RWTHinsight 3+4/2016

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Rohstoffe und Recycling Die aktuelle Ausgabe des Magazins „RWTH THEMEN“ berichtet über Forschungsprojekte der Aachener Hochschule rund um Lagerstätten, Aufbereitung, Produktion und Abfallbehandlung. In insgesamt 17 Beiträgen werden unter anderem die Nachsorge von Bergbaulandschaften, Sicherheitsaspekte im Bergwerk, eine sensorgestützte Sortierung, das Recycling von Elektronikschrott oder Kirschkerne als Energieträger vorgestellt. So sind beispielsweise Manganknollen bis zu kartoffelgroße Mineralanreicherungen, die in 3.500 bis 6.500 Meter Wassertiefe im Pazifik und im Indischen Ozean vorkommen. Ein Forschungsprojekt befasst sich mit den Fragen, wie diese zu gewinnen sind und wie sich ihre Weiterverarbeitung realisieren lässt.

RWTH THEMEN Forschungsmagazin

Ausgabe 2/2016

Zu den betrieblichen Aufgaben eines modernen Bergwerks und zu den Aufgaben eines Staates im Rohstoffsektor gehört der Arbeitsschutz. Wissenschaftlerteams der RWTH erforschen alle Aspekte rund um die Kernthemen Bergbau und Rohstoffe. In vielen Ländern erschwert die unzureichende Ausbildung der Bevölkerung eine moderne Arbeitssicherheit. Hier gilt es, die staatlichen Institutionen und Aufsichtsbehörden zu stärken. Somit lenkt die ansteigende globale Rohstoffnachfrage den Blick zunehmend auf die Ausbildung von Fachkräften für eine nachhaltige Rohstoffgewinnung. Im RWTH-Institut für Maschinentechnik in der Rohstoffindustrie wird daran gearbeitet, dass die Gewinnungsmaschine ebenso wie der Bergmann „hören“ kann. Denn der erfahrene Bergmann hört, ob die Gewinnungsmaschine wertvolle Kohle oder härteres Nebengestein schneidet. Möglich werden soll die Materialerkennung durch den Einsatz der Acoustic Emission Technologie.

Kompetenzbereich Rohstoffe und Recycling

Karosserien aus Aluminium Für viele US-Amerikaner sind sie das Symbol des American Way of Life: die Pickup-Trucks aus der F-Serie von Ford. Vorne gewaltige Kühlerhauben über breiten Stoßstangen, hinten eine lange Ladefläche. Kein anderes Auto offenbart mehr amerikanischen Patriotismus und Nationalstolz als diese tonnenschweren Boliden. Seit über 30 Jahren ist der F-Truck das meistverkaufte Auto auf dem nordamerikanischen Markt. Die beeindruckende Größe bringt allerdings auch ein beeindruckendes Gewicht und einen hohen Benzinverbrauch mit sich. Ford setzt aus diesem Grund beim neusten Modell des F-150 auf eine Karosserie aus Aluminium. „Der Truck ist dadurch etwa 700 Pfund leichter geworden und wiegt in der Basisausstattung rund 1.950 Kilogramm – weniger als eine typische Oberklassenlimousine“, erklärt Dr. Jürgen Wesemann, technischer Leiter für Werkstoffstrategien bei der Ford Forschungszentrum Aachen GmbH. Dabei konnten die Konstrukteure die Robustheit des Trucks erhalten und mussten keine Features weglassen. „Wir haben einen Ruf zu verteidigen“, so Wesemann. „Der F-150 steht für Robustheit sowie überlegene Nutz- und Anhängelast. Der Aluminiumleichtbau unterstützt Kundenanforderungen wie niedrigen Verbrauch und gute Fahrdynamik.“ Forschung im Nichteisen-Metallbereich Das an der Süsterfeldstraße ansässige Forschungszentrum ist eines von zehn Industrieunternehmen, die sich an AMAP (Advanced Metals and Processes) beteiligen. Dieses Open-Innovation-Forschungscluster für Nichteisen-Metalle arbeitet seit 2012 an aktuellen Problemstellungen auf dem Gebiet der Nichteisen-Werkstoffe. Ziel ist die Forschung, Entwicklung sowie Aus- und Weiterbildung auf den Gebieten der Metallerzeugung, der Weiterverarbeitung von Metallen und der Herstellung von Produkten aus Metallen und metallischen Werkstoffen bis hin zum Recycling. Foto: Peter Winandy 6|

Im aktuellen Vordergrund steht die Forschung über Werkstoffe auf Aluminiumbasis. Projekte des AMAP-Clusters bearbeiten Fragestellungen der prozessübergreifenden Modellierung von Prozessen und Werkstoffeigenschaften, zur Schmelzereinheit, zu Umform- beziehungsweise Gießprozessen und den Eigenschaften von Bauteilen. Darüber hinaus wird mit Blick auf Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit an der Verbesserung der Recyclingmöglichkeiten von Aluminium gearbeitet. Im Mittelpunkt stehe die vorwettbewerbliche Erforschung unter dem ganzheitlichen Aspekt „vom Einsatzmaterial zum Bauteil“, erklärt AMAP-Beiratsvorsitzender und Leiter der Hydro Aluminium-Forschung & Entwicklung in Bonn, Dr. Klaus Vieregge. „AMAP ist kein Service Center, unsere Forschung keine kurzfristige Maßnahme. Sie benötigt einen langen Atem. Wir

können uns also noch auf viele weitere Jahre der Zusammenarbeit freuen.“

AMAP-Verbund praktiziert Open Innovation Derzeit arbeiten im AMAP-Verbund elf Industrieunternehmen und sechs RWTH Institute zusammen. Man verfolgt den evolutionären Gedanken einer gemeinsamen Forschung an einem Ort, industrie- und institutsübergreifend. „Die Zusammenarbeit hat für uns viele Vorteile“, erläutert Professor Karl Bernhard Friedrich, Leiter des RWTH-Instituts für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME), das AMAP angeschlossen ist. „Der Austausch mit Akteuren aus der Industrie lässt neue Ideen reifen. Master- und Doktorarbeiten können von Branchenspezialisten begleitet werden. Darüber hinaus hat unser Institut die Möglichkeit, sich international zu präsen-

tieren.“ Friedrich betont, neben dem fachlichen Austausch und der Generierung neuer Forschungsansätze seien für die Industrie vor allem der Zugang zum Ingenieur-Nachwuchs und die Synergieeffekte von großem Wert, die durch die Nähe zur RWTH entstehen. Aktuelle Forschungsergebnisse könnten so schnell in marktfähige Projekte integriert werden – für alle Beteiligten aus Industrie und Hochschule eine Win-Win-Situation. Ein gutes Beispiel für diese Synergieeffekte soll die erwähnte F-Serie von Ford werden. „Da schlummert ein großes Potential“, meint Experte Wesemann von Ford und wagt einen Blick in die Zukunft. „Die Chancen stehen gut, dass für unsere nächste Generation von Aluminiumfahrzeugen in AMAP entwickelte Technologien verwendet werden.“ Sebastian Dreher


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