SIEGESSÄULE september 2018, Berlin's queer magazine

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FOTO: NIKLAS VAN SCHWARZDORN

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Mach’s selbst Voraussichtlich ab Anfang Oktober wird der HIVSelbsttest auch in Deutschland in Apotheken und Drogerien frei verkäuflich sein. Wie zuverlässig ist er? Wie schnell bekomme ich das Ergebnis und was, wenn er positiv ausfällt? Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen aidshilfe.de

> Je früher eine HIV-Infektion bekannt ist, desto besser. Denn rechtzeitig therapiert, können nicht nur die Weitergabe des Virus, sondern auch infektionsbedingte Erkrankungen verhindert werden. Doch viele Menschen scheuen z. B. aus Scham oder Bequemlichkeit den Gang zum Arzt oder zum Gesundheitsamt. Mit dem HIV-Selbsttest für zu Hause gibt es nun eine Alternative, bei der diese Hemmschwellen wegfallen. Und so funktioniert er: Ein Pikser in die Fingerkuppe und schon kann mit einer Einwegpipette ein Tropfen Blut in eine kleine Plastikapparatur gegeben werden. Die Vorgehensweise unterscheidet sich bei den verschiedenen Testherstellern, ist aber jeweils detailliert erklärt und kinderleicht. Dennoch gibt es einiges zu beachten: „Schnelltest“ bedeutet, dass das Ergebnis bereits binnen fünfzehn Minuten angezeigt wird, jedoch nicht, dass sich damit zu einem frühen Zeitpunkt eine Infektion nachweisen lässt. Tatsächlich dauert es vom Zeitpunkt der Infek-

tion mit dem HI-Virus bis zu 12 Wochen, bis sich Antikörper gebildet haben und von einem Selbsttest erkannt werden können. Die empfehlenswerten Tests haben eine Sensitivität von annähernd 100 Prozent und sind bei richtiger Anwendung entsprechend zuverlässig. Das heißt, ein negatives Ergebnis bedeutet auch negativ – sofern das sogenannte diagnostische Fenster von 3 Monaten beachtet wurde. Allerdings können die Tests unter Umständen allzu sensibel reagieren. In diesem Fall wird ein positives Ergebnis angezeigt, obgleich gar keine HIV-Infektion vorliegt. Der Vorteil des Selbsttests liegt auf der Hand: Er bietet die Möglichkeit, gänzlich anonym und in Ruhe zu Hause den HIV-Status zu überprüfen, ohne einen Arzt/eine Ärztin oder MitarbeiterIn einer Gesundheitseinrichtung danach fragen zu müssen. Daraus ergibt sich aber auch ein wichtiger Nachteil: Fällt der Test positiv aus, ist der oder die Betroffene damit erst einmal allein, und es gibt niemanden, um direkt darüber zu reden. Man sollte den Test also nicht machen, wenn es einem psychisch nicht gut geht oder man gerade aufgrund von Drogen oder Alkohol keinen klaren Kopf hat. Die Deutsche Aids-Hilfe bietet übrigens für solche Notsituationen auf aidshilfe.de verschiedene Beratungsmöglichkeiten. Ein positives Ergebnis beim Selbsttest sollte unbedingt durch einen Labortest bestätigt werden. Der Besuch einer Arztpraxis oder eines Gesundheitsamts ist dann unverzichtbar. Ab wann der HIV-Selbsttest in Drogerien und Apotheken erhältlich sein wird, stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Der Bundesrat wird die notwendige Medizinprodukte-Abgabeverordnung voraussichtlich am 21. September beschließen. Sie tritt dann wohl Anfang Oktober in Kraft. Auch der Verkaufspreis ist noch unklar. Er wird, je nach Hersteller, voraussichtlich bei 20 bis 25 Euro liegen. Das schwule Präventionsprojekt ManCheck wird zunächst tausend Stück im Rahmen seiner Vor-Ort-Arbeit kostenlos ausgeben (siehe dazu Interview auf S. 38/39). Möglich wird dies durch ein Modellprojekt des Senats im Rahmen der internationalen „Fast Track City Initiative to End Aids“. < Axel Schock


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