Research & Results 7/2016

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Media

Ankündigungen zu Kinofilmen ausgegeben wie für den Start im Heimkinomarkt. Die Werbeausgaben konzentrieren sich somit auf den Kinostart und damit auf etwa 20 Wochen, bevor ein Film in den digitalen Kanälen zum Verkauf sowie Verleih offiziell veröffentlicht wird. Diese Allokation scheint auf den ersten Blick atypisch. Sie war Anlass für eine Analyse der langfristigen Werbewirkung auf den Absatz, der mit dem Verleih und digitalen Verkauf in Deutschland erzielt wird.

Untersuchung der langfristigen Wirkung Auf Basis der Werbedaten von Ebiquity wurde die langfristige Werbewirkung für Filme untersucht. Neben einigen weiteren Einflussgrößen wie Word-of-Mouth (WoM), Kinoumsatz, Genre oder dem Preis war der Einfluss der Werbung für Kinofilme auf den nachgelagerten digitalen Absatz Hauptbestandteil der Modellierung. Die Studie umfasst die Analyse von 345 Filmen unterschiedlicher Genres. Dabei wurden die wöchentlichen, von Ebiquity unabhängig erfassten, Brutto-Werbeausgaben mit den digitalen Absatzzahlen zahlreicher Plattformen wie iTunes, Amazon und weiteren digitalen Anbietern verknüpft. Dieser bisher einzigartige Versuch bietet Erklärungsgehalt darüber, welche Variablen Einfluss auf den digitalen Absatz nehmen, und gibt den Filmstudios Implikationen zur Budgetallokation.

Signale zur Beurteilung aussenden Die Ergebnisse zeigen, dass auch in der Filmbranche die Werbung ein elementarer Faktor ist, der zwischen wirtschaftlichem Erfolg und Misserfolg einzelner Titel entscheiden kann. Geschaltete Fernseh-Trailer oder plakatierte Hauswände sollen der gewählten Zielgruppe nicht nur den Filmtitel einbrennen. Sie sollen auch eine Vorschau geben, was den Zuschauer im Kinosessel oder auch im Heimkino erwartet. Da Filme typischerweise nicht vor dem Kauf getestet werden können, stellen diese ein Vertrauensprodukt dar. Dem Kunden stehen weniger Informationsquellen für die Kaufentscheidung zur Verfügung. Dies gibt der Werbung einen noch höheren Stellenwert, da sie wichtige Signale aussendet und dabei hilft, die Qualität vorab zu beurteilen. Die positive Wirkung auf den Kinoerfolg, insbesondere das Eröffnungswochenende, ist schon lange bekannt. Nun konnte zudem bestätigt werden, dass die Werbewirkung nicht nach Kinostart verebbt, sondern in die zweite Verwertungsstufe ausstrahlt.

Höhere Akzeptanz und mehr Aufmerksamkeit Jährlich werden etwa 6.000 neue Filme in den Kinos dieser Welt gezeigt. Wer kann da schon den Überblick behalten? Ankündigung durch Werbung und Weiterempfehlungen trennen dabei schnell die Spreu vom Weizen, Blockbuster von Kassenflops. Der Effekt, dass Werbung auf den Kinoerfolg wirkt und dieser dann wiederum den nachgelagerten digitalen Absatz positiv begünstigt, konnte ebenfalls abgesichert werden. Auf diese Weise hilft die Werbung bereits bei der Selektion, welche Titel überhaupt später im digitalen Kanal angeboten werden, und ebenfalls, wie prominent diese dort positioniert sind. Ein weiterer Erklärungsansatz für die Langfristwirkung in dieser Branche liegt in den Produkteigenschaften von Filmen. Da diese viele Emotionen transportieren und die Werbung für Filme eher akzeptiert ist als für andere Produkte, wird dieser auch mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht. Das begünstigt eine spätere Wiedererkennung.

Release der Titel fortgetragen werden. Die Effekte bestätigen die Filmstudios somit in ihrer Entscheidung, den Werbeaufwand auf den Kinostart zu konzentrieren. Trotz der steigenden Relevanz des digitalen Absatzes impliziert dies, dass beim zu erwartenden Shift der Budgetallokation hin zur Zweitverwertung die langfristige Werbewirkung berücksichtigt werden muss. Es ist somit zu erwarten, dass wir auch in Zukunft in den Genuss von Kino-Trailern kommen, die – zumindest teilweise – über unseren nächsten Kinobesuch entscheiden. ■

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Die Rolle des Word-of-Mouth

Sebastian Wehner

Word-of-Mouth ist ein weiterer Faktor, der die Werbewirkung für Filme verlängert. Mündliche Weiterempfehlungen oder das Bewerten eines Films sind für Filme so wichtig wie in kaum einer anderen Branche. Die verschiedenen Online-Plattformen wie Imdb oder Rotten Tomatoes bieten dem WoM eine große Bühne. Wie häufig und wie positiv ein Film dort bewertet wird, hat dabei einen direkten Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Titels im digitalen Absatz. Insbesondere die Häufigkeit der Bewertungen hängt dabei auch vom Werbedruck ab. Über diesen Weg kann die Werbewirkung zu großen Teilen bis zum digitalen

hat Marketing und Medien in Göttingen und Hamburg studiert. Seit 2014 arbeitet er bei Ebiquity, wo er als Media Analyst Kunden berät, wie sie ihre Marketing- und Medialeistungen optimieren können. www.ebiquity.com

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