Siegessäule Mai 2014

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Einfach klasse!

Ein Italiener in Berlin

Neben der AHA feiert auch ABqueer sein Vereinsjubiläum. Seit zehn Jahren betreibt die Berliner Bildungsinitiative in der Sanderstraße Aufklärungsarbeit in Schulklassen und Jugendclubs und sensibilisiert für lesbische, schwule, bisexuelle und Trans*lebensweisen. Gleichzeitig werden Lehrerinnen und Fachkräfte im Umgang mit sexueller Vielfalt geschult. Gefeiert wird das Jubiläum am 24.05. ab 22:00 im Südblock unter dem Motto „10 Jahre ABQueer – Glitzer rostet nicht“. Angekündigt ist eine Liveshow mit Drag, Spoken Word, Poetry Slam, Rap und mehr. Infos zu den verschiedenen Projekten von ABqueer unter abqueer.de.

Gianni Rocchetta, ausgebildeter Tenor aus der Toskana und Bodybuilder mit Faible für Make-up, mischt die Berliner BurlesqueSzene auf. Über New York und London kam er 2013 nach Berlin

Ein ähnliches Wohnprojekt wie den Lebensort Vielfalt plant die Neuköllner Initiative RuT jetzt für lesbische Seniorinnen. Für das Frauen-Wohn- und Kulturzentrum mit Pflege-WG in der Böhmischen Straße in Neukölln werden noch Mitbewohnerinnen und Unterstützerinnen gesucht. Ziel ist es, im Alter selbstbestimmt und frei von Diskriminierung miteinander leben zu können. Denn in konventionellen Pflegeheimen besteht immer noch die Gefahr gesteigerter Vereinsamung, weil die eigene sexuelle Identität im Gegenüber oft kaum repräsentiert wird. RuT-Koordinatorin Kristin Scharper (Foto) möchte bis Juni 50 Bewohnerinnen für das Projekt gewinnen und die notwendigen Finanzmittel in Form von Spenden und Darlehen aufbringen. Die Mieten sollen dabei möglichst erschwinglich sein, sodass auch Frauen mit Grundsicherung dort wohnen können. Das Projekt ist barrierefrei und generationsübergreifend geplant. Auch jüngere Frauen, unabhängig von Personenstand, kulturellem Hintergrund, Handicap, mit oder ohne Kinder, sind willkommen. Zurzeit liegt die Altersspanne der Interessentinnen ab Mitte 30 bis 80 Jahre. Das Wohnzentrum ist zugleich Austausch- und Begegnungsstätte mit Workshops, Beratung und unterschiedlichen Kultur- und Freizeitveranstaltungen. Wer sich an dem Projekt beteiligen oder es finanziell fördern möchte, findet entsprechende Infos auf lesas bischeinitiativerut.de.

Interview: Frank Hermann Mehr Infos unter: giannirocchetta.tumblr.com

FOTO: SALLY B

Alles nach Plan

Gianni, dafür, dass du erst seit fünf Monaten in Berlin wohnst, ist ja schon eine Menge bei dir passiert. Ja, es ist fantastisch. Meine erste Performance war im Varieté Ridiculous at Keller. Dann hab ich Sheila Wolf getroffen und sie lud mich gleich ein zum Queer Burlesque Fest ... und ich habe mit einigen Fotografen gearbeitet. Jack Woodhead hat mich für seine Show „Fish and Whips“ am 29. April engagiert. Am 3. Mai bin ich als Walking Act bei der „Propaganda“-Party, danach wieder in Italien beim Gay Pride in Rom. Ich bin ja seit einigen Jahren auch als Gay-Aktivist unterwegs! Ich würde sagen, deine optische Erscheinung ist bereits ein politisches Statement. Ja, denn auch leichtes Make-up ist ein Statement. Ich habe 1997 damit angefangen, mich täglich zu schminken. Ich bin eine Zeit lang in Italien komplett als Frau unterwegs gewesen. Du musst wissen, dass eine Menge italienischer Männer, auch verheiratete Heteros, darauf abfahren. Ich schwöre: acht von zehn stehen auf Dragqueens. Ich begann jedenfalls meine feminine Seite zu erforschen – eine großartige Erfahrung! Da war ich relativ dünn. Dann habe ich mit Bodybuilding angefangen, was ich sehr liebe. Daraus wurde eine neue Identität, wenn man so will. Ich nenne es „Make-up and Muscles“. Du sagst, dass du an „360 degrees of freedom” glaubst. Was bedeutet das? Das ist die Freiheit, alles zu sein. Ich kann als sehr maskulin wirkender Mann im Gym trainieren, aber, wenn ich Make-up auflege und meine High Heels anziehe, auch meine feminine Seite betonen. Das erinnert auch an die australische Show „Briefs“, die kürzlich in Berlin war. Und es gibt die österreichische ESC-Teilnehmerin Conchita Wurst, sehr feminin, aber mit Bart. Die Leute brauchen solche Herausforderungen! Übrigens: Als ich bei den Teaserettes aufgetreten bin, sagte ein Junge: „Du wirkst überhaupt nicht angespannt, so relaxed bei deinem Auftritt.“ Ich sagte dazu: „Ja, das stimmt. Denn so bin ich, und es gibt nichts, wofür ich mich entschuldigen müsste.“ So viele Leute wollen frei sein, aber sie trauen sich nicht, sich so zu geben, wie sie sich fühlen. Es geht um Authentizität. Du triffst den Nagel auf den Kopf: Manchmal ist der Preis hoch, aber Authentizität ist, was zählt. Wann hast du gedacht: Ich muss auf die Bühne? 1989 entdeckte ich, dass ich singen kann und will. Dann begann das „Survivaltraininig“ in New York ... Aber ich denke, ich bin dafür bestimmt. Wenn ich auf der Bühne bin, betrete ich eine andere Dimension. Wenn ich singe, fliege ich.


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