HERITAGE 02/2016

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Vorherige Doppelseite: Die Sankt-Anna-Kapelle ist das älteste Gebäude im Kloster Fahr. Auch die Gärten hat es von Anfang an gegeben. Heute werden sie mühevoll gepflegt und bepflanzt. Diese Doppelseite: Links: Vierhundert Feuersalbei sowie vierhundert Tagetes hat Schwester Christa an die Wegränder gepflanzt, die in rot und gelb blühen und leuchten. Oben: Das Bild von den Schafen, die auf Gottes Stimme hören, ihm nachfolgen und von ihm versorgt werden, führte Schwester Béatrice mit 22 Jahren ins Kloster. Noch heute schaut sie oft bei den Tieren vorbei.

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igentlich wollte Schwester Béatrice Bäuerin werden. Doch sie spürte, dass etwas in ihr mehr wollte, als nur Bäuerin zu sein. Als sie eines Ostersonntags im Gottesdienst saß und das Bild von den Schafen sah, die auf Gottes Stimme hören, ihm nachfolgen und von ihm versorgt werden, wurde ihr klar was es war. Von dem Tag an wusste sie, dass dieses Bild im Kloster für sie lebendig werden würde. Und so führte sie ihr Weg vor 45 Jahren in das Kloster Fahr, ein Ort in der grünen Oase im dicht besiedelten Limmattal. Mittlerweile ist Schwester Béatrice die gute Seele des Klostergartens. Ihr Tag beginnt schon kurz nach fünf Uhr am frühen Morgen, wenn der Mond noch scheint und die nächtliche Kühle und Ruhe in der Luft liegt. Dann zieht sie an der Glocke in der Kapelle, um die zwanzig Ordensfrauen zum „Vigil“, wie die erste gemeinsame Gebetszeit des Tages genannt wird, zu rufen. Die Frauen singen in die Stille des Morgens hinein, bevor zusammen gefrühstückt wird. Um sieben Uhr folgt die zweite Gebetszeit und um acht Uhr dreißig die dritte. Die Zwischenzeit gehört der persönlichen Stille. Jede Schwester zieht sich dafür an einen anderen Ort zurück. Für Schwester Béatrice ist es ein Tisch auf der Laube gleich neben dem Garten, dort wo bereits die ersten Sonnenstrahlen wärmen und die Blumen und Kräuter zum Duften bringen. Die ersten vier Stunden des Tages sind bestimmt von der inneren Einkehr, der Stille und dem Gebet. Erst danach wird die schwarze Ordenstracht gegen blaue Arbeitsröcke eingetauscht

und die Arbeit aufgenommen. Jede Schwester hat ihren eigenen Aufgabenplatz, von der Weberei bis hin zum Klosterladen. Der Garten des Klosters bildet den Mittelpunkt für Schwester Béatrice. Gemeinsam mit Schwester Christa geht sie an die Arbeit, um Kohlrabi und Salat zu setzen, die Blumenrabatte und Schmuckbeete zu wässern und Verblühtes aus den Blumen herauszubrechen. Schwester Christa ist gelernte Gärtnerin und Floristin und für die Topfpflanzen und den Blumenschmuck zuständig. Vierhundert Feuersalbei sowie vierhundert Tagetes hat sie selber ausgesät, pikiert und getopft. In der Höhe wachsen Sonnenblumen, Königskerzen und Rote Melde Farbtupfer. Es leuchtet in rot und gelb. Vor dem Mittagessen findet die „Mittagshore“, die vierte Gebetszeit des Tages, statt. Dazu muss sich schnell umgezogen werden. Das Klosterleben ist klar strukturiert und ein Wechsel von Gebet und Arbeit, von Ruhe und sich betätigen. Doch es bedeutet keinesfalls Stress für die Schwestern, im Gegenteil: „Ich glaube, dem Menschen tut es gut, in einem bestimmten Rhythmus zu leben.“, so Schwester Béatrice. Nachmittags geht es in den Garten zurück, zusammen mit Schwester Monika, die für den Kräutergarten zuständig ist, der sich im Innenhof des Klosters befindet. Es wird Salat und Fenchel gesetzt. Laut historischen Quellen besteht der Kräutergarten bereits seit dem 17. Jahrhundert mit einem Springbrunnen in der Mitte und von Buchsbaum eingefassten Kräuterbeeten.

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