SEIDL Magazin Frühling/Sommer 2019

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MARTIN ROLL

Den Anker zuhause Steirischer Ex-Wellenreit-Profi, Surfschulbetreiber und Lederhosen-Fan: Der Grazer Martin Roll über den Lifestyle zwischen tosender Brandung und bodenständigem Familienleben.

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Als Binnenländler Surfprofi werden wie kommt das? Mich hat der Sport von klein auf fasziniert, ich bin als Bub irgendwie auf Surf-Filmmaterial gestoßen und hab‘ meinen Eltern gesagt: Ich muss das probieren! Mit elf hab‘ ich das dann zum ersten Mal gemacht irgendwo an der Küste. Da war’s dann natürlich aus bei mir und ich hab‘ alles dran gesetzt, dass ich Surfen geh‘ statt Skifahren. Während der Schulzeit hab‘ ich dann in irgendwelchen Windn in Graz gekellnert, damit ich auf die Kanaren fliegen kann. Nach der Matura bin ich ab nach Neuseeland und erst mit Anfang dreißig wieder zurückgekommen nach Österreich. Warum hat dich das Surfen so gepackt? Erstmal ist es ein verdammt schwieriger Sport, du hast am Anfang überhaupt keine Erfolgserlebnisse. Ich hab‘ einfach 44

Sunnyboy und Geschäftsmann MARTIN ROLL lebt mittlerweile wieder in seiner Heimatstadt Graz, jettet aber ständig in seine Surfcamps nach Portugal und Sri Lanka.

gewusst: Ich muss, ich will das unbedingt machen! Diesen Willen, den man halt nur hat, wenn man jung ist. Und ich wollte jedem beweisen, dass man es auch als Österreicher schaffen kann. Klar haben viele gesagt, das ist quasi das klassische Bobfahren in Jamaica. Ich hab‘ mir gedacht: Ihr könnt mich alle und jetzt erst recht! Und das hab‘ ich dann durchgezogen. Und dann bist du Profi geworden? Eigentlich relativ spät, mit 20, bin ich Profi geworden und hatte meinen ersten Sponsorvertrag. Vorher bin ich kleine Kontests gefahren, konnte aber davon leben. Ich hab einfach immer gefragt: Darf ich mitfahren? In Ländern wie Brasilien oder Australien gibt es ja Boardriderclubs wie bei uns Skiclubs, die schon ganz früh mit dem Fördern des Sports anfangen. In Europa gab‘s das ja gar nicht, das ist erst in den letzten Jahren entstanden. Aber für

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mich hat es nie einen Zweifel gegeben, dass ich dieses Leben will. Ich bin quasi mit dem Maturazeugnis in der Hand in den Flieger gestiegen. Zum Surfer-Leben gehört ja auch der passende Look... Klar! In den späten 1990er Jahren und Anfang des Millenniums gab‘s einen kompletten Hype um den Lifestyle. Marken wie Billabong und Quiksilver waren richtig groß und jeder wollte so leben wie die Rolemodels. Als Surfer hast du zwar hauptsächlich Neopren an, aber sobald du aus dem Wasser bist, geht es natürlich auch um den Look. Die Shorts, die Shirts, das Image, das Flair - das alles hat sich bis heute gehalten. Wo ist deine Heimat? Österreich, Graz ist mein Zuhause. Das wird es immer sein. Es ist auch in den letzten Jahren immer wichtiger geworden

Fotos: Alex Papis, Jakob Polacsek, portugalsurfcamp.com

ie kleinen Lachfalten zeugen von einer spaßigen Vergangenheit, die Begeisterung in der Stimme, wenn er über seine Surfcamps reden darf, von einer absolut beneidenswerten Gegenwart. Der 42-jährige Martin Roll ist der Prototyp eines Surfers: blond, sympathisch, entspannt. Ein Naturbursch aus der Steiermark, der in die weite Welt auszog um die größten Wellen zu reiten und schließlich wieder heimzukehren, das Surfbrett aber niemals ganz an den Nagel zu hängen.


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