Sonderpädagogik in der Schweiz

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für versicherte Menschen mit Behinderungen, d. h. medizinische Massnahmen, Hilfsmittel, HE, Massnahmen beruflicher Art, Taggelder und Renten. 3.1.2 Ausbildung der Fachkräfte Wie der gesamte Hochschulbereich waren die Ausbildungsgänge im Bereich Sonderpädagogik in den letzten Jahrzehnten grossen Umwälzungen unterworfen: Fachhochschulen (FH) und Pädagogische Hochschulen (PH) wurden gegründet, der Bologna-Prozess kam in Gange und die IV zog sich aus der Mitfinanzierung der Ausbildungsinstitute von Fachleuten des Bereichs Sonderpädagogik zurück.40 Zunächst ein Blick in die Geschichte: Die Universität Zürich und vor ihr bereits das Heilpädagogische Seminar Zürich (HPS), die Universität Genf und etwas später die Universität Freiburg bildeten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bereits heilpädagogisches Fachpersonal aus. Damals waren Heilpädagogik und Sozialpädagogik als Lehr- und Forschungsgegenstand sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und für sogenannt «Schwererziehbare» als Arbeitsfelder enger miteinander verknüpft als heute. Fürsorgerische Tätigkeiten wurden meist von Frauen ausgeübt, die in privaten, kirchlichen oder gemeinnützigen Institutionen ausgebildet wurden. Als die IV in Kraft trat, brauchte sie geschultes Personal für Sonderschulen, Heime und Werkstätten, um ihr Ziel Eingliederung vor Rente durchsetzen zu können. Aus diesem Grund wirkte sie als zentrale, verbindende und regulierende Instanz und beteiligte sich an den Kosten für die Ausbildung des Fachpersonals zur Betreuung von Kindern und Erwachsenen, d. h. für den schulischen und ausserschulischen Bereich, für Berufsbildung und Arbeit. Die Beiträge der IV gingen an Universitäten, Heilpädagogische Seminare und Höhere Fachschulen. Dies löste in den 1970er-Jahren einen Professionalisierungsschub aus, der später zu einer Schärfung der Profile und zu einer Trennung der Ausbildungsgänge führte. Auf der einen Seite etablierte sich die ausserschulische, familienergänzende oder -ersetzende Heilpädagogik als Sozialpädagogik und Arbeitsagogik, auf der anderen die Sonderpädagogik als Sonderschulpädagogik. Die IV finanzierte auch zahlreiche Weiterbildungen und Kurse im nicht formalen Bereich. Beispiele dafür sind die Blindenhundführung oder das Training für die Vermittlung von Blindenschrift und Gebärdensprache. In den 1990er-Jahren erfolgte die Gründung von Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen und damit auch die Tertiarisierung der Höheren Berufsbildung im Bereich Bildung und Soziales. Im Jahr 1995 trat das Fachhochschulgesetz (FHSG) in Kraft.41 Sozialpädagogik wird seither sowohl an Universitäten als auch an FH und Höheren Fachschulen unterrichtet. Ebenfalls in den 1990er-Jahren sowie in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends wurden ehemalige Lehrerinnen- und Lehrerseminare in PH umgebaut. Heilpädagogische Früherziehung (HFE), Schulische Heilpädagogik (SHP), Logopädie und Psychomotoriktherapie, die vier EDK-anerkannten sonderpädagogischen Ausbildungen, werden meistens an PH absolviert. Einen eigenen Status hat die Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH) in Zürich,

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Die IV beteiligte sich aufgrund von alt Artikel 74 Absatz 1 Litera d an der Finanzierung der Ausbildungsinstitutionen für sonder- und sozialpädagogisches Personal, der durch Ziffer II 25 des Bundesgesetzes vom 06.10.2006 zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) mit Wirkung seit dem 01.01.2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029) aufgehoben wurde. 41 Mit dem Inkrafttreten des HFKG per 01.01.2015 wurde das FHSG aufgehoben (HFKG Art. 71).

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