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ALLIANZ GRUPPE

Kundenservice, das digital und persönlich ist Mag. Xaver Wölfl, Chief Digital Officer wird mit 1. Jänner 2018 in den Vorstand der Allianz Gruppe in Österreich bestellt und übernimmt das Ressort „Market Management & Digital“. Der gebürtige Linzer studierte internationale Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck und in den USA. 1996 starte-te er seine Allianz Laufbahn im Underwriting der Industrieversicherung. 2001 wechselte Wölfl in den Vertrieb, wo er bis 2003 für den ungebundenen Vertrieb und in Folge für die Ausschließlichkeitsorganisation verantwortlich zeichnete. Ab 2006 fungierte er als Bereichsleiter für die Versicherungstechnik SchadenUnfallversicherung. 2008 übernahm er für sieben Jahre den Bereich Market Management sowie im November 2015 die neu geschaffene Position des „Chief Digital Officers“. Digitalisierung im Vertrieb und in der Produktwelt, darüber haben wir mit ihm gesprochen:

Insurance 4.0 prognostiziert, im Jahre 2030 wird sämtliche persönliche Beratung für Versicherungsprodukte wegfallen. Wie ist die Meinung des Allianz Konzerns zu diesem Thema? Mag. Xaver Wölfl: Wir sehen das ganz anders. Bleiben wir am österreichischen Markt, wo der Direktvertrieb sich – aus den unterschiedlichsten Gründen – sehr langsam entwickelt. Insbesondere die Kfz-Versicherung – in der Vergangenheit immer der „revolutionärste“ Bereich in unserer Branche – hat mit Zulassungssystem und Versicherungssteuer wesentliche Barrieren für das Direktgeschäft. Ja, es stimmt, Kunden informieren sich immer mehr online, sowohl über Produkte als auch über Preise; zum Abschluss bevorzugen dennoch viele die persönliche Beratung. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass eben die angebotenen Informationen zu wenig oder nicht verständlich genug waren, doch das glaube

digital zu unterstützen. Einerseits betreiben wir Onlineshops für unsere Exklusivpartner, andererseits sind wir dabei, den Maklern im Offert-, Produkt- wie auch Servicebereich die besten digitalen Tools zur Verfügung zu stellen. Online ist sehr wichtig, aber der Vermittler ist der Dreh- und Angelpunkt zum Kunden, auch im digitalen Bereich. Es gibt viele Insurtechs, die bereits am Markt sind, und einige bereiten ihren Markteintritt noch vor. Ihre Meinung dazu? Wölfl: Selbstverständlich sehen wir uns alles genau an, ich möchte auch nicht ausschließen, dass der eine oder der andere dabei ist, der ein Geschäftsmodell der Zukunft entwickelt. Aber nur eine App ins Netz zu stellen, Daten abzuholen und diese irgendwie zu verarbeiten, das ist viel zu wenig. Digitalisierung ist wesentlich mehr. Es geht darum, ein gesamtes Geschäftsfeld digital vernünftig und einfach

Ja, es stimmt, Kunden informieren sich immer mehr online, sowohl über Produkte als auch über Preise; zum Abschluss bevorzugen dennoch viele die persönliche Beratung. ich nicht. Österreicher wollen tendenziell immer noch eine persönliche Beratung. Dieser Trend hat uns als Allianz Versicherung dazu veranlasst, uns nicht als Online-Versicherer zu positionieren, der weitgehend ohne Menschen auskommt, sondern die Vermittler bestmöglich 36 risControl 06/17

darzustellen. Die Allianz hat bereits vor mehr als 20 Jahren in Österreich ein IT-System eingeführt, das heute auf der ganzen Welt eingesetzt wird. Das Erfolgsgeheimnis dabei: Es baut gänzlich auf einer kundenspezifischen Sicht auf und umfasst in einer einzigen Da-

tenbank sämtliche Kundendaten. Alle Nutzer greifen immer auf dieselben Daten zu. Alle Anbindungen, sei es von Kunden oder Vertriebspartnern, sei es über die Webseite oder ein App, arbeiten direkt im Echtsystem – in Echtzeit! Beispiel: Wenn man im Maklerportal zum Beispiel die Adresse eines Kunden ändert, dann steht diese Info sofort allen Nutzern zur Verfügung. Optimale Convenience gepaart mit höchstmöglicher Effizienz. Das macht uns so schnell kein Start-up nach! Das bedeutet, so wie Dr. Littich schon gesagt hat, statt Pseudo-Digitalisierung echte Digitalisierung, sowohl für den Endkunden als auch für den Vermittler? Wölfl: Kunden können sich aussuchen, über welchen Kanal sie mit uns Kontakt aufnehmen. Die Nutzung der digitalen Kanäle nimmt deutlich zu, es nehmen immer mehr Kunden über E-Mail, WhatsApp oder andere soziale Medien Kontakt zu uns auf. Es gibt aber nur sehr wenige Kunden, die ausschließlich digital kommunizieren wollen – also gänzlich ohne Betreuer. Genauso wenig gibt es Kunden, die nur persönlich und auf keinen anderen Weg mit uns interagieren wollen. Die meisten haben Interesse an einer Mischung der Zugänge. Sie wollen ein Kundenservice, das digital UND persönlich ist. Dabei gilt es die Falle der „Pseudo-Digitalisierung“ zu vermeiden. Digitalisierung ist kein Marketinggag, sondern man sollte die Kundenwünsche wirklich ernst nehmen. Kunden wollen es möglichst


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