Seniorenhilfe
Eine Bewohnerin nahm einen Umweg 80 Senioren bezogen neues Haus St. Martin in Herten-Westerholt „Ach, da hängt ja noch ein Bild“, bemerkt Detlev Gruber, als er das letzte Mal sein Zimmer im alten Haus St. Martin verlässt. Die angehende Altenpflegerin Diana Rohrig holt ihn ab. Detlev Gruber nimmt den kleinen Rahmen von der Wand und steckt ihn in die Jackentasche. Das übrige Gepäck und seine Möbel stehen schon im Neubau. Heute ist Umzug. 80 Bewohnerinnnen und Bewohner beziehen an diesem 3. Dezember ihr neues Zuhause. Nach anderthalbjähriger Bauphase ist auf dem Nachbargrundstück ein komplett neues Seniorenheim entstanden: Viel heller und freundlicher, mit breiten Gängen, großzügigen Aufenthaltsbereichen, auf 4270 Quadratmetern Fläche, nur noch auf zwei Stockwerke verteilt. Noch ragt der sechsgeschossige Altbau neben dem neuen Gebäude hoch, der nach 45 Jahren ausgedient hat und heutigen Ansprüchen nicht mehr genügt. Er wird nach dem erfolgten Grundstückstausch mit der Stadt Herten 2021 abgerissen.
„Nicht dran gehen“: Pflegekräfte meistern mit Transportwagen den Umzug.
Der Nieselregen stört die Pflegekräften und Senioren an diesem Tag wenig. Meist geht es gut gelaunt von einem Haus ins andere. Beide Eingänge sind knapp 300 Meter voneinander entfernt. Die Nachteile des alten Hauses werden noch einmal offensichtlich, als die Bewohnerinnen und Bewohner vor dem Aufzug im vierten und fünften Stock mit ihren Begleitern Schlange stehen. Da die Pflegebetten nur in den größeren Aufzug passen, fahren die Senioren mit dem kleinen nach unten. Wenn sie im Rollstuhl sitzen, ist darin nur für einen Platz. Als der Altenpflegehelfer Patrick Köster die 74-jährige Renate Weiß in den Aufzug schiebt, erklärt er ihr: „Sie müssen jetzt alleine fahren. Wir sehen uns dann unten wieder.“ Und schon muss sich der Altenpflegehelfer beeilen. Durch das Treppenhaus eilt er mit FFP2-Maske
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fünf Etagen nach unten ins Kellergeschoss, um sie Seniorin wieder in Empfang zu nehmen. Von hier aus geht es dann hinüber in das neue Haus. „Ich habe das neue Zimmer vor ein paar Tagen gesehen. Da war es noch leer. Ich bin gespannt, wie es jetzt aussieht. Das ist schon aufregend“, sagt die Heimbewohnerin. Fest umklammert sie ihr Radio, das vor ein paar Minuten noch in ihrem alten Zimmer lief und gleich im neuen angeschlossen wird. Patrick Köster nimmt ein wenig Schwung und schiebt sie über eine Schräge hinauf in die Lieferanten-Einfahrt, die heute noch einmal regen Verkehr erlebt. Und als Patrick Köster schon wenige Minuten später mit Renante Weiß durch den Eingang des neuen Gebäudes fährt, wird sie – wie alle Senioren – mit Jubel empfangen. Betreuerin Maria Oreskou strahlt Renate Weiß an und reicht ihr ein Glas Sekt: „Herzlich willkommen!“ Pflegekräfte sind Umzugshelfer Die Pflegekräfte sind an diesem Tag alles auf einmal: Betreuer, Empfangskomitee, Umzugshelfer. Gleichzeitig müssen ihre Pflegedokumentationen, Arbeitsmaterialien und Computer den Standort wechseln. Da ist Kondition gefragt. „Und vor allem dürfen wir in diesem ganzen Durcheinander nicht den Überblick verlieren“, sagt Wohnbereichsleiterin Katharina Bodden, als sie ihre Ordner zusammenpackt. Ebenso sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Küche gefordert. Ihnen fehlt die Spülstraße, die an diesem Tag in dem einen Gebäude ab- und in dem anderen aufgebaut wird. Außerdem müssen sie morgens für zwei Häuser kochen: 40 Bewohnerinnen und Bewohner nehmen das Mittagessen noch im alten Heim ein, 40 schon im neuen. Ausnahmsweise dürfen die Pflegekräfte an diesem arbeitsintensiven Tag ihre Masken schon mal abstreifen. Früh morgens waren sie alle auf Corona getestet Sechs Etagen: Das Treppenhaus im Altbau
Betreuerin Maria Oreskou bringt Margarete Wirwalski in
worden. Und alle Tests blieben negativ. „Normalerweise hätten das THW, die freiwillige Feuerwehr, weitere ehrenamtliche Unterstützer und nicht zuletzt die Angehörigen mitgeholfen. Aber aufgrund der Pandemie ist das nicht möglich. Einzige Unterstützung ist ein Umzugsunternehmen, das die schweren Pflegebetten transportiert. Auch die können wir ja erst heute vom einen Haus ins andere bringen“, erklärt die neue Heimleiterin Linda Agiri. Sie übernahm im Frühjahr die Hausleitung von Gisela Gerlach-Wiegmann, die in den Ruhestand ging (s. Artikel rechts/blickpunkt 1-2020). Und sie durfte sich dann gleich mit den Vorbereitungen auf den Umzug auseinandersetzen: „Aber ich kann hier auf ein großartiges Team zurückgreifen. Viele haben freie Tage und Urlaub investiert, um beim Umzug zu helfen.“ Das stellt auch die 96jährige Elise Langbein fest: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Großartiges geleistet. Wir sind alle alt und krank. Deshalb hatten wir schon etwas Angst. Aber der ganze Umzug