DIVERSITY UND FUSSBALL – DAS BUNTE MUSS INS ECKIGE!?

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DIVERSITY UND FUSSBALL – DAS BUNTE MUSS INS ECKIGE!? Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Master of Arts in Social Sciences (MA)” Verfasser : Torsten Bichler, BA

Vorgelegt am FH-Masterstudiengang Innovationsentwicklung im Social Profit Sektor an der Fachhochschule Salzburg

Begutachtet durch: in

Dr . Doris Rosenlechner-Urbanek (Betreuerin) Dr. Martin Lu Kolbinger (Zweitgutachter)

Salzburg, 29.04.2014


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Zusammenfassung „Fußball verbindet“, so der einhellige Tenor über die weltweite Sportart Nummer eins. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dies aber immer auch über Ausgrenzung passierte. Entlang von Ungleichheitsdimensionen wie Geschlecht, Klasse oder Herkunft wurden Hierarchisierungen etabliert und Ausschlüsse praktiziert und so das Bild des Fußballs als heterosexuell, weiß und männlich konstruiert und normiert. Im Zuge der Globalisierung und diversen sozialen Bewegungen, wie der Bürgerrechts-, Frauenund Schwulen- und Lesbenbewegung, hat sich, unterstützt durch die internationale Gesetzgebung von UNO und EU zur Anerkennung von Verschiedenheit, Gleichberechtigung und Inklusion, eine neue Perspektive auf Vielfalt und dahinterstehende Diversity-Ideen eröffnet. Grundsätzlich als Kritik an Diskriminierungen aller Art entwickelt, entdeckten Unternehmen bald den ökonomischen Nutzen der Förderung der Vielfalt. In der Folge hielten Diversity-Konzepte wie Diversity Management oder Diversity Policies nicht nur Einzug in die Wirtschaft, sondern auch in die Wissenschaft und öffentliche Verwaltung. Homeless World Cup, Integrations-WM und Behindertensport können ebenso als Beleg für die Diversity-Orientierung im österreichischen Fußball dienen, wie der Blick auf das Nationalteam mit Spielern wie Alaba, Arnautovic, Junuzovic, etc. Die Frage, ob das Auswirkungen der gesellschaftlichen Entwicklung auf den Fußball oder eines gezielten, strategischen Vorgehens innerhalb des Fußballs sind, soll in dieser Arbeit geklärt werden.

Schlüsselwörter: Diversity, Diversität, Vielfalt, Intersektionalität, (Anti)Diskriminierung, Ungleichheit, Fußball, Sport, Gesellschaft, Social-Profit-Sektor


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Abstract “Football units� is the unanimous opinion of the world wide number one sport. Looking back in history shows that this always happened about exclusion. Along inequality dimensions such as gender, class, race or origin, hierarchies have been established and exclusions have been practiced. This led to the constructed and normalized image of football as a heterosexual, white and male sport. In the course of globalization and various social movements, such as the civil rights, women's and gay and lesbian movement a new perspective on diversity and underlying theoretical approaches towards diversity has opened, also supported by the international law of the UN and the EU on the recognition of diversity, equality and inclusion. Basically developed as a critique of all forms of discrimination, companies soon discovered the economic benefits of promoting diversity. As a result diversity concepts such as diversity management or diversity policies not only found their way into economy, but also in science and public administration. Homeless World Cup, Integrations-WM and disabled sports can serve as proof to the diversity orientation in Austrian football, as well es a glance at the national team with players like Alaba, Arnautovic, Junuzovic, etc. The main question to be clarified in this paper is whether this seen diversity is the impact of social development on football or a strategic approach within football.

Key words: Diversity, Plurality, Intersectionality, (Anti-) Discrimination, Inequality, Football, Sports, Society, Social-Profit-Sector


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Danksagung: Nun da vorliegende Arbeit fertiggestellt ist, bin ich dankbar. Ganz im Sinne von Diversity geht der Dank in viele Richtungen.

Auf organisatorischer Ebene: So möchte ich mich bei meiner/m ArbeitgeberIn, insbesondere Dir, Gerlinde, für die Möglichkeit der Bildungskarenz bedanken, ohne die vorliegende Arbeit wohl nicht möglich gewesen wäre. Der Fachhochschule Salzburg, den MitarbeiterInnen des FAGO und der Wolfgang-Gmachl-Bibliothek gebührt großer Dank für die Schaffung eines sehr produktiven Umfelds. An dieser Stelle sei noch der Fachbibliothek für Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Salzburg in Person von Fr. Müllauer für ihre Unterstützung in der Literaturbeschaffung gedankt.

Auf Gruppenebene bedanke ich mich bei den KollegInnen des Master-Pionierjahrgangs 2012 für die konstruktive Gestaltung des Studienganges und die ertragreichen Pausengespräche. Weiters möchte ich mich beim FC Blau-Weiß Linz und seinen Fans bedanken, die mitverantwortlich für meine Sozialisation und größte Inspiration für die Beschäftigung mit Themen rund um Fußball und damit auch für die Entstehung dieser Arbeit sind.

Auf persönlicher Ebene gilt mein Dank allen InterviewpartnerInnen für die Aufnahme in ihre Räumlichkeiten, ihr großes Engagement in der Mitwirkung und den Einblick in den Fußball in Österreich und Bremen. Ganz besonderer Dank gilt Fr. Drin. Doris Rosenlechner-Urbanek für ihr Interesse an diesem Thema und die sowohl fachlich als auch persönlich sehr angenehme Begleitung im Entstehungsprozess dieser Arbeit, trotz der in Österreich nicht immer einfachen Rahmenbedingungen in der Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. Vielen Dank dafür!!!

Zuletzt sei meiner Familie gedankt. Zum einen meinen Eltern und Schwestern, die meinen Werdegang stets unterstützend begleitet haben und zum anderen meinem Sohn, meiner Tochter und meiner Partnerin. Levi und Jara, Euch dafür, dass ich täglich Neues von Euch lernen darf und Ihr meine scheinbar unerschöpfliche Energiequelle seid. Silvana, Dir danke ich für Deine Geduld, Dein Verständnis, Dein Engagement für unsere Familie und für Deine außerordentliche fachlichen Expertise, zusammenfassend für Deine überwältigende Unterstützung in dieser energieraubenden Zeit. Ohne Euch ist alles Nichts!!!


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Inhaltsverzeichnis I.

Das Aufwärmen

8

1.

Einleitung

9

1.1.

Motivation

10

1.2.

Aktueller Forschungsstand

11

1.3.

Der Weg ins Stadion als Wegweiser durch diese Arbeit

12

II.

Das Training

13

2.

Der Social-Profit-Sektor

14

2.1.

Der Begriff

14

2.2.

Definitionen

14

2.3.

Die Bedeutung

15

2.4.

Die Situation in Österreich

17

2.4.1.

Das aktuelle Bild des Social-Profit-Sektors in Österreich

18

2.4.2.

Typisierung von Social-Profit Organisationen (SPO)

18

3.

Sport und Gesellschaft

20

3.1.

Definitionen

20

3.2.

Historische Entwicklung des Sports

22

3.3.

Theoretisch-konzeptuelle Perspektiven

24

Exkurs: Sport und Macht

3.4.

4.

Organisation von Sport in der Gesellschaft

Fußball

27

28

30

4.1.

Die Entwicklung des modernen Fußballs

31

4.2.

Fußball in Österreich

34

4.2.1.

Die Anfänge

34

4.2.2.

Vermarktung und „Scheinamateurismus“

35

4.2.3.

Fußball in der Zwischenkriegszeit

35

4.2.4.

Fußball im Nationalsozialismus

36

4.2.5.

Fußball nach 1945

37

4.3.

Fußball und Gesellschaft

38

4.4.

Zwischenfazit

39

5.

Diversity

40

5.1.

Konstrukte und Konzepte

40

5.2.

Die Entwicklung von Diversity

42


6

5.3.

Diversity-Konzepte

43

5.3.1.

Diversity Management

44

5.3.2.

Diversity Policies/Diversity Politics

45

5.4.

Diversity Dimensionen

46

5.5.

Exkurs: Corporate Social Responsibility (CSR)

48

6.

Diversity und Fußball

6.1.

Diversitärer Fußball – eine theoretische Verknüpfung

50 50

6.1.1.

Diversity in Sportorganisationen

51

6.1.2.

Mögliche Strategien und Prozesse der Umsetzung

52

6.2.

Fußballerische Vielfalt – Angebote im Fußball

53

6.2.1.

Acht Perspektiven für strukturelle Maßnahmen

54

6.2.2.

Situation in Österreich

57

III.

Das Spiel

59

7.

Empirische Methoden

60

7.1.

Intersektionalität als Forschungsperspektive

60

7.2.

Untersuchungsdesign

61

7.2.1.

Das ExpertInneninterview

62

7.2.2.

ExpertInnenauswahl

63

7.2.3.

Die qualitative Inhaltsanalyse

65

7.3.

Operationalisierung

67

7.3.1.

Der Leitfaden und das Interview

67

7.3.2.

Das Transkript

68

7.3.3.

Das Kategoriensystem

69

Ergebnisse und Diskussion

70

8. 8.1.

Fußball in Österreich

70

8.1.1.

ÖFB

70

8.1.2.

Bundesliga

71

8.1.3.

SV Ried

71

8.1.4.

FC Blau-Weiß Linz

72

8.1.5.

Fairplay – Viele Farben. Ein Spiel.

72

8.1.6.

SV Werder Bremen – Werder Bewegt

73

8.2.

Fußball und Gesellschaft

74

8.2.1.

Stellenwert von Fußball in der Gesellschaft

74

8.2.2.

Funktion und Aufgaben von Fußball

75

8.3.

Fußball und Diversity

77

8.3.1.

Bewusstsein für Vielfalt

80

8.3.2.

Kritik an Diversity

81

8.3.3.

Kritik am Fußball

81


7

8.4.

Anknüpfungspunkte zu Diversity oder Vielfalt

83

8.4.1.

Theoretisches Wissen zu Diversity

83

8.4.2.

Angebote in der Organisation

86

8.4.3.

Angebote nach Zielgruppe

91

8.4.4.

Angebote nach Dimensionen

96

8.5.

Mögliche Organisation eines Diversity Konzeptes

98

8.5.1.

Rahmenbedingungen

98

8.5.2.

PartnerInnen

99

8.5.3.

Konkrete Planungen

100

8.5.4.

Hindernisse und Widerstände gegen ein Diversity Konzept

101

8.5.5.

Vorteile eines Diversity Konzeptes

101

IV. Die Analyse

103

9.

Zusammenfassung und Fazit

104

V.

Das Auslaufen

108

10. Epilog

109

11. Verzeichnisse

110

11.1.

Abbildungsverzeichnis

110

11.2.

Abkürzungsverzeichnis

110

11.3.

Literaturverzeichnis

111

11.4.

Internetquellen

115

Anhang

1

Interviewleitfäden

1

Kategoriensystem

7


8

I. Das Aufw채rmen


Einleitung

9

1. Einleitung Arnautovic, Junuzovic, Kavlak, Garics, Harnik, Özcan und natürlich Alaba, jährliche Aktionswochen gegen Rassismus, Homeless World-Cup, Frauenfußball findet Eingang in die Mainstream Medien, Bundesliga „On Ear“ – All das sind Belege dafür, dass die Vielfalt nicht nur ein Teil des österreichischen Fußballs ist, sondern auch Angebote dafür geschaffen wurden, die diese Vielfalt auch berücksichtigen. Genauso wie es dem Fußball vielerorts zugeschrieben wird und wie es Joseph „Sepp“ Blatter (zit. in. Müller 2005), Präsident des Weltfußballverbands FIFA propagiert: „Fußball ist ein Spiel, dass alle Völker, alle „Rassen1“, alle Religionen, alle Altersklassen und alle Geschlechter zusammenbringt“.

Allerdings gibt es auch eine zweite Seite der Medaille. So hallten im September 2013 „Schwuler, schwuler DFB“-Chöre beim Länderspiel Deutschland gegen Österreich durch die Münchener Allianz Arena, und das ausgerechnet in der Fairplay Aktionswoche der FIFA. Dem nicht genug, wird das Thema öffentlich von den Mainstream Medien auch noch ignoriert. Der ÖFB distanzierte sich schließlich eindeutig von den Schmähgesängen und veranstaltete in weiterer Folge Informationsveranstaltungen zum Thema Homophobie. Das enorme mediale Echo auf das Outing des ehemaligen deutschen Nationalspielers Thomas Hitzlsberger auf der einen und eindeutig homophobe Aussagen eines immer noch leitenden Mitarbeiters des ÖFB2 sind Beleg dafür, dass dieses Thema bei weitem noch nicht erledigt ist. Neben Homophobie sind aber auch Sexismus und diverse Formen des Rassismus wie Xenophobie, Antisemitismus, Islamophobie oder Antiziganismus im Fußball vorzufinden. Ein weiteres Beispiel für Ausschlüsse im Fußball sind die diversen Ausländerbeschränkungen oder Mindestquoten für Angehörige eines bestimmten Staates, welche in anderen gesellschaftlichen Bereichen, wie der Forschung oder der Kunst, undenkbar wären (vgl. Müller 2009, S. 12).

So lässt sich über den Fußball sagen: „Fußball verbindet – aber auch immer durch Ausgrenzung.“ (Degele 2013, S. 9) Das Gefühl der Gemeinschaft entsteht erst durch die Abgrenzung zu anderen. Dorfvereine grenzen sich gegen das Nachbardorf ab, Nationen durch die Stili1

In Anlehnung an die deutsche UNESCO-Kommission wird eine Anpassung an den heute üblichen Sprachgebrauch vorgenommen und der Begriff Rasse in Anführungszeichen gesetzt. Der veraltete Sprachgebrauch suggeriert die tatsächliche Existenz verschiedener menschlicher Rassen, was nach einhelliger wissenschaftlicher Überzeugung und gemäß zahlreichen Veröffentlichungen nicht zutrifft. (vgl. http://www.unesco.de/erklaerung_rassist_vorurteile.html) 2

Werner Gregoritsch, Trainer der U21-Nationalmannschaft tätigte 2011 in einem Interview mit der Kleinen Zeitung neben anderen folgende Aussage zum Thema Homosexualität: "Prinzipiell bin ich sehr konservativ erzogen. Ich bin ein sexuell freizügiger Mensch gewesen, in meiner Jugend dem weiblichen Geschlecht nicht abgeneigt, seit 20 Jahren nur noch meiner Frau verbunden. Für mich wäre so etwas undenkbar. Für mich selbst ist es etwas Unnatürliches. Aber ich akzeptiere diese Menschen, wenn sie es ohne Zwang machen. Mir selbst ist es nicht angenehm. [...]" (Internetquelle 1)


Einleitung

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sierung und Inszenierung der Andersartigkeit der GegnerInnen, heterosexuelle Männer durch die Ausschlüsse von Frauen und Schwulen, Hochleistungssportler durch das Unsichtbar machen von Depressiven und VIPs über eine Distanzierung von Mittellosen und Ultras3 (vgl. ebda.)

1.1. Motivation Das Interesse an diesem Kontrast innerhalb des Fußballs und der Wunsch tiefer in die Thematik einzutauchen, waren der Ursprung und Auslöser für vorliegende Arbeit. Aufgrund der Vielfalt der zugrunde liegenden Fragestellungen rund um die Dimensionen Geschlecht, Nationalität, sexuelle Orientierung, Klasse, Alter, etc. war die Verknüpfung des Themas Fußball mit der Idee des Diversity naheliegend. Da Diversity Konzepte in Österreich noch nicht im Mainstream und schon gar nicht im Fußball angekommen sind, ist eine Auseinandersetzung mit speziellen Konzepten zu Diversity im Fußball noch nicht möglich. Diese Arbeit soll nun die Basis für einen Diskurs zum Thema Fußball und Diversity sein und den Innovationscharakter des, diese Arbeit rahmenden Studiums, wiederspiegeln. So wird in eine Ist-Analyse des österreichischen Fußballs in Bezug auf Diversity durchgeführt, welche in folgender Forschungsfrage ihren Ausgang nimmt:

Welche Anknüpfungspunkte bietet der österreichische Fußball für die Umsetzung von Diversity-Konzepten? Nach der umfassenden Recherche von diversitybezogenen Angeboten in der österreichischen Fußballlandschaft wird in ExpertInneninterviews versucht, auch das Wissen über Diversity-Konzepte, Dimensionen, mögliche Vorteile und Umsetzungspläne zu erheben. Die These lautet, dass es bereits ein breites Angebot in Österreich gibt, welches allerdings anlassbezogen und als Flickenteppich nebeneinander existiert. Ob das auf ein mangelndes Wissen über die Nutzeneffekte von Diversity oder auf fehlendes Problembewusstsein gegenüber Diskriminierungen zurückzuführen ist, soll so ebenfalls analysiert werden.

3

Die internationale Ultrabewegung ist eine subkulturelle Szene innerhalb der Fußball-Fan-Szene, die durch die optische und akustische Unterstützung des jeweiligen Teams und durch ihr Engagement gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Fußballs und für die Wahrung von Faninteressen auffällt (vgl. Verma 2006, S. 4-7).


Einleitung

11

1.2. Aktueller Forschungsstand Grundsätzlich ist die sozialwissenschaftliche Forschungslandschaft zum Thema Fußball in Österreich eher karg. Wie schon in einer früheren Arbeit ausgeführt, liegt der Schwerpunkt der Sportforschung überwiegend im Bereich der anwendungsorientierten, medizinischen bzw. naturwissenschaftlichen Subdisziplinen, wohingegen den geistes- sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschungstraditionen kein oder nur sehr geringer Wert eingeräumt wurde (Bichler 2011, S. 9). Allerdings haben Marschik et al. mit ihren Sport Studies (2009) eine Basis für kritische gesellschaftsorientierte und sozial-, geistes- und kulturwissenschaftliche Forschung auch im Bereich des Sports gelegt. So soll auch diese Arbeit Teil der Erklärung und Analyse des sozialen Phänomens Sport sein und damit auch der kritischen Auseinandersetzung im Sinne der Cultural Studies.

Diversity und Intersektionalität, welche im Folgenden näher definiert werden, sind als relative junge wissenschaftliche Konzepte in diversen Disziplinen angekommen und versprechen in den jeweils untersuchten Gesellschaftsbereichen Entwicklungschancen und neue Erkenntnisgewinne. Im Bereich des Sports steht die Debatte zur sozialen Vielfalt noch an ihrem Anfang. In Österreich lieferte die Literaturrecherche zur Thematik „Fußball und Diversity“ keine bzw. nur sehr beschränkte Ergebnisse, so war der Blick nach Deutschland zu richten, wo diesem Thema bereits auf wissenschaftlicher Ebene begegnet wird. Dort existieren bereits Forschungsaktivitäten und Programme sozialer Integration, allerdings fokussieren diese parallel zueinander auf einzelne Kategorien sozialer Vielfalt, wobei die Genderperspektive im Mittelpunkt steht (vgl. Rulofs/Dahmen 2010). Wesentliche Werke für die vorliegende Arbeit sind Degeles (2013) „Fußball verbindet – durch Ausgrenzung“, Rulofs´ (2011) Abhandlung zu Diversity Management in Bezug auf den organisierten Sport, Müllers (2009) „Fußball als Paradoxon der Moderne“ und das Buch „Ernste Spiele“ von Klein und Meuser (2008).

Die Auseinandersetzung mit der Verbindung von Fußball und Diversity erfordert eine eingehende Untersuchung der diversen Konzeptionen und Dimensionen. Hier gibt es bereits ein ausreichendes theoretisches Angebot von AutorInnen wie Krell, Walgenbach, Munsch, Bender, Auernheimer, u.v.m. welches in Kapitel fünf dargestellt wird. Auch hier lässt sich sagen, dass der Diskurs noch nicht in der österreichischen Fachliteratur angekommen ist und somit deutsche bzw. internationale Literatur herangezogen wurde. Die Berücksichtigung einer intersektionellen Perspektive soll ebenfalls einen Beitrag zur Entwicklung einer sozial- und sportwissenschaftlichen Ungleichheitsforschung leisten und liefert Erkenntnisse und Gewinne dieses diversitybezogenen Forschungsansatzes. Diese wird in Kapitel sieben näher erläutert.


Einleitung

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1.3. Der Weg ins Stadion als Wegweiser durch diese Arbeit Für den Aufbau der Arbeit kann folgende Metapher verwendet werden: Den Anfang bildet die Darstellung einer Stadt namens Gesellschaft und der Verortung des Social-Profit-Sektors als Stadtteil derselben. In diesem ersten Kapitel geht es vor allem darum, diesen Stadtteil in Bezug zu anderen wie dem Staat, dem Markt und dem zivilen Sektor in Beziehung zu setzen und deren Zusammenwirkung zu beleuchten. In diesem Stadtteil angekommen, führt der Weg in das, den Sport verkörpernde Stadion. Die Beschreibung der historischen Entwicklung soll die intensive Abhängigkeit von der Gesamtgesellschaft und die Bedeutung in der Gesellschaft aber auch im Stadtteil hervorgehoben werden. Dazu wird ein Überblick über mögliche theoretische Baustile gegeben, wie das Stadion in die Umgebung eingegliedert werden kann. Betritt man nun dieses offene Stadion, fällt der Blick sehr schnell auf das große Spielfeld des Fußballs, welches durch klare Begrenzungen gekennzeichnet ist. Der Blick in die Vergangenheit zeigt eine durchaus bewegte Entwicklung samt Wendungen und Wandlungen, welche zumeist an den Grenzen sozialer Ungleichheiten stattfanden. Auf dem Weg zu dem heute erkennbaren Bild des Fußballs waren die Konstrukte „Männlichkeit“ und „Nation“, welche in etwa zur gleichen Zeit entstanden, von großer Bedeutung (vgl. Dietze 2012).

Im Rahmen dieser Arbeit wurden nun fünf Spieler, die den Fußball in Österreich repräsentieren, auf den Platz geschickt, um den bunten Spielball Diversity auf dem bzw. durch dieses Feld zu bewegen. Zusätzlich dazu wurde eine Legionärin aus Deutschland eingeladen, ebenfalls an diesem Spiel teilzunehmen und dieses mit ihrer Erfahrung zu bereichern. So findet das Bunte den Weg ins eckige Spielfeld des Fußballs und wird zwischen den beiden Toren des Versinkens im „neoliberalen Sumpf“ auf der einen und des „Ödlands der Totalkritik“ auf der anderen Seite gespielt (vgl. Krell 2013, S. 62f).

Der Autor verfolgte das Geschehen von oben aus den KommentatorInnenkabinen des Stadions, um eine Perspektive auf das große Ganze zu haben. Das Ergebnis des Spiels, welches die neunzig Minuten weit überschreitet, fasst am Ende zusammen, wie dieses Spiel mit dem Ball funktioniert und welche Auswirkungen es auf die zwischen den Zuschauerrängen, dem Fußballplatz und der Stadt pendelnden Individuen der Gesellschaft hat oder haben könnte.


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II. Das Training


Der Social-Profit-Sektor

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2. Der Social-Profit-Sektor Zur anfänglichen Orientierung müssen eine Reihe von Begrifflichkeiten näher beleuchtet werden, in welche die beschriebene Fragestellung eingebettet ist. Zu Beginn wird der SocialProfit-Sektor behandelt, um in weiterer Folge auf den Sport und speziell den Fußball überleiten zu können.

2.1. Der Begriff In der Literatur gibt es diverse, auch bekanntere Bezeichnungen wie Non-Profit-Sektor oder Dritter Sektor. Der hier bevorzugte Begriff des Social-Profit-Sektors zielt auf die Überwindung der negativen Konnotation des „Non-Profit“ ab, welcher aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs stammte. Dieser Fremddefinition soll das Selbstbewusstsein des Social-ProfitSektors gegenübergestellt werden, der die eigenen Stärken, allen voran den Fokus auf einen nachhaltigen gesellschaftlichen bzw. volkswirtschaftlichen Profit in seinem Namen trägt (vgl. Popp 2004, S. 44). Der mit dieser Begriffsdiskussion verbundenen Kritik, Wirtschaftsunternehmen könne ebenfalls „Social-Profit“ zugeschrieben werden, muss deren Zielsetzung entgegengehalten werden, die primär monetären Gewinn und Wachstum anstrebt. Aus diesem Grund werden diese in vorliegender Arbeit als Business-Profit-Betriebe bezeichnet (vgl. ebda). Auch die Frage nach dem Ausmaß des Social-Profits von gewinnorientierten im Vergleich zu nicht gewinnorientierten Institutionen stellt sich nur nach der, dieser Kritik zugrunde liegenden, wirtschaftswissenschaftlichen Logik. Die Frage ist hier nicht wieviel „Social Profit“ erzielt wird, sondern, dass an erster Stelle und überhaupt Social-Profit das Ziel ist (vgl. Badelt et al. 2007, S. 4f). Diese Ausrichtung entspricht außerdem der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs „proficere“, welches im Lateinischen weiterkommen oder fortkommen bezeichnet und welche erst durch die ökonomische Vereinnahmung des Begriffs auf den bloßen materiellen Gewinn reduziert wurde (vgl. Internetquelle 2).

2.2. Definitionen Der Begriff Social-Profit-Sektor stammt aus der anglo-amerikanischen Forschung zur Beschreibung von Organisationen zwischen Markt und Staat und umfasst alle Organisationen, die ohne Erwerbscharakter außerhalb von Staat und Markt spezifische Zwecke der Bedarfsdeckung, der Interessensvertretung sowie der Leistungserbringung für ihre Mitglieder oder Dritte erfüllen. Das dominierende Sachziel ist die Produktion bzw. Bereitstellung gemeinwohlbezogener sozialer, kultureller oder wissenschaftlicher Güter. Dieses unterscheidet sich also grundsätzlich von der primären Verfolgung kommerzieller Gewinninteressen von gewerblichen Organisationen. Social-Profit-Organisationen können in diversen Rechtsformen auftreten, wie Selbsthilfeinitiativen, nicht-rechtsfähige oder rechtsfähige Vereine, Genossen-


Der Social-Profit-Sektor

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schaften, Selbstverwaltungskörperschaften, Stiftungen oder gemeinnützig anerkannte Kapitalgesellschaften. Aufgrund ihrer Social-Profit Ausrichtung handelt es sich in der Regel um steuerrechtlich gemeinnützig anerkannte Organisationen, was aber kein Kriterium für die Zugehörigkeit ist. Weiters zeichnet sich der Bereich durch eine besondere Mischung im Zusammenwirken von hauptamtlichen, freiwilligen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen aus. Die Handlungsbereiche sind im größten Maße heterogen und werden über einen Mix aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, öffentlichen und privaten Zuschüssen und Leistungsgebühren finanziert (vgl. Grunwald et. al. 2013, S. 702f).

Badelt et al. (2007, S. 6ff) verweisen auf einzelne Definitionsmerkmale für Social-ProfitOrganisationen, welche in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen Gebrauch finden. Abgrenzungen finden über den steuerlichen Status als gemeinnützige Unternehmen, über die wichtigsten Einnahmequellen, mehr als die Hälfte der Einnahmen kommen aus Mitgliedsbeiträgen oder Spenden, über ihre dominanten Ziele, primär bedarfsorientierte Sachziele und über ihre gesellschaftliche Rolle als primär dem Gemeinwohl und der Allgemeinheit dienend. Darüber hinaus werden Social-Profit-Organisationen durch folgende Kriterien definiert. Sie zeichnen sich durch ein Mindestmaß an formaler Organisation aus, sind private, nicht staatliche Organisationen, dürfen keine Gewinne an EigentümerInnen oder Mitglieder ausschütten, weisen ein Minimum an Selbstverwaltung bzw. Entscheidungsautonomie auf und sind durch ein Mindestmaß an Freiwilligkeit geprägt. Eine übereinstimmende Definition findet man auch bei Weigel (2008, S. 211f)Ergänzend ist hinzuzufügen, dass „Non-profit“ nicht das Fehlen einer Profitorientierung bezeichnet, sondern die Tatsache, dass monetärer Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in die Realisierung des Organisationszweckes reinvestiert wird. Zusätzliches Charakteristikum ist, dass die private Rechtsform die Absenz unmittelbarer staatlicher Kontrolle mit sich bringt (vgl. Nollert 2003, S.74).

2.3. Die Bedeutung Der Social-Profit-Sektor weist eine sehr breite Streuung auf, so zählen Organisationen wie Museen, Kulturvereine, Feuerwehren, Wohlfahrtsverbände, Ordensspitäler, Interessensvertretungen, Parteien, kleine Selbsthilfegruppen und die für diese Arbeit relevanten Sportorganisationen dazu. Durch diese Auswahl an Angeboten wird auch die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedeutung dieses Bereichs für moderne Gesellschaften deutlich. Diese Heterogenität ist zum einen die große Stärke, wirft allerdings auch eine Reihe von Fragen und Problemen auf. In ihrer Breite finden sie in vorliegender Arbeit keinen Platz, allerdings muss eine dieser Fragestellungen genau betrachtet werden, um die vorliegende Thematik einordnen zu können (vgl. Badelt et al. 2007, S. 3).


Der Social-Profit-Sektor

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Abb. 1: Die unterschiedliche Nutzenorientierung von Staat, Markt und informeller Sphäre (Strob 1999, S. 48)

Eines der wesentlichsten Probleme der Dritten-Sektor Forschung ist ihre theoretische Fundierung, die dazu führt, dass sich der Social-Profit-Sektor von allen Bereichen negativ abgrenzt, für welche positive Definitionen vorliegen, deren Erklärungsmodelle aber nicht alle Phänomene gänzlich erklären können. Dies führte zu der Vielfalt an bereits erwähnten, negativ konnotierten Bezeichnungen. Hier scheint es hilfreich, das gesellschaftliche Grundmodell darzulegen, welches dem Dritte-Sektor-Ansatz zugrunde liegt (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Im Zentrum steht der Hegelsche Dualismus von Staat und Markt, der sich wiederum von der informellen Sphäre der privaten Haushalte trennt. Der Staat als Konstrukt aus Regeln und Normen soll das Zusammenleben ermöglichen und übernimmt unter der Logik des Rechts die Verwaltung der Gesellschaft. Demgegenüber stehen der Markt und das damit verbundene Gesetz des Gewinn- oder Profitstrebens, welchem jegliches Handeln in diesem Bereich unterworfen ist. Über Angebot und Nachfrage bzw. Preis und Leistung werden alle Güter erzeugt, welche die Individuen der Gesellschaft benötigen. Die Produktion von öffentlichen Gütern zum allgemeinen und von privaten zum individuellen Nutzen orientiert sich in der Theorie ausschließlich an Rationalitätsaspekten. Dieses den Staat und den Markt einende Element, grenzt die Sektoren von der informellen Sphäre der privaten Haushalte ab, welcher primär eine emotionale Orientierung zugeschrieben wird (vgl. Strob 1999, S. 43-48).

Das Problem der oben genannten Dichotomie von Staat und Markt liegt in der mangelnden Fähigkeit, die Wirklichkeit zu beschreiben. Die reale Existenz von Organisationen, die sich weder eindeutig dem Staat noch dem Markt zuordnen lassen, erfordern eine Nachbesserung dieses Modells. So wird zusätzlich zu den beiden öffentlichen Sektoren ein dritter eingeführt, und erst danach nach der eigenen, einheitlichen Logik gesucht. Dieser Inkrementalismus, welcher aus pragmatischen Gründen einen Paradigmenwechsel zu einem völlig neuen


Der Social-Profit-Sektor

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Grundmodell vollzieht, hat die Vernachlässigung der theoretischen Fundierung zur Konsequenz und bildet die Basis der Social-Profit-Forschung. Die Klärung der Existenz eines eigenständigen Sektors führt in der Literatur zu den Theorien des gleichzeitigen Staats- bzw. Marktversagens, wonach weder der Staat das Versagen des Marktes noch der Markt das des Staates auffangen können. Demnach hat der Dritte Sektor eine Pufferfunktion inne, die dazu beiträgt, Markt- und Staatsversagen abzufedern (ebda. S. 49f.). Dieser Aspekt wird in weiterer Folge für die Aufgaben von Sportorganisationen relevant.

Abb. 2: Der 3. Sektor als Folge des gleichzeitigen Markt- und Staatsversagens (Strob 1999, S.48)

Dieses Bild (Abb. 2) des Social-Profit-Sektors als eigenständiger Schnittmenge von Staat und Markt soll als Basis für folgende Überlegungen dienen, in welchem die Lage des Sports, im Speziellen des Fußballs in eben diesem Bereich ausgemacht und beschrieben wird. Zuvor wird allerdings noch auf die spezifische Situation des Social-Profit-Sektors in Österreich und seine Eigenheiten eingegangen.

2.4. Die Situation in Österreich Wenngleich der Social-Profit-Sektor im österreichischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem eine bedeutende Rolle einnimmt, ist der Begriff im Sprachverständnis nicht sehr verwurzelt. Der geringe Verbreitungsgrad in der Öffentlichkeit lässt sich auf ein, im Vergleich zu angelsächsischen Ländern schwach entwickeltes Selbstbewusstsein der Mitglieder dieses Sektors zurückführen. In den letzten Jahren ist allerdings eine Entwicklung zu einem Gemeinsamkeitsgefühl zu beobachten, welches vor allem diversen politischen Streitthemen und der gemeinsamen Diskussion und Positionierung innerhalb dieser Konflikte geschuldet ist. Nichtsdestotrotz fehlt ein allgemein akzeptiertes inhaltliches Verständnis, welches sich in der eingangs erwähnten Begriffsdiskussion auch auf wissenschaftlicher Ebene ausbreitet. Daher ist es nötig, die bereits ausgeführten Definitionen auf ihre Gültigkeit in der gesellschaftlichen


Der Social-Profit-Sektor

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Landschaft Österreichs zu prüfen und auf Unschärfen einzugehen (vgl. Badelt et. al. 2007, S. 55f).

2.4.1.

Das aktuelle Bild des Social-Profit-Sektors in Österreich

Relevante Elemente der österreichischen Gesellschaft wie Föderalismus und Selbstverwaltung, Korporatismus und Verbändewesen, die politischen Parteien, vor allem die historische Bedeutung der beiden „Großparteien“ SPÖ und ÖVP, die Rolle der Kirche, Genossenschaften und Gemeinwirtschaft und das Vereinswesen prägten das aktuelle Bild des Social-ProfitSektors in Österreich in unterschiedlichem Maße und führten zu folgender Charakteristik. Der dritte Sektor ist in vielerlei Hinsicht heterogen gewachsen, dennoch können einige Strukturmerkmale ausgemacht werden, welche auch auf den Sport übertragen werden können: •

Politische Parteien und die Kirche beeinflussen in höchstem Maße die Landschaft in Österreich, in manchen Bereichen führt dies sogar zu „Marktaufteilungen“ zwischen den Einflusssphären.

Neben diesen meist großen und traditionsreichen Organisationen existiert eine Vielzahl von lokalen Vereinen, die sich auf sachlich oder regional klar definierte Aufgaben beschränken und somit von den eben erwähnten Machtstrukturen etwas abkoppeln können. Auch jüngere soziale Bewegungen wie basisorientierte BürgerInneninitiativen und Selbsthilfegruppen ergänzen die lebendige Szene, welche damit auch Dimensionen einer „Zivilgesellschaft“ bildet.

Auch aus struktureller Sicht zeigt sich die Heterogenität des Sektors, so existieren regional- (Bundesorganisation über Landesverbände), organisations- (Bundessportorganisation, etc.) und in jüngster Zeit auch branchenübergreifende Dachverbände (IÖGV). Kleinere Social-Profitunternehmen können meist nicht auf derlei Strukturen zurückgreifen, wenngleich ein vermehrtes Bemühen zur Bildung von Dachorganisationen beobachtet werden kann. (z.B. Dachverbände von Selbsthilfegruppen)

Der österreichische Staat ist auf vielfältige Art mit dem Social-Profit-Sektor verbunden. Über einerseits organisatorische und andererseits personelle Verflechtungen werden immer wieder neue Kooperationsformen entwickelt und getestet, die für beide Sektoren zukünftig von Interesse sein können.

Schließlich ist eine massive finanzielle Abhängigkeit des Dritten Sektors von der öffentlichen Hand auszumachen, wobei die Finanzierung in verschiedenen Formen erfolgen kann. (vgl. Schneider et al. 2007, S. 55-62)

2.4.2.

Typisierung von Social-Profit Organisationen (SPO)

Um den Social-Profit-Sektor wissenschaftlich und international vergleichbar zu machen, kann über eine Zusammenschau der organisatorischen Vielfalt und der umfassenden inhaltlichen


Der Social-Profit-Sektor

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Leistungen der tätigen Organisationen eine einfache Typisierung erfolgen. Unterscheiden lassen sich diese zum einen in der Art der erbrachten Leistungen. So sind Leistungen, welche primär den Mitgliedern einer Organisation zugute kommen sollen, charakteristisch für so genannte „Eigenleistungs-SPOs“, wie zum Beispiel Interessenvertretungen oder aber auch AutofahrerInnenorganisationen. Auf der anderen Seite stehen „Fremdleistungs-SPOs“, welche Dienstleistungen ausschließlich oder vorwiegend für KonsumentInnen, KundInnen, KlientInnen außerhalb der Organisation erstellen. Dies ist der quantitativ bedeutsamere Teil des Sektors und wird vor allem von traditionellen Wohlfahrtsverbänden (Rotes Kreuz, Caritas, Volkshilfe, etc.) repräsentiert. (vgl. Schneider et al. 2007, S. 62)

Weiters können verwaltungsnahe, basisnahe und wirtschaftsnahe SPOs differenziert werden. Beispiele hierfür sind große Wohlfahrtsverbände oder AutofahrerInnenorganisationen als wirtschaftsnahe, Selbsthilfegruppen oder lokale Vereine als basisnahe und Organisationen, welche vom Staat ausgelagerte Agenden übernehmen, wie beispielsweise das AMS als neue verwaltungsnahe SPO. Bei der Beschreibung des Sektors muss darauf hingewiesen werden, dass nicht jede Organisation in die genannten Kategorien zugeteilt werden kann und somit eher von einem Kontinuum verschiedenster Organisationen ausgegangen werden muss. Einige der prägendsten Organisationen des österreichischen Social-Profit-Sektors lassen sich aus dieser Sicht als Mischfälle einordnen, so zum Beispiel Sportvereine, welche Leistungen sowohl für Mitglieder als auch für außenstehende Personen erbringen (vgl. ebda. S. 63). Eben diese Breite von Sportorganisationen, die sowohl Eigen- als auch Fremdleistungen erbringen und auf der anderen Seite die Nähe, sowohl zu ihrer Basis als auch zur Wirtschaft suchen und erhalten müssen, muss in vorliegender Arbeit berücksichtigt werden.

Nach diesen Ausführungen ist der Rahmen gelegt, um den Kernbereich der Arbeit, den Sport innerhalb der Gesellschaft und des Social-Profit-Sektors zu verorten und nun inhaltlich in dieses Metier einzutauchen. Die Frage nach der Bedeutung des Sports, der Abgrenzung des Begriffs Fußball und die gesellschaftliche Rolle wird Thema des folgenden Kapitels sein.


Sport und Gesellschaft

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3. Sport und Gesellschaft Um sich wissenschaftlich mit dem Thema Fußball zu beschäftigen, muss die Bedeutung des Sports im Allgemeinen beleuchtet werden. Nachdem die gesellschaftliche Positionierung innerhalb des Social-Profit Sektors bereits abgehandelt wurde, werden in diesem Schritt die Bedeutung und die Definition des für die vorliegende Arbeit relevanten gesellschaftlichen Teilsystems beschrieben. Dies dient zur Grundierung des Fußballbegriffes, was meint, dass nur über die Beschreibung des Sports die besondere Rolle des Fußballs innerhalb des oder im Vergleich zum Sport im Allgemeinen kenntlich gemacht werden kann.

3.1. Definitionen Obwohl Sport quasi in aller Munde ist oder vielleicht gerade deswegen, kann man nicht von einem eindeutigen und einheitlichen Sportbegriff ausgehen. Es existiert eine Unmenge an Bestimmungsversuchen, aber auch der Vorschlag, dass mehrere Sportmodelle nebeneinander koexistieren können. So geht man nicht nur von einem, sondern von unterschiedlichen Sportmodellen aus, die sich anhand von Merkmalen wie Wettkampf und Leistung beschreiben lassen. Unterschieden wird hier ein traditionelles Sportmodell als der vom Amateurideal getragene Wettkampfsport, ein Showsportmodell als Berufssport und Teil der Unterhaltungsindustrie, ein expressives Sportmodell als Freizeitsport, ein funktionalistisches Modell als Gesundheitssport bzw. Sport zur Körperformung und eine traditionelle Spielkultur. Diese Kategorisierung bietet die Möglichkeit einer besseren Strukturierung der vielfältigen Themengebiete (vgl. Norden 2009, S. 269). Die Vielfalt dessen, was von Aktiven als Sport bezeichnet wird, zusammen mit der enormen Heterogenität des in der Bevölkerung kursierenden Verständnisses von Sport erschwert die Definition des Begriffs ungemein. Hinzu kommt, dass die jeweiligen VertreterInnen von Begrifflichkeiten wie Breiten- und Freizeitsport, Wettkampfsport, Leistungssport, Hochleistungssport, Gesundheitssport oder dem unsportlichen Sport, dem eigentlichen Sport, der Versportung der Gesellschaft, usw. ihr Verständnis als das je richtige ansehen, ohne damit eine allgemeingültige Basis der Verständigung zu schaffen. Daher müssen zuerst die eigene Definition und die je unterschiedlichen Interpretationen von Sport und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Fragestellung dargestellt werden (vgl. Strob 1999, S.12).

Eine handlungstheoretische Ausrichtung lässt sich in folgender Definition von Weiß und Norden (2013, S. 9) erkennen: „Sport ist eine körperliche Aktivität, die erlebnis- gesundheits-, leistungs-, spiel- und wettkampforientiert betrieben wird.“ Dieser Ansatz reduziert den Begriff auf das reine Tun und greift insgesamt für diese Arbeit wohl zu kurz, ist aber insofern wichtig, als er das Alltagsverständnis von Sport widerspiegelt. Wie heterogen und wandelbar der


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Sportbegriff ist, verdeutlichen zwei weitere Definitionen. Weiß (1999, S. 10) hatte in der Erstausgabe der Einführung in die Sportsoziologie Sport noch als „eine soziale Institution, in der Kommunikation körperlicher Leistungen stattfindet“ definiert. In eben diesem Werk findet sich die Definition von Risse (1921) aus dem ersten Einführungsbuch „Soziologie des Sports“. Sport als… „…Leibesübungen mit Ausschluss von Turnen und Gymnastik. Er [Sport] umfaßt [sic!] also das gesamte Gebiet des Rasensports (die sogenannten volkstümlichen oder leichtathletischen Wettkampfarten Lauf, Sprung, Wurf, ferner die Spiele, die auf Rasenplätzen vor sich gehen: Fußball, Hockey, Rugby, Golf, Kricket und in gewissem Sinne Tennis), den Wassersport (also Rudern und Schwimmen) und Radfahren, Boxen, Ringen, die heute zumeist nur von Berufssportleuten ausgeübten Sportarten (Risse zit. in Weiß 1999, S. 10).“ Strob (vgl. 1999, S.17ff) baut demgegenüber seine Definition auf hermeneutisch hergeleiteten Wurzeln des Sports auf. Körper, Kunst, Regeln, Leistungsvergleich, wechselnde Beteiligungsrolle und gesellschaftlicher Kontext sind seines Erachtens die Hauptmerkmale, welche die Symbolfunktion von Sport beschreiben und somit die Basis für das Sportverständnis bilden. Dieses Netz von Begriffen fügt er zu folgender umfangreichen Definition zusammen, die in Abb. 3 visuell dargestellt ist: „Sport ist ein Sammelbegriff, unter dem Menschen in bestimmten gesellschaftlichen Kontexten als aktiv Handelnde oder als KonsumentInnen Handlungen mit wechselnder Betonung der Schwerpunkte regelgebundene Körperkunst und regelgebundener Leistungsvergleich zusammenfassen (ebda. S.19).“

Abb. 3: Das Beziehungsgeflecht der Merkmale des Sports (Strob 1999, S. 19)

Auf diese Weise gelingt es, Sport nicht als Kontinuum in der Gesellschaft und somit ein Nebeneinander von Sport und Gesellschaft zu verstehen, sondern als je gesellschaftsabhängiger Sport. Die Offenheit der Definition ermöglicht, ganz nach konstruktivistischer Tradition, jedem Individuum als Sport anzusehen, was es selbst unter Sport versteht ohne übergeord-


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nete Kriterien zu erfüllen. Der letzte und für diese Arbeit wesentlichste Vorteil dieser Version ist die Möglichkeit, einen spezifisch abgegrenzten Bereich menschlichen Handelns wissenschaftlich bearbeiten zu können, ohne die Bedeutungsvielfalt leugnen zu müssen (vgl. ebda. S. 20f). Vor allem die Einbettung in den gesellschaftlichen Kontext, die bereits in den ersten Kapiteln thematisiert wurde, ist für vorliegende Untersuchung von Bedeutung. Dadurch soll die Wirkmächtigkeit des Bereichs Fußball und damit dessen gesellschaftliches Potential verdeutlicht werden. Das folgende Kapitel zeigt die historische Entwicklung des Sports, um einerseits die gesellschaftlichen Verflechtungen aufzuzeigen und andererseits die Voraussetzung schafft, die Rolle des Fußballs in eben diesen gesellschaftlichen Kontext einzubetten.

3.2. Historische Entwicklung des Sports Um die heutige Dimension des „Sports für Alle“ und das Zusammenwirken mit oder in der Gesellschaft zu verstehen, muss der Blick in die Vergangenheit gerichtet werden. Auf diese Weise können die Interdependenzen von Sport und Gesellschaft eindringlich dargestellt werden. Erst der historische Prozess der sozialen Öffnung konnte so das Massenphänomen Sport hervorbringen (vgl. Nagel 2003, S. 13).

Ursprünglich verstand man unter Sport den englischen Sport, welcher im 18. und 19. Jahrhundert entstand. Entsprechend mit der Industrialisierung der Gesellschaft zeichnete er sich durch die Prinzipien formale Chancengleichheit, Leistung, Konkurrenz und Rekord aus, was zu einer Rationalisierung, präzisen Normierung und Bürokratisierung führte (vgl. Norden/Weiß 2013, S. 31). Diese „sports“ waren zu Beginn ein Privileg der Aristokratie, welche sich in kleinen Zirkeln, den „clubs“, organisierten, um Sportarten wie Jagen oder Reiten auszuüben. Neben der starken sozialen Selektion bei der Aufnahme charakterisiert die Tradition der sozialen Schließung diese ersten Organisationsformen. So wurde Sport eine Angelegenheit der obersten Klassen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurden diese sozialen Schranken abgebaut und Sport weitete sich zunehmend auf alle Bevölkerungsschichten aus. Verantwortlich dafür war die von der Mittelklasse vorangetriebene Gründung von freiwilligen Vereinigungen, den „associations“, welche durch die Verbesserung der Lage der arbeitenden Klasse durch Einführung staatlicher Gesetze, vor allem aber aufgrund von kürzeren Wochenarbeitszeiten ermöglicht wurde. Zu dieser Zeit begannen auch Frauen in verschiedenen Sportarten eigene Vereine zu gründen und das nicht nur in Sportarten, welche für Frauen in dieser Zeit angemessen erschienen, wie Reiten, Bogenschießen oder Croquet. (vgl. Nagel 2003, S. 13f.)


Sport und Gesellschaft

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Der weltweite Siegeszug des englischen Sports traf in Kontinentaleuropa auf zwei weitere, bereits anerkannte Systeme, den „deutschen“ Turnbetrieb und die skandinavische Gymnastik. Diese drei Strömungen wurden später unter dem Begriff Sport zusammengefasst, wenngleich der Terminus Bewegungskulturen wohl geeigneter erscheint. Das Neue an diesen Bewegungskulturen war die Offenheit für alle Bevölkerungsschichten, vor allem die Ausweitung auf die bürgerliche Schicht. Sport wurde zum Selbstzweck und unterlag strengen Ordnungen nach außen, also Organisations- und Infrastruktur, und nach innen durch klare Regelwerke.

So

entstand

ein

klassentypischer

Breitensport,

welchem

spezifische

gesellschaftliche Aufgaben zugesprochen wurden (vgl. Marschik 2009, S. 23).

Im Gegensatz zur Turnbewegung, welche breite Massen der Bevölkerung inkludierte - so kam fast jeder über Schule, Militär oder die zahlreichen Turnvereine damit in Kontakt – war der englische Sport auch in Kontinentaleuropa anfänglich nur den Eliten und großbürgerlichen Kreisen zugänglich. Wenngleich die kosmopolitische, leistungsorientierte und wettkampfbezogene Ausrichtung anfänglich Widerstände auslöste, befriedigte er doch das Repräsentations- und Distinktionsbedürfnis der Oberschicht. Dennoch entwickelte sich schnell eine Vielfalt an bürgerlichen und proletarischen Sportvereinen und –verbänden, welche in den folgenden Jahren ein starkes Wachstum verzeichneten. Dieser Entwicklung verdankte der Sport den Aufstieg zum Massenphänomen, das einen Großteil der Bevölkerung in seinen Bann zog. (vgl. Nagel 2003, S. 14). Diese Expansion der Sportkulturen begann in Kontinentaleuropa um 1920 und war vor allem auf den Zuspruch der Arbeiterschaft zurückzuführen, welche den Sport im Krieg kennengelernt hatte und nun nicht mehr missen mochte. Der sich nun entwickelnde ArbeiterInnensport entfernte sich allerdings weit von seinen ursprünglichen Idealen. Er sollte Teil der proletarischen Kulturbewegung sein, die einen „Neuen Menschen“ erschaffen wollte, welcher die Elemente Aktivismus, Solidarität und proletarische Gesinnung vereinen sollte. Mit Ausnahme der Arbeiterolympiaden 1925 in Frankfurt und 1931 in Wien konnte er trotz des großen Zustroms nicht in der breiten Öffentlichkeit Fuß fassen und blieb nicht mehr als das Negativbild des bürgerlichen Sports. So trug dieser eher dazu bei das Proletariat in eine bürgerliche Kultur zu integrieren als Chancen der Widerständigkeit zu schaffen. Als der Sport immer enger an die Partei gekoppelt wurde, entstand ein ArbeiterInnensport von Menschen mit sozialdemokratischer Gesinnung, die dennoch dem bürgerlichen Sport anhingen (Marschik 2009, S. 33).

Die Entstehungsgeschichte des modernen Sports war eng mit den Prozessen der Modernisierung und Industrialisierung gekoppelt und ist daher auch nur in Zusammenhang mit diesen gesamtgesellschaftlichen Transformationen erklärbar. Die Rationalisierung von Zeit und Raum, radikale Veränderungen der Sozialbeziehungen und die fortschreitende Arbeitstei-


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lung, welche die eben beschriebene Partizipation der ArbeiterInnenschaft ermöglichte, sind die wesentlichsten Faktoren dieser Entwicklung. Ergebnis davon war die Massenfähigkeit des Sports, das Phänomen der Professionalisierung und Ökonomisierung und die Internationalisierung und Standardisierung. Dies alles wurde begleitet von der Etablierung der massenmedialen Berichterstattung (vgl. Müllner 2009, S. 43). Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass die sich neu entwickelnden Bewegungsformen neue Muster in Bezug auf Ethnie, Geschlecht und Klasse festschrieben und neue sportliche Werte hervorbrachten, welche sich laufend verselbstständigten. Über die Etablierung der Werte Mut, Siegeswillen und Ritterlichkeit (Fairplay) wurden körperliche Merkmale gegenüber psychischen aufgewertet. Die Übertragung dieses Idealbilds auf den männlichen Körper hatte massive Ausgrenzungen zur Folge, die in unterschiedlichem Maße Frauen, ArbeiterInnen und unterdrückte bzw. kolonialisierte Völker betraf (vgl. Marschik 2009, S. 29ff).

Als Massenkultur entwickelte sich Sport von einem „Gegen- und Entsprechungsmodell der modernen Gesellschaft“ (vgl. Bette zit. In: Marschik 2009, S. 34), welches diese nur widerspiegelte, hin zu einer eigenständigen Formation, deren Bedeutung und Wirkungen weit über die eigenen Grenzen hinausgingen. Das siegreiche bürgerliche Sportideal war getragen von einem neutralen, unpolitischen und ökonomisch unabhängigen Sport. Diese Vorstellung wirkt bis heute in unpolitische Auffassungen von Sport, die Ideologie und Macht ausklammern und die populären Disziplinierungsmechanismen ebenso wie die populären Resistenzmechanismen unberücksichtigt lassen. Die Wissenschaft ist heute gefordert, die Formation Sport als relativ autonomes soziales Feld der Bedeutungsproduktion zu betrachten, ohne unpolitische Eigenständigkeit zu unterstellen und stets die Beziehung zu anderen Feldern zu analysieren (vgl. Marschik 2009, S. 34). Dieser Forderung versucht vorliegende Arbeit gerecht zu werden, indem zuerst Sport und in weiterer Folge der Fußball nicht nur als Spiegelbild der Gesellschaft verstanden werden, sondern Verknüpfungen und Abhängigkeiten ge- und untersucht werden. Fußball wird in dieser Arbeit in der gesamten Vielschichtigkeit des Sportbegriffs verstanden und analysiert. Um die gesellschaftliche Relevanz des Sports, im Speziellen des Fußballs, zu erfassen, werden sportsoziologische Konzepte als Grundlage der Diskussion vorgestellt.

3.3. Theoretisch-konzeptuelle Perspektiven Will man die Bedeutung des Sports in der Gesellschaft analysieren und die bereits genannte Begriffsvielfalt ordnen, muss der Blick auf die Sportsoziologie geworfen werden, der Wissenschaft, „die sich mit der Erforschung sozialen Handelns, sozialer Prozesse und Strukturen im Sport sowie den Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Sport befasst“ (Weiß/Norden 2013, S. 18)“. Unter Rückgriff auf allgemeine soziologische Theorien wurde eine Reihe von


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theoretischen Ansätzen entwickelt, welche Sport und Gesellschaft in Zusammenhang bringen (vgl. ebda). Eine lange Tradition haben dabei systemtheoretische Überlegungen. Nach der strukturell-funktionalen Systemtheorie wird im deutschsprachigen Raum seit den 1980er Jahren auf Luhmanns Version der Theorie Bezug genommen. Hier wird Sport als eigenständiges Teilsystem der modernen, differenzierten Gesellschaft wahrgenommen, welches sich durch bestimmte Kategorien wie die Funktion für die gesamte Gesellschaft oder die Leistungsbeziehungen zu anderen Teilsystemen charakterisiert. Durch diese spezielle Codierung des Teilsystems grenzt sich Sport von anderen Teilsystemen ab (vgl. ebda. S. 19; vgl. Norden 2009, S. 269f).

Die Funktion des Sports in der Gesellschaft wird zum einen von Cachay (zit. in Weiß/Norden 2013, S. 20) als „Produktion gesellschaftsadäquater personaler Umwelt durch Körperbildung“ angesehen, ein größerer Teil der Wissenschaft weist demgegenüber darauf hin, dass Sport keine gesamtgesellschaftlich unverzichtbare Funktion erfüllt. (vgl. Schimank zit. ebda.). So hat sich durch einen Wertewandel die Erkenntnis breit gemacht, dass Funktion von Sport nicht darin liegt, die Arbeitskraft zu erhalten, sondern Sport den Lebensstil, das Lebensgefühl und den Lebensgenuss positiv beeinflussen kann. Begründet wird das durch die Entwicklung hin zur Individualisierung und Generierung neuer Lebensstile, welche dem Wunsch nach Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit Rechnung tragen. Die VertreterInnen dieser Überlegungen kommen gar zu dem Schluss, dass der soziale Einfluss des Sports auf das gesellschaftliche Leben in früheren sportwissenschaftlichen Diskussionen überbewertet wurde (vgl. Dimitrou/Müller 2007, S. 268). Eine alternative Sichtweise spricht Sport, im Gegensatz zu anderen Teilsystemen wie Wirtschaft, Politik, Medizin oder Religion, zwar keine exklusive Funktion zu, gerade dadurch gewinnt Sport aber eine besondere Flexibilität in der Anschlussfähigkeit an die Gesellschaft. So herrscht Einigkeit darüber, dass Sport für andere Teilbereiche Leistungen erbringt und von diesen wiederum Leistungen erhält. Derartige Verbindungen bestehen vor allem zum Gesundheitssystem, zum Bildungssystem, zum Politiksystem, zum Familiensystem und zum Wirtschaftssystem (vgl. Weiß/Norden 2013, S.20). Dieser Sichtweise schließt sich vorliegende Arbeit an, indem die Wechselwirkungen von Fußball und Gesellschaft untersucht werden, ohne dem Sport hier eine exklusive Rolle zukommen zu lassen.

Norbert Elias betont in der Prozess- und Figurationstheorie die komplexen, sozialen Entwicklungsprozesse und Figurationsgeschehen im Sport. Das bedeutet, er ist in den Zivilisationsprozess und soziale Verflechtungen integriert, welche eine dem Sport immanente Dynamik entwickeln (vgl. Norden 2009, S. 270). Als Figuration wird eine, oft ungeplante, Dynamik und Strukturiertheit sozialer Prozesse zwischen vielen Menschen bezeichnet. Moderne Figuratio-


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nen weisen eine verdichtete Verflechtungsordnung und verdichtete wechselseitige Abhängigkeiten, auch Interdependenzen genannt, auf. In der aktuellen Phase des Zivilisationsprozesses, der durch eine immer differenziertere Regulierung des Verhaltens und der zunehmenden Kontrolle der Emotionen charakterisiert ist, benötigt die Menschheit laut Elias und Dunning Handlungsbereiche wie den Sport, um Spannungen erleben und Emotionen freien Lauf lassen zu können, da dies außerhalb des Sports nicht mehr in diesem Ausmaß möglich ist (vgl. Weiß/Norden 2013, S. 21f).

Ein weiterer Ansatz, um Sport zu erklären, ist die Theorie sozialer Institutionen. Nach dieser ist Sport ebenso wie Religion, Familie, Politik oder Wirtschaft als soziale Institution zu verstehen, welche als gesellschaftlich anerkannte Einrichtung wichtige Bedürfnisse befriedigt und so zu einem fundamentalen Teil der Kultur wird. Hier bietet der Sport für alle Beteiligten verbindlich spezifische Werte, Normen, soziale Rollen, Sozialisationsmodelle, Organisationsformen und ideologische Orientierungen an. Das Regelsystem samt Ahndung von Verstößen mittels diversen Sanktionierungen erfüllt im Sport, aber auch in Wechselwirkung mit anderen Institutionen, eine Stabilisierungsfunktion in der Gesellschaft (vgl. ebda. S. 21). Die Idee Sport als Institution zu verstehen wird im Verlauf vorliegender Arbeit wiederholt verwendet werden.

Diese multiparadigmatische Situation wird erweitert durch Foucaults Machttheorie. Diese betrachtet den Sport, analog zur Theorie sozialer Institutionen als eine disziplinierende und produktive Ordnung, die diskursive und körperlich-praktische Elemente verbindet. Daneben finden sich interpretative, feministische, konflikt-, raumtheoretische und weitere Konzepte und Forschungsprogramme, die den Pluralismus der Sportsoziologie darlegen. Je nach Fragestellung ergibt sich demnach eine unterschiedliche Herangehensweise (vgl. Norden 2009, S. 270).

Neben diesen Zugängen hat sich auch die praxistheoretische Forschungsperspektive von Pierre Bourdieu etabliert. Diese beschreibt Sport als soziales Feld, auf dem AkteurInnen je nach ihrem Habitus aktiv werden. Unter Habitus wird ein multiples System von Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmustern zusammengefasst, welches die Ausführung und Gestaltung der eigenen Handlungen und des eigenen Verhaltens bestimmt. Zusätzlich dazu beeinflusst das jeweilige ökonomische und kulturelle Kapital die Aktivitätsmöglichkeiten. Der Habitus legt die Präferenzen fest, dabei muss aber der Mechanismus der Destinktion, also der bewussten, sozialen Absetzung bzw. Abgrenzung von anderen Personen(gruppen), berücksichtigt werden (vgl. Weiß/Norden 2013 S. 22).


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Die verschiedenen sozialen Klassen versuchen die Definitionsmacht über den legitimen Umgang mit dem Körper zu gewinnen. Über den Zuwachs an Auszeichnung und Reputation gewinnen Sportarten an Interesse, das geschieht auch über die Markierung durch die sozialen Merkmale der AkteurInnen, was in weiterer Folge zur Unterscheidung von populären und exklusiven Sportarten führt (vgl. Bourdieu zit. in: ebda. 2013 S. 75).

Die Cultural Studies, welche Sport als Phänomen der Alltags- und Populärkultur analysieren, bilden die Basis für den kritisch gesellschaftsorientierten und geistes- und kulturwissenschaftlich ausgerichteten Ansatz der Sport Studies. Diese thematisieren Sport als soziales Phänomen und analysieren das breite Feld von Sport und Gesellschaft durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Subdisziplinen wie Soziologie, Ökonomie, Politikwissenschaft, Geschichte, Philosophie, etc. Darüber hinaus wurden und werden auch Ansätze aus dem Media-, Gender- oder Cultural Studies oder feministische, neomarxistische oder aus den Queer Studies stammende Zugänge integriert. Vor allem der Ansatz von Marschik et al. (vgl. 2009, S. 11f), Sport, entgegen teilweise vertretenen Positionen, nicht ausschließlich als Vergnügen, kulturalistisch und unkritisch zu betrachten, sondern auch politische und konfliktbehaftete Aspekte aufzugreifen, war Motivation für die vorliegende Arbeit, welche Diversitäts- bzw. Ungleichheitsforschung auf den Sport anwendet.

Daneben hatte Sport in den letzten Jahrzehnten eine Schlüsselrolle bei kulturellen, ökonomischen und sozialen Veränderungsprozessen inne. Gleichzeitig war er aber auch Indikator eben dieser gesellschaftlichen Entwicklungen. So wird in der Literatur auf breiter Basis eine Veränderung der Praxen und Bedeutungen, zum Beispiel vom vereinsorganisierten Sport hin zu einer individualisierten Bewegungskultur, festgestellt. (vgl. ebda. S. 15) Wie diese Veränderungen in der Gesellschaft stattfanden und wo Sport heute in der Gesellschaft verankert ist, wird im folgenden Kapitel abgehandelt.

Exkurs: Sport und Macht Wie der Exkurs in die Sportsoziologie gezeigt hat, spielt der Machtbegriff im Verhältnis von Sport und Gesellschaft eine große Rolle. Die dem Sport immanenten beiden Ausprägungen, symbolische und körperliche Macht, manifestieren und reproduzieren sich in und durch den Sport. Dabei muss berücksichtigt werden, auf welche Weise Sport Mittel zum Widerstand, zur Veränderung und zur Neubewertung oder Umverteilung von Macht wird. Die Geschichte des Sports hat höchst unterschiedliche Facetten von Macht und Herrschaftsverhältnissen hervorgebracht (vgl. Marschik et al. 2009, S. 15). Als Beispiel hierfür ist die wohl dunkelste Ära der Geschichte der Bewegungskultur, Sport und Leibesübungen im Nationalsozialismus, erwähnt, deren Betrachtung den Rahmen des Kapitels aber auch der Arbeit sprengen würde.


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Ein Überblick über diese Epoche findet man in vielerlei Literatur (vgl. Prohl/Scheid 2009, S. 24-32). In Kapitel vier wird zumindest auf die Folgen dieser Zeit für den Fußball eingegangen.

Relevant für diese Arbeit sind hier die Wechselwirkungen von gesellschaftlichen Entwicklungen und sportlichen Prozessen. Neben körperlicher Gewalt, welche zentrales Thema einer Vielzahl von Abhandlungen ist, muss hier der Fokus auf die von Bourdieu beschriebene symbolische Gewalt gerichtet werden. Sport eignet sich immer noch als letzte gesellschaftliche Bastion männlicher Vorherrschaft, da hier, wie nirgendwo sonst, Potentiale wie Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit eine wichtige Rolle spielen und somit biologische Unterschiede systematisch benutzt werden, um soziale Diskriminierungen zu legitimieren. Die stereotypen Vorstellungen von „natürlichen“, geschlechtsspezifischen Veranlagungen wie Kraft im Gegensatz zu Anmut leisten hier einen bedeutenden Beitrag zur Benachteiligung von Frauen im Sport. Die Selbstbeschränkung von Frauen, welche durch das ungezwungene Erfüllen dieser traditionellen Bilder geschieht, spiegelt im Sinne Bourdieus die zugrunde liegende Unterordnung wieder (vgl. Marschik et al. 2009, S. 15ff). Unter Berücksichtigung der Diversität von Ungleichheitsdimensionen ist die Diskriminierung von Frauen nur ein Aspekt unter vielen, welche in weiterer Folge untersucht werden. Zuvor werden die bisherigen Erkenntnisse über die Darstellung der Organisation des Sports in der Gesellschaft zusammengeführt.

3.4. Organisation von Sport in der Gesellschaft Bevor nun also tiefer in den Fußball und seine Bedeutungen eingedrungen wird, soll die Lage und Organisation des Sports in der aktuellen Gesellschaft beschrieben werden. In Anlehnung an das Modell des dritten Sektors lässt sich das Organisationsmodell des Sports von Ibsen und Jorgensen (Abb. 4) verstehen, welches den Sport in der Gesellschaft verortet. Wie auf dieser Abbildung zu sehen ist, teil sich Sport im Dreieck Staat, Markt und Zivilgesellschaft in vier Sektoren auf, die an den drei Achsen „Profit/Non-Profit“, „formal/informal“ und „öffentlich/privat“ gebildet werden. Der öffentliche Sektor liegt in der Verantwortung des Staats und wird auch von diesem finanziert, ein Beispiel hierfür ist der Schulsport. Der kommerzielle Sektor wird einerseits vom kommerzialisierten Spitzensport und andererseits von kommerziellen AnbieterInnen des organisierten Freizeitsports gebildet. Der informelle Sektor, als das wachsende Feld des selbstorganisierten Freizeitsports und der freiwillige Sektor mit dem nicht-profitorientiert organisierten Sport, also dem Vereinssport auf Leistungs- und Breitensportebene aber auch dem Sportangebot von Social-Profit Unternehmen, vervollständigen dieses Bild. (vgl. Popp/Steinbach 2008, S. 14f)


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Abb. 4: Organisationsmodell des Sports nach Ibsen und Jorgensen: The Organization of Sport between State, Market and Civilian Society. (zit. in Popp/Steinbach 2008, S. 15)

In den letzten Jahren hat sich die Sportentwicklung auf das Zentrum dieses Modells konzentriert. Die bereits angesprochenen Veränderungen der Bewegungskultur, welche mit Werten wie Individualisierung, Hedonismus, Gesundheits- und Erlebnisorientierung einhergehen, fordern nun auch ein Umdenken in diesem Bereich, um Vereine zukünftig zwischen der bewährten solidargemeinschaftlichen und der erforderlichen dienstleistungsorientierten Ausrichtung zu positionieren. (vgl. Popp/Steinbach 2008, S. 136-141)

Nun, da das Handlungsfeld umfassend eingegrenzt wurde, werden im nächsten Schritt die beiden Hauptthemen Fußball und Diversity zunächst separat vorgestellt und anschließend in Zusammenhang gesetzt.


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4. Fußball Nachdem zuvor über die Entwicklung des Sports und die Verortung desselben in der Gesellschaft die Basis für das Kernthema dieser Abhandlung gelegt wurde, kann das Spiel nun beginnen. Bevor der Fokus auf Diversity gerichtet wird und die Verknüpfungen mit Fußball hergestellt werden, muss eben dieser analysiert werden. Fußball ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und die Gesellschaft scheint ihre Probleme in den Fußball zu tragen. So ist dieses „unschuldige“ Spiel in den Fokus ungeahnter Schuldzuschreibungen geraten. Fans und Zuseher tragen ihre Probleme in die Stadien und so wird unter dem Dach des Fußballs Vieles abgearbeitet, was an Konflikten in der Gesellschaft ungelöst bleibt (vgl. Rautenberg et al. 2008, S. 7).

Fußball ist wie kein anderer Sport geeignet, das Verhältnis des Sports zu anderen gesellschaftlichen Feldern wie Wirtschaft, Medien, Kultur, Politik, etc. zu untersuchen. Im Fußball offenbaren sich die komplexen Verflechtungen des Sozialen und das auf allen Ebenen, auf globaler, transnationaler oder lokaler Ebene, im Vereins-, Freizeit- und Schulsport. Er bildet die Verflechtungen von Mikro- und Makrostrukturen ab, er ist System und Situation, Struktur und Handlung, Repräsentation und Performanz. Darüber hinaus bietet Fußball eine Breite Palette an geistes-, sozial-, kulturwissenschaftlichen Facetten an, was dazu führt, ihn sogar als Realitätsmodell anzusehen. Aber nicht nur als Wirklichkeitsmodell, sondern auch als Metapher hat Fußball eine Wirkung auf die gesamte Gesellschaft. Ob VertreterInnen der Politik, der Wirtschaft, der Medien, der Kunst, der Wissenschaft, etc., sie alle benutzen die Begrifflichkeiten des Fußballs als Metapher4, um ihr Handeln zu beschreiben. Im selben Ausmaß ist Fußball das Feld symbolischer Machtkämpfe unterschiedlichster Art. Globale Wirtschaftsunternehmen konkurrieren mit ihren Marketingabteilungen um die Gunst der Verbände und Vereine; KünstlerInnen und Popstars sind Stammgäste auf den Tribünen der Stadien und sonnen sich im Erfolg des Vereins oder lassen umgekehrt ihren Glanz auf den Verein strahlen; VertreterInnen der Politik nutzen den Fußball, um medienwirksam ihre Verbundenheit mit den Fans zu demonstrieren und somit die Gunst der WählerInnen zu gewinnen, was diese häufig vor schwierige strategische Probleme stellt (vgl. Klein/Meuser 2008, S. 7). Um die Vielschichtigkeit dieses Sports deutlich zu machen, muss auch hier der Blick in die Geschichte geworfen werden.

4

Z.B. "Ein Eigentor schießen."; "Nach jmds. Pfeife tanzen."; "Ins Abseits geraten."; "Die rote Karte

zeigen."; "Den Ball ins Spiel bringen."; "Eine Steilvorlage geben". (vgl. Internetquelle 3)


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4.1. Die Entwicklung des modernen Fußballs Die Entwicklung des Fußballs hin zu dem Spiel, das wir heute kennen, zeigt das Zusammenwirken jener Mechanismen sehr deutlich, die für die Etablierung einer Sportart verantwortlich sind. Fußball ist ein Produkt der sozialen Dynamik, die sich im England des 19. Jahrhunderts abspielte. Hier wurde Sport, wie bereits im Kapitel drei beschrieben, symbolischer Ausdruck der Beziehungen von Menschen und Klassen untereinander und die Veränderungen dieser Beziehungen führten wiederum zu einer Veränderung des Sports (vgl. Norden/Weiß 2008, S.140)

Bis ins 19. Jahrhundert war Fußball ein simples, wildes und unreguliertes Spiel, welches je nach Zeit und Lokalität vielfältige Ausformungen entwickelte (vgl. Lichtenberg/Paesen 2008, S. 12). Zuvor sind aus dem Mittelalter zahlreiche Verbote des Spiels überliefert. Zum einen war die Zahl der Verletzten und Toten im Zusammenhang mit den Vorläufern des Spiels der Grund. Auf der anderen Seite wurde Fußball als Gefahr für die Wehrhaftigkeit des Volkes angesehen. Er wurde als nutzloses Spiel angesehen, das Bauern und Bürger vom Erlernen von kriegswichtigen Techniken abhielt. Hieraus lässt sich also das Bild des Fußballs als Sport der unteren Schichten ableiten. Weder Ethnie oder Nation, noch das Geschlecht nahmen in diesem vormodernen Fußball die Rolle eines Ordnungsprinzips ein. Geschlecht diente ebenso wie das Alter oder die lokale Herkunft zwar als Kriterium der Mannschaftsbildung, jedoch nicht als Ausschlussgrund. Einzig die Standeszugehörigkeit war hier relevant. So spielten in England Bauern und Bäuerinnen zusammen mit ihren Mägden und Knechten, wohingegen das italienische Calcio dem Adel vorbehalten war. Obwohl es keine Belege dafür gibt, war die Brutalität und Rohheit des Spiels Grund genug, Fußball in der breiten Literatur als Spiel der Männer zu beschreiben. Durch historischen Quellen lässt sich, dem widersprechend, die weibliche Beteiligung bei fast allen Vorläufern des Fußballs nachweisen (vgl. Müller 2009, S. 59).

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war der Volksfußball, wie er oben beschrieben wurde, beinahe verschwunden. Nun spielte nicht mehr das gemeine Volk Fußball, sondern die Söhne des Landadels und der reichen Mittelschicht. Die Public Schools waren die zentralen Orte der Entwicklung der modernen Variante. Ursprünglich als Einrichtungen der ärmeren Schichten gedacht, entwickelten sich diese Schulen zu Internaten für zahlende Schüler der Oberschicht, welche sich dort, den meist aus der Mittelschicht stammenden Lehrern überlegen fühlten. Der Mangel an Autorität führte dazu, dass sich eigene Regel- und Herrschaftssysteme innerhalb der Schülerschaft ausbildeten. Fußball war das geeignetes Mittel für die älteren Schüler, ihre Dominanz über die Jüngeren auszudrücken und gruppeninterne Ordnungsstrukturen zu schaffen (vgl. Dunning 2006, S. 30f und Rautenberg 2008, S. 25f).


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Die Auseinandersetzung des aufstrebenden Bürgertums mit der alten Aristokratie führte zu einer Reformierung der Public Schools. Über die Stärkung der Lehrerschaft und die Eindämmung der Selbstverwaltung der Schüler kam es zu einer Verbürgerlichung der Bildungsprogramme. Fußball wurde zum wichtigsten Mannschaftssport der Public Schools und erfuhr einen Bedeutungswandel. Er sollte den Lehrern als Instrument zur sozialen Kontrolle und Disziplinierung dienen und als Mittel der Charakterbildung der Schüler fungieren. Jugendliche sollte die neuen Vorstellungen über den Körper ebenso aufnehmen, wie die bürgerliche Idee der polarisierenden Geschlechtscharaktere (vgl. Müller 2008, S.61). Thomas Arnold, Direktor der Public School in Rugby, hatte großen Anteil an der weiteren Entwicklung des Fußballs. Sein Ziel war die Überwindung der gesellschaftlichen Krise über die Ausbildung von „christlichen Gentleman“. Neben dem erwähnten pädagogischen Leitbild war für ihn auch die Demokratisierung der Schulversammlungen eine Notwendigkeit. Durch ihn wurde Fußball von seiner Brutalität gereinigt und in einen Wettkampf transformiert, der spielerische und technische Fähigkeiten in den Vordergrund rückte. Die neuen Regeln bewirkten einen Ausgleich von Gewalt, Spontaneität und Kontrolle und integrierten Fußball in die Erziehungsstile und Verhaltensregeln der bürgerlichen Schicht (vgl. Norden/Weiß 2008, S. 142f).

Diese Entwicklung war die Geburtsstunde des Fußballs, wie wir ihn heute kennen. Nachdem die Schule von Rugby 1845 als erste Schule Regeln für den Fußball verschriftlichte, folgte zwei Jahre später die Eliteschule aus Eton, welche einen höheren Anteil an aristokratischen Schülern hatte als die Public School in Rugby. Aus der Rivalität dieser beiden Schulen und dem Wunsch nach Distinktion folgte die Trennung des Fußballs in die beiden Sportarten Fußball und Rugby, welche 1863 in der Gründung der Football Association (FA) und in weiterer Folge der Rugby Football Union ihren Ausgang nahm (vgl. Müller 2009, S. 62f).

Der Adel versuchte, sich an die Spitze der Entwicklung eines zivilisierten, nahezu gewaltlosen Spiels zu setzen, um sich weiterhin vom Bürgertum abzuheben. Über die immer steigende Anzahl der Absolventen der Eliteschulen verbreitete sich der Sport über weite Teile der Bevölkerung und das auch entlang der absteigenden sozialen Hierarchie. Dabei lässt sich am Fußball sehr gut beobachten, wie sich die Form und die Bedeutung des Sports mit der sozialen Schicht verändern. An den Public Schools diente Fußball der Erreichung pädagogischer Ziele, notfalls auch mit Gewaltausübung, wie es dem herrischen Wesen der Aristokratie entsprach. Diese Idee wurde abgelöst von einem gewaltfreien Sport, der die Werte der Zivilisation und somit des modernen Gentlemans repräsentierte und dem humanistischen Ideal gerecht wurde (vgl. Norden/Weiß 2008, S. 144).


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Mit der nun folgenden Verbreitung des Fußballs, welche sowohl sozial als auch territorial stattfand, wurden auch immer mehr Zuschauer angelockt, was zur Einführung von Eintrittsgeldern führte. Das wiederum bildete die Basis für die aufkommende Professionalisierung und Ausdifferenzierung des Fußballs, welche sich auch in der Gründung einer Liga niederschlug (vgl. Dunning 2008, S. 44) und zur Expansion und auch Veränderung der sozialen Basis führte. Die neuen Mitglieder der Vereine kamen nicht mehr nur aus der Oberschicht, sondern aus der unteren Mittelschicht oder der ArbeiterInnenklasse. Auch das Publikum setzte sich vermehrt aus ArbeiterInnen zusammen, die nun bereit waren, für den Besuch Eintrittsgelder zu zahlen. Voraussetzung dafür war die Schaffung von gemeinsamer und gleichzeitiger Freizeit, insbesondere durch die Einführung des freien Samstagnachmittags (vgl. Müller 2009, S. 63). Fußball war fortan kein reines Spiel für Individualisten mehr. Es wurde ein Sport von Professionalisten für zahlende Zuseher. Der Erfolg der Mannschaft verdrängte den Spaß der Spieler am Spiel als Ziel. Mannschaften wurden Repräsentanten einer Stadt bzw. einer spezifischen Lebenswelt von Menschen, die ihre Wünsche von Macht, Glück und Omnipotenz an eben diese delegierten, da sie diese Wünsche selber kaum befriedigen konnten. Als sich die ArbeiterInnenschaft weiter formierte und bei Spielen die Gelegenheit vorfand, ihre Menschenmassen zu demonstrieren, wandten sich die oberen Schichten vom Fußball ab, welcher nach ihrer Ansicht zu einer Überbewertung des Sieges führte. Die Folge davon waren gewaltige Ausbrüche von Wut, Zorn und Freude, was im Kontrast zu der vorbildlichen Affektkontrolle stand. (vgl. Norden/Weiß 2008, S. 145ff).

Mit der bereits angesprochenen Gründung der Profiliga in England und der damit einhergehenden Entwicklung eines sozial, räumlich und zeitlich unbeschränkten Vergleichshorizontes im Fußball, erhielt dieser einen Eigenweltcharakter, der zusätzlich den Selbstanspruch an ein Höchstleistungsniveau mit sich brachte. Parallel zu der lokalen Ausweitung des Vergleichshorizontes expandierte der Fußball in die ganze Welt. Verantwortlich dafür waren vor allem britische Händler, Geschäftsleute und Angestellte, welche als Absolventen der Public Schools im Ausland lebten. Auch in den Kolonien wurde das Spiel gespielt (vgl. Müller 2009, S.64f). So nahm der weltweite Siegeszug des Fußballs seinen Lauf, der nach der Gründung von sieben Landesverbänden im Jahre 1904 zur Gründung der FIFA, La Fédération Internationale de Football Association“ führte. Der rasante und dynamische Prozess, der hier seinen Ausgang nahm, deutet darauf hin, dass Fußball soziale und psychologische Bedürfnisse auch außerhalb des Ursprungslandes erfüllt (vgl. Dunning 2008, S. 44f). Heute gehören der FIFA 209 Nationalverbände an. Im Vergleich dazu hat die UNO 193 Mitglieder.


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Im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Fußball zum weltweit führenden Mannschaftssport. Gründe dafür sind der niederschwellige Zugang, so benötigt Fußball wenig Ausrüstung und ist relativ kostengünstig. Die Regeln sind bis auf die, sich im Laufe der Geschichte immer wieder angepasste Abseitsregel leicht verständlich und ermöglichen ein flüssiges Spiel aus einer Mischung von unabhängigen Polaritäten wie Kraft und Geschicklichkeit, individuelles Spielen und das Spiel im Team, Angriff und Verteidigung. In dieser Kombination ermöglicht das Spiel die Wiederholung von Höhen der Begeisterung für SpielerInnen und ZuschauerInnen. Im Kern ist Fußball eine physische Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen, die Leidenschaften innerhalb der Grenzen der Regeln zulässt und ernsthafte Verletzungen über diese zu vermeiden sucht. Auch andere Sportarten weisen einige dieser Charakteristika auf, allerdings vereint nur der Fußball alle, was wohl seine Anziehungskraft ausmacht (vgl. ebda. S. 46).

4.2. Fußball in Österreich Um den Kreis weiter einzuengen wird nun die spezielle Geschichte des Fußballsports in Österreich dargestellt, die interessante Auswirkungen auf die heutige Situation erkennen lassen.

4.2.1.

Die Anfänge

Wie auch andere Sportarten fand der Fußball erst verzögert Eingang nach Österreich. Zum einen die verspätete Industrialisierung und zum anderen die schlechte geografische Lage in Bezug zum Mutterland des Fußballs waren die Gründe dafür. Ebenso wie in England fand das Spiel über die Schulen Einzug, wenngleich nicht alle Lehrenden den neuen Sport förderten und manche ihn sogar unterbanden. Durch Verbote konnte die Begeisterung und der Erfolg aber nicht gebremst werden. Fußball wurde in der schulfreien Zeit von sogenannten Jugendspielvereinen organisiert und verlagerte sich immer mehr auf die Gassen und Straßen als „wildes“ Spiel. Neben diesen, oft nach den Gassen oder Straßen benannten Mannschaften etablierten sich bald erste Fußballklubs. Die erste Klubgründung 1894 ging auf englische Studenten zurück, wie der Name First Vienna Football Club heute noch verrät. 1904 wurde der Österreichische Fußballverband ins Leben gerufen, dessen Vorgängerinstitutionen ebenfalls ein Engländer gründete und der er auch als Präsident vorstand. Der starke englische Einfluss blieb in den Namen der ersten Vereine bestehen, die Mannschaften wurden aber immer mehr aus Österreichern rekrutiert (vgl. Norden/Weiß 2008, S. 148-150).


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Auch in Österreich dominierte in der dynamischen Anfangszeit das Bürgertum, was auch durch die enge Verknüpfung von Fußball mit Tennis und Leichtathletik in den Vereinen dokumentiert ist. Doch bald war Fußball kein exklusives Freizeitvergnügen für die Oberschicht mehr. 1898 gründete sich der 1. Wiener Arbeiterfußball-Club, welcher sich aufgrund seiner problematischen Namensgebung kurz darauf in SC Rapid Wien unbenannte. Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges verlagerte sich das Zentrum der sozialen Ausbreitung von den bürgerlichen Bezirken in die Arbeiterbezirke Ottakring und Favoriten. Mit der Abspaltung und Gründung des Wiener Amateursportvereins, heute bekannt als FK Austria Wien, bekam der Arbeiterklub SC Rapid seinen sozialen Gegenpol. So entstand auch in Wien das Phänomen vieler Städte: Die Konkurrenz zweier Vereine, eines „bürgerlich-elitären“ und eines Vereins der „kleinen Leute“. Daneben existierten auch konfessionell oder nach ethnischen Kriterien gegründete Vereine, wie der national-jüdische Sportverein Hakoah oder der tschechische S.K. Slovan (vgl. ebda. S. 152-158).

Frauen spielten in dieser Zeit als Zuschauerinnen und Teil des noch eher kleinen Publikums eine Rolle. Die Existenz von Frauenvereinsfußball in Österreich vor dem 1. Weltkrieg ist nicht geklärt, so gibt es nur einen Hinweis auf so etwas wie eine Damenmannschaft namens TippTopp beim Sportklub Donaustadt (vgl. ebda. S. 156-159).

4.2.2.

Vermarktung und „Scheinamateurismus“

Ursprünglich finanzierten sich die Fußballvereine aus ihren Mitgliedsbeiträgen. Weitere Einnahmen wurden bald durch den Verkauf von Veranstaltungsprogrammen und in weiterer Folge durch Eintrittsgelder erzielt. Die Präsidenten des First Vienna Football Clubs versuchten sich in diversen Strategien, um mehr Zuseher anzulocken und fungierten auch als Sponsoren. Das Aufkommen dieser Sponsoren legte den Grundstein für die illegale Professionalisierung des Sports. Der Fußballverband hielt offiziell noch am Amateurideal fest, als von den Vereinsleitungen bereits Aufwandsentschädigungen und Siegprämien bezahlt wurden. Diese lockten nun auch Arbeiter zum Fußball, um dort zumindest bescheidene Einkünfte zu erzielen (vgl. ebda. S. 160).

4.2.3.

Fußball in der Zwischenkriegszeit

Die Begrenzung der Wochenarbeitszeit und Praxis des Fußballspielens in der österreichischungarischen Armee waren die Grundsteine des Booms des Fußballvereinswesens in den Nachkriegsjahren. Neben der Errichtung zahlreicher, neuer Fußballplätze, entstand und gedieh der Gassenfußball. Das Spiel auf der „Gstättn“ mit dem „Fetznlaberl“ wurde Symbol materialisierter Alltagsgeschichte für eine ganze Generation. Die Zuschauerzahlen explodierten, bei internationalen Spielen kamen 85000 Fans und neben der Arbeiterschaft kamen


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auch Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Militär und Kultur zu den Spielen. 1932 wurden auf Staatskosten Lautsprecher auf zentralen Plätzen Wiens aufgestellt, damit die Bevölkerung das Länderspiel des sogenannten „Wunderteams“, welches zu dieser Zeit eine Reihe an Erfolgen gefeiert hatte, gegen England mitverfolgen konnte. Mit dem steigenden Fußballinteresse stieg auch die Vermarktung des Sports. 1924 wurde Österreich mit der Legalisierung des Profitums zum Vorreiter der Professionalisierung in Kontinentaleuropa. Die Profimannschaften setzten sich vor allem aus der Arbeiterklasse zusammen. In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit bot der Fußball die Möglichkeit des sozialen und materiellen Aufstiegs. Nur wenige konnten ein überdurchschnittliches Einkommen erzielen, der Standardprofi war allerdings nicht weit über den Facharbeitern anzusiedeln, ein Teil sogar darunter, wie der Begriff Bettelprofi bezeugt (vgl. ebda. S. 162f)

Leistungsmäßig trug die Professionalisierung dazu bei, dass der österreichische Fußball internationale Spitzenklasse erreichte. Außerdem war die Vielfältigkeit der spezifischen Strukturen und Rivalitäten der Großstadt ein Erfolgsfaktor. Neben den Bezirksclubs, den Straßenund Gassenteams, welche ein unerschöpfliches Talentreservoir bildeten, waren auch kosmopolitisch sozialisierte Funktionäre, die große Anzahl an jüdischen Spielern und solchen aus Ungarn und der Tschechoslowakei, die ihre sportlichen Erfahrungen mittransferierten die Basis, um diese Schmelztiegelqualität fruchtbar zu nutzen. So bestand die Hälfte des Wunderteams aus Zuwandererkindern. Österreich exportierte zu dieser Zeit Spitzenfußballer in viele Länder. Über diese Transfers erzielten die Vereine Einnahmen, die diese Aufgrund eines großen Steuerdrucks nötig hatten. Mit dem Ende der Eigenstaatlichkeit Österreichs war 1938 auch der professionelle Fußballsport vorerst vorbei (vgl. ebda. S. 163f).

4.2.4.

Fußball im Nationalsozialismus

Der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938 brachte gravierende Änderungen für den Fußball mit sich. Die Profiliga wurde abgeschafft und Juden wurden zuerst vom Fußball ausgeschlossen und in weiterer Folge ermordet. Innerhalb eines Tages war der österreichische Fußball in den Deutschen eingegliedert und nur vier Tage dauerte der Ausschluss aller jüdischen Spieler, Funktionäre, Schiedsrichter und Journalisten. Vielen davon gelang die Flucht ins Ausland, doch einige davon wurden gefasst und getötet (vgl. Forster 2008).Der österreichische Fußballbund löste sich auf und trat aus der FIFA aus, um fortan im gemeinsamen „großdeutschen Team“ aufzugehen. Die Profiliga wurde aufgelöst, da aus ideologischen Gründen der Amateursport bevorzugt wurde. Den bisherigen Profispielern wurden bürgerliche Berufe zugewiesen und sie wurden mit „arisierten“ Betrieben für die entgangene Einkünfte entschädigt. In der neuen „Gau-Liga“, an der erstmals auch Provinzvereine antraten, waren die österreichischen Vereine durchaus erfolgreich, so


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schmückt sich Rapid Wien seit 1941 mit dem deutschen Meistertitel. Wenngleich sich das NS-Regime sehr um Ordnung und Normalität in Form von wöchentlichen Fußballspielen bemühte, konnte der Spielbetrieb kaum noch aufrechterhalten werden (vgl. ebda.).

4.2.5.

Fußball nach 1945

Trotz aller Zerstörungen erwachte sehr bald nach Kriegsende das fußballerische Leben. Innerhalb weniger Monate begann in Wien wieder ein Meisterschaftsbetrieb. Der Aufbau des funktionierenden Fußballalltags war vor allem auf die Kooperationsbereitschaft aller Organisationen zurückzuführen, die Kluft zwischen Arbeiterfußball und bürgerlicher Ausrichtung existierte in der zugespitzten Form nicht mehr. Zwar nicht am Gipfel der Leistungsfähigkeit war Fußball jedoch in dieser Zeit am Höhepunkt seiner Popularität in Österreich. Eine Folge dessen war die „Verösterreicherung“ des Fußballs, also die Ausbreitung des Spitzenfußballs über das ganze Land. So gab es 1965 den ersten Nichtwiener Fußballmeister. Auch der Breitensport verlagerte sich in die Bundesländer, was durch die steigende Vereinsfußballerdichte und die Dichte der Nachwuchsmannschaften belegt wird. Neben dieser Entwicklung hat auch die frühere Einführung von modernen Standards in die Vereinsorganisation die Erfolge der Bundesländervereine begründet (vgl. Norden/Weiß 2008, S. 166f).

Nach der Amateurisierung des Fußballs in der NS-Zeit, kehrte Österreich 1945 nicht wieder zum Professionalismus zurück, sondern hielt am Amateurideal fest. Das wurde durch eine fehlende wirtschaftliche Basis begründet und führte auf Grund der niedrigen Gehaltsobergrenzen in weiterer Folge zu einem illegalen und verdeckten Professionalismus, der sich auch bald auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirkte. Nachdem die in den 1950er Jahren erfolgreichen Nationalspieler ins Ausland gingen, um ihr Geld zu verdienen, sank das Qualitätsniveau des heimischen Fußballs. Da auch die Zuschauerzahlen angesichts neuer Freizeitmöglichkeiten und vor allem infolge der Entwicklung des Fernsehfußballs zurückgingen, versuchte man ausländische Spieler ins Land zu holen. Diese sollten diese Entwicklung bremsen, waren dann aber der Ursprung von Mediendebatten über eine „Ausländerinvasion“ und der Klage über den sogenannten „Negerfußball“. Die Professionalisierung konnten diese Diskussionen nicht mehr aufhalten, so wurde der Fußball 1964 demensprechend reformiert. Die Folge war die erhöhte Bedeutung einer sportlichen Lebensweise, die Nutzung von Spezialisten wie Trainern, Co-Trainern, Tormanntrainern, Konditionstrainer bis hin zu Leistungsdiagnostikern und Psychologen, Sportärzten, Physiologen und Masseuren. 1988 wurde die Österreichische Fußballergewerkschaft (VdF – Vereinigung der Fußballer) gegründet. Mit dem sogenannten Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 1995 begann eine neue Zeitrechnung im Fußball. Innerhalb der EU galten von nun an Ausländerbeschränkungen und die damals üblichen Ablöseforderungen als rechtswidrig, da sie die Arbeitnehmer-


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freizügigkeit verletzten. In der Folge stiegen die Spielergehälter und die Spielermobilität, so war in Österreich ein Anstieg von Nichtösterreichern in der Bundesliga von 18 auf 40 Prozent in den ersten fünf Jahren danach festzustellen. International führte die Entscheidung zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse hin zu den finanzstärksten Clubs (vgl. ebda. S. 167ff).

Diese Ausführungen demonstrieren die starken und vielschichtigen Verflechtungen von Fußball und Gesellschaft, die sich in Immigrationsbewegungen von Fußballern aufgrund sportlichen Erfolges ebenso zeigt, wie in steigenden Gehältern und der Verschiebung der sportlichen Machtverhältnisse aufgrund eines berufspolitischen Gerichtsentscheides.

Mittlerweile sind die Clubs längst zu wirtschaftlichen Unternehmen geworden, die über professionelle Managements geführt werden müssen. Ihre Einnahmen lukrieren sie hauptsächlich über TV-Gelder, Aktivitäten im Stadionumfeld, Merchandising, Werbeeinnahmen und Sponsorengelder, welche die Erlöse der Eintrittskarten bei weitem übersteigen. Trotz oder gerade wegen der Ökonomisierung, Professionalisierung und Mediatisierung des Fußballs und somit der Zuspitzung des Showcharakters, scheint das Interesse am Sport ungebrochen, obwohl die internationalen Erfolge in den letzten Jahrzehnten ausblieben (vgl. ebda. S. 169). Erst in den letzten Jahren scheint sich hier eine Trendumkehr zu zeigen, so hat sich Österreichs Männer-Nationalteam seit 2007 von Platz 94 in der Weltrangliste mittlerweile wieder auf Platz 44 vorgearbeitet. Das Frauen-Nationalteam liegt im Vergleich dazu auf dem bisher besten Platz 29 (vgl. Internetquelle 4). Der gesteigerte ökonomische Einfluss auf den Sport verdeutlicht die Versuchung, sich der Logik des Marktes anzunähern und den eigenen Ursprung im Social-Profit-Sektor aufzugeben. Ein Diversity-Konzept könnte die theoretische Basis für eine funktionierende Verbindung dieser beiden Pole sein.

4.3. Fußball und Gesellschaft Die durchaus turbulente Geschichte des Fußballs zeigt das direkte Wechselverhältnis zu der jeweiligen Gesellschaft, was in den Sportdefinitionen des dritten Kapitels postuliert wurde. Wie andere Subsysteme der Gesellschaft wird er von gesellschaftlichen und sozialen Erscheinungen und Verwerfungen beeinflusst, die in diesem Metier eine spezifische Ausprägung erfahren. Auf der anderen Seite hat der Fußball über seine breite Infrastruktur, seine Vereine und die vielen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen ein hohes gesellschaftliches Wirkungspotential, um gestaltend auf die Gesamtgesellschaft einzuwirken. Dabei müssen falsche Erwartungen an die Gesellschaft bzw. die Politik selbstbewusst zurückgewiesen werden, indem der Fußball offensiv seine soziale Verantwortung wahrnimmt und dabei seine Grenzen erkennt, die sich meist aus fehlender pädagogischer oder sozialarbeiterischer Kompetenz ergeben. Der Politologe und Gründungsmitglied des Instituts für Fußball und


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Gesellschaft, Hans-Georg Lützenkirchen (vgl. 2014) betont in weiterer Folge, dass das Ehrenamt dabei keinesfalls professionalisiert werden und somit die Basis der Vereine zerstört werden sollte. Stattdessen sollte eine bedarfsgerechte Bereitstellung professioneller, externer Hilfen sichergestellt werden. Daneben ist auch die selbstorganisierte Projektarbeit eine Option zur Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung, wie dies von Fangruppen bereits in vielfältiger Weise umgesetzt wurde. Vorliegende Arbeit versucht, den theoretischen Rahmen und die Möglichkeiten einer professionellen und sozialarbeiterischen Übernahme der gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs abzustecken und aufzuzeigen, indem mögliche Anknüpfungspunkte zu dem sozialwissenschaftlichen Konzept Diversity untersucht werden.

Noch deutlicher wird die Rolle von Fußball als Teilsystem der Gesellschaft unter Anwendung von Luhmanns Systemtheorie, die bereits für den Sport im Allgemeinen Anwendung fand. So kann man im Fußball funktionale Teilsysteme erkennen, die in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Recht, Erziehung, Medizin, Medien aber auch Religion und Kunst gegliedert sind. Auch lassen sich Protestbewegungen, Gemeinschaften und Freundschaften feststellen. Eine Einheit, die in der Gesellschaft keine Entsprechung findet, ist das Wettkampfsystem, welches fußballinterne Konsequenzen nach sich zieht, wie Auf- und Abstiege, etc. Dieses ausdifferenzierte Sozialsystem mit den jeweiligen Organisationen, Interaktionen und Rollen ähnelt nicht nur dem der Gesamtgesellschaft, sondern bildet auch eine eigene Logik und Binnenstruktur heraus, die nicht unmittelbar zugänglich ist (vgl. Schulze zit. in: Bichler 2011, S. 6f)

4.4. Zwischenfazit Fasst man die bisherigen Kapitel zusammen, erkennt man die Wechselwirkungen von Sport bzw. Fußball und der Gesellschaft. Historisch hat die Gesellschaft den Sport ebenso verändert wie auch zum Beispiel die Arbeiterschaft den Fußball an sich. Aus dieser engen Verflechtung entstand eine Sportart, die sich über den gesamten Erdball verbreitet und an Popularität gewonnen hat, wie keine zweite. Als Nebeneffekt wurden das Netz zu vielen weiteren Systemen der Gesellschaft, wie Wirtschaft, Medien, Medizin, Politik, etc. immer enger geknüpft und führten zu der Bildung einer eigenen Binnenstruktur im gesellschaftlichen Teilsystem Fußball. So breitete sich der Fußball, ursprünglich Teil des Social-Profit-Sektors, in alle Richtungen aus und vereint nun Logiken des Staats, des Markts und der Zivilgesellschaft in sich. Aufgrund dieser Eigenschaften und vor allem der eigens auferlegten gesellschaftlichen Verantwortung des Sports und insbesondere des Fußballs, stellt sich die Frage, inwieweit soziologische Konzepte auch in diesem Gebiet angewandt und überprüft werden können. In vorliegender Arbeit soll das soziologische Konzept Diversity, das im nächsten Kapitel vorgestellt wird, auf seine Anwendungsmöglichkeit im Fußball überprüft werden.


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5. Diversity Die dem Fußball allerorts zugesprochene Vielfalt war Auslöser für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Diversity in diesem Feld. Um Diversity im Fußball zu analysieren, muss zunächst der theoretische Hintergrund des Konzepts und seine Ausformungen erläutert werden.

5.1. Konstrukte und Konzepte Durchsucht man die Literatur nach Definitionen von Diversity, wird schnell klar, dass es eine einheitliche Theorie der Diversität nicht gibt. Sie erscheint nahezu unmöglich, da sich der Begriff erfolgreich gegenüber Generalisierungen widersetzt. So kann Diversity nur über den je historischen wie sozialen Umgang damit analysiert werden. Diversity, als soziale und kulturelle Vielfalt bzw. Heterogenität, kann als soziale Realität betrachtet werden. Wichtig hierbei ist das Bewusstsein, dass Diversity nicht als etwas Gegebenes angenommen werden kann, sondern das Ergebnis von Prozessen und interpretativen Handlungen ist und somit immer neu bestimmt wird. Diversität ist also das Ergebnis von Differenzierungen, welche per se keine sozialen Konsequenzen auslösen sollten. Allerdings werden entlang kultureller oder sozialer Unterschiede und Differenzen Kategorisierungen konstruiert, die mehr oder weniger heftige Spannungen in oder Spaltungen der Gesellschaft bedingen. Entscheidend ist erst der Umgang aller sozialen und politischen AkteurInnen mit Diversität, nämlich wie Differenzierungen konstruiert werden und wie auf Differenzen Bezug genommen wird (vgl. Fuchs 2007, S. 17f).

Der Begriff Diversity verweist auf mehr oder weniger sichtbare oder konstruierte soziale Differenzen zwischen Menschen wie Geschlechts- oder Alterszugehörigkeit, ethnische Herkunft oder sexuelle Orientierung und Familien- oder Berufsstand. Darüber hinaus beinhaltet er auch nicht unmittelbar ersichtliche Unterschiede, wie kulturelle Wertvorstellungen, Kommunikations- und Verhaltensformen von Personen oder religiöse Auffassungen oder Fähigkeitsund Wissensunterschiede. Entlang dieser Differenzlinien entstehen vielfach Stereotypisierungen, welche durch soziale Vergleichsprozesse in zwischenmenschlichen Beziehungen, in Teams, in Organisationen und in der Gesamtgesellschaft zu Diskriminierungen, Konflikten und Ausgrenzungen von Individuen oder Gruppen führen können (vgl. Liebig 2013, S. 265).

Diversity vereint mittlerweile eine Vielzahl von Ansätzen, die auf unterschiedliche Weise verschiedene Diskurse zu diesem Thema führen. Allen gemein ist das wissenschaftliche Interesse an der empirischen und theoretischen Analyse des Zusammenwirkens von Identitäts-


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und Zugehörigkeitsdimensionen. Diversity stellt in der Sozialen Arbeit ein Konzept zum angemessenen Umgang in und mit gesellschaftlicher Realität dar. Da sich diese nicht allein über Geschlechter-, kulturelle oder Generationsordnungen beschreiben lässt, folgt der Schluss, dass Unterschiede zu respektieren und anzuerkennen sind. Neben der empirischanalytischen Aussage über die Wirkmächtigkeit von Unterschieden ist Diversity ein normativpräskriptiver Ansatz, welcher die Anerkennung von Unterschieden, Identitäten und Zugehörigkeiten zu fördern versucht (vgl. Mecheril/Plößer 2011, S. 278)

Es lassen sich zwei Varianten des Verständnisses von Diversity ausmachen. Zum einen Diversity als Unterschiede und Diversity als Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Die erste birgt die Gefahr, dass Individuen in Gruppen gepresst oder sogar eingesperrt werden, indem die Unterschiede innerhalb der Gruppen ausgeblendet und somit verallgemeinernd ausschließliche Gruppenidentitäten geschaffen werden. Für diese Arbeit wird die zweite Sichtweise gewählt, da diese berücksichtigt, dass Individuen immer mehreren Gruppen angehören und somit innerhalb von Gruppen immer sowohl für Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten in Bezug auf Werte, Einstellungen, Verhaltensweisen und die verschiedenen Dimensionen von Diversity stehen (vgl. Krell 2008, S. 65).

Diese Erklärungen von Diversity zeigen die Doppeldeutigkeit des Begriffes auf. Zum einen steht er für ein Konstrukt, dass als Vielfalt, Diversität oder Ähnliches nicht nur in der Biologie, sondern auch in den Sozialwissenschaften als Sprachen- oder kulturelle Vielfalt lange Tradition hat. Daneben existieren Konstrukte und Konzepte, die sich implizit mit Diversity beschäftigen, so wurden unter dem Begriff Differenz Programme wie die Philosophien der Differenz oder ethnomethodologische Konzepte wie etwa „Doing Difference“ entwickelt. Differenzierungsfolgen, welche in Konzepten wie „Doing Gender“ oder Ethnisierung behandelt werden, sind eng mit Ungleichheits- und Diskriminierungsforschung verknüpft. Im Zusammenhang mit Vielfalt sind auch hybride und multiple Identitäten und Hybridität als Begriffe zu nennen oder auch shifting identities. Bei all diesen Konstrukten handelt es sich um analytische Auseinandersetzungen mit dem Thema. Demgegenüber stehen Konzepte, die den Umgang mit Diversität im Fokus haben. Dazu zählen Multikulturalismus statt Monokultur, Pluralismus statt Assimilation oder Integration und Inklusion statt Ausgrenzung oder Ausschließung. Diese Leitbilder oder Strategien sind natürlich eng mit den analytischen Ansätzen verwoben (vgl. Krell et al. 2007, S. 8).

Stuber (vgl. 2004, S. 15) integriert die beiden erwähnten Perspektiven, Diversity als beobachtbare Unterschiede und als Konzept für den Umgang damit, entlang der beiden Achsen Sach- und Mentalebene und Mensch und Organisation. Die Gegenüberstellung ergibt


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eine Diversity-Matrix (Abb. 5) mit vier Definitionsperspektiven auf das Thema. Aus Sicht des Individuums bedeutet Diversität zum einen das Phänomen Vielfalt als Unterschiede der Menschen und zum anderen die Geisteshaltung „Offenheit“, die das Bewusstsein und den wertschätzenden Umgang mit unterschiedlichen Menschen meint. Von Seite der Organisationen sieht er auf der Sachebene Instrumente, wie das in weiterer Folge näher beschriebene Diversity Management, als gezielte Berücksichtigung, sowie bewusste Nutzung und Förderung von Vielfalt zur Erfolgssteigerung. In Organisationen kann Diversity als Geisteshaltung etabliert werden, wenn im Leitbild und allen Geschäftsprozessen eine grundlegende positive Ausrichtung auf Vielfalt und Individualität erfolgt.

Sachebene

Organisationsbezogene Sichtweise

Phänomen „Vielfalt“ Die Tatsache, dass sich Menschen in vielerlei Hinsicht unterscheiden – oder auch gleichen („diversity“)

Instrument „Diversity Management“ Die gezielte interne und externe Berücksichtigung sowie die bewusste Nutzung und Förderung von Vielfalt zur Erfolgssteigerung („managing diversity“)

Mentale Ebene

Personenbezogene Sichtweise

Geisteshaltung „Offenheit“ Das Bewusstsein für Vielfalt und die eigene Einstellung zu Unterschiedlichkeit, die den Umgang mit Menschen mitbestimmen („valueing diversity“)

Leitgedanke „Diversity & Inclusion“ Die grundlegende positive Ausrichtung einer Organisation auf Vielfalt und Individualität

Abb. 5: Definitionsperspektiven für Diversity (Stuber 2004, S. 15)

5.2. Die Entwicklung von Diversity Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts entwickelten sich im Zuge von Migrationsströmen und Integrationsdebatten, Erfolgen der Bewegungen für Geschlechtergerechtigkeit und eines neuen, ressourcenorientierten Blicks auf Behinderungen insgesamt neue Sichtweisen auf Pluralität in der Gesellschaft. Diese nebeneinander geführten sozialpolitischen Diskussionen führten, unterstützt von internationalen Vereinbarungen und Richtlinien der UNO und der EU zur Anerkennung von Verschiedenheit, Gleichberechtigung und Inklusion zu einem erweiterten Blick auf Vielfalt und dahinterstehenden Diversity-Ideen (vgl. Auernheimer 2011, S. 409).

Ausgangspunkt für Diversity-Ansätze waren soziale Bewegungen der letzten Jahrzehnte, vor allem der Bürgerrechts-, Frauen- und Schwulen- und Lesbenbewegungen. Diese konnten – nicht nur in Großbritannien, den USA und Kanada – Antidiskriminierungs- Gleichheits- und Minderheitenrechte durchsetzen. Heute ist die Forderung nach der Wahrnehmung, Wertschätzung und Förderung von Vielfalt in vielen westlichen Ländern zum Mainstream gewor-


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den. Stand anfangs noch die Kritik an Androzentrismus, Heteronormativität, Rassismus und Sexismus und die damit einhergehenden Ausgrenzungen und Benachteiligungen von Menschen im Zentrum von Diversity, erkannte bald auch die Ökonomie den Nutzen der Förderung von Vielfalt. Durch die Einbeziehung von Frauen, Homosexuellen, Alten und ethnischen Minderheiten in die Produktion und den Verkauf von Waren und Dienstleistungen konnte der Gewinn bei der heterogenen Gruppe der KonsumentInnen maximiert werden (vgl. Munsch 2010, S. 152).

Über Diversity Management hat Diversity erst eine breite Popularität gewonnen. Das vermittelt immer wieder den Eindruck, als wäre der Forschungsgegenstand von der Betriebswirtschaftslehre entdeckt worden. Tatsächlich lag der Ursprung in den erwähnten sozialen Bewegungen und darüber hinaus hatten auch andere Disziplinen, wie Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie an der Entwicklung dieses Konzepts Anteil (vgl. Krell 2013, S. 62f). Die, von Beck (zit. in: Auernheimer 2011, S. 410) formulierten, tieferliegenden Gründe für die Verbreitung des Konzeptes sind das „Wegschmelzen sozial-moralischer Milieus“ und die, durch die radikalisierten Marktabhängigkeiten vorangetriebene „Individualisierung sozialer Risiken“. Diese verursachten soziale Ungleichheiten, die nicht mehr nur entlang bisheriger Klassengrenzen erkennbar sind, sondern entlang zugewiesener Merkmale, welche Benachteiligung auslösen: „Rasse“, Geschlecht, Hautfarbe, Alter, ethnische Zugehörigkeit, körperliche Behinderung. Die politischen Auseinandersetzungen werden zunehmend vom Kampf um Anerkennung und dem Kampf um Verteilungsgerechtigkeit bestimmt. Die Bekämpfung von Armut und Ausbeutung wird mit dem Anspruch auf Achtung der je besonderen Situationen und Auffassungen verknüpft, um der Marginalisierung von Menschen ein Ende zu setzen (vgl. Auernheimer 2011, S. 410).

Mittlerweile können mehrere politische und theoretische Ansätze in Bezug auf Diversity unterschieden werden. Neben Diversity Marketing, Diversity Education und Diversity Studies sind die beiden zentralen Konzepte Diversity Management und Diversity Politics. Im folgenden Kapitel wird dem Unterschied von Managing und Valuing Diversity auf den Grund gegangen (vgl. Munsch 2010, S. 152f).

5.3. Diversity-Konzepte Ausgehend von diesen verschiedenen Positionen entwickelte sich die Auseinandersetzung mit Diversity zu einer Gratwanderung zwischen dem Versinken im „neoliberalen Sumpf auf der einen und dem Ödland der Totalkritik“ (Krell 2013, S. 62f) auf der anderen Seite. Aufgrund der eindeutigen Businessperspektive ist eine kritische Auseinandersetzung mit Diversity Konzepten notwendig ohne diese dabei zu unterschätzen oder zu überfrachten. So sind


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die ökonomischen Ziele von Diversity offensichtlich, jedoch nur eine Seite der Medaille. Nicht zu vergessen sind die Wurzeln in der Civil-Rights-Bewegung und die Möglichkeit, Diversity aus der „Equity-Perspektive“ heraus zu praktizieren und propagieren. Die Überschneidungen der beiden Perspektiven könn(t)en auch von VertreterInnen der Gleichstellungspolitik als Türöffner oder sogar als Trojanisches Pferd im Kampf um das umstrittene Terrain Diversity dienen. Auf der anderen Seite sollte Diversity-Kritik nicht mit Kapitalismuskritik gleichgestellt und somit überschätzt werden. Unternehmen mit Diversity-Konzepten bleiben weiterhin kapitalistische, das kann auch ein Diversity Konzept nicht verändern. Im Hinblick auf Verwaltungen, Hochschulen oder, im Falle dieser Arbeit, Sportvereine, ist es notwendig und berechtigt, die Entwicklung von Diversity-Konzepten kritisch zu hinterfragen und nicht undifferenziert auf den Zug der Managerialisierung aufzuspringen (vgl. Krell 2013, S. 62f). In dieser Frage zeigen sich Parallelen zu der eingangs erwähnten Problematik der Begrifflichkeit des SocialProfit-Sektors. Auch hier muss für eine selbstbewusste aber kritische Auseinandersetzung mit der Thematik plädiert werden, um die Konzepte nicht völlig zu verwerfen, sondern mit und an diesen arbeiten zu können. Welche Konzepte dies nun sind, ist Thema der nachstehenden Abschnitte.

5.3.1.

Diversity Management

Allgemein wird Diversity Management definiert als der „zielgerichtete Einsatz von Prozessen und Strategien, die die Unterschiede zwischen Individuen zu einem positiven Gut und nicht zu einer Last für die Organisation werden lassen (Hays-Thomas zit. in: Rulofs 2011, S. 87). Dabei sind zwei Perspektiven zu unterscheiden. In homogenen Organisationen dient Diversity Management als Instrument der sozialen Öffnung, insbesondere in Bezug auf bisher unterrepräsentierte Gruppen. In heterogenen Organisationen wird Diversity Management genutzt, um die diversen Potentiale der Mitglieder im Sinne der Organisationsziele bestmöglich zu nutzen, Chancengleichheit zu gewähren und soziale Konflikte zu bewältigen (vgl. Rulofs 2011, S. 87).

In der Arbeitswelt werden Strategien und Maßnahmen, die den Umgang mit Unterschieden auf individueller, gruppen- und organisationsbezogener Ebene ermöglichen unter Diversity Management zusammengefasst. So dient Diversity Management einigen als Strategie der Unternehmensführung für die optimale Gestaltung, Planung und Steuerung des durch Vielfalt geprägten Organisationsalltags, anderen viel grundsätzlicher als Instrument der Gleichstellungspolitik, durch das Chancengleichheit als Teilziel in Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Bildung verankert werden kann. Dieses normativ-moralische Argument rückte aufgrund der in den 1980er Jahren aufkommenden wirtschaftlichen Bedeutung der Vielfalt in den Hintergrund. Eine aufgeschlossene betriebliche Kultur, Führung und Personalpolitik trug nicht nur


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der Internationalisierung des Marktes Rechnung, sondern zeigte auch zahlreiche Nutzeneffekte. Mehr Motivation, Loyalität und Kooperationsbereitschaft führten zu positiven Effekten bei Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und der Attraktivität des Unternehmens für ArbeitnehmerInnen. Diese und weitere Vorteile führen insgesamt zu einer positiven Wahrnehmung in den Medien, der Politik und der Gesellschaft, was auch längerfristigen Erfolg sichert (vgl. Liebig 2013, S. 266).

5.3.2.

Diversity Policies/Diversity Politics

Diversity Politics können als eine Weiterentwicklung der Politik von US-amerikanischen und europäischen sozialen Bewegungen angesehen werden. Der Fokus hier liegt auf der Veränderung von Machtstrukturen und Hierarchien. Die Grundlage dafür bildet die Annahme, dass soziale Unterschiede immer auch im Kontext der gesellschaftlichen Machtverhältnisse und Hierarchien verstanden und analysiert werden müssen. Diese gilt es durch Wahrnehmung und Wertschätzung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu verändern, und das nicht nur durch Toleranz im Privatbereich, sondern in einem öffentlichen Diskurs. Mit der Forderung nach Anerkennung geht auch die Forderung nach Umverteilung von Gütern und Einkommen und Teilhabe, also der Herstellung von Chancengleichheit, einher (vgl. Munsch 2010, S. 152).

In Abgrenzung zum Begriff Diversity Management als eher unternehmerischen Zugang, hat die Goethe-Universität Frankfurt den Begriff Diversity Policies als Titel für ihr Konzept gewählt. Damit soll die Schwerpunktsetzung auf Chancengleichheit und Antidiskriminierung verdeutlicht werden, was durch eine inkludierende Diversitätspolitik, ihre programmatischen Inhalte und Ziele und durch konkrete Steuerungsmaßnahmen und Aktivitäten erreicht werden soll. Unterstrichen wird das dahingehende Engagement durch das Selbstbild der Universität, welche sich als Institution in einer Vorbildfunktion sieht, um „Wissenschafts- und Gesellschaftskultur frei von Diskriminierungen zu befördern“ (Internetquelle 5, S. 8). Wie erfolgreich dieser Weg der Goethe-Universität im Hinblick auf Veränderungen im Sinne von Gerechtigkeit und Diskriminierungsabbau sein wird, ist noch nicht abzuschätzen. Dennoch – und hier zeigt sich eine Parallele zum ebenfalls als Vorbild wahrgenommenen Fußball – bieten Diversity Policies die Chance, Ungleichheiten und Ausgrenzungen neu zu thematisieren, welche bisher nur als Skandale sichtbar wurden (vgl. Bender/Wolde 2013, S. 130 und S. 142).


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5.4. Diversity Dimensionen Unterschiedlichkeiten zeigen sich in der Gesellschaft auf zahlreichen Ebenen. Sie äußern sich in Denkweisen, in Haltungen, Interessen, Lebensstilen aber auch in sozialen Dimensionen wie Geschlecht, soziale Herkunft, Alter, etc. Diese Differenzen wären kein Problem und auch nicht Thema für beispielsweise die Soziale Arbeit, wenn sie nicht benutzt würden, um Individuen und Gruppen systematisch zu benachteiligen und Ressourcen aller Art mit dem Hinweis auf überlegene Fähigkeiten für sich zu beanspruchen (vgl. Demirovic zit. in: Effinger/Stövesand 2012, S. 14).Im Kontext der beiden genannten Diversity-Strategien bezieht sich Vielfalt meist auf die Dimensionen Geschlecht, Alter, Nationalität, Ethnizität, Kultur, Religion, sexuelle Identität und Orientierung, familiäre bzw. Lebenssituation, Klasse, Ausbildung, Werte, Verhaltensmuster und so weiter. Theoretisch könnte diese Liste endlos weitergeführt werden. In der Forschung und in der Praxis wird diese Komplexität reduziert. In den USA werden die „Big 8“ (race, gender, ethnicity/nationality, organizational role/function, age, sexuel orientation, mental/physical ability, religion) benannt, in Deutschland werden vor allem Geschlecht, Kultur/Ethnie/Nation und Alter berücksichtigt (vgl. Krell et al. 2007, S. 9). Gardenswartz und Rowe (2002) haben mit ihrem weit verbreiteten Modell der "4 Layers of Diversity" (Abb. 6) eine anschauliche Möglichkeit geschaffen, Diversitätsfaktoren anzuordnen (vgl. Internetquelle 6).

Abb. 6: nach: Gardenswartz, L. u. Rowe, A.: Diverse Teams at Work; Society for Human Resource Management 2002 (In: http://www.univie.ac.at/diversity/146.html)


Diversity

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Dieses Modell kann einem Überblick über die Persönlichkeit beeinflussenden und nach innerer, äußerer und organisatorische Ebene strukturierten Dimensionen dienen. Allerdings ist hier festzuhalten, dass Kategorien stets in Wechselbeziehungen zueinander stehen und sich gegenseitig verstärken oder abschwächen können. Auch eine Gewichtung der Kategorien ist hieraus nicht ersichtlich. Dieses Verhältnis zueinander und die Priorisierung ist Gegenstand umfassender Debatten in der Fachwelt.

Ein umfangreiches Konzept, das die Interdependenzen der Kategorien aufzeigt und verstehbar macht, ist die „Intersektionalität als Mehrebenenanalyse“ von Degele und Winkler (2009). Dieses vereint für eine umfassende Analyse von Ungleichheiten nicht nur die drei Ebenen Strukturen (Sozialstrukturen inklusive Organisationen und Institutionen), Identität (Prozesse der Identitätsbildung) und symbolische Repräsentationen (kulturelle Symbole), sondern ermöglicht durch diese Triade Vielfältigkeit bei den Kategorien ohne sich der Beliebigkeit auszusetzen. Das gelingt indem die Anzahl der Kategorien auf den unterschiedlichen Ebenen unterschiedlich geregelt ist. Auf der Identitätsebene ist die Anzahl offen und ergibt sich aus den für jedes Individuum relevanten, identitätsstiftenden Kategorien. Auf der Struktur- und der Repräsentationsebene legen sich die Autorinnen auf die vier Kategorien Klasse, Geschlecht, Rasse5 und Körper fest. Klasse wird dabei um die Ressourcenausstattung nach Bourdieu erweitert, Geschlecht umfasst neben Sex und gender auch die sexuelle Orientierung, Körper umfasst Gesundheit, Alter und Behinderung und als Rassismus wird auch Kulturrassismus verstanden. Auf diese Weise haben Degele und Winkler einen theoretischer Rahmen gebaut, der der Vielfalt der Dimensionen und Diskriminierungspraktiken und deren gesellschaftlichen Funktionen Rechnung trägt (vgl. Auernheimer 2011, S. 419f).

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In deutschsprachiger Literatur und im bisherigen Verlauf vorliegender Arbeit erscheint der Begriff Rasse mit Rücksicht auf die nationalsozialistische Vergangenheit zumeist in Anführungszeichen. In Anlehnung an Degele und Winkler (vgl. 2007, S. 1) wird hier bewusst auf Anführungszeichen verzichtet, da der Begriff Prozesse der Rassisierung, also Prozesse der Rasse konstruierenden Ausgrenzung und Diskriminierung und ihre gewaltförmige Naturalisierung und Hierarchisierung deutlich machen soll.


Diversity

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5.5. Exkurs: Corporate Social Responsibility (CSR) Unter CSR versteht man laut der Europäischen Kommission ein Konzept, „das den Unternehmen als Grundlage dient, um auf freiwilliger Basis soziale und ökologische Belange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Beziehungen zu ihren Partnern zu integrieren“ (vgl. Europäische Kommission 2011, o.S.). Da CSR in diesem Verständnis ein wichtiger Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit, zur Innovation und zur Schaffung von Arbeitsplätzen sein kann, gilt dieses Managementkonzept für die Kommission als Teil der europäischen Sozialpolitik. So wird dadurch die Umsetzung einer Reihe von Zielen erwartet: •

Eingliederung benachteiligter Gruppen in den Arbeitsmarkt;

Erhöhung der Investitionen in Kompetenzentwicklung, lebenslanges Lernen und die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer [sic!]

Verbesserungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, z. B. freiwillige Etikettierung von Nahrungsmitteln und nicht toxischen Chemikalien;

Innovationen im Sozial- und Umweltbereich;

geringeres Verschmutzungsniveau und schonendere Nutzung natürlicher Ressourcen (europäisches Ökolabel, Investitionen in Ökoinnovation usw.);

Wahrung europäischer Werte und Achtung der Menschenrechte, des Umweltschutzes und grundlegender Arbeitsnormen;

Beitrag zu den Millenniumsentwicklungszielen (MDG). (ebda.)

Wie man diesen Zielen entnehmen kann, gibt es hier Schnittmengen zu Diversity-Konzepten. Allerdings ist nicht alles was sich CSR nennt auch tatsächlich CSR. So ist dieses Konzept bei deutschen Unternehmen seit 2005 ein beliebtes Schlagwort. Darunter werden alle sozialen Maßnahmen gesammelt, die von einer Firma durchgeführt werden, wie z.B. Kultur- und Sportveranstaltungen oder Naturlehrpfade, Spenden, Sponsoring und die Gründung von Stiftungen. Genau genommen handelt es sich dabei aber um bürgerschaftliches Engagement, auch Corporate Citizenship genannt. Corporate Social Responsibility (CSR) bezieht sich in Gegensatz dazu auf das Kerngeschäft, ist also keine zusätzliche Aktivität, sondern ein Stil, wie das Kerngeschäft betrieben wird. Dabei geht es nicht darum, was mit den Gewinnen gemacht wird, sondern darum, dass die Gewinne umweltverträglich, sozial verantwortlich und zugleich ökonomisch erfolgreich erzielt werden (vgl. Internetquelle 7).

Diese Überschneidungen mit Diversity-Ideen und unklaren Begrifflichkeiten in Bezug auf CSR führen zu einem diffusen Verhältnis dieser beiden Strategien. In einer Studie, welche den Status quo von Diversity Management in ATX-Unternehmen untersuchte und diese Er-


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gebnisse mit dem CSR-Konzept verglich, wurde auch das Verhältnis dieser Ansätze zueinander erfragt. Es kam zu folgendem Ergebnis (Abb. 7), welches durchaus unterschiedlich ausfällt (vgl. Segert et al. 2012, S. 3):

Abb. 7: Wie sehen Sie das Verhältnis von CSR und DiM? Welche Darstellung charakterisiert dieses Verhältnis am besten? (vgl. Segert et al. 2012, S. 20)

Zwar erkennen 88% einen Zusammenhang zwischen beiden Konzepten, deren Beziehungen werden allerdings höchst unterschiedlich bewertet (vgl. ebda). Dieses ungeklärte Verhältnis gilt es bei der weiteren Lektüre vorliegender Arbeit zu bedenken, wenn der Begriff CSR benutzt wird.


Diversity und Fußball

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6. Diversity und Fußball Nachdem die beiden Kernbegriffe erarbeitet wurden, gilt es diese zusammenzuführen. Die ausführliche Darstellung der Entwicklung des Sports und des Fußballs wurde bewusst gewählt, um deren starkes Wechselverhältnis mit der Gesellschaft aufzuzeigen. So kann man feststellen, dass Veränderungen im modernen Sport stets entlang verschiedener Ungleichheitsdimensionen vonstatten gingen. War im vormodernen Sport die Klasse bzw. der Stand Ausschlusskriterium, war es während des NS-Regimes die ethnische Zugehörigkeit zum Judentum, davor und danach das Geschlecht und nach erfolgter nationaler Aufladung des Fußballs ab ca. 1960 auch die Nationalität (vgl. Müller 2009, S.69-85). Wie Fußball samt seinen Ungleichheiten mit dem theoretischen Konstrukt Diversity zusammenwirkt bzw. welche diversitätsbezogenen Maßnahmen bereits gesetzt wurden und werden behandelt das nächste Kapitel.

6.1. Diversitärer Fußball – eine theoretische Verknüpfung In der deutschsprachigen Fachliteratur findet man kein Konzept zur praktischen Verknüpfung von Diversity und Sport oder Fußball. Rulofs (2011) hat allerdings wesentliche Überlegungen aus dem angloamerikanischen Raum, insbesondere von Cunningham (2010) zusammengefasst und Bausteine für die Konzeption von Diversity Management im Sport entwickelt, was hier direkt auf den Fußball angewandt wird. Ein derartiges Konstrukt könnte die Antwort auf die vermehrte Vielfalt sein, welche heute auf den Fußball wirkt. Aufgrund des demographischen Wandels entwickelt sich eine neue Altersstruktur, der Frauenanteil im Sport und auch im Fußball unterliegt einer starken Zunahme und aus Migrations- und Globalisierungsprozessen resultiert eine Pluralität der SportlerInnen in Bezug auf ihre Nationalitäten. Diese gesellschaftlichen Veränderungen stellen den Fußball vor die Herausforderung, die heterogenen

Lebenssituationen,

Interessen

und

Voraussetzungen

zu

berücksichtigen.

Die

Bewältigung dieser Herausforderung ist deshalb so wichtig, damit der Sport weiterhin „offen für alle“ bleibt. Diese Offenheit und Ausrichtung auf soziale Vielfalt stellt nicht nur die politische und gesellschaftliche Anerkennung und somit Förderung sicher, sondern kann über die Steigerung der Organisationsheterogenität erhöhte Leistungsfähigkeit und Kreativität hervorbringen (vgl. Rulofs 2011, S. 83f).

Die Offenheit für alle spiegelt sich im Leitbild des ÖFB wieder, wobei hier nur die drei Kategorien Geschlecht, „Rasse“ und Religion genannt werden (vgl. Internetquelle 8). Die FIFA, deren Mitglied der ÖFB ist, bekennt sich ausführlicher zur Vielfalt: „Wir tolerieren keine Diskriminierung in Bezug auf „Rasse“, ethnische Zugehörigkeit, Herkunft, Hautfarbe, Nationalität, Religion, Alter, Geschlecht, Sprache, physische Erscheinung, sexuelle Neigung oder


Diversity und Fußball

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politische Haltung, ebenso wenig verbale oder physische Belästigung aus obigen oder anderen Gründen.“ (FIFA Verhaltenskodex 2012, S. 15) Bei dieser im Fußball beobachtbaren Vielfalt scheint es sinnvoll, dass Verbände oder Vereine systematische Konzepte zur sozialen Öffnung und zum Umgang mit dieser implementieren. Bisher gibt es nur wenig erkennbare Anzeichen einer ganzheitlichen Auseinandersetzung, stattdessen zielen aktuelle Programme stets auf einzelne Ungleichheitsdimensionen ab. Dies ist auch in Österreich zu beobachten, wie das nächste Kapitel zeigen wird. Zuvor sollen aber noch einige für die Planung oder Umsetzung von Diversity-Konzepten relevante Fakten dargestellt werden (vgl. Rulofs 2011, S. 84)

6.1.1.

Diversity in Sportorganisationen

Sportvereinen wird in soziologischen Arbeiten generell eine Trägheit in Bezug auf Veränderungen attestiert. So werden Ideen der Veränderung oftmals mit dem Verweis auf die erfolgreiche Tradition im Keim erstickt. So unangenehm dies für Veränderungswillige ist, so funktional ist das für den Verein, indem es diesen vor zu schnellen Anpassungen an die veränderte Umwelt schützt und die Leitideen bewahrt. Dazu kommt noch eine Tendenz zur Homogenisierung von Mitgliederinteressen, welche die soziale Öffnung von Sportorganisationen behindert. Es gibt nur selten einen direkten formalen Ausschluss von Personengruppen, allerdings bestimmen informelle Strukturen die soziale Öffnung in hohem Maß. Diese Bedingungen verdeutlichen, dass in einem Lernprozess zur sozialen Öffnung nicht nur betroffene Personen den Umgang mit Vielfalt erlernen, sondern auch Sportorganisationen einen strukturellen Rahmen dafür schaffen und Wissen bereitstellen müssen. In Deutschland sind hier erste Schritte bereits geschehen, indem der Deutsche Olympische Sportbund 2007 der Charta der Vielfalt (vgl. Internetquelle 9) beigetreten ist und ein klares Bekenntnis zur Vielfalt abgegeben hat. Auf einer normativen Ebene wurden nach Rulofs (2011, S.86) damit zwei Ziele festgelegt: „Die Inklusion einer Vielfalt von sozialen Gruppen und die Bewältigung der Vielfalt im Sinne eines wertschätzenden Miteinanders und der Bereitstellung von Chancengleichheit und Vermeidung von Diskriminierung.“ Diese Zielsetzung des Dachverbands kann allerdings nur als Basis für eine weitere Entwicklung angesehen werden. In der Folge müssen Strategien entwickelt werden, wie sich diese Vorgabe bis hinunter in die Vereine fortpflanzen kann. Dies wird nur möglich sein, wenn Sportvereine eine Bereicherung oder eine Ergänzung für ihre eigene Identität und/oder die eigenen Ressourcen erkennen. Wie Diversity Konzepte dazu beitragen könnten, soll im letzten Teil dieses Kapitels diskutiert werden (vgl. Rulofs 2011, S. 84ff).


Diversity und Fußball

6.1.2.

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Mögliche Strategien und Prozesse der Umsetzung

Diversity Management wurde, wie berichtet, vor allem von gewinnorientierten Unternehmen entwickelt, um die Produktivität zu steigern und das Potential der MitarbeiterInnen bestmöglich zu nutzen. Daher gilt es zu untersuchen, inwiefern der Social-profit-Sektor davon profitieren kann. Die Frage ist, wie soziale Vielfalt als Potential von Sportvereinen betrachtet werden kann, obwohl diese traditionell danach trachten, die Interessen ihrer homogenen Mitgliederschaft zu befriedigen. Eine Intersektionalitätsperspektive lehrt jedoch, dass Interessen und Bedürfnisse aufgrund sozialer Positionierungen und Dimensionen so einheitlich nicht sind. Hier könnte ein Diversity Konzept helfen, sensibel für die unterschiedlichen Wünsche zu sein und optimale Entwicklungsmöglichkeiten bereit zu stellen. So kann MitarbeiterInnenzufriedenheit gesteigert werden. Ein systematischer Umgang mit sozialer Vielfalt führt außerdem zur Gewinnung und Bindung neuer Mitglieder und somit zum Überleben des Vereins. Aus der gesteigerten Zahl der Mitglieder ergibt sich natürlich auch eine verbesserte Chance, Talente an den Verein zu binden. Diversity bietet also Anknüpfungspunkte für die Förderung sozialer Vielfalt im organisierten Sport, wobei in jeder Organisation einzeln geklärt werden muss, wie sie diese produktiv nutzen kann (vgl. ebda. S. 88f).

Bei der Implementierung von Diversity-Strategien müssen zuerst allgemeine Barrieren gegenüber Veränderungen abgebaut werden. In seinem Buch „Diversity in Sports Organizations“ weist Cunningham (2010) darauf hin, dass diese Veränderungsprozesse sowohl auf der strukturellen als auch auf der individuellen Ebene angestoßen werden müssen. Auf den Fußball bezogen meint das die Organisationsebene mit dem nationalen Dachverband ÖFB, den Landesverbänden und Sportvereinen und die individuelle Ebene von SportlerInnen und FunktionärInnen, die wiederum in Gruppen als Sportteams, Trainings- oder Übungsgruppen interagieren (vgl. Rulofs 2011, S. 90).

Auf der Organisationsebene steht Öffentlichkeitsarbeit an erster Stelle. So sollte vom Dachverband abwärts jede Strukturebene ein für sie adaptiertes Leitbild festlegen. Zur Unterstützung von Mitgliedsorganisationen können Change Teams (einflussreiche Personen, welche die Akzeptanz des Leitbilds bestärken) oder Change Managements (z.B. Belohnungssysteme) etabliert werden. Weiters muss die Thematik in alle Ausbildungszusammenhänge des organisierten Sports integriert werden. Der Erfolg wird auf dieser Ebene aber vor allem von der Beantwortung folgender Frage abhängen: (Wie) Können Sportvereine oder –verbände die Vorteile sozialer Vielfalt in ihrer spezifischen Organisation erkennen? Dabei muss praxisund kontextnahe Unterstützung angeboten werden, die gegebene Diversität zu analysieren, mögliche Defizite zu identifizieren und soziale Vielfalt produktiv zu nutzen. Hier kann ein Blick auf Handlungsfelder hilfreich sein, die bereits erfolgreich mit Diversity-Analyse-


Diversity und Fußball

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Instrumenten arbeiten. Der Index für Inklusion für Bildung und Schulen sei hier als gutes Beispiel erwähnt (vgl. ebda. S. 91f).

Auf der Ebene der Gruppen und Individuen sind vor allem Schlüsselpersonen, wie TrainerInnen und ÜbungsleiterInnen gefordert. Durch ihre tägliche Arbeit in ihrer unmittelbaren und kontinuierlichen Nähe zu den Interessen der Mitglieder üben sie eine ModeratorInnen- bzw. MultiplikatorInnenfunktion aus, die die Entwicklung der Vereine in Richtung Diversity maßgeblich beeinflussen und mitbestimmen. Zu bedenken ist hierbei, dass je nach Orientierung einer Sportgruppe unterschiedliche Erwartungen an Diversity als Gewinn gestellt werden. Im Leistungssport sind Unterschiede wohl leichter zu akzeptieren, wenn die individuellen Stärken gewinnbringend zum gemeinsamen sportlichen Erfolg führen. Im Freizeitbereich, der auch als Vehikel für soziale Kontakte dient, werden „Fremde“ und „Andere“ öfter als störend empfunden, da es in den Lebensweisen zu wenig Anknüpfungspunkte gibt. Auch hier können TrainerInnen oder FunktionärInnen geschult werden, Voraussetzung bleibt die Identifikation mit dem top-down definierten Leitbild und dass dieses zu den Bedingungen an der Basis des Sports passt (vgl. ebda. S. 93f).

6.2. Fußballerische Vielfalt – Angebote im Fußball Im Sport, somit auch im Fußball, verlaufen die Grenzen der Ungleichheit, der Geschlechterbeziehungen und ethnischen Gruppen anders und halten sich auch weniger zäh als in der Gesellschaft (vgl. Eisenberg zit. in: Kreisky 2009, S. 75). Hier darf nicht vergessen werden, dass Sport nie außerhalb der Gesellschaft existiert und somit die Räume des Sports nicht egalitärer als die der Gesamtgesellschaft sind. Auf beiden Ebenen finden sich Ausgrenzungen und Versuche diese zu verändern. Nach wie vor sind gesellschaftliche Ungleichheit und Diskriminierung Teil der Sportkultur, auch wenn in der jüngeren Vergangenheit eine soziale Öffnung für Frauen oder ethnische Gruppen stattgefunden hat (vgl. ebda. S.75f). Diese Aussage manifestiert sich in alltäglichen Beobachtungen der Fußballwelt. So gibt der ÖFB seine Statistiken als „Zahlen und Fakten“ ausdifferenziert nach Geschlecht an und eben diese Zahlen belegen den noch vorhandenen Aufholbedarf (vgl. Internetquelle 10). Potential findet sich aber nicht nur in dieser Kategorie. Zwar die Zahlen der Stadionbesucherinnen nach oben, Fans mit Migrationshintergrund bleiben jedoch weiterhin fern. In den Nationalmannschaften und den Vereinen hat sichtbar eine Steigerung der Vielfalt stattgefunden, schwarze TrainerInnen gibt es im internationalen Profifußball aber praktisch nicht (vgl. Wachter 2011, S. 3-6)


Diversity und Fußball

6.2.1.

54

Acht Perspektiven für strukturelle Maßnahmen

Da im und für den österreichischen Fußball kein Diversity-Konzept vorliegt, wird in diesem Kapitel eine Studie von Degele und Janz (2011) vorgestellt, welche acht strukturelle und politische Maßnahmen vorschlägt, um gegen die Diskriminierungsformen Homophobie, Sexismus und Rassismus vorzugehen. Diese könnten als Anhaltspunkt für die Umsetzung eines breiten Konzeptes dienen oder zumindest das Bewusstsein schaffen, wie Ausgrenzungen funktionieren und auf welche Weise man diesen praktisch begegnen kann. Die Autorinnen haben sich von der Vielzahl möglicher Ausgrenzungen nur auf die drei genannten konzentriert, um die Bedeutungen und Funktionen von verweigerter Anerkennung und Diskriminierung in Bezug auf sexuelle Orientierung, Geschlecht und „Rasse“ zu analysieren. Die Maßnahmen sind aber auch auf andere Dimensionen von Diversity übertragbar. Wie die Untersuchung sind auch die Maßnahmen auf unterschiedlichen Handlungsebenen angesiedelt (vgl. ebda. S. 8f).

Alltägliche Praxen beobachten und auf Strukturen beziehen Als erster Schritt wird das Monitoring der alltäglichen Praxis vorgeschlagen, um dort Möglichkeiten und Notwendigkeiten von Veränderungen aufzuspüren. Ziel ist, Anknüpfungspunkte für Reflexionen, Sensibilisierungen und Veränderungen in Hinblick auf Anti-diskriminierung zu erkennen. Ein Beispiel dafür ist die SchiedsrichterInnenausbildung, wo Augenmerk auf geschlechtsneutrales Pfeifen gelegt werden kann, um die vermutlich beobachtete Diskrepanz zwischen geglaubter und tatsächlicher Praxis für die Sensibilisierung zu nutzen. Es wurde festgestellt, dass die Regeln im Frauenfußball strenger ausgelegt werden, was auf Dauer zu einer angepassten, also vorsichtigeren und zurückhaltenden Spielweise führt. Weiters wird hier die Aufhebung der frühen Trennung von Fußballspielenden nach Geschlecht angedacht (vgl. Degele/Janz 2011, S. 48f).

Selbstverständlichkeiten hinterfragen Insbesondere

das

fußballerische

Standardformat

des

heterosexuellen,

christlich-

abendländisch geprägten und weißen Mannes gilt es hier aufzulösen. Als Gegenentwurf für die enge Verschränkung von Fußball und Männlichkeit könnte die Situation des Fußballs in Amerika (vgl. Markovits 2006), wo das Männerspiel eine nur zweitrangige Rolle spielte, und die Geschichte des lange Zeit verbotenen Frauenfußballs bieten. Neben diesem Thema muss auch Homosexualität Inhalt von Wiederaneignungs- und Umdeutungsarbeit sein, damit schwul sein und Frau sein im Fußball selbstverständlich wird. Dies kann mittels Broschüren und Infoveranstaltungen für MultiplikatorInnen wie TrainerInnen, LehrerInnen, usw. aus rele-


Diversity und Fußball

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vanten Kontexten wie Verein, Schule und Fanklubs geschehen, nachhaltiger wären allerdings die Reflexion und Anpassung von Ausbildungsinhalten. (vgl. Degele/Janz 2011, S. 49f)

Strukturen verändern Entgegen der üblichen Praxis der Differenzierung nach Alter und Geschlecht, welche im Sport dem Leistungsprinzip und der Chancengleichheit geschuldet ist, stellt sich in Hinblick auf Diversity die Frage, ob diese Trennung sinnvoll ist. So könnte ein längeres geschlechterübergreifendes Training über das Kindesalter hinaus durchaus geschlechterstereotype Zuschreibungen überwinden und somit Hierarchisierungen abbauen (vgl. ebda. S. 50).

Verschiebungen einbeziehen Zwar war in den letzten Jahren die Top-down Strategie gegen Rassismus, in Form der Kooperation von ÖFB und Fairplay, auf die weiter unten noch eingegangen wird, in vielen Bereichen erfolgreich, dennoch gibt es immer wieder rassistische Vorfälle im österreichischen Fußball sowohl im Amateur- als auch im Profibereich (vgl. Internetquelle 11 und 12). In Deutschland wurde eine Verschiebung des offenen Rassismus in die unteren Ligen festgestellt, wohingegen dieser in den oberen Ligen, in denen rassistische Vorfälle konsequent geahndet werden, subtiler in Erscheinung tritt. Statt fremdenfeindlichen Parolen werden hier noch weniger geächtete sexistische oder homophobe Äußerungen wahrgenommen, was zu einer Verschmelzung von Rassismus, Sexismus und Homophobie führt. Neben dem klaren Bekenntnis von oben herab müssen also auch bottom-up Strategien unterstützt und durchgeführt werden. Hier sind insbesondere vier Schritte von grundlegender Bedeutung: Verantwortliche sensibilisieren (Monitoring zu subtilen und offenen diskriminierenden Handlungen für MultiplikatorInnen), Wissen vermitteln (Symbole und Codes), Handlungsoptionen aufzeigen (rechtliche Beratung, Antidiskriminierungsstelle), Personen mit Migrationshintergrund integrieren (Sichtbarkeit und Selbstverständlichkeit) (vgl. Degele/Janz 2011, S. 50ff). An dieser Stelle muss auf die positive Arbeit von Fairplay in Österreich verwiesen werden, welche sowohl ein flächendeckendes Diskriminierungsmonitoring anbieten als auch ihre Expertise in Workshops an MultiplikatorInnen weitergeben (vgl. Internetquelle 13).

Wechselwirkungen berücksichtigen Weiters sind in der Antidiskriminierungsarbeit die Wechselwirkungen einzelner Formen von Ausgrenzung zu berücksichtigen und diese nicht einzeln zu betrachten. Das setzt eine erhöhte Sensibilität für diverse Diskriminierungsformen voraus, bietet aber auch die Möglichkeit des Erfahrungsaustausches, wie es beispielsweise die Kooperation von FARE (Football Against Racism in Europe) und der schwul-lesbischen Dachorganisation EGLSF (European


Diversity und Fußball

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Gay & Lesbian Sport Federation) zeigt. Die Sensibilisierung auf Überschneidungen und Korrelationen ist von essentieller Bedeutung, da die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, welche den genannten Diskriminierungsformen gemein ist, auf immer wieder austauschbare gesellschaftliche Minderheiten projiziert werden kann (vgl. Degele/Janz 2011, S. 52).

Klar positionieren: Glaubwürdigkeit steigern Die Umsetzung von Diversity Maßnahmen erhöht die Glaubwürdigkeit der Organisation, was sich in weiterer Folge auf die Medien und somit die Öffentlichkeit auswirkt. Dazu bedarf es allerdings einer widerspruchsfreien Positionierung gegen Diskriminierungen aller Art. Homophobe Aussagen von MitarbeiterInnen aber auch eine unsensible Wortwahl, wie das eingangs angeführte Zitat des österreichischen U21-Teamchefs, zerstören das Vertrauen und lassen Solidaritätsbekundungen wertlos erscheinen. Als Beispiel für eine derartige Positionierung sei hier der englische Fußballverband genannt, welcher unter dem Titel „Football For All“ ein breit aufgestelltes Equality-Programm umsetzt, welches ein klares Bekenntnis zu Antidiskriminierung und Inklusion darstellt (vgl. Internetquelle 14).

Abhängigkeiten reduzieren: Ausbildungen abschließen Neben der sexuellen Orientierung gibt es im Fußball noch weitere Themen wie Depression, Burnout, etc., die das Karriereende von FußballerInnen bedeuten können. Die Problematik liegt in der Abhängigkeit der SpielerInnen von ihrem Profistatus. Im Frauenfußball weit verbreitet, sollte es auch für Männer selbstverständlich werden, ihren Lebensunterhalt auf Basis einer absolvierten Ausbildung bestreiten zu können, wenn die Karriere zu Ende geht. Die österreichischen Fußballakademien sind Beispiele, wie die sportliche Ausbildung mit einer schulischen oder beruflichen verbunden werden kann (vgl. Degele/Janz 2011, S. 53f)

Zeichen setzen, Nachfragen schaffen Medien bilden Tatbestände nicht nur ab, sondern stellen diese auch her, indem sie Normalitätsvorstellungen und Selbstbilder von Menschen beeinflussen und prägen. Daher ist eine enge Zusammenarbeit mit Medien anzustreben. Um eine vielfältigere Berichterstattung zu erreichen, müssen neue Berichtangebote geschaffen werden. Die Übertragung von Bundesligaspielen der Frauen oder Berichte von der IGLFA European Championship 2015 würde Frauen, Personen mit Migrationshintergrund und Homosexuelle als selbstverständlichen Teil des Fußballs darstellen und zusätzlich Vorbilder schaffen. Das Potential einer vielfältigeren Berichterstattung ist nicht zu unterschätzen, so könnten gemeinsame PR Aktionen starke Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art setzen und zum Beispiel im Hinblick auf schwule Sportler zu einer Kehrtwende im Fußball beitragen (vgl. ebda. S. 54).


Diversity und Fußball

6.2.2.

57

Situation in Österreich

Wie bereits zuvor erwähnt existiert in Österreich kein umfassenden Diversity-Konzept oder Ähnliches im Fußball. Allerdings gibt es eine Reihe von Programmen, Projekten und Aktionen, welche auf einzelne Diversity-Dimensionen abzielen. Das Angebot, welches einem Diversity-Konzept am nächsten kommt, ist die „Initiative Fairplay – Viele Farben. Ein Spiel.“ Hier werden einige der oben vorgeschlagenen Maßnahmen bereits erfolgreich, allerdings unter dem theoretischen Dach der Antidiskriminierung umgesetzt (vgl. Internetquelle 15 und 16). Aktuell gibt es ein zweijähriges Arbeitsübereinkommen mit dem ÖFB zu den beiden Schwerpunktthemen Antidiskriminierung und Fanarbeit, deren Ziele wie folgt lauten: •

Sensibilisierung der Fußball-Community, die sozial integrativen Potentiale des Sports zu fördern,

Initiierung eines breitenwirksamen Engagements gegen diskriminierende Praktiken und Einstellung für Diversität,

Networking und Wissenstransfer im Bereich Antidiskriminierung und Sport,

Erhöhung des Stellenwertes des Mädchen- und Frauenfußballs in Österreich und

die Förderung einer positiven Fankultur (vgl. Fairplay Jahresbericht 2013)

Daneben existieren auf den verschiedenen Strukturebenen Verband, Verein, Fangruppierungen und NGOs, wie Fairplay eine darstellt, Einzelangebote für diverse Zielgruppen. Der ÖFB und die Bundesliga bieten beispielsweise Angebote und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen. So können Blinde und sehbehinderte Menschen mittels LiveAudiokommentar von speziell ausgebildeten SprecherInnen an Länder- und Bundesligaspielen teilhaben. Ebenso auf die Dimension Körper zielen die speziell für RollstuhlfahrerInnen adaptierten Platzangebote in einigen Bundesligastadien ab. Der ÖFB forciert zusätzlich zu dem Angebot für Fans auch den aktiven Fußball für Menschen mit Behinderung (vgl. Internetquelle 17)

In Bezug auf Frauen und Fußball war die Eröffnung des Nationalen Zentrums für Frauenfußball in St. Pölten im Schuljahr 2011/2012 ein Meilenstein. Hier wird in einem dualen Ausbildungssystem Schule und Training verbunden, um den österreichischen Frauenfußball international konkurrenzfähig zu machen und damit eine weiter steigende Begeisterung zu erzielen. Auf einer symbolischen Ebene ist hier noch einmal die erfolgte Integration des Frauenfußballs auf der Homepage des ÖFB zu erwähnen (vgl. Internetquelle 8). Bezüglich Homophobie gibt es auf Verbandsebene weder ein klares Bekenntnis zu Homosexuellen im Fußball noch entsprechendes Informationsmaterial, wie es beispielsweise der DFB zur Verfügung stellt (vgl. Internetquelle 18). Daneben existieren Angebote wie der Homeless World


Diversity und Fußball

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Cup, welcher die Kategorie Klasse im Blick hat oder die FARE Aktionswochen, welche sich der Rassismusbekämpfung widmen. Zu den Ausprägungen Alter und Religion wurden keine Angebote gefunden. Dieser kurze Überblick zeigt eine Palette an Angeboten innerhalb des österreichischen Fußballs. Mit Ausnahme der Organisation Fairplay, handelt es sich dabei aber meist um Einzelmaßnahmen, welche in keinem strukturellen Zusammenhang stehen.

Nach dieser theoretischen Basisarbeit wird im folgenden empirischen Teil die Einschätzung von ExpertInnen des Fußballs in Österreich hinsichtlich der Verbindungen zu DiversityKonzepten erhoben und analysiert werden, um abschließend zu einer Beantwortung der eingangs gestellten Forschungsfrage zu gelangen.


59

III. Das Spiel


Empirische Methoden

60

7. Empirische Methoden Nachdem im ersten Teil der Arbeit die theoretische Grundlage gelegt wurde, sollen in dem folgenden, empirischen Teil die Ergebnisse der empirischen Erhebung Platz finden. Ziel der Arbeit ist eine Ist-Analyse des österreichischen Fußballs in Bezug auf Diversity Wissen und Konzepte. Dabei versucht diese Studie neue Kenntnisse zu entdecken, indem Handlungsorientierungen und Wissensbestände von ExpertInnen des Fußballs erhoben werden. Nachdem von Brüsemeister (vgl. 2008, S. 47) der Terminus Entdeckung die grundsätzliche Stoßrichtung für die qualitative Forschungslogik vorgibt und das ebenfalls in dieser verankerte Prinzip der Offenheit die Erkundung neuer Zusammenhänge umschreibt, ist die methodologische Ausrichtung vorliegender Arbeit ebenso geklärt. Aufbauend auf der Forschungsfrage, ob es eine Verbindung von Diversity und Fußball gibt, sollen die befragten ExpertInnen über ihr Wissen Verknüpfungen herstellen. So kann das Untersuchungsfeld Fußball in Österreich neue Erkenntnisse für das Zusammenspiel mit dem theoretischen Konzept Diversity liefern.

7.1. Intersektionalität als Forschungsperspektive Dieses Kapitel hat die Klärung des Begriffs Intersektionalität und dessen Bezug zu vorliegender Arbeit zum Inhalt, da dieser Terminus die zugrunde liegende Forschungshaltung darstellt. „Intersektionalität wird als Perspektive und Analyseblick verstanden, der in nicht-essentieller und ungleichheitskritischer Weise das Zusammenwirken von verschiedenen, sozial wirksamen und hierarchisch organisierten Differenzkonstruktionen (ausgehend von der Trias race, class und gender) und den damit verbundenen strukturellen Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnissen beleuchtet und nach den Folgen ihres wechselseitigen Zusammenspiels fragt“ (Riegel 2012, S. 2) Als Forschungsblick geht es um die Rekonstruktion der Verknüpfung und Überlagerung von Differenzen und sozialen Ungleichheits- und Dominanzverhältnissen. Zusätzlich können mittels Intersektionalitätsanalyse ein- und ausgrenzende, auf- und abwertende Effekte und deren soziale Folgen untersucht werden. In dieser Arbeit bildet die intersektionale Perspektive den Analyserahmen, welche die bipolaren Einteilungen und Strukturierungsversuche der Fußballwelt kritisch und dekonstruktivistisch hinterfragt (vgl. ebda.). Auf der anderen Seite dient Intersektionalität hier der Untersuchung von Strukturen und Praxen im Fußball, welche die Teilhabechancen und Handlungs- und Entwicklungsmöglichkeiten beeinflussen (vgl. ebda. S. 12). Dies geschieht über die Analyse der Diversity-bezogenen Angebote im österreichischen Fußball, während Intersektionalität die Verschränkung von sozialen Asymmetrien und identitätsrelevanten Differenzlinien berücksichtigt. So lässt sich hier das Zusammenwirken von Diversity als Programmatik der Vielfalt für Organisationen und Intersektionalität als Analyserahmen und –perspektive erklären (vgl. Auernheimer 2011, S. 422).


Empirische Methoden

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Schließlich soll die intersektionale Perspektive hier als selbstkritisches Instrument der Forschung dienen. Da diese nicht frei von gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnissen stattfindet, besteht stets die Gefahr der Reifizierung sozialer Kategorien und der Reproduktion vorherrschender Einteilungen. Insofern wird auch die Forschungspraxis kritisch reflektiert, um nicht Ungleichheitsverhältnisse in der Arbeit zu reproduzieren oder diese bereits vorstrukturiert und bloß eindimensional wahrzunehmen. Im Fokus der Aufmerksamkeit müssen hier implizierte Vorannahmen, Zuschreibungen, Normalitätsvorstellungen so wie blinde Flecken stehen. Als hilfreich erweisen sich hierfür die folgenden vier Fragedimensionen (vgl. Riegel 2012, S. 9f):

1. Welche sozialen Kategorien und Dominanzverhältnisse werden (wie) relevant? Wie wirken diese zusammen? 2. Wie werden diese sozialen Differenzen und Ungleichheitsverhältnisse (situativ, habituell, diskursiv) durch Praxen hergestellt und reproduziert? 3. Welche Funktionen und welche Folgen hat dies für die beteiligten Subjekte und für die soziale Ordnung des Systems? 4. Welche Möglichkeiten gibt es, die Reproduktion von ungleichheitsstrukturierender Differenzbildung und Dominanzordnungen zu durchbrechen? (vgl. ebda. 2012, S. 5f)

7.2. Untersuchungsdesign Wie in der Theorie beschrieben, haben Diversity-Konzepte Eingang in diverse Teile der Gesellschaft gefunden, von der Wirtschaft über die Verwaltung bis zur Wissenschaft und Lehre. Im österreichischen Fußball sucht man strategische Gesamtkonzepte dazu erfolglos, obwohl an vielen Stellen die verbindende Kraft dieses Sports beschworen wird. Die Auswertung der ExpertInneninterviews soll also Aufschluss liefern, ob es Anknüpfungspunkte zu Diversity Konzepten gibt und wenn dem so ist, welche das sind. Dazu wurden im Zeitraum von Februar bis März dieses Jahres fünf Interviews mit Vertretern des Österreichischen Fußballs geführt, welche diesen möglichst breit abbilden sollten. Daneben wurde eine ebenfalls aus dem Fach kommende, aber geographisch fremde Expertin aus Deutschland befragt, um ihre Expertise in diese Arbeit einzubringen. Alle Interviews wurden nach Zustimmung der Befragten digital aufgezeichnet, wobei alle auf einen Anonymisierung ihrer Aussagen verzichteten. Die Auswertung der Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz (vgl. 2012). Wie von Kuckartz empfohlen, wurde sowohl die Transkription (Transkriptionssoftware F4) als auch die Auswertung (MAXQDA 11) computerunterstützt durchgeführt.


Empirische Methoden

7.2.1.

62

Das ExpertInneninterview

Obwohl ExpertInneninterviews in der qualitativen Forschung weit verbreitet sind und immer mehr an Popularität gewinnen, herrscht in der Literatur keine Einigkeit über die Begrifflichkeiten „ExpertIn“ und ExpertInneninterview“. So können sowohl Angehörige von Eliten, die aufgrund ihrer Position über besondere Informationen verfügen, als auch Personen, welche unabhängig von ihrer Position, ein wie auch immer geartetes Fachwissen aufweisen, als ExpertInnen bezeichnet werden. Darüber hinaus existiert das Wissen über soziale Kontexte, in die man eingebettet ist. In Organisationen, Wohngebieten, Veranstaltungen, Bürgerinitiativen etc. haben die unmittelbar Beteiligten dieses spezifische Wissen, welches aufgrund der jeweiligen Position und Erfahrung unterschiedliche Perspektiven auf je gleiche Sachverhalte bietet. Ein eben solcher sozialer Kontext wird auch in dieser Arbeit erforscht. Im Bereich des Fußballsports in Österreich wurden ExpertInnen befragt, um ihr Wissen über den je abgegrenzten Teilbereich für die Untersuchung verfügbar zu machen. Nach Gläser/Laudel (2009, S. 12) sind „Experten Menschen, die ein besonderes Wissen über soziale Sachverhalte besitzen, und Experteninterviews sind eine Methode, dieses Wissen zu erschließen“ (vgl. ebda. S. 11f).

Der ExpertInnenstatus wird durch das jeweilige Forschungsinteresse bestimmt und die „institutionalisierte Kompetenz zur Konstruktion von Wirklichkeit“ (Hitzler et al. zit. in: Meuser/Nagel 2009, S. 38). So zeichnen sich ExpertInnen durch die Möglichkeit aus, ihr Wissen auch in die Praxis umzusetzen und die im Untersuchungskontext stehende Situation entscheidend mitzugestalten (vgl. Meuser/Nagel 2009, S. 38). Dieses Merkmal der besonderen bzw. einer exklusiven Stellung im untersuchten Kontext ergänzen Gläser und Laudel (vgl. 2009, S. 12f) um ein weiteres Merkmal. ExpertInnen sind nur das Medium, nicht das Objekt der Untersuchung, über welches der Zugang zu einem bestimmten Sachverhalt hergestellt wird.

Anhand dieser Merkmale kann das Einsatzgebiet von ExpertInneninterviews abgegrenzt werden. Es handelt sich um Studien, welche die Rekonstruktion von sozialen Prozessen oder Situationen anstreben, um diese sozialwissenschaftlich erklären zu können. In so genannten rekonstruierenden Untersuchungen dient diese Methode dazu, das spezifische Wissen involvierter Personen zugänglich zu machen (ebda. S.13). Eine Typisierung hinsichtlich des Erkenntnisinteresses nehmen Bogner und Menz (vgl. 2009, S. 63-66) vor und unterscheiden das explorative, das systematisierende und das theoriegenerierende Interview. Das Explorative dient einer ersten Orientierung in einem noch brach liegenden Untersuchungsfeld. Das Systematisierende ist ebenfalls an der Teilhabe an exklusivem Wissen interessiert und hat die systematische und lückenlose Informationsgewinnung zum Ziel. Die theoriegene-


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rierende Variante ermöglicht „die kommunikative Erschließung und analytische Rekonstruktion der „subjektiven Dimension“ des ExpertInnenwissens“ (Bogner/Menz 2009, S.66). In vorliegender Arbeit verwischen die Grenzen dieser Unterteilung. Auf ein relativ unbeachtetes Feld bezogen zeigt sich der explorative Charakter. Die systematische Erfragung von Wissen über die jeweils vertretenen Organisationen bildet die zweite Form ab und letztlich sind auch die Deutungen der subjektiven Aussagen der InterviewpartnerInnen von Interesse dieser Arbeit. Die Ergebnisse sollen schließlich die Basis für weitere theoretische Überlegungen bilden.

Wie bei ExpertInneninterviews grundsätzlich üblich, wurden diese als leitfadengestützte Interviews durchgeführt. Beim Leitfadeninterview handelt es sich um ein nicht standardisiertes Interview, bei dem vorbereitete, offene Fragen als Grundlage für das Gespräch dienen. Diese Form wird angewandt, wenn mehrere diverse Fragestellungen zu bearbeiten sind, die vom Ziel der Untersuchung und nicht von den Antworten der InterviewpartnerInnen bestimmt sind. Außerdem können durch diese Form einzelne, detaillierte Informationen erhoben werden. Beides ist für ExpertInneninterviews zutreffend (vgl. Gläser/Laudel 2009, S. 111).

Um die methodologischen Prinzipien einer empirischen Untersuchung zu erfüllen, ist die Dokumentation aller Entwicklungsschritte beim Interview unerlässlich. Denn sowohl bei der spontanen Operationalisierung, beispielsweise während der Interviews, als auch bei der Leitfadenerstellung liegen kaum Regeln für ein geplantes Vorgehen vor. Um also die Nachvollziehbarkeit bestmöglich sicherzustellen, kann der Leitfaden und das Kategoriensystem im Anhang eingesehen werden. Das theoriegeleitete Vorgehen wurde durch die Implementierung theoretischer Überlegungen in den Leitfaden gewährleistet. Die Prinzipien der Offenheit und des Verstehens werden als Teile der Operationalisierung in der Gliederung des Leitfadens und der Übersetzung des Erkenntnisinteresses, auch im Interviewanschreiben, umgesetzt (vgl. ebda. S. 115).

7.2.2.

ExpertInnenauswahl

Nachdem das ExpertInnenverständnis dieser Arbeit geklärt wurde, soll die Auswahl der InterviewpartnerInnen begründet werden. Eine detailliertere Vorstellung der Befragten wird einleitender Teil des achten Kapitels sein. Wie bereits erwähnt, wurde versucht, den Fußball in Österreich möglichst breit abzudecken. Dabei wurden bewusst die Zielgruppen Fangruppierungen und Medien aus folgenden Gründen ausgeblendet: Zum einen erfolgte die Fokussierung auf Organisationen im Sport, die auch dem Social-Profit-Sektor zugerechnet werden können und auf der anderen Seite war die Handlungskompetenz der ausgewählten Personen als ExpertInnen von Relevanz. Alle befragten Institutionen mussten theoretisch in der


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Lage sein, Diversity-Konzepte umzusetzen. Dies trifft auf Fangruppierungen und Medien im Fußball nicht direkt zu, da diese nur begrenzte Möglichkeiten der Partizipation haben. Die gewichtige Rolle, die beide Gruppen im System Fußball und vor allem auch bei dieser Thematik innehaben, ist jedoch unbestritten.

In den ersten Überlegungen zur Auswahl war schnell klar, dass VertreterInnen des ÖFB, der Bundesliga, eines Profifußballvereins, eines Amateurvereins und der Initiative Fairplay – Viele Farben ein Spiel angefragt werden sollten. Die Berücksichtigung des ÖFB als Vereinigung aller Landesverbände und der Bundesliga und Mitglied der UEFA und FIFA ist durch seine Funktion als Organisator, Administrator und Kontrolleur des österreichischen Fußballs selbsterklärend (Internetquelle 19). Bei der Bundesliga als Vertreterin des Berufsfußballs in Österreich, Ausrichterin der beiden höchsten Spielklassen und Verantwortliche für die Fußball-Jugendliga verhielt es sich ähnlich (vgl. Internetquelle 20). Der Trainer eines Amateurvereins und der Manager bzw. Sportdirektor eines Profivereins wurden ausgewählt, da diese Organisationen, so die Hypothese, ebenfalls Orte der Umsetzung von Diversity-Strategien sein könnten. Diese vier Vertreter sind Experten für ihre jeweilige Organisation und die jeweilige inhaltliche und funktionale Verortung im System Fußball. Der Verein Fairplay steht mit seinen Aktivitäten in enger Kooperation mit dem ÖFB und der Bundesliga, verfügt darüber hinaus aber auch über beträchtliche internationale Kontakte. Die Antidiskriminierungsarbeit, welche Fairplay in Form von Aufklärung, Beratung und Kontrolle umsetzt, steht in unmittelbarer Nähe zu vorliegendem Thema. Daher konnte auch auf diese auch internationale Expertise nicht verzichtet werden.

Zusätzlich zu den nationalen Experten wurde Fr. Laufmann, Direktorin der CSR-Abteilung „Werder Bewegt“ angefragt, die dankenswerterweise unverzüglich dem Interview zustimmte. Dieses Konzept gilt als einzigartiges Modell oder zumindest als Vorreiter für soziales Engagement im professionellen Fußball, welches auch die gesellschaftliche Vielfalt berücksichtigt. Da in Österreich kein vergleichbares Modell vorliegt, soll dieses in vorliegender Arbeit als Vorlage für eine mögliche Umsetzung eines Diversity-Konzepts dienen, nicht jedoch als Best-Practice Beispiel, da die Rahmenbedingungen in Österreich und Deutschland aufgrund der Größe und den Bevölkerungszahlen nicht vergleichbar sind.

Die Experten des ÖFB in Person von Präsident Windtner, von Fairplay in Person von Bereichsleiter Wachter und der Bundesliga in Person von Vorstandsmitglied Herovits, waren schnell gefunden und diese erklärten sich ebenso rasch zu den Befragungen bereit. Die Suche nach VertreterInnen der Profivereine in Österreich gestaltete sich hingegen etwas schwierig, da nach dem Salzburger Vertreter auch die beiden Wiener Vereine nicht dafür


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gewonnen werden konnten. Schließlich erklärte sich der SV Ried in Person des Managers Stefan Reiter bereit, an dieser Studie mitzuwirken und seine umfassende Expertise zur Verfügung zu stellen. So musste die spezielle Perspektive auf den urbanen Wiener Raum verworfen werden, ermöglichte allerdings den Blick auf die regionalen oberösterreichischen Strukturen, die österreichweit vergleichbare Entsprechungen finden können. Im Amateurbereich fiel die Entscheidung auf den FC Blau-Weiß Linz. Diese Entscheidung war aufgrund der persönlichen, seit der Jugendzeit bestehenden, Anhängerschaft des Autors zu diesem Verein pragmatisch begründet. Aus fachlicher Sicht ist aber vor allem der Experte Yahya Genc ausschlaggebend. So kennt er den Verein nicht nur in verschiedenen Funktionen, als Spieler, Trainer und Nachwuchskoordinator, sondern ist aufgrund seines sportlichen Werdegangs in der gesamten Amateurszene in Oberösterreich gut vernetzt. Zusätzlich war die in dieser Arbeit thematisierte Nähe von Sozialem und Fußball, welche er als Sozialarbeiter und A-Lizenz-Trainer in Personalunion abbildet, ein Entscheidungskriterium.

7.2.3.

Die qualitative Inhaltsanalyse

Für die Auswertung der mittels Interview erhobenen Daten wird das Analyseverfahren der qualitativen Inhaltanalyse nach Kuckartz eingesetzt. Diese Auswertungsform versucht, die Bedeutung von Texten zu erfassen, wobei Textverstehen und Textinterpretation eine entscheidende Rolle spielen. Es werden Codierungen aufgrund von Interpretation, Klassifikation und Bewertung vorgenommen, die eng an eine menschliche Verstehens- und Interpretationsleistung gekoppelt sind (vgl. Kuckartz 2012, S. 34-39).

7.2.3.1.

Der Ablauf

Die qualitative Inhaltsanalyse erfolgt nach einem zirkulären Ablauf (Abb. 8), welcher immer wieder Iterations- und Feedbackschritte beinhaltet. Im Gegensatz zur klassischen Inhaltsanalyse sind die Analysephasen bzw. Methodenbereiche nicht strikt voneinander getrennt, sondern sie existieren teilweise parallel zueinander. Es ist sogar möglich, neue Daten zu erheben, obwohl das Kategoriensystem bereits fertig und das meiste Datenmaterial codiert ist. Die Forschungsfrage wird zwar am Beginn gestellt, bleibt dann aber nicht unverändert, sondern wird in jeder Phase wieder aufgegriffen und kann sich während des Analyseprozesses noch in beschränktem Rahmen dynamisch verändern. Die Formulierung von Hypothesen ist daher zu Beginn der Planung nicht zwingend erforderlich und eher selten. Die Codierung erfolgt stark hermeneutisch-interpretativ und die Daten bleiben auch nach der Codierung noch von großem Interesse. Die entwickelten Kategorien haben eine strukturierende und systematisierende Funktion und stehen im Zentrum der Analyse (vgl. Kuckartz 2012, S. 50ff).


Empirische Methoden

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Abb. 8: Generelles Ablaufschema qualitativer Inhaltsanalysen (Kuckartz 2012, S. 50)

7.2.3.2.

Drei Methoden

Kuckartz (vgl. 2012, S. 72-130) unterscheidet die drei zentralen Methoden inhaltlich, strukturierende, evaluative und typenbildende qualitative Inhaltsanalyse. Alle drei vereinen folgende sechs Gemeinsamkeiten: •

Es sind Analyseverfahren, das heißt es wird keine bestimmte Datenerhebungsmethode vorgeschrieben und so ist es durchaus denkbar, dass man verschiedene Verfahren auf das gleiche Datenmaterial anwendet.

Die Methoden arbeiten komprimierend und resümierend und werden mit der Intention der Zusammenfassung angewandt.

Die Methoden arbeiten kategorienbasierend, wobei deduktive, induktive aber auch Mischformen der Kategorienbildung möglich sind.

Es handelt sich um systematische wissenschaftliche Methoden, die sich erlernen lassen.

Alle drei Methoden arbeiten sprachbezogen und sind zunächst als Methoden zur systematischen Inhaltsanalyse von verbalen Daten konzipiert. Dennoch lassen sich sowohl Bilder, Filme und andere Produkte menschlicher Kommunikation von diesen Methoden erfassen.

Aufgrund der systematischen und regelgeleiteten Vorgehensweise können Gütekriterien formuliert werden, die gute von weniger guten kategorienbasierten Inhaltsanalysen unterscheidbar machen. (vgl. ebda. S. 76)


Empirische Methoden

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Bei allen drei Methoden kann die Auswertung bereits vor Abschluss der Datenerhebung beginnen, was sie mit unterschiedlichen Sampling-Verfahren kompatibel macht. Als systematische Verfahren haben diese Methoden den Anspruch, eine vollständige Codierung des gesamten Materials vorzunehmen, was auch vor voreiligen Schlüssen und den Forschenden vor der Suggestion des Einzelfalls schützt (vgl. ebda).

7.2.3.3.

Inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse

Die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse hat sich in zahlreichen Forschungsprojekten bewährt und ist mittlerweile bereits in verschiedenen Varianten beschrieben worden. Auch vorliegende Arbeit bedient sich dieses Instruments zu Auswertung der erhobenen Daten. In Bezug auf die Entwicklung der Kategorien sind alle Varianten von induktiv bis deduktiv, samt dem gesamten Spektrum der Mischformen vertreten. In den meisten Fällen kommen mehrstufige Mischformen zum Einsatz. Zu Beginn werden wenige Hauptkategorien, beispielsweise aus einem Leitfaden, abgeleitet, die in weiterer Folge weiterentwickelt und ausdifferenziert werden. Die ausdifferenzierten Kategorien geben dann bereits eine mehr oder weniger feste Struktur des Forschungsberichts vor. Durch vergleichen und kontrastieren von Subgruppen gewinnt die Auswertung an Komplexität, Differenziertheit und Erklärungskraft. Prinzipiell lässt sich diese Analyse nicht nur auf Leitfadenorientierte, problemzentrierte und fokussierte Interviews, sondern auch auf viele andere Datenarten anwenden, allerdings müssen hier noch Modifikationen vorgenommen werden (vgl. ebda. S. 77)

7.3. Operationalisierung Der eben ausgeführte theoretische Hintergrund bildet die Basis für die Operationalisierung der Untersuchung. An dieser Stelle soll erklärt werden, wie diese Inhalte in den Leitfaden und das Kategoriensystem Eingang fanden.

7.3.1.

Der Leitfaden und das Interview

Im Leitfaden wurden die aus der Literaturrecherche herausgearbeiteten Themenbereiche in zehn Fragen übersetzt, welche die für die Beantwortung der Forschungsfrage notwendigen Informationen ans Tageslicht bringen sollten. Am Beginn stand die Frage nach der Vorstellung der eigenen Person und Organisation. Darauffolgend wurden die Themen Fußball, Fußball und Gesellschaft und Diversity und Fußball behandelt. Letzteres ist als Kernthema der Arbeit der umfangreichste Fragenblock, welcher thematisch in Kapitel über theoretisches Wissen, Wissen zu diversitybezogenen Angeboten und einem Ausblick auf die mögliche Umsetzung von Diversity-Konzepten und deren Folgen gegliedert ist. So sollte das Ziel erreicht werden, eine Ist-Analyse der aktuellen Situation durchzuführen, um im besten Fall


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mögliche Bausteine für die Umsetzung eines Diversity-Konzepts im Fußball herauszufiltern. Zusätzlich war die Einschätzung über die Vor- und Nachteile einer solchen Umsetzung von Interesse.

Alle InterviewpartnerInnen wurden via Mail kontaktiert und mittels Interviewanschreiben über die Inhalte informiert. Auf Verlangen wurde vorab der Interviewleitfaden übermittelt, was allein bei Fairplay und Werder Bremen nicht der Fall war. Vor Beginn des Interviews wurden alle Befragten darüber informiert, dass sie als ExpertInnen für ihre jeweilige Einrichtung interviewt werden und nicht als ExpertInnen zu dem sozialwissenschaftlichen Konzept Diversity oder den Abwandlungen davon, um die Erwartungshaltung zu konkretisieren und keinen unnötigen Wissensdruck zu erzeugen. Bevor das Interview startete, gab es die Möglichkeit, Verständnisfragen zu stellen. Schließlich wurde mit allen InterviewpartnerInnen vereinbart, dass sie ein fertiges Exemplar der vorliegenden Arbeit erhalten werden.

7.3.2.

Das Transkript

Nach Durchführung aller Interviews wurden diese mittels Computerunterstützung transkribiert. Dazu wurden folgende Transkriptionsregeln festgelegt: •

Es wird wörtlich transkribiert, also nicht lautsprachlich oder zusammenfassend. Vorhandene Dialekte werden nicht transkribiert, sondern möglichst genau in Hochdeutsch übersetzt.

Sprache und Interpunktion werden leicht geglättet, das heißt, ans Schriftdeutsch angenähert. Die Satzform, bestimmte und unbestimmte Artikel, etc. werden beibehalten, wenn sie Fehler enthalten.

Längere Pausen werden durch in Klammern gesetzte Auslassungspunkte markiert.

Zustimmende bzw. Bestätigende Lautäußerungen des Interviewers werden nicht mittranskribiert.

Lautäußerungen der befragten Person, die die Aussage unterstützen oder verdeutlichen, werden in Klammern gesetzt.

Absätze des Interviewers und der befragten Person werden durch den vorangestellten vollen Namen gekennzeichnet.

Jeder Sprechbeitrag wird als eigener Absatz transkribiert. SprecherInnenwechsel werden durch eine Leerzeile zwischen den SprecherInnen deutlich gemacht, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Unverständliche Wörter werden durch (unv.) kenntlich gemacht (vgl. Kuckartz 2012, S. 136).


Empirische Methoden

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Nach Abschluss der zeitraubenden Transkription aller Interviews wurden diese noch einmal Korrektur gelesen, um die Texte anschließend fehlerfrei zur Weiterbearbeitung in die Software MAXQDA 11 zu importieren.

7.3.3.

Das Kategoriensystem

Das Kategoriensystem wurde vordergründig deduktiv entwickelt. So diente die theoriebasierte Gliederung des Leitfadens als Grundlage für die Auswertung. Nach Festlegung der Hauptkategorien, Fußball in Österreich, Fußball und Gesellschaft, Fußball und Diversity, Anknüpfungspunkte für Diversity-/Vielfaltskonzepte, mögliche Organisation eines Diversity/Vielfaltskonzepts und Werder Bewegt wurden diese in einem zweiten Durchlauf ausdifferenziert und Subkategorien gebildet. Die Ausdifferenzierung der Kategorie Anknüpfungspunkte geschah in Anlehnung an die Vorlage „Diversity Analyse nach Handlungsfeldern“ von Rosenlechner-Urbanek (vgl. 2013) welche ebenso wie das gesamte Kategoriensystem im Anhang eingesehen werden kann.


Ergebnisse und Diskussion

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8. Ergebnisse und Diskussion Ziel dieses Abschnitts ist die Beantwortung der Forschungsfrage: Welche Anknüpfungspunkte bietet der österreichische Fußball für die Umsetzung von Diversity-Konzepten? Das Ergebnis der Auswertung wird anhand der theoriegeleitet gebildeten Kategorien dargestellt, welche auch als Kapitelüberschriften ersichtlich sind. Am Anfang steht die Selbstvorstellung der interviewten Personen, welche den österreichischen Fußball möglichst breit abbilden sollten, soweit es in diesem Rahmen möglich ist.

8.1. Fußball in Österreich Die Vorstellung der befragten Personen und der dahinterstehenden Organisationen soll einen Überblick über die Struktur des österreichischen Fußballs, die Aufgaben der jeweiligen Organisationen und der jeweiligen ExpertInnen geben.

8.1.1.

ÖFB

Der österreichische Fußballbund steht an der Spitze der fußballerischen Hierarchie in Österreich und ist der größte Sportverband Österreichs, der im Jahr 1904 gegründet wurde. Er dient als organisatorische Tragfläche des gesamten Fußballs dieses Landes und ist als Mitglied Partner der internationalen Fußballorganisationen FIFA und UEFA. Der ÖFB setzt sich aus den neun Landesverbänden und der Bundesliga zusammen und verbindet dadurch den organisierten Profi- und Amateurfußball in Österreich. Numerisch ist der Amateurbereich mit ca. 2200 Vereinen dominant, demgegenüber steht das wirtschaftliche Gegenstück der Bundesliga mit zwanzig Vereinen. Präsident ist seit fünf Jahren Dr. Leo Windtner, der den österreichischen Fußball nach außen, auf internationaler und nationaler Ebene und nach innen bei den entsprechenden Gremien, wie Präsidium etc. repräsentiert (vgl. Windtner 2014, Abs. 3).

Hauptaufgabe des ÖFB ist die gesamte Entwicklung des österreichischen Fußballs, sowohl die soziale, die wirtschaftliche als auch die sportliche. Über die Rekrutierung von Jugend-, Frauen- und A-Nationalteams ermöglicht der ÖFB die Teilnahme an internationalen Wettbewerben. Daneben tritt der ÖFB national aber auch international als Rechtsinstitution auf. Aktuell wird an dem Projekt 2020 gearbeitet, welches in fünf Arbeitsgruppen, unter anderem in der von Dr. Windtner geleiteten „Sport und Soziales“, Zukunftsstrategien entwickeln soll (vgl. ebda. Abs. 3; 11).


Ergebnisse und Diskussion

8.1.2.

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Bundesliga

Reinhard Herovits, seit zehn Jahren Vorstandsmitglied der Bundesliga, beschreibt seine Organisation als wichtigstes Mitglied des ÖFB, welche hauptverantwortlich ist für die Durchführung der beiden höchsten Spielklassen in Österreich. Die Bundesliga ist ebenfalls ein Verein, dessen Mitglieder die jeweiligen Klubs der beiden Ligen sind. Die Aufgaben werden definiert als „Bewerbshüter“ und Dienstleister gegenüber den Mitgliedsvereinen. Darüber hinaus wirkt die Bundesliga bei Clubwettbewerben auf internationaler Basis mit. Die Positionierung der Bundesliga nach außen wurde ursprünglich von einem weiteren Vorstandsmitglied geplant, nach dessen Abgang fällt das aber auch in den Aufgabenbereich von Mag. Herovits, ebenso wie die Personalverantwortung. (vgl. Herovits 2014, Abs. 3).

8.1.3.

SV Ried

Als Mitglied der Bundesliga ist die Sportvereinigung Ried, vertreten durch Manager Stefan Reiter, stellvertretend für den Profifußball in Österreich befragt worden. Die SV Ried sieht sich mit zwei Aufgaben konfrontiert: zum einen den Betrieb des Profifußballs und andererseits den Nachwuchsfußball zu organisieren. Hier wird unterschieden zwischen Grundlagenfußball als Breitensportangebot, welches jedem männlichen Kind, ob talentiert oder nicht, die Möglichkeit bieten soll, Fußball zu spielen und Spitzennachwuchsfußball als Leistungssportsektion, welche die Basis des Profifußballs bildet. Die SV Ried ist seit ca. 20 Jahren im Profifußball vertreten und trotz der geringeren wirtschaftlichen Möglichkeiten der Region im Vergleich zu anderen, finanzkräftigeren Vereinen aus Wien oder Salzburg sehr erfolgreich. Der Verein hat sich als Ausbildungsklub etabliert, indem ein Großteil der Spieler aus der eigenen Nachwuchsakademie kommt und so in weiterer Folge Erlöse über Transfers erzielt werden können. Diese werden nicht nur in den Profifußball reinvestiert, sondern auch in die Infrastruktur, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen. Reiter sieht diesen Umstand als wesentlichen Faktor für die zahlreichen Kontakte zur regionalen, oberösterreichischen Wirtschaft, deren Vertreter als Sponsoren des Vereins gewonnen werden konnten (vgl. Reiter 2014, Abs. 3).

Die SV Ried beschäftigt ca. 40 Personen für den Betrieb der Profiabteilung samt Nachwuchsakademie und weitere 120-150 MitarbeiterInnen, welche in der Organisation rund um die Spieltage in den Bereichen Kantine, Kassa, Personal, Ordnerdienst, etc. tätig sind (vgl. ebda. Abs. 44). Hier wird selbst bei einem derart jungen Verein die von Norden und Weiß (vgl. 2008, S. 169) beschriebene Situation ersichtlich, dass Fußballvereine längst zu Wirtschaftsunternehmen geworden sind. Reiter ist neben seiner Funktion als Sportdirektor Hauptverantwortlicher der Nachwuchsakademie und sieht seine Aufgabe auch in der Medienarbeit, also der Darstellung des Vereins nach außen. Darüber hinaus ist er Mitglied in di-


Ergebnisse und Diskussion

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versen Gremien des ÖFB und der Bundesliga, um den Fußball in Österreich zu verbessern und darzustellen. Daher war er im Interview bemüht zwischen dem gesamten Fußball und seinem Verein zu trennen (vgl. Reiter 2014, Abs. 4).

8.1.4.

FC Blau-Weiß Linz

Als Vertreter des Amateurfußballs wurde Yahya Genc befragt, der gemeinsam mit Marcel Ketelaer das aktuelle Trainerduo des FC Blau-Weiß Linz bildet. Nach dem letztjährigen Abstieg aus der zweiten Spielklasse spielt der Verein aktuell in der Regionalliga Mitte. Man kann diesen Verein nicht mit anderen Amateurvereinen vergleichen, so wie es grundsätzlich nicht möglich ist, einen idealtypischen Amateurverein auszumachen. Die Dimension des Vereins lässt aber, um ein Entscheidungskriterium in Erinnerung zu rufen, eine Umsetzung eines Diversity-Konzepts durchaus realistisch erscheinen. Genc ist als ehemaliger Nachwuchskoordinator und Spieler sehr gut in den Verein integriert und verortet dessen Stellenwert bezüglich Tradition und AnhängerInnen in Oberösterreich an der dritten Stelle nach der SV Ried und dem Linzer Lokalrivalen LASK Linz. Im Verein ist er mit seinem Trainerkollegen nicht nur für die Kampfmannschaft, sondern auch die Reservemannschaft 1b verantwortlich. Außerdem pflegt er weiterhin seine Kontakte in den Nachwuchsbereich (vgl. Genc 2014, Abs. 5ff).

8.1.5.

Fairplay – Viele Farben. Ein Spiel.

Kurt Wachter vom VIDC (Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation), ist Bereichsleiter der jüngsten Abteilung „Fairplay – Viele Farben. Ein Spiel“, welche Sport und Antidiskriminierung zum Thema hat. Am Beginn noch rein auf Fußball konzentriert, hat sich der Fokus mittlerweile auf den gesamten Sport verschoben, wobei noch rund 90% der Tätigkeiten rund um den Fußball kreisen (vgl. Wachter 2014, Abs. 5; 9).

Die Aufgabe von Fairplay als Teil einer entwicklungspolitischen Bildungsinstitution ist, gemeinsam mit europäischen und nationalen PartnerInnen antidiskriminierende Maßnahmen zu entwickeln. Dabei geht es laut Wachter nicht darum, „den Fußball zu retten“ (ebda, Abs. 11), sondern Fußball als Werkzeug für Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit zu erkennen und zu nutzen. Damit und mit der breiten Perspektive auf viele Formen von Diskriminierung, ausgenommen ist hier nur die Dimension Behinderung, ist Fairplay in Österreich alleingestellt und wird mittlerweile als wichtige Größe im Fußball wahrgenommen, wie zahlreiche Kooperationen zeigen. Dabei sieht sich die Organisation als Teil einer NGO-Bewegung der emanzipatorischen und kritischen Zivilgesellschaft (vgl. ebda, Abs. 7; 11). Fairplay stellt also einen Gegenpol zu dem von Marschik (vgl. 2009, S. 34) kritisierten bürgerlichen Sportideal dar, welches bis heute dem Sport einen unpolitischen Charakter unterstellt und dabei die


Ergebnisse und Diskussion

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Einflüsse von Ideologie und Macht ausklammern und die populären Disziplinierungsmechanismen ebenso wie die popularen Resistenzmechanismen unberücksichtigt lassen.

Im Moment arbeiten bei Fairplay acht MitarbeiterInnen in den sechs Bereichen Antidiskriminierung, Sport und Entwicklung, Balkan, Sport und Inklusion, Fanarbeit und Nosso Jogo, einem Bildungs- Informationsfestival zur kommenden Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Wachter ist stark operativ tätig, das heißt, mit der konkreten Durchführung von Maßnahmen mit der Bundesliga, dem ÖFB, etc. beschäftigt. Weiters bringt er mit seinem Team seine Expertise in diesem Bereich über Beratungstätigkeiten in diverse Sport- bzw. Fußballorganisationen ein und zählt das Fundraising zu seinen Aufgaben (vgl. Wachter 2014, Abs. 7; 37).

8.1.6.

SV Werder Bremen – Werder Bewegt

Letzte Interviewpartnerin war Anne-Kathrin Laufmann, Direktorin der Abteilungen CSRManagement, Fan- und Mitgliederbetreuung des deutschen Fußballbundesligisten Werder Bremen. Werder Bremen setzt sich zusammen aus dem Sportverein Werder 1899 e.V. und der 2004 ausgegliederten und für den Profibetrieb verantwortlichen GmbH &Co KGaA. Diese Trennung ist in der Außenwirkung allerdings kaum sichtbar. Die CSR-Abteilung wird auf Wunsch des Geschäftsführers von beiden Organisationen getragen und setzt sich aus MitarbeiterInnen sowohl des Sportvereins als auch der GmbH zusammen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 3). So bewegt sich die CSR-Abteilung ebenso, wie es Krell (2013, S. 62f) für den Diversity Ansatz konstatiert hat zwischen dem Markt und dem Social Profit Sektor. Das als Vorlage dienende Modell sozialer Verantwortung startete 2002 mit dem Kooperationsprojekt 100 Schulen – 100 Vereine, ehe es ab 2008 als Sozialmanagementabteilung geführt wurde. 2011/2012 wurde die Abteilung nach einer Umstrukturierung in CSR-Management umbenannt und die Marke „Werder bewegt“ ins Leben gerufen. Nicht nur als Sportverein, der bereits vom Grundgedanken her das Gemeinwohl fördern soll, sondern auch als Wirtschaftsunternehmen nimmt Werder Bremen die soziale Verantwortung – die nach eigenem Verständnis als SV im Namen steht – wahr und stellt das Gemeinwohl in den Vordergrund des Handelns. Mit dieser CSR-Abteilung ist Werder Bremen Vorreiter im deutschen Fußball. Fr. Laufmann nimmt seit dem ersten Projekt Teil an der Entwicklung und ist nun als Direktorin für die strategische Weiterentwicklung und die Begleitung der Projekte verantwortlich. Daneben zählt sie die Budgetplanung, MitarbeiterInnenführung und Öffentlichkeitsarbeit und Networking zu ihren Aufgaben. Darüber hinaus gehört sie als Jugendreferentin dem Präsidium an (vgl. Laufmann 2014, Abs. 3; 7; 13).


Ergebnisse und Diskussion

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8.2. Fußball und Gesellschaft Wenig überraschend bestätigen alle Befragten die bedeutende Rolle des Fußballs in der Gesellschaft als Sportart Nummer eins bei Vereinen, Aktiven und FunktionärInnen. Ganz im Sinne von Strob (vgl. 1999, S.17ff) sehen sie den engen Zusammenhang von Fußball mit weiteren Teilbereichen der Gesellschaft wie Wirtschaft, Politik und dem Social-Profit Sektor. Welchen Stellenwert dem Fußball zugestanden wird und welche Aufgaben er erfüllt oder erfüllen soll wird in diesem Kapitel zusammengefasst.

8.2.1.

Stellenwert von Fußball in der Gesellschaft

ÖFB-Präsident Windtner legte im Interview eine ausführliche Studie zum Stellenwert des österreichischen Fußballs hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Bedeutung in der Gesellschaft vor. Die Zahlen belegten das enorme Volumen, das dieser Sport bezüglich MitarbeiterInnen, der wirtschaftlichen Wertschöpfung und der damit befassten Personen –SpielerInnen, FunktionärInnen und AnhängerInnen – aufweist. Daneben verortet er in den unzähligen Vereinen so wie Klein und Meuser (vgl. 2008, S. 7) einen Mikrokosmos des Fußballs, dem große Bedeutung hinsichtlich Sozialisierung, Integration und Gesundheit zukommt. Aufgrund von steter gesellschaftlicher Veränderung sieht Windtner den Fußball in einem Anpassungsprozess, indem ethische und moralische Werte eine Konstante bilden (vgl. Windtner 2014, Abs. 5; 23). Die negative Seite der gegenseitigen Abhängigkeit von Fußball und Gesellschaft hebt Herovits (vgl. 2014, Abs. 9) hervor und macht dies am negativen Verhalten von Fans fest, welches sich dementsprechend auf den gesamten Sport niederschlägt. Hier verwendet er das Bild des Spiegels der Gesellschaft um darauf hinzuweisen, dass die Verantwortung für derartige imageschädigende Vorfälle nicht beim Fußball sondern der Gesellschaft liegt. Auf der anderen Seite hat Profifußball und der Fußballsport im Allgemeinen eine große gesellschaftliche Verantwortung im Sinne von Antidiskriminierung.

Genc (vgl. 2014, Abs. 11; 19, 41) erkennt im „Proletensport“ Fußball einen Volkssport, der seinen Erfolg der Simplizität und Niederschwelligkeit verdankt. Darüber hinaus beschwört er den verbindenden Charakter von Fußball, der, wie beschrieben, von Degele (2013, S. 9) in Frage gestellt wird. So überwindet er seiner Meinung nach beispielsweise Grenzen und Religionen. Laufmann (vgl. 2014, Abs. 9) weist ebenso auf die Niederschwelligkeit und Einfachheit des Sports hin, dem er seine Popularität verdankt, um im Anschluss die Strahlkraft und den Vorbildcharakter des Massenphänomens Fußball hervorzuheben. Daneben erkennt sie auch den verbindenden Charakter, vor allem in der Umsetzung verschiedener Projekte. Generell bietet der Sport die Möglichkeit, bestimmte Kompetenzen wie Sozialkompetenzen einfach und besser als in anderen Zusammenhängen zu vermitteln.


Ergebnisse und Diskussion

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Dem großen Interesse zufolge schätzt Reiter die Anzahl der fußballaffinen ÖsterreicherInnen auf über eine Million ein, die wöchentlich Fußball auf diversen Wegen konsumieren. Dieses breite öffentliche Interesse macht den Fußball für die Wirtschaft sehr interessant, was vielfältige Kooperationen belegen. Die dominante Rolle des Fußballs in Österreich wird aber immer wieder von, wie Reiter formuliert „Neidern ein bisschen niedergeschrieben“, um zum Beispiel im Zuge von Olympischen Spielen den medialen Fokus auf diese lenken zu können (vgl. Reiter 2014, Abs. 8). Da der Fußball heute in Konkurrenz zur Freizeitdienstleistungsbranche steht, ist die wirtschaftliche Ausrichtung der Vereine nur logisch. Der wesentliche Unterschied zu Business-Profit Betrieben besteht darin, dass Fußballvereine keine Gewinnmaximierung anstreben, sondern sportlichen Erfolg. Dieser ist allerdings nicht damit gleichzusetzen, wenngleich es Verknüpfungen und Abhängigkeiten gibt (vgl. Herovits 2014, Abs. 97).

Einen Blick über die Grenzen wagt Wachter (vgl. 2014, Abs. 11ff), indem er Fußball zu einem kulturelles Phänomen oder einer popkulturellen Bewegung erklärt, welche auf internationaler Ebene gesellschaftlicher Bedeutung erlangt. Popkultur ist ambivalent. Zum einen kann ein großes gesellschaftliches Potential in Richtung Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund ausgemacht werden kann. Fußball füllt aus soziologischer Sicht eine gesellschaftliche Leerstelle, die durch die Bedeutungsabnahme klassischer Institutionen wie Religion oder Politik entstanden ist, die auch von Beck (zit. in: Auernheimer 2011, S. 410) so festgestellt wurde. Es wird der vergleichbare Situation wie in England wahrgenommen, wo dem Fußball eine kulturelle Signifikanz im Definieren von Werten und dem Zusammenleben zugesprochen wird. Dem gegenüber bestehen weiterhin offene und versteckte Formen von Exklusion, die im Überschwang des Positiven oft übersehen werden. Den Standardsatz vom Fußball als Spiegel der Gesellschaft will Wachter nicht gelten lassen, da dieser für einige gesellschaftliche Bereiche keine Gültigkeit hat. Fußball ist nicht per se inkludierend und integrierend oder völkerverbindend. Fußball hat das Potential, Grenzen zu überschreiten und soziale Brücken zu bauen, aber dazu benötigt er bestimmte Rahmenbedingungen, welche nicht immer gegeben sind und es den AkteurInnen somit schwer machen, dieses Potential verfügbar zu machen (vgl. Wachter 2014, Abs. 11-15).

8.2.2.

Funktion und Aufgaben von Fußball

Als Sportverein gilt es im Interesse des Gemeinwohls zu handeln und dieser Gedanke wird von Werder Bremen gelebt, um der sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Bestimmende Themen sind in der Umsetzung Fairplay, Toleranz, Integration und Diversity. Die Vielfalt soll gelebt werden, um allen Menschen die Teilhabe am Verein Werder Bremen zu ermöglichen, ganz nach dem Motto „Lebenslang grün-weiß!“ (vgl. Laufmann 2014, Abs. 13).


Ergebnisse und Diskussion

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Die soziale Dimension und damit einhergehend die Aufgabenstellung haben im Basisfußball eine Verbreiterung erfahren. Aufgrund der Veränderung der Familienstruktur und der Schulen werden Vereine wesentlicher Teil des pädagogischen Einflusses auf Kinder und Jugendliche. Die so gesteigerte soziale Verantwortung bedingt die Auseinandersetzung mit Diversity. So sind Toleranz und die damit verbundene Position gegen jede Ausgrenzung zentrale Prämissen in der Grundsatzphilosophie des ÖFB, welche in einem breiten Angebot wie Homeless World Cup, Integrations-WM und Behindertenfußball ein breites gesellschaftliches Spektrum abbildet. (vgl. Windtner 2014, Abs. 21; 47). Für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen sieht Genc (vgl. 2014, Abs. 13) Fußballvereine, ähnlich wie Windtner, als Kinderoder Jugendzentren, wo neben dem Erlernen von Benimmregeln auch Respekt, Disziplin, Sauberkeit und soziale Kompetenzen vermittelt werden. Über die, in seinem Grundberuf erfahrenen, negativen gesellschaftlichen Entwicklungen hinsichtlich elektronischer Unterhaltungsmedien und deren gesundheitlichen Folgen, wie Haltungsschäden oder Ähnlichem, beschreibt Genc die positiven gesundheitlichen Effekte, die Sport im Allgemeinen aber auch der Fußball erzielen kann.

Im österreichischen Fußball werden heute freiwillig gesellschaftliche Aufgaben übernommen, die weit über das zentrale Thema, Fußball als Spiel, hinausgehen. Nachdem Fußball in den 50er und 60er Jahren vornehmlich nur als Sport wahrgenommen wurde, erfüllt er heute eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft in Bezug auf Themen wie Rassismus, Diskriminierung, usw. Der Grund für die gesteigerte soziale Verantwortung des Fußballs wird im Scheitern der Gesellschaft an Themen wie Fairplay oder Diversity vermutet. Reiter ist sich seiner Verantwortung im Fußball bewusst, die Gesellschaft positiv, bei Fehlern aber auch negativ beeinflussen zu können. Anderen Verantwortlichen im Fußball scheint diese Dimension jedoch nicht bewusst zu sein, obwohl er vermutet, dass ein Großteil Toleranz und den Gedanken der Vielfalt vorlebt. Hier scheint es noch Verbesserungspotential im öffentlichen Bewusstsein zu geben (vgl. Reiter 2014, Abs. 60; 70; 90). Optimierungsmöglichkeiten sieht auch Herovits (vgl. 2014, Abs. 9ff; 155), der die Verantwortung der Bundesliga samt ihren Klubs und Spielern als gesellschaftliches Vorbild für die Themen Fairplay, Teamgeist und Integration hervorhebt. Die Erfüllung dieser sozialen und gesellschaftspolitischen Aufgaben ist eine Notwendigkeit um den Anforderungen des Lebens gerecht zu werden und gegen Diskriminierung und für einen toleranten Umgang miteinander Stellung zu beziehen.

Der gesellschaftliche Wandel der letzten Jahrzehnte kreierte neue Herausforderungen auch für den Fußball. Als eine der markantesten Veränderungen beschreibt Reiter (vgl. 2014, Abs. 16; 70) die Fluchtbewegungen des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien. Heute spricht er von einer gelungenen Integration der männlichen Jugendlichen in die Fußballvereine. An-


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dere Sportarten kritisiert er dafür, das nicht in gleicher Weise umgesetzt zu haben. So blieb vielen Mädchen der Weg in die Vereine, aber auch der Fußballvereine verwehrt. Heute haben sich die Herkunftsländer geändert, so spielen mittlerweile sehr viele Deutsche in Österreich, dennoch bleibt das Thema Integration auch für die Gesamtgesellschaft relevant und wurde in keiner anderen Sportart in diesem Ausmaß umgesetzt Wenn man folglich den positiven Einfluss auf die Bevölkerung fördern will, was im Interesse der Öffentlichkeit sein sollte, muss die öffentliche Hand allerdings auch die finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen, um dahingehende Programme oder Projekte zu unterstützen.

Wie das Beispiel verdeutlicht, hat Fußball hat eine Vorreiterrolle im Bereich Inklusion und Antirassismus. Hier gibt es wie in keinem weiteren gesellschaftlichen Bereich die direkte Interaktion

zwischen

MigrantInnen,

Minderheiten

und

NichtmigrantInnen

und

Nicht-

Minderheiten, was auch eine erhöhte Verantwortlichkeit bedingt. Fußball kann auch dazu dienen, gesellschaftliche Rayons oder Themen zu erschließen. Beispiele wie der FC Sans Papiers, deren Mitglieder den Fußball als politische Waffe gegen ein repressives Asylsystem nutzen bis hin zu den Vereinen mit mehrheitlich österreichischen Mitgliedern, die für sich reklamieren, dass Fußball und somit ihr Verein einen inkludierenden Effekt hat, belegen das (vgl. Wachter 2014, Abs. 13-15).

8.3. Fußball und Diversity Nachdem der Stellenwert des Fußballs von den ExpertInnen, wie beschrieben, umrissen wurde, folgte die Frage nach dem Bezug von Diversity zu Fußball. Wie im vorangegangen Kapitel zu lesen war, erkennen alle Befragten einen Zusammenhang zum alltäglichen Begriff der Vielfalt über das unspezifische verbindende Element des Fußballs.

Windtner sieht Fußball als Medium, welches Diversität in der gesamten Bevölkerungsbreite repräsentiert. Unter dem Dach Fußball gibt es keinen Unterschied in Alter, Nation, Religion und in jedweder anderen Hinsicht. Und diese Besonderheit ist von Grönland bis zu den Fidschi-Inseln auszumachen und erklärt das Massenphänomen Fußball, auch weil das identitätsstiftend wirkt. In Österreich wird diese Vielfalt gelebt und ist Teil des Erfolgs, vor allem im Breitenfußball. Da dieser sich immer am Vorbild Spitzenfußball orientiert, sieht er die Notwendigkeit, Diversität dort immer entsprechend abzubilden. Mit dem Thema Diversity kann also der zuvor beschriebenen gesteigerten sozialen Verantwortung begegnet werden (vgl. Windtner 2014, Abs. 17; 41).


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Genc sieht in der verbindenden Wirkung von Fußball und Sport im Allgemeinen die Ursache der Vielfältigkeit und bewertet diese sehr positiv als wichtig für den Austausch zwischen Menschen von dem alle profitieren. In seiner Praxis als Trainer sieht er die Herausforderung in der Vielfalt seiner Spieler. Von körperlichen Attributen über spielerische und taktische Fähigkeiten bis hin zu persönlichen Charaktereigenschaften reichen die Unterschiede, die es als Trainer zu kombinieren gilt, um daraus Vorteile zu ziehen. Darüber hinaus spielt die jeweilige persönliche Situation der Spieler und deren Teamfähigkeit eine entscheidende Rolle für den Erfolg. Das Bewusstsein für Diversity hat Genc unter anderem aus seiner Trainerausbildung, wo unter dem Motto Teambuilding und Teamwork die Relevanz von Vielfalt vermittelt wurde (vgl. Genc 2014, Abs. 21; 41).

Reiter sieht im Fußball weniger Berührungsängste, da man laufend mit Vielfalt konfrontiert ist und so ist Vielfalt im Fußball Normalität. In einer Mannschaft, egal ob Profi- oder Amateurteam, hat man es immer mit SpielerInnen zu tun, die anderer Herkunft oder Religion sind. Das führt dazu, dass es sehr viel Toleranz unter den SportlerInnen gibt, die er in der Gesellschaft, welche sich als Querschnitt bei den Zuschauern zeigt, noch nicht so erkennt. Er geht soweit, dass im Fußball keinerlei Unterschied gemacht wird. Zwar gibt es das Bild des männlichen, starken, usw. Profifußballers, aber es hat in der SV Ried nie Diskussionen gegeben, ob beispielsweise homosexuelle MitarbeiterInnen im Verein tätig sind. Andere DiversityDimensionen werden im sozialen Umfeld des Fußballs aufgrund der zugrunde liegenden Offenheit sozusagen von Natur aus abgebildet. Reiter sieht hier eine Grundoffenheit im Fußball, die eine weitere Beschäftigung mit der Thematik nicht zwingend notwendig macht. Als Beispiel dafür nennt er den gemeinsamen Spielbetrieb von Mädchen und Burschen unter 14 Jahren, der die Vorreiterrolle des Fußballs ebenso unterstreicht wie die internationale Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus, als dieses noch nicht in der Gesellschaft angekommen war (vgl. Reiter 2014, Abs. 18-22; 44).

Dennoch kann ein Profifußballverein wie Ried nicht alle Dimensionen berücksichtigen. Über Rahmenbedingungen, wie Klasseneinteilungen nach Alter oder Geschlecht und Faktoren der Leistungsfähigkeit, wie Körperlichkeit oder wiederum das Alter, die für den Erfolg vorrangig sind, wird die Abbildung von Diversity eingeengt. Auch ein Angebot für ältere Menschen gibt es nicht, auch wenn immer wieder Bestrebungen auftauchen, den Seniorenfußball zu reaktivieren. Frauenfußball kann laut Reiter von einem Männerfußballverein nicht abgedeckt werden, auch wenn es hier eine Kooperation mit dem Nachbarort Hohenzell gibt, die den Mädchen- und Frauenfußball der Region konzentriert (vgl. ebda. Abs. 22; 88 ).


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Fairplay operiert weniger mit dem Begriff Diversity als mit Vielfalt, da dieser im Fußball besser zu kommunizieren ist. Generell stellt Antidiskriminierung den Kernbegriff der Einrichtung dar, welche Rassismus und verwandte Diskriminierungsformen wie Antisemitismus, Islamophobie, Homophobie und Sexismus bekämpft. Im Sinne von Vielfalt wird versucht, über diverse Maßnahmen einen Gegendiskurs zur sozial konstruierten Fußballnorm des männlichen weißen heterosexuellen Fußballs zu führen. Ziel ist, einen vielfältigeren Fußballbegriff zu fördern, der dem Ausschluss von bestimmten Gruppen entgegentritt und so diese traditionelle Norm aufzubrechen. Dies soll auf den unterschiedlichsten Ebenen geschehen, bei Fans ebenso wie bei MitarbeiterInnen. Wachter bestätigt die Auseinandersetzung mit Diversity auch in Bezug auf seine MitarbeiterInnen, hier wurden die Equality Tage genannt (vgl. Wachter 2014, Abs. 17, 39-41). Auch wenn die Diskussion nach seinen Worten auf einer theoretischen Ebene blieb, zeigt die Auseinandersetzung mit dem Thema das Bewusstsein der gesamten Einrichtung für einen Diversity Begriff, welcher Teilhabe, also die Herstellung von Chancengleichheit zum Ziel hat, wie Munsch (vgl. 2010, S. 152) es fordert.

Auch Herovits (vgl. 2014, Abs. 11; 51; 73; 79) sieht die Verbindung von Vielfalt und Fußball, soziale Aspekte erkennt er in den Dimensionen Alter, so vereint der Fußball Generationen, und in den letzten Jahren verstärkt in der Multikulturalität des Fußballs in Österreich. Weiters wird immer mehr versucht, Frauen und Kinder in die „Männersportdomäne“ zu inkludieren. Die Bundesliga hat also ein Interesse, sich breit aufzustellen und Maßnahmen im Sinne von Toleranz und Fairplay durchzuführen, um ein Bewusstsein für Antidiskriminierung zu schaffen. Im Vergleich zu anderen Ländern wie Italien, wo es immer noch negative Erfahrungen mit Rassismus gibt, ist er mit der diesbezüglichen Entwicklung in Österreich sehr zufrieden.

Nach Laufmann (vgl. 2014, Abs. 17ff; 37; 47; 55) sind Fairplay, Toleranz, Integration, gesunde Lebensweise wie Diversity Themen der sozialen Verantwortung von Fußballvereinen. Dabei ist es wichtig, die Vielfalt zu leben und zu erleben. Das bedeutet, Menschen aller Gruppierungen, junge, alte, mit Migrationshintergrund oder mit Handicap die Teilhabe am Verein in irgendeiner Form zu ermöglichen, um nicht zu separieren oder irgendwen wie auch immer auszuschließen. In Bezug auf den Fußball wird der erste Blick immer auf die Mannschaft geworfen, wo kommt sie her, wie sieht das Teamwork aus und welches Bild wird nach außen getragen. Ansonsten ist der Fokus vor allem auf die Dimension Herkunft gerichtet und das bei allen Beteiligten, also bei Fans ebenso wie bei MitarbeiterInnen. Auch das Thema Geschlecht spielt hier eine Rolle, da Laufmann hier eine Veränderung der Interessen beobachtet und somit einen Wandel der Strukturen voraussagt.


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8.3.1.

80

Bewusstsein für Vielfalt

Reiter (vgl. 2014, Abs. 20; 42-48) betont, dass es im Fußball ein starkes Bewusstsein für Diversity gibt, welches auch vorgelebt wird, obwohl er den Verein bzw. den Fußball als unpolitisch versteht. Von ihm angesprochene Verbesserungsmöglichkeiten könnten die klassische Männer-Frauen-Rollenverteilung betreffen, die er bezüglich der Beschäftigten des Vereines beobachtet. In der Gastronomie sind hauptsächlich Frauen tätig und in den sicherheitstechnischen Bereichen mehr Männer, wenngleich die Zahl der Ordnerinnen mit der steigenden Zahl der Zuseherinnen anwuchs. Die angesprochene Abhängigkeit der Gesamtgesellschaft trifft sicherlich zu, allerdings sind eben diese Verhältnisse nicht Natur gegeben und unveränderbar, sondern konstruiert und somit dekonstruierbar (vgl. Liebig 2013, S. 265)

Das Bewusstsein für Diversität im Fußball sieht Wachter (vgl. 2014, Abs. 99) nur begrenzt, so gibt es die durchaus verbreitete Selbstwahrnehmung von Verantwortlichen, dass Fußball die einzige Institution der Gesellschaft ist, die etwa Integration erfolgreich praktiziert. Nationalspieler wie Alaba, Arnautovic und Junuzovic belegen dann diese These und verhindern als Alibi Programme oder Projekte, die weiterreichend wären. Auf der anderen Seite ist es auch verständlich, dass Fußballvereine sich nicht als Integrationsinstitution verstehen und sich mit diesen Anforderungen überfordert fühlen.

Dass bei Werder Bremen ein Bewusstsein für Diversity vorherrscht, zeigt nicht nur die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt, sondern auch die Teilnahme an weiteren Veranstaltungen, Kooperationen und Projekten zum Thema. Grundsätzlich ist Diversity, als Teil einer allumfassenden CSR-Strategie, im Bereich der Personalabteilung verankert. Diese Entscheidung für CSR und gegen ein Diversity-Konzept begründet Laufmann (vgl. 2014, Abs. 25; 31; 64f) mit der Unvereinbarkeit von Themen wie ökologische Nachhaltigkeit oder betriebliches Gesundheitsmanagement und Diversity.

Einen weiteren Aspekt von Vielfalt bringt Herovits (vgl. 2014, Abs. 17; 27; 81; 155). in die Diskussion ein. Selbst aus der Wirtschaft kommend, erklärt er Diversity als Unternehmensstrategie der Risikostreuung. Innerhalb der Bundesliga, die einem Wirtschaftsunternehmen gleich geführt wird, bezieht er Vielfalt auf die unterschiedlichen Funktionen und die Diversität der Aufgaben der MitarbeiterInnen. Aus dieser ökonomischen Sicht erscheint es dann auch sinnvoll, strategische Planungen entlang sportlicher, wirtschaftlicher und infrastruktureller Rahmungen zu entwickeln und den sozialen Aspekt, welcher sich aus der Vorbildfunktion der Liga und der SpielerInnen ergibt, auf diesen Ebenen widerspiegeln zu lassen. Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive könnte hier mangels Institutionalisierung Beliebigkeit vorgeworfen werden. Wenn auch die gesellschaftliche Verantwortung des Fußballs erkannt wird, eine


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Plattform bzw. die Möglichkeit für Vielfältigkeit zu bieten, zeigt sich doch auch fehlendes Bewusstsein für Diversity als sozialwissenschaftliches Gleichstellungskonzept in der nachfolgend ausgeführten Kritik.

8.3.2.

Kritik an Diversity

Herovits sucht bei Diversity die Zielvorstellung. Vielfalt ist für ihn das Ergebnis des Tun und Handelns und nicht der Zweck. Erst aus der Ausrichtung und Zielsetzung einer Organisation kann sich auch Vielfältigkeit ergeben. Ansonsten ist diese Intention, Diversity-Konzepte der Vielfalt wegen zu verfolgen, zu wenig praktikabel und zu akademisch (vgl. Herovits 2014, Abs. 88-93; 119). Kritik an Diversity kommt auch von Wachter, die allerdings in eine gänzlich andere Richtung geht. Er steht dem Konzept Diversity insgesamt kritisch gegenüber, da dieses zu einer Entpolitisierung führt, weil Diskriminierungen verschwimmen, wohingegen Antidiskriminierung die Probleme klarer benennt. Als Kontrollinstanz im österreichischen Fußball sieht er Diversity unverbindlicher und weniger kritisch als es Fairplay mit seinem Monitoring und Reporting als Antidiskriminierungsarbeit betreibt. Diversity scheint für ihn nicht das geeignete Mittel, um die Probleme des österreichischen Fußballs zu lösen, welche im folgenden Kapitel benannt werden (vgl. Wachter 2014).

8.3.3.

Kritik am Fußball

Die verbreitete positive Grundhaltung gegenüber dem Fußball führt dazu, dass von den Befragten nur in sehr begrenztem Maß Kritik geübt wird. Zwar geben zum Beispiel Reiter und Herovits an, dass es Verbesserungspotential gibt, die Kritik bleibt aber weitgehend unausgesprochen. Ebenso verhält es sich bei Windtner, der wissenschaftliche Begleitung und aktuelle Arbeitsgruppen, welche Zeichen für eine reflektierte Organisationskultur darstellen, erwähnt. Über mögliche Kritik am ÖFB bezüglich Degeles (vgl.2013, S. 9) Theorie der Ausgrenzung im und durch Fußball wird von Windtner erwähnt, dass es sich bei Gruppen und Klasseneinteilungen um notwendige Grenzziehungen in der Organisation des Fußballs handelt. Diese Organisation sei notwendig, um den Fußball „gut und menschennahe“ austragen zu können. Wie Reiter verweist Windtner auf naturgegebene Verhältnisse, die eine Strukturierung notwendig machen, indem er sich eines Vergleiches aus der Zoologie bedient. So ist der Zug der Graugänse ebenso klar strukturiert wie ein Ameisenhaufen (vgl. Windtner 2014, Abs. 19).

Reiter (vgl. 2014, Abs. 34) sieht die Vielfalt im Fußball als Natur der Sache an, ebenso wie die Offenheit, mit der die Verantwortlichen im Fußball darauf antworten. Als Schwachpunkt nennt er nur, dass die Ausbildung von Trainerinnen im Fußball dem Interesse der Spielerinnen hinterherhinkt. Das begründet er mit der noch fehlenden Bereitschaft der Frauen, sich


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als Trainerinnen zu engagieren. Einen anderen Aspekt von Vielfalt bringt Laufmann (vgl. 2014, Abs. 43-49) in die Kritik ein. Sie konstatiert, dass trotz kleinerer Veränderungen die Hürde Fußball für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund immer noch zu hoch ist. Das bezieht sie auf ZuschauerInnen ebenso wie auf MitarbeiterInnen und begründet es zum einen mit dem fehlenden Bewusstsein von Frauen sich im Fußball zu engagieren zu können und zum anderen mit dem negativen Image des Fußballs, dass bei Menschen mit Migrationshintergrund aufgrund von Gewalt und Hooligans noch vorherrscht.

Wesentlich ausführlicher fällt die Kritik bei Wachter (vgl. 2014, Abs. 13-17; 69-71; 75; 105) aus, der negative Phänomene wie offenen Rassismus oder strukturelle Diskriminierung, wie die mittlerweile abgeschaffte Ausländerregelung des ÖFB im Amateurfußball, anführt. Die neuen Regularien sind seiner Meinung nach allerdings ebenso exkludierend. Diese Ausschlüsse, die entlang der konstruierten Norm männlich, weiß, heterosexuell geschehen, sind auch in Österreich zu bekämpfen und durch einen vielfältigeren Fußballbegriff zu ersetzen. Hier sieht er in Österreich noch ein fehlendes Bewusstsein bis an die Basis des Fußballs, obwohl er schon Verbesserungen bemerkt. Auch in der TrainerInnenfortbildung sieht er Potential in Bezug auf das Selbstverständnis der Vereine bezüglich Diversity. Als konkretes Beispiel der Kritik nennt er auch den Frauenfußball. Er sieht, dass Frauen, egal ob als Spielerinnen oder Fans, noch immer belächelt werden. In der Aktionswoche von Fairplay, welche die Gleichstellung von Männer- und Frauenbundesliga im Fokus hatte, wurde diese Annahme ob der dort vorherrschenden Voraussetzungen bestätigt, dass hier noch einige Arbeit nötig ist. Bei möglichen Interventionen denkt er an die als Sportförderung ausgeschütteten Steuermittel, welche über die Berücksichtigung der Geschlechterparität Anreize zu Veränderungen schaffen könnten. Um das positive Potential des Fußballs ausschöpfen zu können, müssen die geeigneten Rahmenbedingungen geschaffen werden, was in Österreich nicht immer der Fall ist. Zwar wird hier vieles von verschiedenen Stellen geplant und umgesetzt, eine umfassende Strategie mit klaren Zuständigkeiten wäre allerdings zielführender und nachhaltiger. Als Modell für ein strategisches durchdachtes Konzept schlägt er das EqualityProgramm des englischen Fußballverbands (FA - The Football Association) vor. Ein vom ÖFB angekündigtes CSR Konzept ist anscheinend noch in Ausarbeitung (vgl. Wachter 2014). Es wird spannend zu beobachten, welche Anleihen sich der ÖFB und woher genommen hat.


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8.4. Anknüpfungspunkte zu Diversity oder Vielfalt Nachdem der theoretische Zugang der InterviewpartnerInnen zum Fußball, der Gesellschaft und Diversity zusammengefasst wurde, sollen für die Beantwortung der Forschungsfrage Anknüpfungspunkte für Diversity gesammelt werden. Diese unterteilen sich in theoretische Komponenten, die im Fußball bereits bedacht werden und praktische Angebote, welche aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.

8.4.1.

Theoretisches Wissen zu Diversity

In der Konfrontation mit dem Thema Diversity, in den Interviews oftmals auch mit dem Begriff Vielfalt bezeichnet, konnten alle InterviewpartnerInnen eine Reihe an Dimensionen benennen. Geschlecht, Herkunft und Religion waren die meistgenannten. Außerdem wurden Alter, Nation, sexuelle Orientierung und auch die soziale Herkunft erwähnt. Die Kategorie Körperlichkeit wurde von Genc zum einen als körperliche Fähigkeiten von SpielerInnen, von Laufmann und Windtner hingegen im Sinne von körperlicher Behinderung genannt. Somit wurde der gesamte Kreis der inneren Dimensionen (vgl. Abb. 6) genannt.

Diversitybezogene Konzepte Wie zuvor beschrieben gibt es zwar durchaus ein Bewusstsein für Vielfalt im Fußball, das Wissen zu Diversity als sozialwissenschaftliches Gleichstellungskonzept ist allerdings noch nicht sehr verbreitet. Auch das in den Wirtschaftswissenschaften angesiedelte DiversityManagement, welches mit den Worten von Genc (vgl. 2014, Abs. 19) die gezielte und strategische Nutzung der Vielfalt von Personen darstellt, um die Leistungsfähigkeit im Umfeld von Konkurrenz und Wettbewerb zu optimieren, wurde dergestalt nur von ihm angesprochen. Die von Herovits (vgl. 2014, Abs. 17) angesprochene Idee von Diversity als Instrument zur Risikostreuung scheint oberflächlich betrachtet keinen Bezug zu Diversity als sozialwissenschaftlichem Konzept aufzuweisen. Bei genauerer Betrachtung könnte ein breites auf Diversity bezogenes Angebot durchaus auch für Organisationen im Fußball diesen ökonomischen Effekt zeigen.

Die umfassendsten theoretischen Ausführungen zu Diversity kamen von Wachter und Laufmann, im ersten Fall als Antidiskriminierungskonzept und im Fall von Werder Bewegt als CSR-Strategie. Beide definierten als Zielsetzung breite Teilhabemöglichkeiten, ohne Ausschlüsse oder Ausgrenzungen, verwenden in ihrer jeweiligen Praxis aber andere Bezeichnungen für ihr Engagement. Wachter (vgl. 2014, Abs. 25-29) sieht Diversity als zu unpolitische Begrifflichkeit, die das Ausmaß von Diskriminierung nicht ausreichend darstellen kann. Vielfalt wird benutzt, um leichter ins Gespräch zu kommen, ebenso wie es mit dem Begriff


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Fairplay möglich ist. Außerdem sieht er in der Gesellschaft die Tendenz, soziale Probleme nicht mehr beim Namen zu nennen, umso wichtiger erscheint ihm das für eine kritische Reflexion der Situation.

Wachter (ebda. Abs. 69-71; 105) fordert für die Antidiskriminierungsarbeit eine umfassende Strategie, welche im Sinne dieser Arbeit als Diversity-Strategie bezeichnet werden könnte, um Diversität im Fußball zu stärken und so die Wahrnehmung von Unterschieden auf einer gleichberechtigten Ebene und als Selbstverständlichkeit zu fördern. Ein derartiges Konzept würde in weiterer Folge nicht nur das positive Potential des Fußballs auf die Gesellschaft hervorbringen, sondern auch, ganz im Sinne des Diversity Managements, auf sportlicher Ebene Vorteile mit sich bringen.

Werder Bremen hat die Chance von Vielfalt erkannt und setzt Diversity als Teil der CSRMarke „Werder Bewegt“ um. Neben der Vernetzung und Teilnahme an unterschiedlichsten Diversity-Programmen, -Projekten, und –Veranstaltungen, die über die sportliche Ebene hinausgehen, ist die Berücksichtigung von Diversity in der Personalabteilung verankert. Diversity Management als Strategie wurde nicht umgesetzt, da CSR ein breiteres Themenspektrum ermöglicht. So umfasst es in diesem Fall auch Angebote zur ökologischen Nachhaltigkeit und betriebliches Gesundheitsmanagement. Das Bewusstsein für Diversity bzw. die Umsetzung einer umfassenden Strategie konnte sich in Bremen seit 2002 entwickeln. So wurde ausgehend von einem Angebot, welches im Laufe der Jahre um weitere ergänzt wurde, die Gründung einer Sozialmanagementabteilung nötig, um planvoll zu arbeiten. Nachdem diese in der Öffentlichkeit nicht wie gewünscht wahrgenommen wurde, kam die Umstrukturierung in eine CSR-Abteilung, welche auf den Faktoren People, Planet, Profit aufbaut (vgl. Laufmann 2014, Abs. 25-35; 67). Der nun auch mehr im Fokus stehende ökonomische Faktor zeigt, dass sich das Konzept außer in der Bezeichnung nur schwer von Diversity Management abgrenzen lässt. Hier stellt sich die Frage der Gewichtung der drei genannten Säulen. Werden nur Projekte oder Angebote durchgeführt, die profitabel sind oder auch solche, die im Sinne des Gemeinwohls und der gleichberechtigten Teilhabe notwendig sind

Angebote zu einzelnen Diversity-Dimensionen Die Frage nach Angeboten, welche auf Diversity bzw. einzelne Dimensionen von Diversity Bezug nehmen, wurde breit beantwortet. So wurden sowohl nationale als auch internationale Beispiele genannt. Auf nationaler Ebene sei neben vielen anderen Projekten, die im folgenden Kapitel detailliert angeführt werden, an dieser Stelle die jährliche FARE Aktionswoche gegen Rassismus, welche bei allen Profivereinen durchgeführt wird, genannt. Hier verlesen Spieler der Bundesliga vor dem Anpfiff Statements als Bekenntnis der Liga und der Vereine


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zur Vielfalt des Spiels. Damit soll die Offenheit des Fußballs für alle Menschen, egal welcher Nationalität, Herkunft, Hautfarbe, Sprache und welchen Geschlechts demonstriert werden (vgl. Windtner 2014, Abs. 27; vgl. Herovits 2014, Abs. 73; vgl. Reiter 2014, Abs. 56, vgl. Wachter 2014, Abs. 17).

Wachter (vgl. 2014, Abs. 61-63) erkennt ein Mushrooming Phänomen in Bezug auf CSRProgramme. So gibt es zwar in Österreich viele Einzelangebote, für die Umsetzung von breiteren Konzepten schließen sich Vereine aber internationalen Verbänden an. Daneben existieren Projekte von sozialen Institutionen, die den Fußball als Mittel der Intervention nutzen, wie das bei SIQ – Sport, Integration und Qualifikation, einem Qualifizierungsprojekt für migrantische Jugendliche, oder der Initiative GOAL, einem Projekt zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe, das eng mit dem Homeless World Cup kooperiert, der Fall ist.

Internationale Angebote Hier werden zuerst die Bemühungen und vielfältigen Aktionen der internationalen Dachverbände FIFA und UEFA genannt, Diskriminierungen entgegenzutreten. Dabei wurde vor allem die RESPECT-Kampagne erwähnt, welche verschiedene Aspekte von Diversity vereint, unter anderem ethnische Herkunft oder Behinderung. (vgl. Windtner, Abs. 29; Wachter, Abs. 55; Reiter, Abs. 22). Daneben verfügt die UEFA über ihr Lizenzierungsverfahren über ein Werkzeug, um Antidiskriminierung in die Vereine zu tragen. Allerdings stellt Wachter (vgl. 2014, Abs. 91) die Frage in den Raum, ob hier nicht noch Spielraum für mehr Aktivität in diese Richtung vorhanden wäre.

Auch im benachbarten Deutschland wurden Angebote ausgemacht. Reiter (vgl. 2014, Abs. 58) würde sich zum Beispiel nach deutschem Vorbild hauptberufliche Fanbeauftragte wünschen, welche für seinen Verein nicht finanzierbar sind, obwohl er auf lange Sicht mit einem positiven wirtschaftlichen Effekt rechnen würde. Aus ihrer Praxis berichtet Laufmann (vgl. 2014, Abs. 25; Abs. 31; Abs. 85), wenn sie die Charta der Vielfalt, den Bremer Schlüssel oder die Magnus-Hirschfeld-Stiftung erwähnt, welche allesamt Vielfalt zum Thema haben und nicht im Sport angesiedelt sind. Darüber hinaus gibt es eine Arbeitsgemeinschaft Vielfalt im DFB, der Werder Bremen ebenfalls angehört. Daneben verfügen einige Vereine über eine Stiftung, so finanziert auch Werder Bremen neben seinem CSR-Programm zusätzlich kleinere, soziale Projekte. Als Motivation für soziales Engagement von Vereinen sieht sie oftmals den Scouting-Gedanken, also die Talentsuche, wie das in Italien zu beobachten ist und wovon sich Bremen klar distanziert.


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England wurde als Vorzeigemodell angeführt. Das bereits erwähnte Equality Programm der FA startete mit der Kampagne „Let´s kick Racism out of Football“ und hat sich in weiterer Folge zu einem breiten Programm gegen Antidiskriminierungen aller Art und für Inklusion entwickelt, welches nun einen eigenständigen Platz im englischen Fußballverband innehat. Eine derartige umfassende Strategie ist das Ziel von Fairplay, um das unstrategische und zufällige Vorgehen in Österreich zu überwinden. Generell ist in England eine andere Selbstverständlichkeit für Gleichberechtigung im Fußball wahrzunehmen. In Bezug auf die Fans wird die weiter oben angeführte Norm des weißen, heterosexuellen Mannes unter anderem um Frauen, homosexuelle und behinderte Personen erweitert. Diese gesellschaftliche Sensibilisierung schlägt sich in breiten Angeboten in den Stadien nieder (vgl. Wachter 2014, Abs. 47). Auch Laufmann (vgl. 2014, Abs. 85) erkennt die Angebote im englischen Fußball an, allerdings verweist sie dabei auf die unterschiedlichen Strukturen der beiden Länder. Community Centers mit 20-30 MitarbeiterInnen übernehmen in Großbritannien Aufgaben, die in Deutschland oder Österreich der Sozialstaat übernimmt. Deshalb sind auch die finanziellen Zuwendungen nicht zu vergleichen, da der britische Staat den Vereinen über die Premier League, der höchsten Spielklasse, sehr große Summen zukommen lässt, um eben hier tätig zu sein. Der Fokus liegt dabei auf Kindern und Jugend, aber auch der Behindertensport hat einen großen Stellenwert.

Neben dem Genannten existieren internationale Zusammenschlüsse wie die „Football Club Social Alliance“ oder „Football is More“. Dabei handelt es sich um Stiftungen, in denen Profivereine über ein internationales CSR-Konzept zusammenarbeiten. In der Social Alliance kooperieren beispielsweise der SV Werder Bremen, FC Basel, Queens Park Rangers, Bayer Leverkusen und FK Austria Wien. Daneben gibt es von der UNO das Programm „Sports for Development und Peace“ welches ebenfalls mehrere Diversity-Dimensionen berücksichtigt und Sport als Medium für soziale Transformationen heranzieht (vgl. Wachter 2014, Abs. 5961; vgl. Laufmann 2014, Abs. 85). Dieser Überblick zeigt, dass es auf internationaler Ebene durchaus Vorbilder gibt, um deren Erfahrungen nach Österreich zu transferieren und an die hier herrschenden Bedingungen anzupassen.

8.4.2.

Angebote in der Organisation

Nachdem internationale Angebote reflektiert wurden, werden nun die Angebote aus Österreich und als Vergleich dazu diejenigen von Werder Bremen dargestellt. Dabei sollen sie aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Am Anfang steht der Blick darauf, wie Diversity auf Organisationsebene verankert werden kann, oder welche Anknüpfungspunkte es hier bereits gibt.


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Organisationskultur Am Beginn der Implementierung eines Diversity Konzeptes steht nach Rulofs, (vgl. 2011, S. 90f) ein klares Top-down Bekenntnis innerhalb von Organisationen, welches sich in deren Kultur niederschlägt. Das Bewusstsein scheint beim ÖFB vorhanden, spricht Windtner (vgl. 2014, Abs. 25; 35) doch von einer Grundsatzphilosophie der Toleranz und gegen jede Ausgrenzung, die bei einer etwaigen Umsetzung ganz im Sinne von Rulofs (vgl. ebda) an alle Mitglieder des ÖFB und noch weiter an Fans, TrainerInnen und alle Stakeholder bis hin zu den Aktiven kommuniziert werden muss. Zusätzlich sieht er die Möglichkeit, den Wandel über Förderungen von Projekten und Kommissionen zu begleiten. Auch die MitarbeiterInnen, welche primär dem Leistungsprinzip unterworfen sind, sind angehalten, im Sine des Teamgeistes Diversität zu leben und umzusetzen.

In der Bundesliga wird Vielfalt in Bezug auf MitarbeiterInnen erkannt und Diversity auf dieser Ebene über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinaus gelebt. Herovits (vgl. 2014, Abs. 25; 73; 81) verweist hier auf sein hinsichtlich Alter, Herkunft und Funktionen vielfältiges Team. In der Organisationsplanung stehen die sportlichen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Strategien im Mittelpunkt, Vielfalt wird dabei als Querschnittsmaterie angesehen. Das Bewusstsein für Vielfalt als sozial erwünschtes Phänomen ist also Vorhanden, so werden Einzelmaßnahmen zu Toleranz, Integration und Fairplay durchgeführt, als eigenes Konzept mit seinen Vorteilen wird es allerdings nicht wahrgenommen. Das spiegelt sich in der Aussage, dass keine eigene Struktur benötigt wird und Vielfalt das Ergebnis von nicht weiter konkretisierten Themenstellungen ist.

In Ried wird bereits an einem Leitbild gearbeitet, welches Diversity berücksichtigt, so wie es nach Reiters Aussagen bereits im Vereinsalltag gelebt wird. Die gelebte Offenheit im Verein hat auch zu Folge, dass die Selbstverantwortung der MitarbeiterInnen insofern eingefordert wird, als diese mit ihren Problemen selbstständig den Weg zu ihrem Vorgesetzten, in diesem Fall Manager Reiter, finden. Dass diese Offenheit nicht nur top-down praktiziert, sondern auch von den Spielern der SV Ried übernommen wird, zeigt deren soziales Engagement mit dem wöchentlichen Besuch der Kinderstation im Krankenhaus Ried (vgl. 2014, Abs. 46; 54; 88).

Bei Blau-Weiß Linz ist Diversität in der Organisation entweder nicht angekommen oder nicht dergestalt im Verein verankert, dass es für MitarbeiterInnen wie den Trainer erkennbar ist. Zum einen scheinen die Vorteile von Vielfalt bei der Auswahl von SpielerInnen und TrainerInnen bekannt, auf der anderen Seite kann Genc (vgl. 2014, Abs. 19; 29) keine Aussage zur Vielfalt in der Struktur der Vereinsadministration geben. Mit der Verankerung in einem Leit-


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bild oder verbesserter Öffentlichkeitsarbeit könnte das Diversity-Bewusstsein des Vereins nicht nur den MitarbeiterInnen, sondern auch der Öffentlichkeit vermittelt werden. Voraussetzung dafür wäre allerdings ein klares Bekenntnis der Vereinsleitung zu Diversität und damit einhergehend die Überzeugung von den Vorteilen dieser Ausrichtung. Unterstützung dafür könnte über die klare Positionierung des ÖFB kommen (vgl. Rulofs 2011, S. 88).

Fairplay trägt die eigene Organisationskultur nicht nur im Namen, sondern hat diese Inhalte auch zum alleinigen Ziel. Antidiskriminierung als Versuch, die bereits mehrfach erwähnte Norm des Fußballs in Richtung Vielfalt zu verändern, steht im Mittelpunkt aller Aktivitäten der Organisation. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass nicht nur versucht wird, dieses Thema nach außen zu tragen, sondern auch intern auf MitarbeiterInnenebene reflektiert wird. Auf Ebene der Vereine sieht Wachter (vgl. 2014, Abs. 17; 29; 39; 57; 89) die Möglichkeit, über Leitbilder die Organisationskultur zu beeinflussen, wie das bei Rapid Wien oder dem GAK der Fall ist und war. Allerdings weist er darauf hin, hier achtsam zu bleiben, damit diese Leitbilder nicht zu „tokens“ werden, welche zwar opportun aber nicht mit Leben gefüllt sind. Die Verankerung der CSR-Abteilung in den Verein und das Unternehmen können als Beleg für die Diversity-sensible Kultur von Werder Bremen angesehen werden. Die zugrundeliegende Gemeinwohlausrichtung hat sich in dem Entwicklungsprozess von einem Projekt bis hin zur jetzigen CSR-Abteilung vollständig institutionalisiert, wie auch die für jede Abteilung erstellten Leitbilder belegen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 13; 61).

Kooperationen Ein weiterer Baustein für die Umsetzung einer Diversity Strategie könnten neue oder bestehende Kooperationen darstellen. Über diese können sowohl Erfahrungen anderer Einrichtungen gesammelt als auch ExpertInnenwissen aus verschiedenen Bereichen integriert werden.

Auch

als

Mittel

der

Selbstreflexion

oder

Außenwahrnehmung

kann

eine

Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen dienen. Herovits (vgl. 2014, Abs. 37) verweist hier auf eine aktuelle Studie von Repucom, die eine Zielgruppenanalyse des österreichischen Fußballs darstellt. Solche Untersuchungen werden unregelmäßig, meist im Anlassfall, hier der Sponsorensuche, durchgeführt. Der ÖFB unterhält Kooperationen mit diversen Universitätsinstituten, unter anderem in Salzburg und die enge Partnerschaft mit der Institution Fairplay, die als Teil der NGO-Bewegung wiederum selbst im österreichischen Fußball sehr gut vernetzt ist. Neben der Öffentlichkeitsarbeit bestehen hier Kontakte zu den europäischen Netzwerken der UEFA wie FARE (vgl. Windtner 2014, Abs. 13; 27). Weiters wurde die Politik von vielen Befragten als wichtiger Partner genannt, da diese die Rahmenbedingungen für den Fußball beeinflusst und somit auch die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen kann.


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Für die Vertreter der Vereine stehen die lokalen Kooperationen beispielsweise mit Schulen, der lokalen Wirtschaft, Social-Profit-Organisationen wie Behinderteneinrichtungen oder auch Kulturvereinen, der Fanszene und weiteren ExpertInnen im Vordergrund. Diese bieten die Chance, den Verein enger an die Gesellschaft zu binden. Daneben nennt Genc (vgl. 2014, Abs. 49; 53) den Oberösterreichischen Fußballverband als wichtigen Partner in der Realisierung eines Diversity Konzeptes. Die Zusammenarbeit von Ried mit der Nachbargemeinde Hohenzell zur Förderung der Mädchen und Frauen im Fußball, die nun ebenfalls den Sportzweig der Handelsakademie Ried besuchen können und somit auch von den Rieder TrainerInnen profitieren, zeigt, welche Ergebnisse eine entsprechende Vernetzung bringen kann (vgl. Reiter 2014, Abs. 28; 54).

Werder Bremen findet neue Impulse für „Werder bewegt“ bei NGOs ebenso wie bei Wirtschaftsunternehmen wie Nike, wobei die Perspektive von PartnerInnen aus dem Sozialbereich spannender, weil unbekannter empfunden wird. Für Evaluierungen und Reflexionen des Angebots besteht eine Zusammenarbeit mit verschieden Fachbereichen einiger Universitäten. In der Praxis gibt es neben dem Austausch mit anderen Vereinen über die Social Alliance über 350 CSR-PartnerInnen wie Kindergärten, Sportvereine, soziale Einrichtungen, aber auch Business-Profit-Unternehmen (vgl. Laufmann 2014; 77-85; 109).

Institutionalisierung Eine Institutionalisierung von Diversity, wie es in Bremen mit einer ganzen Abteilung der Fall ist, ist in Österreich nicht auszumachen. Werder Bewegt hat mittlerweile für jeden Themenbereich ein Leitbild entworfen, um hier klare Strukturen und Professionalität zu verankern und dem Wildwuchs an Projekten Einhalt zu gebieten. Einen Equality Officer oder Diversitätsmanager oder- Beauftragten gibt es allerdings auch in Bremen nicht. Die Verantwortung bei Vorfällen gegenüber MitarbeiterInnen wird zuerst bei Vorgesetzten oder in der Personalabteilung gesehen. Bei Vorfällen unter Fans ist zuerst die Fanbetreuung zuständig. In beiden Fällen übernimmt die CSR-Abteilung ob ihrer Expertise auch eine Mitverantwortung, beispielsweise durch die Kontaktaufnahme mit ExpertInnen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 61; 67; 117; vgl. Wachter 2014, Abs. 97).Die Planungen des ÖFB mit der Einsetzung der Arbeitsgruppe „Sport und Soziales“ weisen in die Richtung eines CSR-Projektes, was eine Institutionalisierung der Grundsatzphilosophie bedeuten würde und so die Kommunikation top-down unterstützen könnte (vgl. Windtner 2014, Abs. 35). Beim SV Ried können die Aufnahme von Mädchen in die Akademie und das in Arbeit befindliche Leitbild als erste Schritte in Richtung Institutionalisierung angesehen werden (vgl. Reiter 2014, Abs. 28), bei Blau-Weiß Linz und der Bundesliga sind hier keine Anknüpfungspunkte zu erkennen.


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Wachter nennt in Zusammenhang mit Institutionalisierungen die Fußballgesetzgebung der FIFA, die ganz klare Richtlinien für den Umgang mit Rassismus samt Strafenkatalog vorgibt und für alle Verbände verpflichtend ist. Auch die UEFA hat mit ihrem Lizenzierungsverfahren institutionalisierte Werkzeuge zur Bekämpfung von Diskriminierungen zur Verfügung. In der Bundesliga wurden noch keine Überlegungen dazu angestellt, ihr Lizenzierungssystem demensprechend anzupassen (vgl. Herovits 2014, Abs. 70f). In Österreich bestehen seit kurzem zum ersten Mal inhaltliche Vorgaben bei der Sportförderung, die die Integration von ZuwandererInnen und das Gender-Thema berücksichtigen. Außerdem liegt ein sehr alter 10Punkte-Plan vor, der die Problematik derlei schriftlicher Werkzeuge offenbart. Wachter ist kein Verein bekannt, der diesen nach außen trägt. So wichtig das verschriftliche Bekenntnis zu Diversity oder einzelnen Dimensionen davon ist, bleibt stets die Herausforderung, diese theoretischen Pläne in der Praxis zu verankern, damit diese nicht bloße Worthülsen bleiben. Equality Officers oder Diversitätsmanager wären hierfür eine geeignete Forderung. Fairplay sieht für sich neben einer kritischen, durchaus die Rolle der Polizei für rassistische oder diskriminierende Vorfälle im österreichischen Fußball, will aber nicht anklagend, sondern vor allem beratend zur Seite stehen, um geeignete Maßnahmen zu entwickeln. (vgl. Wachter 2014, Abs. 57; 85; 89ff, 97).

Öffentlichkeitsarbeit Wie wichtig aber auch schwierig die eigene öffentliche Darstellung ist, hat Werder Bremen am Beispiel des eigenen Engagements erfahren, welches unter dem Namen Sozialmanagement nicht wie gewünscht wahrgenommen wurde. Vielmehr vermutete die Öffentlichkeit dahinter ein internes Sozialprogramm für MitarbeiterInnen und das breite Angebot wurde nicht erkannt. Daher führte man den Relaunch als CSR-Marke durch, um die Inhalte einerseits strategisch zu strukturieren und diese auch über CSR – Reports in die Öffentlichkeit zu tragen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 67; 83; 87).

In Österreich wird die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Antidiskriminierung vor allem von Fairplay übernommen. Antirassismus-Aktionswochen, Fairplay-Aktionen bei Länderspielen, etc. werden hier in Kooperation mit ÖFB, Bundesliga und den Vereinen durchgeführt. Fairplay informiert darüber hinaus durch Broschüren in den Stadien und Infoveranstaltungen mit den genannten Stakeholdern. Zusätzlich werden auch kleineren Vereinen Serviceleistungen wie Materialproduktion, Banner, T-Shirts, etc. angeboten (vgl. Wachter 2014, Abs. 57; 79; 101). Der ÖFB hat im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit dem Sportministerium einen Imagespot kreiert, welcher das Thema Integration unter Mitwirkung der Teamspieler Junuzovic, Alaba und anderen aufgegriffen hat (vgl. Windtner 2014, Abs. 29). Darüber hinaus sind hier vor allem auch die UEFA und FIFA Programme über die Medien bekannt.


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Bildungsangebote Im Sinne von Degele und Janz (vgl. 2011, S. 53f) sind Bildungsangebote ein wichtiger Faktor, um Abhängigkeiten im Sport zu reduzieren. In dieser Hinsicht stellt der österreichische Fußball mehrere Bildungsangebote bereit. Bei jungen SpielerInnen ist über Schulkooperationen mit den Nachwuchsakademien und dem Nationalen Zentrum für Frauenfußball die Basis für die schulische Ausbildung gelegt. Die TrainerInnenausbildung des ÖFB wurde von der Bundesliga um die Bundesliga-Sportmanagement-Akademie erweitert (vgl. Windtner 2014, Abs. 11; Herovits, Abs. 65).

Fairplay bietet ein Bildungsmodul namens „Fußball für Entwicklung“ an, welches das Lernfeld Fußball mit globaler Bildung verknüpft. Hier werden mit 12-18 Jährigen Jugendlichen soziale Unterschiede thematisiert und diskutiert. Daneben gibt es ein Programm zur Implementierung von Antidiskriminierung in die TrainerInnenausbildung, welches allerdings noch nicht umgesetzt wird. Hier könnten Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Selbstverständlichkeiten im Fußball zu hinterfragen und zusammen mit TrainerInnen umzudeuten (vgl. Degele/Janz 2011, S. 49f). Auf diese Weise könnten die umfassenden Beratungstätigkeiten von Fairplay eingegrenzt werden, da Vereine MultiplikatorInnen in ihren Reihen hätten, die über entsprechendes Diversity-Wissen verfügen (vgl. Wachter 2014, Abs. 57; 81ff; 101).

8.4.3.

Angebote nach Zielgruppe

In einem zweiten Schritt sollen Angebote in Hinblick auf die Zielgruppen MitarbeiterInnen, SpielerInnen und Fans analysiert werden.

MitarbeiterInnen Diversity Management wird angewendet, um die diversen Potentiale der Mitglieder im Sinne der Organisationsziele bestmöglich zu nutzen, Chancengleichheit zu gewähren und soziale Konflikte zu bewältigen (vgl. Rulofs 2011, S. 87). Diese Idee ist im österreichischen Fußball noch nicht angekommen, obwohl nach weit verbreiteter Meinung das verbindende Element, Vielfalt und Teamgeist dem Fußballsport immanent sind. Genc erkennt die Vorzüge seines Trainergespanns in der unterschiedlichen Herkunft und Geschichte, es ist allerdings anzunehmen, dass die Entscheidung für eine Zweierlösung nicht im Sinne von Diversity gefällt wurde. Dass im Nachwuchs Vorteile in der Zusammenarbeit mit anderen Professionen, wie der Pädagogik, gesehen werden, kann ebenfalls nur als vager Anknüpfungspunkt für ein Diversity-Konzept dienen (vgl. Genc 2014, Abs. 19; 29; 35).


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In allen Organisationen, in denen die Befragten tätig sind, gibt es keine aktive Gestaltung der Personalpolitik. Windtner (vgl. 2014, Abs.25), Herovits (vgl. 2014, Abs. 25) und Reiter (vgl. 2014, Abs. 32ff; 42) stellen das Leistungsprinzip in den Vordergrund und argumentieren mit der Offenheit des Fußballs als Vielfaltsgarant. So weist die Bundesliga in ihrer Geschäftsstelle eine 50%ige Frauenquote auf und ist auch bezüglich der Altersstruktur vielfältig aufgestellt. Wo keine Vielfalt entsteht, werden die Betroffenen in die Verantwortung gezogen. So wird der Mangel an Trainerinnen an der fehlenden Bereitschaft von Frauen festgemacht, sich dementsprechend ausbilden zu lassen. Dort, wo sich klassische Rollenzuschreibungen auch im Fußball offenbaren, werden diese mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen begründet. Dort wo allerdings Integration gelingt, beispielsweise bei der Integration von Trainern, Kindern und Jugendlichen in den Verein, ist wiederum der Fußball erfolgreich. Hier scheint es nötig, diese Wechselbeziehung von Gesellschaft und Sport einer weiteren detaillierten Analyse zu unterziehen, um ihre Wirkungen zu ergründen.

Auch bei Werder Bremen wird der Männerüberschuss an dem fehlenden Interesse der Frauen festgemacht, allerdings sieht Laufmann eine Veränderung der Strukturen, die sich bereits bei den PraktikantInnen bemerkbar macht. Hier wird auch ein Wandel in Bezug auf die Dimensionen Herkunft und Behinderung festgestellt. Im Zuge des CSR-Programmes gibt es das Bewusstsein, ein attraktiver Arbeitgeber sein zu wollen. Ob dies im Sinne des Diversity Managements geschehen soll, welches laut Liebig (vgl. 2013, S. 266) die Attraktivität des Unternehmens für ArbeitnehmerInnen zur Folge haben soll, wurde nicht beantwortet, wäre aber ein Argument Diversity-Strategien auf MitarbeiterInnenebene umzusetzen.

Sowohl Degele und Janz (vgl. 2011, S. 50ff) als auch Rulofs (vgl. 2011. S. 93f) weisen auf die besonderer Bedeutung von MultiplikatorInnen wie TrainerInnen, LehrerInnen, etc. hin. Obwohl Genc (vgl. 2014, Abs. 77; 83) die TrainerInnenausbildung auf dem richtigen Wege sieht, gibt es für Windtner (vgl. 2014, Abs. 45) Handlungsbedarf in der TrainerInnen- Ausund Fortbildung. Über MultiplikatorInnen kann die Philosophie direkt zu den SpielerInnen getragen werden und dazu benötigt es praxisnahes Wissen. Das entspricht einer Forderung von Fairplay, wo bereits ein Programm entwickelt wurde, welches Inklusion als Konzept in die TrainerInnenausbildung integriert (vgl Wachter 2014, Abs. 101).

Das Potential von MultiplikatorInnen wurde in der SV Ried ebenfalls erkannt. Über persönliche Gespräche, visuelle oder schriftliche Kanäle und über die weitere Kommunikation über Dritte kann ein Verein mit ca. 150 MitarbeiterInnen eine breite Masse erreichen. Profivereine spielen in Verbindung mit dem Fernsehen eine besondere Rolle, weil durch sie der gesamte Breitensport erreicht wird (vgl. Reiter 2014, Abs. 66; 70). So werden auch die SpielerInnen,


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die vor Spielen Antirassismus- oder Diversitybezogene Botschaften verlesen, zu wichtigen BotInnen. Auch Werder Bremen hat dieses Mittel erkannt und ein BotschafterInnenmodell eingeführt, wo für jeden Themenbereich bekannte Persönlichkeiten als Kommunikatoren zur Verfügung stehen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 81).

SpielerInnen SpielerInnen können, wie festgehalten wurde, wichtige Teile eines Diversity-Konzeptes sein, indem sie als MultiplikatorInnen fungieren. Wie es um Angebote für SpielerInnen in Österreich bestellt ist, wird nachfolgend zusammengefasst.

Soll eine Sensibilität für Diversity im Fußball verankert werden, spielt der Nachwuchsfußball eine tragende Rolle. Wie zuvor angesprochen, kommt TrainerInnen und LehrerInnen eine wichtige Funktion zu. Im Fall von Genc, früher Nachwuchskoordinator, jetzt Mannschaftstrainer mit Kontakten zur zweiten Mannschaft, erkennt man, wie groß die Zahl der Personen ist, die er erreichen kann. Von den 6 jährigen bis zu den Stammspielern der ersten Mannschaft, welche aus diversen Ländern kommen oder Personen, die über Medien erreicht werden. Umso wichtiger ist hier ein Diversity-sensibles Auftreten, beispielsweise durch gendergerechte und sensible Sprachwahl (vgl. Degele/Janz 2011, S. 49ff).

Eine Möglichkeit der Öffnung des Vereins für junge Menschen zeigt der SV Ried mit der Zweigleisigkeit im Kinder- und Jugendbereich, wo neben Spitzen- auch Breitenfußball angeboten wird. Dass in beiden Bereichen keine Mädchen teilnehmen, was mit fehlenden Kapazitäten begründet wird, ist natürlich nicht im Sinne eines möglichen Diversity-Konzeptes. Aus Sicht eines auf Männerfußball ausgerichteten Vereins ist das nachvollziehbar, welche anderweitigen Profite sich aus einer etwaigen Öffnung für Frauen und Mädchen für den Verein ergeben könnten und deren Ausmaß, müsste untersucht werden. Ganz im Sinne von Rulofs (vgl. 2011, S. 84ff) müsste hier die Bereicherung des Vereins über die Bindung neuer Mitglieder, Zuschauerzuwachs, Erschließung neuer Sponsorengelder, etc. erkundet werden, um Überzeugungsarbeit im Verein zu leisten (vgl. Reiter 2014, Abs. 3; 23ff). Neben der Offenheit des Vereins spielen äußere Faktoren, wie der sportliche Erfolg des Vereins, eine Rolle für den Zulauf bei Kindern und Jugendlichen. Diese Offenheit, welche jedem Kind, egal welcher Herkunft oder Religion, die Teilhabe am Fußball sicherstellen soll, kann unter anderem durch Fachpersonal gefördert werden. In Linz wurden für die NachwuchskickerInnen ausgebildete PädagogInnen engagiert, da deren pädagogische Kompetenzen für diese Altersgruppe genutzt werden sollten. Aktuell gibt es eine nur noch eine Trainerin im Nachwuchs, die neben ihrer fachlichen Qualifikation auch als Frau eine wichtige Multiplikatorin für die Spielerinnen des Vereins darstellt. (vgl. Genc 2014, Abs. 31-35).


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Ebenso wie in Ried dürfte auch in Linz die Integration von jungen SpielerInnen in Bezug auf deren Herkunft gut funktionieren. Diese könnte durch eine bewusste Rekrutierung von TrainerInnen mit Migrationshintergrund weiter gefördert werden, wie es in Ried, allerdings nicht geplant, der Fall ist (vgl. Genc 2014, Abs. 31; vgl. Reiter 2014, Abs. 16; 46). Wenngleich in Ried weder Trainerinnen tätig sind, noch das von Reiter angesprochene Zusammenspielen von Burschen und Mädchen im Nachwuchsfußball praktiziert wird, gibt es auch hier mit der Schulkooperation mit dem Nachbarort Hohenzell ein Angebot für Mädchen im Fußball (vgl. Reiter 2014, Abs. 22; 26-30). Dennoch verortet Wachter (vgl. 2014, Abs. 75) im Bereich des Frauenfußballs noch einen Handlungsbedarf im österreichischen Fußball. Im Sinne von Degele und Janz (vgl. 2011, S 50) sollten die aktuellen Strukturen hinterfragt werden. Die Trennung der Männer- und Frauenbundesliga, die beim ÖFB angesiedelt ist, könnte überdacht werden, um diese im Sinne einer Gleichgewichtung zusammenzuführen (vgl. Herovits 2014, Abs. 53f; 102ff).

Neben unterschiedlichen Aktionen und der Öffentlichkeitsarbeit, die bereits beschrieben wurden, gibt es in der Praxis von Fußballvereinen diverse Fragestellungen, die unter dem Dach von Diversity abgehandelt werden können. Aus TrainerInnensicht spielen die Sprache und der Spracherwerb eine wichtige Rolle und die Kommunikation der SpielerInnen, um das vielbeschworenen Teamwork zu forcieren. Hier ist das persönliche Umfeld von großer Bedeutung, in welchem der Verein eine entscheidende Rolle spielen kann. So kann bei neunen SpielerInnen die Organisation von Sprachkursen bzw. der Einstieg in das neue kulturelle Milieu vom Verein begleitet werden (vgl. Genc 2014, Abs. 23-27).

Beim SV Ried zeigte sich, wie sich das Thema Religion im Fußball äußern kann. So wurde einem muslimischen Spieler auf eigenen Wunsch, entgegen dem üblichen Vorgehen, im Trainingslager ein Einzelzimmer zur Verfügung gestellt, damit dieser seine Gebetszeiten einhalten konnte, ohne einen Teamkollegen zu wecken (vgl. Reiter 2014, Abs. 46). Hier ist interessant festzustellen, dass mit der Nachtruhe des Mitspielers und nicht mit dem Recht auf ungestörte Religionsausübung argumentiert wurde. Der Dimension Alter wird in Österreich wenig Aufmerksamkeit geschenkt, auch wenn Reiter (vgl. ebda, Abs. 88) die Bestrebungen zur Reaktivierung des Seniorenfußballs erwähnt. Ergänzend ist noch das Engagement von Werder Bremen hinsichtlich des Behindertensports vorzustellen, so führen sie Sehbehindertenmannschaften, und Mannschaften für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung (vgl. Laufmann 2014, Abs. 39). Die Bedürfnisse und Wünsche von allen betroffenen Personen zu erheben wäre ein erster Schritt auf dem Weg zu Diversitybezogenen Angeboten in einem umfassenden Konzept für einen Verein oder Verband.


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Fans Bevor die Situation der Fans in Österreich beleuchtet wird, soll an dieser Stelle das Angebot von Werder Bremen angeführt werden. Unter den sechs Themen Mitglieder, Bewegung, Gesundheit, Toleranz, Hilfsbereitschaft und Umwelt bietet die Abteilung ein breites Spektrum an Projekten, Programmen und Aktionen, unter anderem für Fans an. Die Zielgruppe dieser Angebote reicht von älteren Menschen, über ganz junge und solche mit Migrationshintergrund bis zu Menschen mit Behinderungen. Diese Angebote stehen neben dem Gemeinwohlauftrag auch im Hintergrund der Mitglieder- und Sponsorengewinnung (vgl. Laufmann 2014, Abs. 3; 55; 101). Zusätzlich besteht in Deutschland ein flächendeckendes Konzept für eigenständige Fanbetreuung als aufsuchende Jugendarbeit, welche neben dem DFB und den Kommunen auch von den Vereinen finanziert werden. Im Sinne der Bildungsarbeit könnte sie auch wesentlicher Bestandteil eines Konzeptes sein. In Bremen ist dieses Projekt direkt im Stadion angesiedelt und den Fans wird über den Fanbeirat eine Stimme im Verein verliehen (vgl. ebda. S. 103; 107).

Nicht nur der Ressourcenaufwand in der Arbeit mit, sondern auch die Darstellung der Fans in den Interviews deutet die Herausforderung für Vereine, Bundesliga und ÖFB an, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Reiter (vgl. 2014, Abs. 48) unterscheidet zwischen klassischen BesucherInnen, welche des Spiels wegen kommen, und den erlebnisorientierten Hardcore-Fans, welche die Stimmung und die Selbstdarstellung zelebrieren. Dabei wird vom Verein aber versucht, Gewalt, Rassismus und extreme politische Gesinnungen aus den Stadien zu vertreiben (vgl. Windtner 2014, Abs. 21). Nicht genannt, aber in der Realität feststellbar, geschieht dies allzu oft durch den Einsatz der Polizei. Sozialpräventive Fanprojekte haben hierzulande nicht den Stellenwert, den diese sich in Deutschland erarbeitet haben (vgl. Bichler 2011, S. 18-20).

Auf der anderen Seite steht das Bemühen um Frauen, Kinder und Familien. Alle interviewten Personen sehen hier für sich die Aufgabe, diese Zielgruppe in ihre Organisation zu integrieren. Motivation ist zum Beispiel, wie in Bremen, Mitglieder- und SpielerInnenbindung. Zum anderen sind neue Zielgruppen auch stets wirtschaftlich interessant. Die Bemühungen tragen bereits Früchte, so stellen mehrere Befragte fest, dass der Frauenanteil beim Publikum in den letzten Jahren deutlich gestiegen, das Potential aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist (vgl. Windtner 2014, Abs. 21; Reiter 2014, Abs. 48ff; vgl. Herovits 2014, Abs. 51).

Als konkretes Angebot kann der ehrenamtlichen Fankoordinator in Ried bezeichnet werden, der direkt im Kontakt mit den Fans steht. Reiter wüscht sich hier einen hauptamtlichen, wie das in Deutschland der Fall ist, glaubt aber aufgrund der finanziellen Situation in Österreich


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nicht an eine Umsetzung (vgl. Reiter 2014, Abs. 6; 58). Ein weiteres allgemeines Angebot sind die Informationskampagnen von Fairplay, welche die Fußball-Community mittels Broschüren, Aktionswochen, Bildungsangeboten und anderen Services für Themen wie Gewalt, Antidiskriminierung, etc. sensibilisieren. Dieses Angebot geht über die reine Zielgruppengewinnung hinaus, sondern legt die Basis, dass die neu gewonnenen Familien, Frauen und Kinder im Fußball nicht weiter belächelt, sondern ernstgenommen werden (vgl. Wachter 2014, Abs. 75; 83; 101).

Die Strategie, über einen ermäßigten Eintritt mehr Frauen in das Stadion zu locken, wurde von der Diskriminierungsbehörde gekippt, da Männer dadurch benachteiligt sind. In den Bemühungen um Frauen im Fußball wurde festgestellt, dass die Qualität der Stadien bzw. der Infrastruktur ein entscheidender Faktor ist, ob Frauen Stadien besuchen. Auf dieser Ebene ist auch die Notwendigkeit gegeben, beispielsweise mehr Ordnerinnen einzustellen, um dem vermehrten Zulauf gerecht zu werden (vgl. Reiter 2014, Abs. 48). In punkto Behinderung gibt es für Fans nicht nur die Unterstützung der internationalen Verbände, welche unter dem Titel „Respect Diversity“ vor allem auch die Dimension Körper berücksichtigen. In Österreich müssen in den Bundesligastadien als Lizenzierungsvoraussetzung RollstuhlfahrerInnenplätze vorhanden sein und es besteht die Aktion „Bundesliga on ear“ für sehbehinderte Menschen (vgl. Herovits 2014, Abs. 133; 137), was zwei Maßnahmen in einem breiteren Diversity-Konzept sein könnten.

8.4.4.

Angebote nach Dimensionen

Zuletzt soll ein Überblick über die Angebote nach Dimensionen geschaffen werden. Da bis hierhin schon beinahe alle Angebote angeführt wurden, beschäftigt sich dieses Kapitel vor allem mit der Relevanz der jeweiligen Dimensionen. Ein erster Blick auf die Auswertung der Interviews belegt die Fokussierung auf das Geschlecht und die Herkunft im Fußball. Hierzu gab es die meisten Kommentare. Insgesamt wurde aber ein breites Spektrum abgedeckt und so kamen Stellungnahmen zu den Bereichen Religion, Behinderung oder Körper, sozialer Status, Alter und sexuelle Orientierung. Die Aussagen dazu galten meist nicht konkreten Angeboten, sondern der Abbildung der Situation in den Vereinen oder Stadien.

Hinsichtlich des sozialen Status wurden zwei konkrete Projekte genannt: der Homeless World Cup und das Bremer Projekt Spielraum, wo benachteiligte Stadtteile mit TrainerInnen und SpielerInnen besucht werden, um der dortigen Jugend via Fußball soziale Soft Skills zu vermitteln.


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Dass ein Engagement in diese Richtung nötig ist, zeigt die Erhebung zur Berufsstruktur der ZuschauerInnen, laut derer nur zwei Drittel einer finanziell relativ abgesicherten Bevölkerungsgruppe angehören (vgl. Herovits 2014, Abs. 45). Inwiefern der Zugang von beispielsweise MindestsicherungsbezieherInnen ermöglicht wird, wäre hier eine weitere Fragestellung, die hier nicht beantwortet werden kann.

Die Angebote für Menschen mit Behinderungen wurden bereits angeführt. Eine Bedarfserhebung wäre aber sinnvoll, um fehlende Strukturen oder Angebote ausfindig zu machen. Das Thema Religion wurde ausschließlich von Reiter (vgl. 2014, Abs. 46) über das Fallbeispiel genannt, in welchem anlassbezogen eine Lösung gefunden wurde. Hier wäre die Situation von Vereinen aus Wien interessant, die vermutlich einen höheren Anteil an muslimischen FußballerInnen aufweisen und eventuell dafür Angebote oder Strategien entwickelt haben. Das und insbesondere der intersektionale Blick auf die Situation von islamischen Fußballerinnen könnte Thema weiterer Untersuchungen sein.

Im Bereich Alter gibt es in Österreich kein Angebot für ältere SpielerInnen oder Fans, obwohl der Anteil der ZuschauerInnen bei über 50jährigen über 40% liegt. Meist wird in dieser Kategorie der sportliche Nachwuchsbereich genannt, der als Pool für zukünftige SpielerInnen gilt (vgl. Herovits 2014, Abs. 37; 69). In Bremen gibt es bezüglich Alter ein Angebot, welches von den kleinsten in der Windelliga über den Kids Klub bis zu der Generation 60+ reicht (vgl. Laufmann 2014, Abs. 61; 77; 101). Angebote in Richtung der älteren Bevölkerung könnten neben dem Teilhabeaspekt wohl auch einen ökonomischen Nutzen im Sinne des Diversity Managements haben. (vgl. Munsch 2010, S. 152).

Beim Thema Geschlecht wird auf das Bemühen hingewiesen, Frauen als Zuseherinnen aber auch als Trainerinnen zu gewinnen, konkrete Ideen wie das geschehen kann, konnten allerdings nicht erhoben werden. Die Installation einer Frauenmannschaft und von Trainerinnen auf sportlicher oder die von FunktionärInnen auf organisatorischer Ebene könnte ein vielversprechender Start einer Diversity Strategie sein. Der gemeinsame Bewerb der unter 14jährigen bietet die Chance, geschlechterstereotype Zuschreibungen zu thematisieren und zu überwinden (vgl. ebda. S. 50). Zur Förderung dieser Maßnahmen nennt Wachter (vgl. 2014, Abs. 75; 85), wie bereits erwähnt, die Möglichkeit, über die Sportförderung steuernd einzugreifen. Auch die Lizenzierung der Bundesliga böte hierfür Möglichkeiten.


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Strategien zum Thema Homophobie wurden keine angesprochen, alle Befragten waren sich in der Ablehnung und Notwendigkeit zur Toleranz einig. Wachter (vgl. 2014, Abs. 81) wies zusätzlich darauf hin, dass es hier eine proaktive Haltung und eine klare Positionierung aller handelnden benötigt, um die Glaubwürdigkeit zu steigern (vgl. Rulofs 2011, S.86; vgl. Degele/Janz 2011, S. 53).

Das klare Bekenntnis zur Integration zeigt der vom ÖFB kreierte Imagespot mit diversen Teamspielern und äußert sich in der Unterstützung von Aktionen wie der Integrations-WM. Daneben gibt es im neuen Sportgesetz bezüglich der Sportförderung inhaltliche Vorgaben zur Integration von MigrantInnen. Auch die internationale Gesetzgebung der FIFA mit ihrem Strafenkatalog bei Formen von Rassismus muss hier genannt werden (vgl. Wachter 2014, Abs. 85; 91). Auch wenn das Thema Integration oberflächlich im Nationalteam angekommen ist, gibt es in den Strukturen dennoch Handlungsbedarf. Bei den Vereinen zeigt sich zwar das Bewusstsein für Diversity in anlassbezogenen Reaktionen, strategische Maßnahmen können allerdings nicht ausgemacht werden. Bremen versucht mit dem Projekt Spielraum Personen mit migrantischem Hintergrund für den Fußball und Werder Bremen zu gewinnen und auf diesem Weg Hürden abzubauen. Derartige Projekte könnten als Vorbild für heimische Vereine dienen (vgl. Genc 2014, Abs. 23; 31; vgl. Reiter 2014, Abs. 16; 44; vgl. Laufmann 2014, Abs. 39; 47ff, 55).

8.5. Mögliche Organisation eines Diversity Konzeptes Nachdem nun praktische Anknüpfungspunkte für Diversity aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wurden, werden im letzten Teil der Auswertung die gesammelten Ideen der Befragten zur Umsetzung einer möglichen Gleichstellungsstrategie zusammengefasst.

8.5.1.

Rahmenbedingungen

Es stellt sich zuerst die Frage nach den notwendigen Rahmenbedingungen, die erfüllt sein müssten. Am Beginn steht das Budget, Personal und ein strategisches Konzept für Diversity, das im Moment im österreichischen Fußball fehlt. So gibt es zwar viele positive Angebote und Aktionen, aber ein dahinterliegender Plan ist nicht zu erkennen (vgl. Wachter 2014, Abs. 69). Diese Situation ähnelt jener in Bremen, bevor dort die Sozialmanagement- und in weiterer Folge die CSR-Abteilung gegründet wurde. Durch diese Neustrukturierung gelang es, der Vielzahl an vorhandenen Projekten eine geeignete Rahmung zu geben und die Qualität unter anderem über Evaluationen zu erhöhen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 61). Ein weiterer Aspekt für die Umsetzung eines Konzeptes, etwa auf Ebene des ÖFB, ist die Fußballgesetzgebung. In Anlehnung an FIFA oder UEFA könnten oder sollten entsprechende Regelungen in Öster-


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reich ebenfalls festgeschrieben werden, sofern es nicht bereits eine gesetzliche Verpflichtung zur Implementierung gab. Als weiteres Werkzeug kann das Sportförderungsgesetz herangezogen werden, um Steuergelder nach diversitybezogenen Kriterien auszuschütten (vgl. Wachter 2014, Abs. 69; 85-91).

All diese Rahmenbedingungen hängen ganz massiv von dem Bekenntnis der Leitungsebene zu Diversity ab. Ein derartiges Programm kann nur über eine top-down Strategie gestartet werden, was nicht heißt, dass bei der Umsetzung bottom-up Prozesse ausgeschlossen sind. Im Gegenteil, die Partizipations- und Teilhabemöglichkeit aller Stakeholder ist von großer Bedeutung für die Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit. Nur so kann es gelingen, das Thema in die Gesamtorganisation zu integrieren und von MitarbeiterInnen bis zu BesucherInnen in die Gesellschaft zu transportieren (vgl. Reiter 2014, Abs. 66).

8.5.2.

PartnerInnen

Die Politik wird als wichtigste Partnerin angesehen, da hier die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass Sportentwicklung im Sinne von Diversität stattfinden kann. Sowohl finanziell als auch organisatorisch könnte die Politik auf verschiedenen Ebenen einwirken. So kann die Politik auch eine vermittelnde Funktion zwischen Vereinen und der Wirtschaft haben, wie das in Linz erhofft wird (vgl. Genc 2014, Abs. 55; 71). Ein Engagement in Richtung Diversity oder Antidiskriminierung wirkt über den Fußball hinaus in die Gesellschaft hinein, was im Interesse der Politik sein sollte und somit deren Unterstützung gut argumentierbar macht (vgl. Reiter 2014, Abs. 70). In diesem Sinne gibt es auch in Bremen Bemühungen die Stadt vermehrt in das CSR-Programm einzubinden (vgl. Laufmann 2014, Abs. 111).

Daneben wird auch in der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft eine Chance gesehen. Wie bei Werder Bremen festzustellen, können hier zum einen bereits vorhandene Ideen zu Projekten in den Fußball implementiert werden, zum anderen spielen Unternehmen als Sponsoren eine tragende Rolle im gesamten Fußball. Im Zuge von CSR-Partnerschaften können diese Kooperationen institutionalisiert werden (vgl. Genc 2014, Abs. 47; 71; vgl. Laufmann 2014, Abs. 77; 109). Auch Social-Profit-Organisationen können ob ihres eigenen Blickwinkels auf die Gesellschaft wichtige ImpulsgeberInnen für die Umsetzung sein, so wurde in Bremen beispielsweise ein BotschafterInnenmodell von NGOs in den Verein übernommen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 81).

Im Bereich des Fußballs selbst wurde die Verantwortung des ÖFB bereits genannt, die auch von den Landesverbänden mitgetragen werden muss. Darüber hinaus scheinen Kooperationen mit kleineren oder größeren Vereinen ebenfalls gewinnbringend, wie das in Ried mit der


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Zusammenarbeit im Mädchen- bzw. Frauenfußball praktiziert wird. Internationale Netzwerke bieten außerdem die Chance des Erfahrungsaustausches, der sicherlich konstruktiv genutzt werden könnte (vgl. Genc 2014, Abs. 53; vgl. Reiter 2014, Abs. 28; vgl. Laufmann 2014, Abs. 85).

Wie im Diversity-Konzept der Goethe Universität Frankfurt festgeschrieben (vgl. Internetquelle 5, S. 7), ist ein Diversity Controlling über Evaluationen ein geeignetes Mittel zur Qualitätsentwicklung und –sicherung. Externe Partnerorganisationen eignen sich sehr gut dazu, um die eigene Strategie zu begleiten und kritisch zu hinterfragen Hier könnte auf den bereits bestehenden Kontakten von ÖFB oder Bundesliga zu Forschungsinstituten und Universitäten aufgebaut werden (vgl. Windtner 2014; Abs. 11ff; vgl. Herovits 2014, Abs. 37). Die Mitarbeit aller Befragten belegt die grundsätzliche Bereitschaft, auf dieser Ebene zusammenzuarbeiten. Auch in Bremen gibt es hier enge Zusammenarbeit mit Universitäten und Projektgruppen, um das Selbstbild zu schärfen (vgl. Laufmann 2014, Abs. 83).

8.5.3.

Konkrete Planungen

Aktuell gibt es bei den befragten Organisationen einige Planungen für die Zukunft, die im Sinne von Diversity genutzt werden könnten. Der ÖFB befasst sich unter dem Titel Fußball 2020 mit seiner Zukunftsstrategie, welche unter anderem in der Arbeitsgruppe „Fußball und Soziales“ Weichenstellungen für kommende Herausforderungen plant. Hier wird nach eigenen Angaben das Thema Diversity in die Überlegungen miteinbezogen, wenngleich kein eigenständiges Diversity-Konzept angedacht ist. Insbesondere die TrainerInnenausbildung wird in den Fokus rücken (vgl. Windtner 2014, 11; 35; 41; 45). Diese Planungen sind auch im Interesse von Fairplay, wo ein umfassendes Konzept gefordert wird.

Bei Blau-Weiß Linz gibt es keine konkreten Planungen, es gibt hier aber bereits Ideen in welche Richtung eine Neuausrichtung des Vereins gehen könnte. Vor allem die Einsetzung eines Nachwuchskoordinators in der Nachwuchsabteilung mit der Einbindung von pädagogischen Fachkräften könnte hier ein Baustein sein (vgl. Genc 2014, Abs. 47-51; 73). Die SV Ried erarbeitet im Moment ein Leitbild, welches den Aspekt der Vielfalt beinhalten wird. Da ein Verein über diverse Kanäle große Teile der Bevölkerung erreichen kann, könnte ein Diversity-Konzept im Fußball auch Auswirkungen darauf haben (vgl. Reiter 2014, Abs. 66; 88).


Ergebnisse und Diskussion

8.5.4.

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Hindernisse und Widerstände gegen ein Diversity Konzept

Schließlich sollte die Einschätzung der Wirkung von Diversity-Programmen erhoben werden. Laufmann bestätigt, dass die Umsetzung der CSR-Strategie ein harter Weg war, um sich intern mit dieser Idee dauerhaft durchzusetzen. Wie wichtig in der Anfangsphase einzelne Personen sind, zeigt die Person Klaus Fischer in Bremen. Als Präsident gab er hier den klaren Auftrag in Richtung eines sozialen Engagements tätig zu werden und legte so den Grundstein für die gesamte CSR-Abteilung (vgl. Laufmann 2014, Abs. 59). Unter diesem Aspekt sind die Befürchtungen von Reiter (vgl. 2014, Abs. 72), Genc (vgl. 2014, Abs. 59-63) und Windtner (vgl. 2014 Abs. 39) berechtigt, wenn sie hier die Rolle der je handelnden Personen in den Vordergrund rücken. Umso wichtiger ist das Engagement in der demokratischen Willensbildung, um das Thema Diversity mehrheitsfähig zu machen (vgl. ebda.). In diesem Prozess der Demokratisierung gilt es auch, das Selbstbild des Fußballs zu hinterfragen und zu schärfen. Ist das aktuelle Engagement ausreichend? Soll dieses professionalisiert werden? Oder um die Worte von Laufmann (vgl. 2014, Abs. 103) zu verwenden: Wieviel „Sozialklimbim“ braucht der Fußball?

Neben den Personen spielen auch die Strukturen eine Rolle. Die damalige Sozialmanagementabteilung in Bremen wurde nicht wie gewünscht wahrgenommen, erst die Umstrukturierung zum CSR-Management brachte mehr Erfolg, obwohl die Inhalte überwiegend gleichgeblieben sind (vgl. Laufmann 2014, Abs. 87). So weisen auch Genc (vgl. 2014, Abs. 45) und Wachter (vgl. 2014, Abs. 101-103) darauf hin, wie wesentlich eine gute Konzeption für die Umsetzung ist.

Haupthindernisse für die Implementierung könnten wie in anderen Bereichen auch die Kosten darstellen, da Diversity-Konzepte nicht kurzfristig, sondern über eine längere Dauer Erfolge erzielen (vgl. Reiter, 2014, Abs. 72; vgl. Laufmann 2014, Abs. 103).

8.5.5.

Vorteile eines Diversity Konzeptes

Zu guter Letzt wurden die möglichen positiven Auswirkungen einer Diversity Strategie erfragt, welche an dieser Stelle abschließend dargestellt werden. Eine Ausrichtung auf Diversity ebnet grundsätzlich den Weg zu gesellschaftlicher und politischer Akzeptanz, wie dies Windtner (vgl. 2014, Abs. 33) ganz im Sinne von Rulofs (vgl. 2011, S. 83f) feststellt. Die Aufgabe, über den Fairplay Gedanken oder Diversity-Sensibilität Einfluss auf die Bevölkerung zu nehmen, beinhaltet die positiven Effekte eines derartigen Engagements (vgl. Reiter, Abs. 60). So können über dieses Engagement nicht nur Themen wie Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung, sondern auch Gesundheit und Gewaltprävention vermittelt werden (vgl. Laufmann 2014, Abs. 101).


Ergebnisse und Diskussion

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Das aktuell sehr große soziale Engagement des Fußballverbandes in England nimmt ihren Ausgang in einer sportlichen Komponente. Über den subtilen Rassismus des Fußballs wurden Generationen von SpielerInnen ausgeschlossen, was sich auch in mangelnden Erfolgen bemerkbar machte (vgl. Wachter 2014, Abs. 71). So kann die gelungene Integration von SpielerInnen auch die sportliche Konkurrenzfähigkeit erhöhen, was in weiterer Folge wiederum positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung wirkt (vgl. Genc 2014, Abs. 51). Wie bereits im historischen Teil der vorliegenden Arbeit dargestellt, war neben der Professionalisierung wohl die Vielfältigkeit des „Wunderteams“ eines der Rezepte der erfolgreichsten Zeit des österreichischen (vgl. Norden/Weiß 2008, S 163f.).

Je stärker das gesellschaftliche Engagement des Fußballs, umso mehr Akzeptanz und Wertschätzung und in weiterer Folge Partizipation würde er erfahren, so Wachter (vgl. 2014, Abs. 71). Wenn dann mehr Personen aktiv spielen, ins Stadion kommen oder sich, wie auch immer, mit einem Fußball beschäftigen, der klare gesellschaftliche Werte vermittelt, kann in Folge dessen auch ein ökonomischer Gewinn erzielt werden. Zum einen wird dieser über steigende ZuschauerInnen und Mitgliederzahlen erreicht, zum anderen ist jeder Mensch auch potentielle/r SponsorIn.

Die Vorteile lassen sich in gesellschaftliche, sportliche und wirtschaftliche Aspekte gliedern, wobei es hier jeweils Interdependenzen gibt, die nicht klar zu trennen sind. An diesem Punkt sei auf die eingangs geführte Diskussion zum Begriff des Social-Profit-Sektors (siehe Kapitel 2.1.) verwiesen. Diese Diskussion hat Einfluss auf die Durchführung eines etwaigen Diversity-Konzeptes. In Abgrenzung zu wirtschaftlich orientierten Diversity-Management-Strategien sollte auch hier im Fußball der gesellschaftliche Auftrag im Sinne des Gemeinwohls an erster Stelle stehen. Wenn damit weitere Erfolge auf wirtschaftlicher und sportlicher Ebene erzielt werden können, ist das nicht nur legitim, sondern wünschenswert. Der Fußball hat hier gegenüber Business-Profit-Betrieben den großen Vorteil der Glaubwürdigkeit. Der Vorwurf des Greenwashing wird in Zusammenhang mit Social-Profit-Betrieben, wie Sportvereine sie darstellen, nicht in dieser Häufigkeit benutzt. Allerdings muss die Schwerpunktsetzung auf die soziale Komponente des Engagements stets im Fokus der Aufmerksamkeit bleiben, was durch Qualitätssicherungsprozesse gewährleistet werden kann (vgl. Laufmann 2014, Abs. 103).


103

IV. Die Analyse


Zusammenfassung und Fazit

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9. Zusammenfassung und Fazit Am Beginn der Arbeit stand die Forschungsfrage: Welche Anknüpfungspunkte bietet der österreichische Fußball für die Umsetzung von Diversity-Konzepten? Um diese einer Beantwortung zuführen zu können, musste eingangs das Spielfeld dieser Arbeit verortet und abgegrenzt werden. So wurde der Rahmen der Thematik ausgehend vom Social-Profit-Sektor über den Sport bis hin zum Fußball in Österreich eingegrenzt. An dieser Stelle soll noch einmal das Bild des Stadions als Metapher für den Sport in Erinnerung gerufen werden. Über die Konstruktion dieser Arena, welche in der Geschichte vielfältigen Veränderungen unterworfen war, konnte zum einen die Position innerhalb des Social-Profit-Sektors und zum anderen in der Gesellschaft beschrieben werden. Unabhängig von der Bauart können über die gesamte Geschichte stets Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen Sport und der jeweiligen Gesellschaft verortet werden. Die Annahme des Staats- und Marktversagens, welches durch den Social-Profit-Sektor und im Speziellen auch vom Fußball ausgeglichen wird, ist für vorliegende Arbeit zentral, so wurden auch in den Interviews gesellschaftliche Probleme als Begründung für das soziale Engagement angeführt. Wie groß das Ausmaß des je aktuellen Einflusses der Gesellschaft auf den Sport ist, konnte in diesem Rahmen nicht bestimmt werden, ebenso wenig, wie der Einfluss des Sports auf die Gesellschaft, hier liegt weiteres Forschungsgebiet brach. Unter anderem die Frage nach der, in den Interviews immer wieder erwähnten Vorbildwirkung des Sports ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt.

In einem weiteren Schritt wurde das Feld erst auf den Fußball allgemein und in weiterer Folge auf die spezifische Situation in Österreich reduziert. Hier konnte sowohl international wie auch national beobachtet werden, dass entlang unterschiedlicher Ungleichheitsdimensionen immer wieder Hierarchisierungen und Ausgrenzungen vorgenommen wurden, sei es bei der Herkunft, dem Geschlecht oder der Klassenzugehörigkeit. Die historischen Verschiebungen zeigen die Dynamik und Veränderbarkeit dieser gesellschaftlichen aber auch fußballinternen Entwicklungen.

In weiterer Folge wurde das zentrale Thema vorliegender Abhandlung eingeführt: Diversity. Die Doppeldeutigkeit des Begriffs als Konstrukt der Vielfalt und dessen Analyse und als Konzept, das den Umgang mit Diversität im Fokus hat, führt zu zwei Lesarten von Diversity. Zum eine Diversity als Unterschiede, zum anderen Diversity als Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Letztere wurde in der vorliegenden Arbeit angewandt, da auf diese Weise sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten von Individuen berücksichtigt werden und somit Schubladisierungen und Stereotypenbildung Vorschub geleistet wird. Als Konzepte, um


Zusammenfassung und Fazit

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Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Organisationen Rechnung zu tragen, wurden Diversity Management und Diversity Policies vorgestellt. Diese zwischen der Civil-Rights-Bewegung und Business-Profit-Betrieben angesiedelten Strategien bieten viel Spielraum in der praktischen Umsetzung.

Wie eine der Antidiskriminierung und Ungleichheitsforschung entsprechende Umsetzung eines Diversity-Konzeptes aussehen kann, wurde im letzten Teil des theoretischen Abschnittes behandelt. Hier wurden vor allem die Ansichten von Rulofs bzw. von Degele und Winkler ausgeführt, welche für Deutschland erste theoretische Gedanken formuliert hatten. Die Überlegung, Diversity in den österreichischen Fußball zu implementieren, beruht auf folgender Annahme: Vielfalt als Chance zu begreifen, wie es das Ziel der Charta der Vielfalt vorgibt, könnte auch für den Fußball in Österreich ein gangbarer Weg sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass eben diese Vielfalt auch zu den bisher besten Leistungen des Nationalteams geführt hat.

Nachdem die theoretische Basis gelegt wurde, kam es unter Berücksichtigung einer intersektionalen Forschungsperspektive zur spannenden Auseinandersetzung mit ExpertInnen des österreichischen Fußballs im empirischen Teil dieser Arbeit. Nach der Vorstellung der einzelnen Organisationen, in denen die Interviewten tätig sind, ist ersichtlich, dass verschiedenste Sichtweisen auf die Situation in Österreich abgebildet werden. Zusätzlich wurde die Direktorin der CSR-Management-Abteilung von Werder Bremen eingeladen, um ihre Erfahrungen in der Umsetzung einer, zumindest den Diversity-Aspekt berücksichtigenden, Strategie zu teilen. Den Stellenwert des Fußballs schätzen alle Befragten wie erwartet als sehr hoch ein und auch Funktionen gegenüber der Gesellschaft werden erkannt. Beispiele hierfür sind die Themen Integration, Antidiskriminierung und Gesundheit. Die wiederkehrend genannte Vorbildfunktion müsste wie erwähnt näher analysiert werden, da in der Recherche keine eindeutigen Aussagen dazu zu finden waren. Insbesondere die Frage nach der Konkretisierung des Vorbildlichen und nach den Maßstäben dafür ist ungeklärt.

Die Analyse der Interviews hat vielfältige Anknüpfungspunkte für ein Diversity Konzept in Österreich ans Licht gebracht, wobei diese weniger praktischer Natur waren, sondern vielmehr das Bewusstsein der Befragten zu Vielfalt als Konstrukt der Unterschiede wiederspiegelten. Die Befragung zeigt weiter, dass es nicht an möglichen Vorbildern für die Umsetzung einer Vielfaltsstrategie mangelt. So gibt es neben CSR-Programmen auch das Engagement des englischen Fußballverbands FA, welches Modellcharakter hat. Allerdings müssen für eine Übernahme hierorts die österreichspezifischen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.


Zusammenfassung und Fazit

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Es kann festgestellt werden, dass ob der Offenheit von Sport und Fußball im Speziellen grundsätzlich ein breites Angebot für ein Diversity-Konzept zu finden ist, aber das Bewusstsein dafür bei den handelnden Personen nicht immer gegeben ist. Wie in der Auswertung muss nach verschiedenen Ebenen unterschieden werden, auf welchen dieses wirken könnte. Auf Organisationsebene gibt es ein breites Bekenntnis zur Vielfalt, diese auch in Leitbildern, etc. festzuschreiben und in die Öffentlichkeit zu tragen. Eine Institutionalisierung, beispielsweise über MitarbeiterInnen, ist allerdings nicht geplant. Dabei spielt vor allem die ungeklärte Finanzierung eine große Rolle.

Unterscheidet man die Angebote nach Zielgruppen, stellt man fest, dass die Rolle von MutliplikatorInnen wie TrainerInnen, LehrerInnen, etc. gewürdigt wird. Innerhalb der eigenen Personalstruktur bewegt man sich aber nur auf den gesetzlich geregelten Wegen, welche Diskriminierungen verbieten. Aktive Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt des Personals oder zur Berücksichtigung der Vielfalt des Personals wurden nicht ausgemacht. Bei SpielerInnen sind jedoch Anknüpfungspunkte zu finden. Trainerinnen und pädagogische Fachkräfte im Nachwuchs, die Förderung des Frauenfußballs, Integration von SpielerInnen anderer Herkunft sind Beispiele dafür. Bei den Fans dreht sich im Moment scheinbar alles um die Gewinnung von Frauen und Familien für den Fußball. Die älteren Generationen, die sowohl für den Sozialbereich als auch für die Wirtschaft, allerdings aus unterschiedlichen Gründen, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt sind, spielen hier noch keine Rolle.

Betrachtet man verschiedene Diversity-Dimensionen, so gibt es hier vom ÖFB ein breites Angebot mit dem Homeless World Cup, der Unterstützung des Behindertenfußballs, dem neuen Frauenfußball-Ausbildungszentrum in St. Pölten und der Integrations-WM. Auch andere Interviewpartner können mit Einzelangeboten aufwarten, allerdings betont Laufmann mit ihren Erfahrungen, wie wichtig die Strukturierung und strategische Ausrichtung in Bezug auf soziales Engagement ist, damit nicht ein Wildwuchs an Angeboten entsteht, der seine Wirkung möglicherweise auf Dauer verfehlt.

In den theoretischen Überlegungen, wie die Planung und Durchführung eines DiversityKonzeptes aussehen könnte, zeigte sich fast durchgängig die grundsätzlich positive Haltung gegenüber einer derartigen Idee. Hier gilt es wohl noch weiter Meinungsbildung zu betreiben, um handelnde Personen von der Sinnhaftigkeit eines derartigen Engagements zu überzeugen. Fast alle Interviewten konnten die möglichen Vorteile erkennen, die gesellschaftlichen, sportlichen und wirtschaftlichen Profit versprechen. Hier stellt sich die zentrale Frage der Priorisierung der Erfolge. Nur wenn der gesellschaftliche Faktor den Vorzug erhält, kann ein Diversity-Konzept als soziale Chancengleichheitsstrategie überleben, ansonsten besteht die


Zusammenfassung und Fazit

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Gefahr im Sumpf des Neoliberalismus zu versinken. Andererseits müssen sowohl sportliche als auch wirtschaftliche Interessen berücksichtigt werden, um hier nicht alleine im Ödland der Totalkritik zu enden, wie es Krell (2013, S. 62f) so treffend beschreibt.

Auf den Punkt gebracht gibt es also folgende Anknüpfungspunkte für ein Diversity-Konzept im österreichischen Fußball: 1. Vor allem bei den Dimensionen Geschlecht, Herkunft und Alter (v.a. Kinder und Jugendliche) ist das Bewusstsein bei den handelnden Personen vorhanden und wurden einzelne Angebote in Form von kleineren Projekten geschaffen. 2. Die Bereitschaft für diverse Maßnahmen zur Berücksichtigung und Förderung von Vielfalt, aber hier wiederum zentriert auf die der SpielerInnen und nicht der MitarbeiterInnen, wäre da, jedoch wird v.a. die Finanzierung als Hindernis angesehen. 3. Es bestehen zwar schon Kooperationen mit unterschiedlichen PartnerInnen, aber es bedarf noch weiterer Überzeugungsarbeit, sowohl bei der Politik als auch der Wirtschaft, um durch Gesetzgebung und ausreichende Finanzierung den Rahmen für die Umsetzung von Diversity-Konzepten zu schaffen. 4. Zentral bei der Planung und Implementierung von derartigen Konzepten ist ein strategisches und strukturiertes Vorgehen, um nicht das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren. 5. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der österreichische Fußball durchaus ein buntes Bild zeichnet. Um die noch vorhandenen weißen und schwarzen Flecken zu füllen und das Werk im Sinne von Diversity und Intersektionalität zu vollenden, bedarf es eines strategisches Konzeptes, das im ÖFB scheinbar in Planung ist. Es sind also durchaus Voraussetzungen gegeben, um sich weiter mit dem Thema Diversity und Fußball zu beschäftigen, insbesondere, da weitere Faktoren aus genannten Gründen in vorliegender Arbeit nicht berücksichtigt werden konnten, so zum Beispiel das aktuell enorme Engagement von Fangruppierungen bezüglich Antidiskriminierung, die wichtige Rolle der Medien im Transport derartiger Konzepte. Außerdem stellt sich vor allem die Frage, nach den ExpertInnen für eine etwaige Umsetzung, also welche Profession die geforderte Fokussierung auf gesellschaftlichen Profit und weiter gedacht, auf Menschenrechte sicherstellen kann, um folgendes Zitat in der Praxis stets in Erinnerung zu halten: „To be ethical because it is profitable is not ethical. But to be ethical is profitable.” (Norman E. Bowie)


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V. Das Auslaufen


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10. Epilog Zum Ende vorliegender Arbeit soll ein Zitat des Schriftstellers Martin Walser stehen, welches die aktuelle gesellschaftliche Einschätzung des Fußballs widerspiegelt:

„Sinnloser als Fußball ist nur noch eins: Nachdenken über Fußball“

Durch die vorliegende Arbeit hoffe ich, einen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass dieses Bild weiter zu bröckeln beginnt. Die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema hat mir erneut bewiesen, wie vielschichtig und spannend das Nachdenken über Fußball sein kann und ich hoffe, das es den LeserInnen ebenso ergeht.


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11. Verzeichnisse 11.1. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Die unterschiedliche Nutzenorientierung von Staat, Markt und informeller Sphäre (Strob 1999, S. 48)

Fehler! Textmarke nicht definiert.

Abb. 2: Der 3. Sektor als Folge des gleichzeitigen Markt- und Staatsversagens (Strob 1999, S.48) 17 Abb. 3: Das Beziehungsgeflecht der Merkmale des Sports (Strob 1999, S. 19)

21

Abb. 4: Organisationsmodell des Sports nach Ibsen und Jorgensen: The Organization of Sport between State, Market and Civilian Society. (zit. in Popp/Steinbach 2008, S. 15)

29

Abb. 5: Definitionsperspektiven für Diversity (Stuber 2004, S. 15)

42

Abb. 6: nach: Gardenswartz, L. u. Rowe, A.: Diverse Teams at Work; Society for Human Resource Management 2002 (In: http://www.univie.ac.at/diversity/146.html)

46

Abb. 7: Wie sehen Sie das Verhältnis von CSR und DiM? Welche Darstellung charakterisiert dieses Verhältnis am besten? (vgl. Segert et al. 2012, S. 20)

Fehler! Textmarke nicht definiert.

11.2. Abkürzungsverzeichnis DFB: Deutscher Fußball-Bund FIFA: Fédération Internationale de Football Association, Internationale Föderation des Verbandsfußballs IGLFA: International Gay & Lesbian Football Association IÖGV: Interessenvertretung Österreichischer Gemeinnütziger Vereine ÖFB: Österreichischer Fußball-Bund ÖVP: Österreichische Volkspartei SPO: Social Profit Organisation SPÖ: Sozialdemokratische Partei Österreichs UNO: United Nations Organization VdF: Vereinigung der Fußballer


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Weiß, Othmar/Norden, Gilbert: Einführung in die Sportsoziologie. Münster: Waxmann Verlag 2013 . Winkler, Gabriele/Degele, Nina: Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: transcript 2009.


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11.4. Internetquellen Internetquelle 1: http://sportnet.at/home/fussball/bundesliga/1370054/Gregoritsch_LieberMachos-als-Schwule (Zugriff am 24.04.2014) Internetquelle 2: https://www.duden.de/rechtschreibung/Profit (Zugriff am 28.02.2014) Internetquelle 3: http://www.sportwissenschaften.info/dbquotations/p-2-b-1-t-Metapher-c-and-o-.html (Zugriff am 25.04.2014) Internetquelle 4: http://de.fifa.com/associations/association=aut/ranking/gender=m/ (Zugriff am 03.04.2014) Internetquelle 5: http://www2.uni-frankfurt.de/47793325/Diverity-Konzept_Homepage.pdf (Zugriff am 09.04.2014) Internetquelle 6: http://www.univie.ac.at/diversity/dimensionen.html Internetquelle 7: http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/abgrenzung_cs_csr_cc_1501.htm Internetquelle 8: http://www.oefb.at/die-aufgaben-und-ziele-des-groessten-news17253 (Zugriff am 11.04.2014) Internetquelle 9: http://www.charta-der-vielfalt.de/ (Zugriff am 11.04.2014) Internetquelle 10: http://www.oefb.at/oefb-organisation-pid569 (Zugriff am 11.04.2014) Internetquelle 11: http://www.ballesterer.at/heft/weitere-artikel/wir-schwoaze-ham-rassisten-satt.html (Zugriff am 13.04.2014) Internetquelle 12: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/sport/fussball/576851_Das-Stadion-alsTatort.html (Zugriff am 13.04.2014) Internetquelle 13: http://fairplay.vidc.org/angebot/ (Zugriff am 13.04.2014) Internetquelle 14: http://www.thefa.com/footballforall (Zugriff am 13.04.2014) Internetquelle 15: http://fairplay.vidc.org/de/ueber-uns/geschichte/ (Zugriff am 11.04.2014) Internetquelle 16: http://fairplay.vidc.org/de/arbeitsbereiche/ (Zugriff am 11.04.2014) Internetquelle 17: http://www.oefb.at/fussball-fuer-menschen-mit-behinderung-pid711 (Zugriff am 14.04.2014) Internetquelle 18: http://www.dfb.de/uploads/media/Informationsbroschuere_Fussball_und_Homosexualitaet_01.pdf (Zugriff am 13.04.2014) Internetquelle 19: http://www.oefb.at/die-aufgaben-und-ziele-des-groessten-news17253 Internetquelle 20: http://www.bundesliga.at/index.php?id=5 (Zugriff am 16.04.2014)


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Anhang Interviewleitf채den

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4

A


5

A


6

A


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Kategoriensystem

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