The Red Bulletin_1207_CH

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BiLD: JoERG MiTTER/ RED BULL STRAToS

„Ich halte euer Equipment für unsicher. Wir müssen das System der Fallschirme umbauen.“

Beim ursprünglichen Fallschirmdesign öffnete sich auch der Drogue Chute, der Stabilisierungsschirm, und flog davon, wenn Felix den Hauptschirm zog. Luke bedeutete also, bereits in der Startluke stehend, dem zweiten Hubschrauber, nicht direkt in einen Sinkflug zu gehen, um sich nicht im Fallschirm zu verhed­ dern. Eigentlich gehört es nicht zu den Kernkompetenzen eines Skydivers, sich um die Sicherheit des Heli Gedanken zu machen. Luke tat es trotzdem. Dann sprang er raus und filmte Felix. Für Luke Aikins ist es normal, mitzu­ denken und Dinge einfach zu erledigen. Art Thompson, Mike Todd und Felix Baumgartner waren von der Performance des vermeintlichen Kameramanns so an­ getan, dass sie ihn ins Team holen wollten. Doch der zierte sich: „ich halte euer

Equipment für unsicher. Wenn ihr mich an Bord haben wollt, müssen wir das Sys­ tem der Fallschirme umbauen.“

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rsprünglich hätte der Drogue Chute an den Schultern befestigt sein sollen. Luke war nicht begeis­ tert: „ich hielt das Risiko, dass sich die Seile um Felix’ Hals verheddern könnten, für viel zu hoch.“ Die einen rechneten und tüftelten noch, da war Luke schon wieder in der Luft und wagte einen Selbstversuch: „Am nächsten Tag befestigte ich einen Drogue Chute simple and dirty an meinem Schirm, nahm ihn in die Hand und sprang damit aus dem Flugzeug. Es funktionierte super. Das Video schickte ich an die Jungs von Red Bull Stratos.“ Darauf basierend und durch ideen von Suit Handler Mike Todd ergänzt, bastelte

Luke Aikins ein rohes Modell für das Fall­ schirm­Rig. Luke ist, wie er selbst gerne zu­ gibt, „nicht der Mann für den Feinschliff. Meine Stärke sind ideen.“ Die Detailarbeit wurde an Kelly Farrington übertragen, den Gründer des Fallschirmspezialisten Velocity Sports. Der baute in mehreren Monaten jenes Schirmsystem, das Felix bei Red Bull Stratos verwenden wird. Mit seiner immensen Freifall­Erfah­ rung kann sich Luke Aikins wohl am ehes­ ten vorstellen, was Felix Baumgartner bei seinem Sprung aus der Stratosphäre er­ wartet: „Während der ersten halben Mi­ nute wird er keinen Wind spüren. Für ei­ nen Skydiver ist das so, als ob du ein Auto mit vier platten Reifen fährst. ich glaube, dass er sich während der ersten 30 Sekun­ den ein paar Mal überschlagen wird: Es gibt zu wenig Luft, als dass er damit arbei­ ten könnte. Sobald er genug Luft unter dem Körper fühlt, wird er seine normale Sprungposition einnehmen können. ich meine, Felix sollte ganz oben erst gar nicht versuchen, die Überschläge zu vermeiden. Nichts, was du machst, ob Rudern mit den Armen oder Kicken mit den Beinen, kann die Position verändern. Das ist für einen Skydiver schwer zu akzeptieren, aber in einer Atmosphäre, die so dünn ist, dass eine Feder so schnell zu Boden fällt wie eine Bleikugel, kannst du Überschläge nur ausreiten und auf dickere Luft warten.“ Bei Tests zu Red Bull Stratos wurde ein Metallzylinder aus 120.000 Fuß abge­ worfen, um zu sehen, wie er reagiert. (Das Team nannte den Flugkörper „Felix Bomb­ gartner“.) Dass der zu taumeln begann, irritiert die Techniker, nicht jedoch Sky­ 73


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