The Red Bulletin DE 10/19

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HE RO ES

Als mein Bruder und ich die Songtexte schrieben, wollten wir in erster Linie Geschichten erzählen – manche sehr per­ sönlich, andere fiktiv, aber sie haben alle mit Dingen zu tun, die man sich in anderer Form nicht auszusprechen traut. Und wenn man in seinen Träu­ men rumzuwühlen beginnt, kann das auch ziemlich her­ ausfordernd sein. Aber so gehe ich nun mal ans Songwriting heran. Ich wüsste gar nicht, wie ich es anders machen sollte.

Lohnt es sich denn, bei etwas­ zu leiden, das du liebst? Seit wir den ersten Song auf­ genommen haben, sind wir extrem happy, weil uns das Musikmachen Freude bereitet – so einfach ist das. Es läuft gut, und wir freuen uns über den Erfolg, aber wir waren auch davor schon glücklich. Irgendwann habe ich mal jemanden sagen hören, dass das Glück nicht das Ziel der Reise ist, sondern die Art, wie man reist. Das ist genau meine Philosophie.

Aber im Musikbusiness gibt es ja schon einen gewissen Druck, erfolgreich zu sein … Druck erzeugt Stress, und Stress macht dich krank.

Die aktuellen Musiktrends zu ignorieren – ist das auch eine Philosophie? Ich habe grossen Respekt vor denen, die diese Rolle über­

DIE SCHRÄGSTEN OUTFITS VON BILLIE

Mit den Klamotten hält es die 17-jährige Amerikanerin wie mit der Musik: alles gaaanz entspannt. Erlaubt ist, was persönlich flasht.

nehmen, aber ich will lieber auf der anderen Seite bleiben. Ich mache nur die Musik, von der ich etwas verstehe. Viel­ leicht kommen irgendwann mal andere Musikformen dazu, so oder so werde ich aber nur das umsetzen, was mir persönlich entspricht. Ich werde nie versuchen, jemand anderer zu sein. Spontaneität vor Planung und Authentizität vor Erfolg. Aber was spricht wirklich gegen ein gut durchdachtes Musikprojekt? Während der Aufnahmen gab es Momente, in denen wir uns von den vorherigen Proben total entfernten. So etwas ­geschieht, wenn man nicht darüber nachdenkt. Es passiert­ einfach, und am besten lässt man es zu. Die Intuition leitet uns, sie zeigt uns, wie der Song aufgenommen und wie er am Ende veröffentlicht ­werden soll. Dafür gibt es ­keine Erklärung, es ist eine reine Frage des Gefühls.

WORTLOS AUFFÄLLIG So vermeidet man mit­ hilfe von Louis Vuitton Smalltalk und bleibt trotzdem im Gespräch.

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NO HANDSHAKE Mit freundlichen ­Grüssen vom Mode­ label Calvin Klein. Oder doch von Pumuckl?

ZIEH LEINE, MANN! Oder: Wenn alle Stricke reissen, bleibt noch ­immer eine Karriere als Fashion-Blogger.

KRIMINELL COOL Das Längsgestreifte im Knast-Stil macht schlank – dazu gehen auch Baggy Pants.

Und wenn das nicht so wäre, wären dann Inspiration und Kreativität blockiert? Auf jeden Fall, denn es fällt schwer, kreativ zu sein, wenn man unter irgendeiner Art von Stress steht – insbesondere, wenn es sich dabei um Zeit­ druck handelt. Daran würde man langsam, aber sicher ­zugrunde gehen. billieeilish.com

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Das setzt voraus, dass man sehr entspannt an die Sache herangeht. Das ist natürlich der Idealfall. Wir hatten das Glück, keine Deadlines einhalten zu müs­ sen. Das sorgte für ein Gefühl absoluter Freiheit. Jeder Schritt in unserem Projekt er­ folgte vollkommen stressfrei. Aber mir ist bewusst, dass das ein Luxus ist in einer Zeit, in der alles im Eiltempo erledigt werden muss.


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