: der melancholische Grundgedanke, eine Abfolge zweier fallender Sekunden – in der barocken Affektenlehre auch „Seufzerfiguren“ genannt – mündet in eine bewegtere absteigende Linie, die eigentümlich der Eröffnung des verschmähten Klavierkonzerts ähnelt. Ein bekräftigendes marschartiges Thema löst sich in schwärmerische Melodik auf; in der Durchführung tritt ein sehnsüchtig aufstrebendes Motiv hinzu, bis sich der Grundgedanke in gedehnten Notenwerten Raum verschafft. Das Thema des folgenden ausladenden Variationensatzes soll auf einen gemeinsam mit Rubinstein verbrachten Abend auf dem Land im Jahr 1873 zurückgehen; die folgenden Variationen beschreiben, der Überlieferung zufolge, Episoden aus dem Leben des 31. Saison 2019
Freundes. Alle kompositorischen Künste fährt Tschaikowsky hier auf; das Thema maskiert sich als Scherzo und Walzer, als Schlittenglöckchen-geklingel, als Mazurka im Stil Chopins oder als strenge und zugleich bewegte Fuge. Die letzte Variation wird zum virtuosen Finale ausgeweitet, bis sich der Kreis mit dem „elegischen“ Thema des Kopfsatzes im wuchtigen Trauermarschrhythmus schließt.
Eine fröhliche Sinfonie Symphonie Nr. 15 op. 141a
DMITRI SCHOSTAKOWITSCH
Schostakowitsch war in seinen letzten Lebensjahren ein schwerkranker Mann. Lähmungserscheinungen der Arme und Beine verstärkten sich so sehr, dass er kaum noch schreiben konnte. Er erlitt mehrere Herzinfarkte und erkrankte zuletzt an Lungenkrebs. Die 15. Sinfonie begann er im Krankenhaus zu schreiben, wo er sich 1971, vier Jahre vor seinem Tod, mehrere Monate aufhalten musste. Eine „fröhliche Sinfonie“ sollte es werden, wie sich der Komponist gegenüber dem Kollegen Boris Tischtschenko äußerte. Sein Sohn Maxim, der auch die Uraufführung dirigierte, sah in ihr „die Probleme des menschlichen Lebens von Anfang bis Ende“ verhandelt. Die Verwendung zahlreicher eigener und fremder Zitate verweist auf Autobiographisches. Man könnte die Sinfonie, wenn nicht als Lebensbilanz, so doch als eine Reflektion verschiedener Lebensstationen im Zeitraffer auffassen, vergleichbar etwa dem Lebensfilm, der bei Nahtoderfahrungen abläuft. Tatsächlich beginnt sie wirklich fröhlich: nach einem Glöckchenschlag stimmt die Flöte ein anmutig leichtes Motiv an, erinnernd an die Spritzigkeit der ersten Sinfonie des Neunzehnjährigen oder des Konzerts für Klavier, Trompete und Streicher. Eine kecke Trompetenfanfare führt zu einem Zitat aus Rossinis „Guilleaume Tell“, eine Musik, die Schostakowitsch als Kind von einer grausam falsch intonierenden Blaskapelle hörte. Reich besetztes Schlagzeug, Tambourin, Holzblock, Kastagnetten und kleine Trommel, lässt es im „Spielzeugladen“ rasseln und klappern, als dessen Abbild Schostakowitsch diesen ersten Satz einmal bezeichnete. Ein zwölftöniges Motiv schließt sich an – in allen vier Sätzen taucht eine Zwölftonreihe als Kontrast zum noch weitgehend harmonischen System auf, die aber nie als solche zu erkennen ist. Es schichtet sich zu komplizierten rhythmischen Verwicklungen auf und sorgt hier bereits für dissonant-dramatische Zuspitzungen. Ein endgültiger Stimmungsumschwung erfolgt im zweiten Satz, ein tieftrauriges Adagio, dessen Posaunenchoral ein melancholisches – wiederum zwölftöniges! - Cellosolo nach sich zieht. Ein Trauermarsch, zunächst zart von den Holzbläsern vorgetragen, entlädt sich über pochenden Pauken in einem gewaltigen Schmerzens SPECTRUM NOTES 11. März 2019 - Ausgabe 2
ausbruch. Nach einem skurrilen Allegretto, in dem die Solovioline an den fiedelnden Tod in Gustav Mahlers vierter Sinfonie erinnert, beginnt das Adagio-Finale mit dem Zitat der „Todverkündung“ aus Richard Wagners „Walküre“. „Tristans“ Sehnsuchtsmotiv schließt sich an, um in eine berückend liebliche A-Dur-Melodie überzugehen, schwebend und schwerelos, die sich wiederum zum Anfangsmotiv zurückbildet. Von Piccoloflöte und Celesta mehrmals wiederholt verkommt es zur sinnentleerten, mechanisch pendelnden Floskel, der das Schlagzeug einen seltsam knöchernen Klang beisteuert, bis ein letztes „Pling“ der Triangel die Maschinerie zum Stillstand bringt. Das Spiel ist aus.
Heute Abend erklingt die Sinfonie in einer Fassung für Klaviertrio und Schlagzeug des Pianisten Viktor Derewianko und des Percussionisten Mark Petarsk, der als erster in Russland ein solistisches Schlagzeugensemble aufbaute. Der reiche Schlagapparat musste hier kaum vergrößert werden, die gravierendste Änderung dieser Version ist die Übernahme der Bläserstimmen durch das Klavier. Erstaunlich jedoch, dass der Farbenreichtum der Orchesterfassung hier kaum vermisst wird – es scheint, als besäße Schostakowitschs Musik eine vom jeweiligen instrumentalen Gewand unangreifbare Substanz, wie sie sonst nur Bach zugesprochen wird.
Isabel Herzfeld
Last-Minute-Abonnement
Abonnementbestellformular für die drei restlichen Konzerte der 31. Saison 130,00 €
II. Dienstag, 30. April 2019 - Das Korngold-Projekt Part I III. Donnerstag, 6. Juni 2019 - Mozart und Brahms IV. Sonntag, 24. November 2019 - Das Korngold-Projekt Part II
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Ihre Bestellung wird umgehend bearbeitet. Ihre Konzertkarten und die Rechnung schicken wir Ihnen zu. 31. Saison 2019
Heute Abend beginnt Spectrums 31. Saison. Und auf Seite 13 des neuen Programmheftes finden Sie bereits einen Ausblick auf die fünf Konzerte, die wir für die 32. Saison 2020 planen. Wir verbinden diesen Ausblick mit einem Appell des Förderkreis-Vorstandes und bitten insoweit um freundliche Beachtung. Denn: Unser unmittelbares und wichtigstes Ziel ist es, während wir die 31. Saison genießen auch die nächste Saison 2020 finanziell abzusichern. Eine der befriedigendsten Möglichkeiten, dies zu tun, wäre die Suche nach neuen Freunden für Spectrums Konzerte und neuen Vereinsmitgliedern. Dies ist ein Ziel, an dem wir alle zusammenarbeiten und uns gemeinsam erfreuen können. Wir freuen uns über Ihren Besuch am Info-Tisch im Foyer des Kammermusiksaales und über Ihre mündlichen und schriftlichen Rückmeldungen!
II. Nächstes Konzert Das Korngold-Projekt Part I Dienstag, 30. April 2019
Philharmonie / Kammermusiksaal 20.00 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung mit Habakuk Traber
31. Saison, 32. Saison und weiter…!
BORIS BROVTSYN CLARA-JUMI KANG Violine YURA LEE GARETH LUBBE Viola TORLEIF THEDÉEN JENS PETER MAINTZ Violoncello YEOL EUM SON Klavier
ERICH WOLFGANG KORNGOLD Trio für Klavier, Violine und Violoncello D-Dur op. 1
Streichsextett für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli D-Dur op. 10
III. Konzert
Donnerstag, 6. Juni 2019
Philharmonie / Kammermusiksaal 20.00 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung mit Habakuk Traber
JANINE JANSEN JULIA-MARIA KRETZ Violine AMIHAI GROSZ PAULINE SACHSE Viola TORLEIF THEDÉEN JENS PETER MAINTZ Violoncello WOLFGANG AMADEUS MOZART Divertimento für Violine, Viola und Violoncello Es-Dur KV 563
JOHANNES BRAHMS Streichsextett Nr. 1 B-Dur op. 18 SPECTRUM NOTES 11. März 2019 - Ausgabe 2
IV. Konzert Das Korngold-Projekt Part II Sonntag, 24. November 2019
Philharmonie / Kammermusiksaal 20.00 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung mit Habakuk Traber
BORIS BROVTSYN CLARA-JUMI KANG Violine GARETH LUBBE Viola TORLEIF THEDÉEN Violoncello ELDAR NEBOLSIN Klavier ERICH WOLFGANG KORNGOLD Suite für zwei Violinen, Violoncello und Klavier linke Hand op. 23
Klavierquintett für zwei Violinen, Viola, Violoncello und Klavier E-Dur op. 15
Cover: il Beato Angelico, Alan Magee
Erich Wolfgang Korngold
Boris Brovtsyn Violine Clara-Jumi Kang Violine Gareth Lubbe Viola Torleif Thedéen Violoncello Eldar Nebolsin Klavier
Zwei CD-Produktionen in Zusammenarbeit mit Deutschlandradio und Naxos sind in Planung. Veröffentlichung 2020
In Zusammenarbeit mit Naxos und Deutschlandradio Kultur werden das Streichsextett op. 10, das Klaviertrio op. 1, die Suite op. 23 und das Klavierquintett op. 15 von Erich Wolfgang Korngold im Laufe der 31. Saison in der Jesus Christus-Kirche-Berlin aufgenommen.
Veröffentlichung 2020
Cover: My Bohemia, Alan Magee
Boris Brovtsyn Violine Clara-Jumi Kang Violine Yura Lee Viola Gareth Lubbe Viola Torleif Thedéen Violoncello Jens Peter Maintz Violoncello Yeol Eum Son Klavier 31. Saison 2019
Eisenacher Straße 53, 10823 Berlin Telefon 030/787 14 801 –802 E-Mail: info@spectrumconcerts.com Website: www.spectrumconcerts.com
SPECTRUM NOTES 11. März 2019 - Ausgabe 2