seminar.inside Nr. 2, Juni 2015

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AUS DER WIRTSCHAFT_17

Die Veränderung des Gehirns aufgrund der neuen Technologien hat auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt.

schwach ausgeprägten Identität und geringem Selbstbewusstsein führen. «Mind Change» in der Arbeitswelt begegnen «Vieles hängt davon ab, wie die Technologie eingesetzt wird», folgert die britische Wissenschaftlerin. Für Personalverantwortliche komme es zukünftig darauf an, diese Entwicklungen zu erkennen – nur dann könnten sie entsprechend handeln. Menschen mit einer geringen Empathie-Fähigkeit und einer schwachen Identität benötigten etwa ständiges Feedback. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, Mitarbeitern einen Sinn für Identität zu vermitteln und ihnen zu zeigen, dass Aktionen und Konsequenzen zusammenhängen. «Unternehmen brauchen einen konzeptionellen Rahmen, damit die Mitarbeiter das Gesamtbild verstehen und die Arbeit für sie eine Bedeutung bekommt.» Freier Ausblick auf die Natur Ein weiterer Aspekt: Viele Menschen fühlen sich angesichts der neuen Medienflut überfordert – vor allem am Arbeitsplatz. Um deren Wohlbefinden zu steigern, empfiehlt Greenfield Büros mit Zugängen ins Freie oder

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wenigsten einem Ausblick auf die Natur. «Untersuchungen zeigen, dass sich Kreativität steigern lässt, indem wir uns in natürlichen Umgebungen aufhalten. Wir wissen auch, dass Denken durch Spazierengehen angeregt wird.» Deshalb sei es hilfreich, wenn Beschäftigte in einem Gebäude umhergehen könnten. Das habe zusätzlich den Vorteil, dass sie jemandem begegneten, der sie inspiriere, und dass ihre Augen in der bildschirmfreien Zeit entlastet würden. Stressbewältigung statt Anti-Stress-Verordnung Hilfreicher als eine gesetzliche AntiStress-Verordnung, die Mitarbeiter vor der Arbeit am Abend, am Wochenende oder im Urlaub schützen soll, findet die Hirnforscherin einen aktiven Umgang mit Überforderung. «Bis zu einem gewissen Punkt ist Stress ein Teil dessen, was uns als menschliche erwachsene Wesen ausmacht. Wir können nicht so tun, als gebe es das nicht.» Deshalb gehe es am Arbeitsplatz darum, den Beschäftigten bei der Bewältigung schwieriger Situationen zu helfen. Betriebe könnten entsprechende

Trainingsangebote anbieten – etwa zu Achtsamkeit und Meditation. Aber eine Zauberformel, die für alle Menschen funktioniere, gebe es dabei nicht. Greenfield rät vielmehr: «Unternehmen müssen Menschen erlauben, sie selbst zu sein und ihre Talente zu entwickeln, wo auch immer diese liegen.»

Baroness Susan Greenfield ist eine britische Hirnforscherin, Schriftstellerin und Mitglied des House of Lords. Greenfield zählt zu den einflussreichsten Frauen Grossbritanniens. Ihr Spezialgebiet ist die Physiologie des Gehirns mit den Forschungsgebieten Parkinson- und AlzheimerKrankheit. Mit ihren Büchern zur Gehirnforschung, mit Radiobeiträgen, Fernsehsendungen und Interviews setzt sich Susan Greenfield für ein breiteres öffentliches Verständnis der Wissenschaften ein. Seit 1998 ist Susan Greenfield Direktorin der Royal Institution of Great Britain.


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